Entscheidungsdatum
05.07.2021Index
82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
EpiG 1950 §7 Abs1aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Kroker über die Maßnahmenbeschwerde des AA, pA Sozialzentrum BB, Adresse 1, **** Z, vertreten durch CC, Adresse 2, **** Y, diese vertreten durch DD, Erwachsenenvertreterin, Adresse 3, **** X, betreffend Maßnahmenbeschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Zusammenhang mit der telefonisch angeordneten Zimmer- und Stockwerksisolierung von 29.03.2020 bis 10.04.2020, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und es wird festgestellt, dass die gegenüber dem Beschwerdeführer im Rahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angeordnete Zimmer- und Stockwerksisolierung von 29.03.202 bis 10.04.2020 rechtswidrig gewesen ist.
2. Gemäß § 35 Abs 2, 4 und 7 VwGVG in Verbindung mit § 1 Z 1 und Z 2 der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II Nr 2013/517, wird dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz seiner Aufwendungen Folge gegeben. Der Bund hat als Rechtsträger der belangten Behörde dem Beschwerdeführer als Ersatz für den Schriftsatzaufwand Euro 737,60 und als Ersatz für den Verhandlungsaufwand Euro 922,00, sohin gesamt Euro 1.659,60, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses zu ersetzen.
3. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, Beschwerdevorbringen, mündliche Verhandlung:
Der durch seine Erwachsenenvertreterin vertretene Beschwerdeführer erhob beim Landesverwaltungsgericht Tirol am 16.06.2020 eine Maßnahmenbeschwerde gegen „die [im gegenständlichen Fall bescheidmäßige] Anordnung des Zurückhaltens „ansteckungsverdächtiger Bewohner“ (Kategorie I-Kontaktpersonen) ohne namentliche Konkretisierung im Zeitraum 01.04.2020 bis einschließlich 10.4.2020 durch den „Bescheid“ der Bezirkshauptmannschaft W vom 01.04.2020 zu *** Fall, die telefonisch angeordnete Zimmer- bzw Stockwerkisolation ab 29.03.2020 und die aufgrund dieser behördlichen Anordnungen durch Mitarbeiterinnen der Einrichtung erfolgten Beschränkungen“.
AA sei Bewohner des Wohn- und Pflegeheims EE, Adresse 4, **** Z Er sei als Bewohner sowohl von den telefonischen Anordnungen der Bezirkshauptmannschaft W als auch vom Bescheid vom 01.04.2020 betroffen. Die örtliche Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Tirol sei somit gegeben.
Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt betrage gemäß § 7 Abs 4 VwGVG sechs Wochen. Bei dieser Frist handle es sich um eine verfahrenseinleitende Frist, die gemäß § 2 Abs 1 Z1 COVID-19-VwBG gehemmt sei. Die Zeit bis zum Ablauf des 30. April 2020 werde in die Frist nicht eingerechnet. Damit sei die Beschwerde, deren Fristlauf somit ab 1. Mai 2020 zu berechnen sei, jedenfalls rechtzeitig.
Angefochten seien die behördlich angeordnete Zimmer- bzw Stockwerkisolierung ab 29. 03.2020 sowie der „Bescheid“ vom 01.04.2020 ***.
AA lebe im Wohn- und Pflegeheim EE, Talhäuslweg 7, **** Z Gemäß Beschluss des Bezirksgerichts W vom 31.05.2017, GZ *** sei der CC zum Erwachsenenvertreter für AA zur Besorgung folgender Angelegenheiten bestellt:
• Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern
• Einkommens- und Vermögensverwaltung und -Sicherung
• Entscheidung über medizinische Behandlung
Am 27.08.2018 sei DD mit der Wahrnehmung der nun gerichtlichen Erwachsenenvertretung betraut (Beweis: Beschluss des Bezirksgerichts W vom 31.05.2017, GZ ***; Betrauungsurkunde vom 27.08.2018).
Mit Bescheid vom 01.04.2020, zugestellt an das Wohn- und Pflegeheim EE, zH der Rechtsträgerin, Marktgemeinde Z, Adresse 5, **** Z, sei die Absonderung ansteckungsverdächtiger Bewohner (Kategorie I - Kontaktpersonen) bis einschließlich 10.04.2020 angeordnet worden.
