Norm
BDG 1979 §43 Abs2Schlagworte
Verkehrsunfall mit Personenschaden in alkoholisiertem Zustand aDText
Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 10.08.2021 nach der am 10.08.2021 in Anwesenheit des Beamten, des Verteidigers, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beamte ist schuldig, er hat
am 28.10.2020, um 23.20 Uhr als Lenker seines Privatkraftfahrzeuges auf N.N. in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (die durch eintreffende Polizeikräfte der API N.N. mittels Alkomaten durchgeführte Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt ergab einen Messwert von 0,50 Milligramm Alkoholgehalt je Liter Atemluft, was 1 Promille Blutalkoholwert entspricht) einen Verkehrsunfall mit Personenschaden verursacht, was dazu führte, dass ihm mit rechtskräftigem Bescheid der BH N.N. vom 14.12.2020 die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten entzogen wurde und somit seine Dienstfähigkeit herabgesetzt wurde,
er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG 1979 i. V. m. § 91 BDG 1979 begangen,
über den Beamten wird gemäß § 92 Abs. 1, Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von € 300,- verhängt.
Dem Beamten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 keine Kosten für das Disziplinarverfahren auferlegt.
Begründung
Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige des N.N. vom 07.08.2020, GZ N.N. bzw. auf das Schreiben des N.N. vom 18.01.2021, GZ N.N.
Die Dienstbehörde hat am 14.01.2021 Kenntnis vom Sachverhalt erlangt.
Inhalt der Disziplinaranzeige
Am 29.10.2020, gegen 08.00 Uhr, erstattete der Beamte der Verfasserin der Disziplinaranzeige Meldung zu nachstehendem Vorfall:
Er fuhr am 28.10.2020, um 23.20 Uhr, mit seinem Privat-PKW, auf der N.N., dem Heck eines anderen Personenkraftfahrzeuges auf und verursachte dadurch einen Verkehrsunfall, über den unverzüglich Polizei und Rettung verständigt wurden.
Der Unfallbeteiligte wurde mit der Rettung ins Krankenhaus N.N. eingeliefert, wobei der Verletzungsgrad als leicht zu qualifizieren ist, wie sich zwischenzeitlich erkennen ließ.
Seitens der eintreffenden Polizeikräfte, API N.N., wurde bei ihm eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mittels Alkomaten durchgeführt und ergab diese einen Messwert von 0,50 Milligramm Alkoholgehalt je Liter Atemluft.
Der Führerschein wurde daher vorläufig abgenommen und der BH N.N. übermittelt.
Der Beamte werde im N.N. als Sachbearbeiter verwendet, für welche Tätigkeit grundsätzlich das Lenken eines Dienstkraftfahrzeuges nicht erforderlich sei. Zu seinem Aufgabenbereich zähle weder die allgemeine Überwachung der Einhaltung der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften noch das Einschreiten gegen alkoholisierte Straßenverkehrsteilnehmer.
Allerdings sei für die Einsatzfähigkeit von Exekutivbeamten das Lenken von Dienst-KFZ grundsätzlich notwendig und stelle auch der Besitz einer Lenkerberechtigung ein Aufnahmekriterium für den Polizeidienst darstellt.
Durch den Entzug der Lenkerberechtigung könnte somit zumindest theoretisch die Dienst- und Einsatzfähigkeit des Beamten herabgesetzt sein, weshalb eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG vorliege.
Beweismittel:
Durch die vorliegende Dienstpflichtverletzung, welche auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung erkennen lässt, wurde der Beamte von der API N.N. bei der BH N.N. gemäß § 99 Abs. 1b i. V. m. § 5 Abs. 1 StVO zur Anzeige gebracht (Beilage 1).
Mittels Bescheid der BH N.N wurde dem Beamten die Lenkberechtigung für 4 Monate entzogen. Weiters wurde ihm die Absolvierung eines Verkehrscoachings angeordnet. Der Beamte wurde unter der GZ: N.N. gemäß § 88 Absatz 1 StGB bei der Staatsanwaltschaft N.N. angezeigt. Der diesbezügliche Verfahrensstand ist offen, bis dato erging noch keine Verständigung der Staatsanwaltschaft eine Einleitung eines ErmittlunEgsverfahrens bzw. Einstellung des Verfahrens betreffend. Über eine solche wird anher unverzüglich berichtet werden.
Angaben des Verdächtigen:
Die vollinhaltliche Meldung des Vorfalles erfolgte bereits am 29.10.2020, 08.00 Uhr, zusätzlich teilte der Beamte mit, dass
• am Unfallsort die Identitäts- und Kontaktdaten mit dem Unfallopfer ausgetauscht wurden und
• er cirka drei Tage nach dem Unfall fernmündlich mit dem Unfallopfer Kontakt aufgenommen wurde, um sich
• primär für den Unfall zu entschuldigen und
• sich andererseits nach dessen Gesundheitszustand zu erkundigen.
Vom Unfallopfer wurde erwidert, dass er nur leichte Verletzungen erlitten habe.
