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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Karger und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, in der Beschwerdesache des E in B, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. Oktober 1995, GA 7 - 895/95, betreffend Haftung für Abgabenschulden, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
In der am 4. Dezember 1995 persönlich eingebrachten Beschwerde wurde als Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides der 24. Oktober 1995 angegeben. Die Beschwerde schien daher rechtzeitig eingebracht, weswegen der Verwaltungsgerichtshof nach § 35 Abs 3 VwGG das Vorverfahren einleitete.
In ihrer Gegenschrift führte die belangte Behörde unter Hinweis auf die vorgelegten Akten des Administrativverfahrens aus, entgegen der Behauptung in der Beschwerde sei der angefochtene Bescheid nicht am 24. Oktober 1995, sondern bereits am 19. Oktober 1995 zugestellt worden, weswegen die im § 26 Abs 1 Z 1 VwGG normierte sechswöchige Frist am 30. November 1995 abgelaufen sei. Die belangte Behörde stellte daher den Antrag, die Beschwerde gemäß § 34 Abs 1 VwGG als verspätet kostenpflichtig zurückzuweisen.
Auf Grund des von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sodann erstatteten Vorbringens und der von der belangten Behörde vorgelegten Akten des Administrativverfahrens geht der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Frage, ob die Beschwerde verspätet eingebracht worden ist, von folgendem Sachverhalt aus:
Gleichzeitig mit der am 5. Jänner 1995 persönlich überreichten Berufung legte der Beschwerdeführer in Ansehung seiner Abgabenangelegenheiten eine ebenfalls am 5. Jänner 1995 errichtete Urkunde über die Erteilung einer üblichen Vollmacht an den Wirtschaftstreuhänder Dipl.-Kfm. JL (idF nur: Wirtschaftstreuhänder) persönlich vor, in der auch das Recht zur Bestellung von Unterbevollmächtigten und die Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörde, welche nunmehr ausschließlich dem Bevollmächtigten zuzustellen sind, festgehalten wurde. Ebenfalls am 5. Jänner 1995 legte der Wirtschaftstreuhänder in Ansehung von Abgabenangelegenheiten eine am 1. Oktober 1989 errichtete Urkunde über die Erteilung einer üblichen Subvollmacht an die TUWS GmbH (idF nur: GmbH) persönlich vor, in der die Ermächtigung zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörde, welche bis zum Widerruf der Subvollmacht ausschließlich dem Bevollmächtigten zuzustellen sind, festgehalten wurde. Die Anschrift des Wirtschaftstreuhänders ist mit der der Zweigstelle der GmbH in B ident. Der Wirtschaftstreuhänder ist Prokurist der GmbH, deren Sitz sich in W befindet. Das Papier, auf dem die Berufung des Beschwerdeführers verfasst worden ist, enthält sowohl einen Hinweis auf den Wirtschaftstreuhänder als auch auf die GmbH, ist in "Wir-Form" abgefasst und vom Wirtschaftstreuhänder unter Beisetzung einer Stampiglie der GmbH unterfertigt. Der angefochtene Bescheid wurde nach Ausweis des bei den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden Rückscheines dem Wirtschaftstreuhänder am 19. Oktober 1995 zugestellt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie die belangte Behörde primär meint - durch die Unterbevollmächtigung der GmbH samt Zustellungsvollmacht die dem Wirtschaftstreuhänder erteilte Zustellungsvollmacht nicht erloschen sei, der Beschwerdeführer somit mehrere Zustellungsbevollmächtigte gehabt habe, weswegen gemäß § 9 Abs 2 zweiter Satz ZustG die Zustellung des angefochtenen Bescheides als bewirkt gelte, sobald sie an einen der beiden Zustellungsbevollmächtigten vorgenommen worden sei, oder ob - wie der Beschwerdeführer meint - durch die Unterbevollmächtigung der GmbH die dem Wirtschaftstreuhänder erteilte Zustellungsvormacht erloschen sei, somit nur an die GmbH hätte zugestellt werden dürfen, weswegen die Zustellung des angefochtenen Bescheides erst mit dem Tag des tatsächlichen Zukommens an die GmbH, somit dem 24. Oktober 1995, als bewirkt gelte. Die Beschwerde erweist sich nämlich schon aus folgenden, auch von der belangten Behörde aufgezeigten Gründen als verspätet:
Nach § 13 Abs 3 ZustG ist, falls der Empfänger keine natürliche Person ist, die Sendung einem zur Empfangnahme befugten Vertreter zuzustellen. Diese Bestimmung ist grundsätzlich eine vom Zusteller iSd § 3 ZustG zu beachtende Regelung. Denn bei einer juristischen Person, somit auch bei einer GmbH, hat die Zustellung an einen befugten Vertreter zu erfolgen. Ein solch befugter Vertreter kann aber auch bereits von der Abgabenbehörde als Empfänger bezeichnet werden (vgl die bei Ritz, BAO-Kommentar2, Tz 9 ff zu § 13 angeführte hg Rechtsprechung). Mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 19. Oktober 1995 an den Wirtschaftstreuhänder als Prokuristen und somit befugten Vertreter der GmbH gilt dessen Zustellung an die GmbH als bewirkt. Die erst am 4. Dezember 1995 persönlich eingebrachte Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG als verspätet zurückzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 31. Oktober 2000
Schlagworte
Versäumung der Einbringungsfrist siehe VwGG §26 Abs1 Z1 (vor der WV BGBl. Nr. 10/1985: lita) sowie Mangel der Rechtsfähigkeit Handlungsfähigkeit Ermächtigung des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995180198.X00Im RIS seit
05.07.2001