Bereits am 29.03.2020 sei der Einrichtung der Bescheid telefonisch durch die Bezirkshauptmannschaft W (FF) angekündigt und seien im Zuge des Telefonats auch weitere Maßnahmen angeordnet worden. So seien ab sofort alle Bewohner in deren Zimmer zu isolieren gewesen - dies aufgrund einer positiv getesteten Mitarbeiterin. Laut Anruf von FF am 01.04.2020 konnte die Zimmerisolation [derzeit] aufgehoben werden, die Bewohner seien jedoch weiterhin auf das Stockwerk zu isolieren. Am 02.04.2020 sei von der BH W neuerlich Zimmerisolation angeordnet. Am 06.04.2020 sei die „Separierung“ der Bewohner wieder aufgehoben worden. AA sei am 04.04.2020 „neuerlich“ auf COVID-19 getestet worden. Am 11.04.2020 sei die Isolation laut Bescheid [der BH W] aufgehoben worden. Die Stockwerkisolation in der Einrichtung sei (mit Rücksprache GG) weiter aufrecht geblieben (Beweis: Pflegebericht vom 29.03. bis 11.04.2020).
Insgesamt sei der Bewegungsradius der Bewohner aufgrund der telefonischen Anordnungen vom 29.03., 01.04. und 02.04.2020 noch enger als aufgrund der bescheidmäßigen Anordnung gewesen, die an das Wohn- und Pflegeheim EE zHd der Marktgemeinde Z als Rechtsträgerin der Einrichtung gerichtet gewesen sei.
Von der telefonischen und bescheidmäßigen Anordnung sei unter anderem AA als Bewohner des Wohn- und Pflegeheims EE unmittelbar betroffen gewesen. In den oben genannten Zeiträumen habe er sein Zimmer bzw das Stockwerk nicht verlassen dürfen. AA sei dadurch in seinem Recht auf persönliche Freiheit beschränkt gewesen.
Der gerichtlichen Erwachsenenvertreterin sei erst im Zuge der Vorbereitung einer HeimAufG-Überprüfung von der zuständigen Bewohnervertreterin JJ der bekämpfte „Bescheid“ am 29.04.2020 übermittelt worden. Die Bewohnervertretung sowie die Erwachsenenvertreterin seien einige Tage zuvor von AA informiert worden, dass ihm nach wie vor nicht erlaubt werde, die Wohneinrichtung zu verlassen. Von der Bewohnervertretung wurde zu *** ein Verfahren zur Überprüfung der Freiheitsbeschränkungen beantragt (ausgenommen den Zeitraum 1. bis 10.4.2020).
Im gegenständlichen Fall sei der Bescheid, sofern auch AA und nicht bloß die Einrichtung Adressat sein sollte, hinsichtlich des Adressatenkreises weder ausreichend bestimmt, noch der von der Absonderung und den Verkehrsbeschränkungen betroffenen Person oder deren gerichtlicher Erwachsenenvertreterin ordnungsgemäß zugestellt worden.
Nach VwGH 25.02.1993, 92/04/0231, gehöre die Bezeichnung des Normadressaten zum normativen Spruchinhalt iSd § 59 Abs 1 AVG. Der im gegenständlichen Bescheid angeführte abstrakte Personenkreis „An das Wohn- und Pflegeheim EE, zH der Rechtsträgerin Marktgemeinde Z., Adresse 5, **** Z. “ und der am Ende des Bescheides genannte „Betroffenenkreis“ genüge diesen Anforderungen nicht, um gegenüber dem Beschwerdeführer (bescheidmäßig) Wirkung zu entfalten (vgl VwGH 23.05.2002, 2001/05/1170; 12.11.2002, 2002/05/0758, auch VwGH 03.09.1998, 97/06/0217 [Rz 58], VwGH 19.12.1996, 95/06/0177; 23.05.2002, 2001/05/1170).