Seitens des Beamten werden diversionelle Maßnahmen angestrebt.
Das gegen den Beamten angestrengte Strafverfahren endete nach Bezahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1.800,- gemäß § 200 Abs. 5 StPO.
Mit Erkenntnis des N.N. wurde der rechtskräftige Bescheid der BH N.N., mit welchem der Beamte wegen § 5 Abs. 1 StVO i. V. m. § 99 Abs. 1b StVO zu einer Geldstrafe in Höhe von € 800, zuzüglich Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens von € 80,- verurteilt worden ist, wegen entschiedener Rechtssache behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
In weiterer Folge wurde für den 07.07.2021 eine mündliche Verhandlung anberaumt, welche auf Ersuchen des Beamten wegen urlaubsbedingert Abwesenheit auf den 10.08.2021 verlegt und in Anwesenheit des Beamten durchgeführt wurde.
Der Senat hat dazu erwogen:
Rechtsvorschriften:
§ 43 Abs. 2 BDG zufolge hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Mit Note AZ N.N. teilte die Staatsanwaltschaft N.N. mit, dass das gegen den Beamten wegen § 83 StGB geführte Ermittlungsverfahren infolge Bezahlung des angebotenen Geldbetrages gemäß § 200 Abs. 2 StPO eingestellt wurde.
Gemäß § 95 Abs. 2 BDG ist die Disziplinarbehörde an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung eines Strafgerichtes (Straferkenntnis eines Verwaltungsgerichts) gebunden. Ein solches liegt in Anbetracht der diversionellen Erledigung des Strafverfahrens nicht vor.
Mit Bescheid der BH N.N. wurde der Beamte wegen § 5 StVO zu einer Geldstrafe in Höhe von € 800,- verurteilt. Dem dagegen erhobenen Rechtsmittel wurde mit Erkenntnis des N.N. Folge gegeben, der Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
Dem Beamten wurde bereits mit Bescheid der N.N. aufgrund der bei ihm konstatierten Alkoholisierung die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten entzogen.
Der Beamte erklärte auf die Frage, warum er vor der Inbetriebnahme dem Alkohol zugesprochen hat, dass er vor der Heimfahrt mit Freunden noch etwas trinken wollte. Er habe allerdings den Überblick verloren, wie viel er konsumiert hat, zumal immer nachgeschenkt worden ist.
Es war ihm allerdings bewusst, dass er als Exekutivbeamter vor Fahrtantritt nicht dem Alkohol zusprechen sollte.
Die Schuld- und Straffrage war daher zu bejahen, wobei dem Beamten in Hinblick auf den Alkoholkonsum zumindest bedingt vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen ist.
Gemäß § 43 Abs. 2 BDG hat der Beamte in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Laut ständiger Rechtsprechung trifft diese Pflicht den Beamten sowohl in seinen dienstlichen wie auch außerdienstlichen (arg „gesamten“) Verhalten. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn zwischen dem Verhalten des Beamten und seinen dienstlichen Aufgaben (d.h. seinen funktionsbezogenen Aufgaben bzw. jenen Aufgaben, die jedem Beamten zukommen) eine solche Verbindung besteht, dass von Personen, die mit diesem Beamten in (dienstlichen) Kontakt kommen können, Bedenken zu erwarten sind, er werde seinen (dienstlichen) Aufgaben nicht in sachlicher (rechtmäßiger und korrekter sowie unparteiischer und uneigennütziger) Weise nachkommen. Dies wird insbesondere dann zutreffen, wenn der Beamte gerade jene Rechtsgüter verletzt, deren Schutz zu seinen dienstlichen Aufgaben zählt bzw. deren Schutz die Wahrung der ihm übertragenen Aufgaben dient (besonderer Funktionsbezug). Andererseits gibt es auch Verhaltensweisen, die unabhängig von der Stellung des Beamten eine „unsachliche“ Amtsführung befürchten lassen. Dabei handelt es sich um Verhaltensweisen, die mit der erforderlichen Einstellung eines Beamten zum Dienst keinesfalls vereinbar sind (allgemeiner Funktionsbezug).
Der Vorfall erfolgte in der Freizeit des Beamten und ist - den Angaben der Verfasserin der Disziplinaranzeige zufolge -für die von ihm ausgeübte Tätigkeit grundsätzlich nicht das Lenken eines Dienstkraftfahrzeuges erforderlich.
Allerdings gehört der Beamte dem Exekutivdienst an. Für die Einsatzfähigkeit von Exekutivbeamten ist jedoch das Lenken von Dienst-KFZ unabdingbar und stellt der Besitz einer Lenkerberechtigung ein Aufnahmekriterium für den Polizeidienst dar.
Damit verfolgt der Dienstgeber das allgemeine Ziel, diese Fähigkeit jederzeit von jedem Beamten abrufen zu können, zumal – wie die Verfasserin der Disziplinaranzeige richtig angemerkt hat - nicht ausschließbar ist, dass in bestimmten Situationen der Beamte dennoch zu einem Außeneinsatz herangezogen wird.
Ob dies selten aber doch zum Tragen kommen kann und überdies unabsehbar ist, wann eine solche Situation eintritt, vermag daran nichts zu ändern.
Zudem ist auch auf § 36 Abs. 4 BDG zu verweisen, wonach der Beamte verpflichtet ist, vorübergehend sogar Aufgaben zu besorgen, die nicht zu den Dienstverrichtungen der betreffenden Einstufung und Verwendung gehören, wenn es im Interesse des Dienstes notwendig ist.
Es liegt daher zumindest eine -wie es auch bei im Kriminaldienst eingesetzten Beamten der Fall ist - einem besonderen Funktionsbezug vergleichbare Konstellation vor.
Ein rechtmäßiges Alternativverhalten wäre dem Beamten möglich und ihm auch zumutbar gewesen.
Mit dieser als Dienstpflichtverletzung gemäß § 43 Abs. 2 BDG zu wertenden außerdienstlichen Vorgangsweise hat der Beamte ein Fehlverhalten von erheblichem disziplinarrechtlichem Unrechtsgehalt gesetzt.
Der ständig zunehmende Straßenverkehr bringt grundsätzlich in steigendem Maß die Gefährdung von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Verkehrsteilnehmer mit sich.
Diese Gefahr wird aber durch die Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss wegen der damit verbundenen Minderung der Reaktionsfähigkeit und der zu größerer Rücksichtslosigkeit verführenden Steigerung des Selbstvertrauens sowie der Unbekümmertheit des Täters noch erheblich erhöht. Trunkenheit am Steuer wird in der Öffentlichkeit auch aus der Sicht des unvoreingenommenen, sachlich urteilenden Betrachters wegen der Unverantwortlichkeit eines solchen Verhaltens und der damit verbundenen Gefährdung der übrigen Verkehrsteilnehmer keineswegs als ein lediglich minder schweres Vergehen eingestuft.
Hieraus folgt, dass das Lenken eines Kraftfahrzeuges im Zustand eines die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Alkoholisierung durch einen Exekutivbeamten wegen des damit verbundenen Achtungsverlustes geeignet ist, das Ansehen des Beamtentums in besonderem Maß zu schädigen und deshalb als eine nicht leicht zu nehmende Dienstpflichtverletzung gilt (VwGH 18.10.1990, 90/09/0110).
Gerade in Zeiten, in denen der öffentliche Dienst kritischen Augen der Öffentlichkeit gegenübersteht, muss von den Bediensteten ein einwandfreies Verhalten erwartet werden. Dies gilt nicht nur für den dienstlichen, sondern auch für den außerdienstlichen Bereich.
Der Umstand, dass der Beamte nach außen hin nicht als Exekutivbeamter erkennbar war, exkulpiert ihn nicht. Wesentlich und ausreichend ist, dass das Verhalten grundsätzlich geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner Aufgaben zu beeinträchtigen. Hiervon ist aber zweifelsohne auszugehen.
Mildernd wurden die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit, das reumütige Geständnis sowie das Wohlverhalten seit der Tat mildernd gewertet, erschwerend kein Umstand.
Der Beamte weist eine ausgezeichnete Dienstbeschreibung auf, weshalb - auch angesichts der Tatsache, dass er seit nahezu dreiundzwanzig Dienstjahren offenbar unbeanstandet seinen Dienst versehen hat - davon auszugehen ist, dass es sich bei dem votierten Fall um einen Einzelfall handeln wird.
Die Verhängung der Strafe erschien daher eher aus generalpräventiven als aus spezialpräventiven Gründen für angebracht.
Die von der Verfasserin der Disziplinaranzeige vertretene Ansicht, wonach angesichts der Tatsache, dass allen Exekutivbeamten die finanziellen Folgen durch Bestrafungen seitens der Gerichte und Verwaltungsbehörden, vor allem aber die zivilrechtlichen Folgen, bekannt sind und daher aus generalpräventiven Gründen die Verhängung einer Strafe nicht erforderlich ist, wird nicht vom Senat geteilt.
Die allgemeine Lebenserfahrung hat gezeigt, dass der geschilderte Umstand für sich alleine nicht geeignet ist, generalpräventiv zu wirken.
Die Strafe ist tat- und schuldangemessen und wirtschaftlich tragbar, zumal der Beamte keinerlei finanzielle Verpflichtungen hat.
In Anbetracht der Tatsache, dass eine Vielzahl an Milderungsgründen keinem
Erschwerungsgrund gegenübersteht und - in Anbetracht der ausgezeichneten Dienstbeschreibung – von einer günstigen Zukunftsprognose auszugehen ist, trat der Senat der von der Disziplinaranwaltschaft vertretenen Ansicht, wonach vorliegenden Falls das Auslangen mit der Verhängung einer Geldbuße im votierten Ausmaß gefunden werden kann, bei.
Bei der Verhängung der Strafe wurden die finanziellen Verhältnisse des Beamten mitberücksichtigt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zuletzt aktualisiert am
20.08.2021