Die Erwachsenenvertreterin habe das gegenständliche Schriftstück von der für die Einrichtung zuständigen Bewohnervertretung am 29.04.2020 erhalten. Erst zu diesem Zeitpunkt sei die Erwachsenenvertreterin in Kenntnis über den Bescheidinhalt gewesen. Angesichts obiger Bedenken vermöge dieses faktische Zukommen an die gerichtliche Erwachsenenvertreterin den Zustellmangel nicht zu sanieren (vgl VwGH 21.10.1994, 94/11/0192). Auch ein Aushang in der Einrichtung könne die Mängel in der Bezeichnung des Adressatenkreises und der Zustellung nicht beheben.
Aus diesem Grund sei die Absonderung von AA ohne bescheidmäßige Anordnung erfolgt und sei dafür auch keine andere rechtliche Grundlage ersichtlich. Aus dem EpidemieG folge unmissverständlich, dass die Absonderung als individueller Verwaltungsakt ergehen müsse. Somit scheide auch eine Umdeutung in eine Verkehrsbeschränkung gemäß § 24 EpidemieG aus. Die Absonderung des Beschwerdeführers sei somit rechtswidrig und Anordnungen und die damit verbundenen (Freiheits-) Beschränkungen aus Sicht des Beschwerdeführers als AuVwBZ zu qualifizieren. Als solche unterlägen sie der Überprüfung durch das Landesverwaltungsgericht.
Dasselbe gelte für die Isolierung aufgrund telefonischer behördlicher Anordnung. Auch die über den Umfang des „quasi Bescheids“ hinausgehenden telefonischen Beschränkungen in Form von Zimmerisolierung bzw Isolierung auf das Stockwerk in der Zeit von 29.03.2020 bis 06.04.2020 seien aus Sicht des Beschwerdeführers ebenfalls als AuVwBZ zu qualifizieren und unterlägen somit der Prüfung durch das Landesverwaltungsgericht.
In der rechtlichen Begründung sei im Bescheid lediglich - und ohne nähere Konkretisierung – ausgeführt worden, dass die Bewohnerinnen des Wohn- und Pflegeheims EE als enge Kontaktpersonen mit hohem Infektionsrisiko (Kat. I), gemäß Falldefinition (veröffentlicht auf der Homepage) des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz sowie der AGES - Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH vom 05.03.2020 einer an COVID-2019-erkrankten Person, anzusehen seien. Es könnte entsprechend dem Stand der Wissenschaft eine Inkubation vorliegen und innerhalb von 14 Tagen ab Exposition eine Erkrankung an COVID-2019 erfolgen. Somit gelte die Person als ansteckungsverdächtig.
Die gerichtliche Erwachsenenvertreterin habe erfahren, dass eine Pflegeperson der Einrichtung mit dem SARS-Virus infiziert gewesen sei, die jedoch nicht im Wohnbereich von AA gearbeitet haben dürfte. Dass es sich daher um eine solche Kontaktperson wie in der Begründung (Qualifikation als Kontaktperson mit Hoch-Risiko-Exposition) ausgeführt, handle, sei nicht erhoben und begründet. Insofern sei unklar, aufgrund welcher Tatsachen AA als ansteckungsverdächtig" gegolten habe. In diesem Lichte seien insbesondere die telefonisch angeordnete Zimmerisolierung und die Stockwerkisolierung überschießend.
AA sei sehr aktiv, er gehe gerne durch den Ort, um seinen persönlichen Bedürfnissen nach Bewegung und sozialen Begegnungen nachzukommen. Er sei gut orientiert und in der Lage sich an Hygienevorgaben zu halten. Aufgrund seiner Mobilität und Eigenständigkeit wäre es möglich gewesen, mit ihm gelindere Maßnahmen wie im „Bescheid“ ausgeführt zu vereinbaren und diese zu ermöglichen (zB Isolierung im Stock).
Es werde beantragt, das Landesverwaltungsgericht Tirol möge der Beschwerde stattgeben und die telefonisch angeordnete Zimmer- bzw Stockwerkisolierung ab 29.03.2020 für rechtswidrig erklären, die Anordnung der Absonderung und das Kontaktverbot durch den „Bescheid“ vom 01.04.2020 *** für rechtswidrig erklären, und dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens (§ 35 VwGG) zu ersetzen.
Die Bezirkshauptmannschaft W als belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und die Gegenschrift vom 25.06.2020 erstattet:
Demnach sei am 29.03.2020 eine Mitarbeiterin im Wohn- und Pflegeheim EE positiv auf COVID-19 getestet worden. Nach Abschluss der Erhebungen durch die Gesundheitsbehörde (inklusive Durchführung mehrerer Flächenscreenings im Heim) sei am 06.04.2020 ein Bescheid (datiert mit 01.04.2020) erlassen worden, durch den zusammengefasst angeordnet worden sei, dass ansteckungsfähige Bewohner des Wohn- und Pflegeheims EE in ihrer jeweiligen Wohneinheit bis einschließlich 10.04.2020 abzusondern seien. Die Befristung sei deswegen erfolgt, da nach den damals geltenden Bundes- und Landesvorgaben ansteckungsfähige Personen (sogenannte Kontaktpersonen der Kategorie I) bis zum 14. Tag nach Letztkontakt mit der positiven Person abzusondern waren; der Letztkontakt mit der positiven Mitarbeiterin habe im gegenständlichen Fall am 27.03.2020 (dem letzten Arbeitstag laut Heimleitung und Mitarbeiterin) stattgefunden.
Nach Ansicht der ha Behörde erweise sich die erhobene Maßnahmenbeschwerde als unzulässig,
Der monierte Bescheid sei aufgrund eines Verfahrens nach dem Epidemiegesetz 1950, und zwar nach §§ 6, 7 leg cit, bereits am 06.04.2020 erlassen und dem Adressaten zugestellt worden. Berücksichtige man die 6-Wochen-Frist für die Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde, sei diese Frist am 18.05.2020 abgelaufen. Selbst wenn, wie vom Beschwerdeführer behauptet, seine Erwachsenenvertreterin erst am 29.04.2020 von der Absonderung Kenntnis erhalten habe, sei die Frist zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde am 10.06.2020 abgelaufen.
Dasselbe gelte für die behauptete telefonische Absonderung am 29.03.2020. Da die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde am 12.06.2020 beim LVwG Tirol eingebracht worden sei, sei sie jedenfalls verspätet.
Wenn der Beschwerdeführer moniere, dass die Absonderung ohne bescheidmäßige Anordnung erfolgt sei und diese daher eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBuZ) darstelle, so sei ihm zu entgegnen, dass der oben angeführte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W nicht als AuvBuZ, sondern unzweifelhaft als Bescheid zu qualifizieren sei, da er alle konstitutiven Bescheidmerkmale aufweist. Auch der Adressat sei eindeutig bestimmbar, einziger Adressat sei das Wohn- und Pflegeheim EE bzw der Träger des Heims, die Marktgemeinde Z.
Hinsichtlich der behaupteten telefonischen Absonderung am 29.03.2020 sei zu konstatieren, dass der Beschwerdeführer nie namentlich telefonisch abgesondert worden sei. Unabhängig davon stelle sich die Maßnahmenbeschwerde jedoch auch als inhaltlich verfehlt und deshalb unbegründet heraus.
Im Rahmen der Kontaktpersonennachverfolgung bezüglich der positiv getesteten, in der Pflege tätigen Mitarbeiterin des Heims konnte erhoben werden, dass diese zuständig für die Bewohner des Erdgeschosses und des 1. Stocks gewesen sei, welche nach den Angaben des Heimleiters alle als Kontaktpersonen in Frage gekommen seien (E-Mail vom 29.03.2020, 12.23 Uhr). Aus der dem E-Mail des Heimleiters beigefügten Bewohnerliste gehe hervor, dass der Beschwerdeführer Bewohner des Erdgeschosses/1. Stocks sei und damit als Kontaktperson in Frage gekommen sei - die Absonderung dieser Bewohner nach §§ 6, 7 Epidemiegesetz 1950 sei daher zur Verhinderung der Weiterverbreitung von COVID-19 geboten und auch gerechtfertigt gewesen. Es seien keine Rechte des Beschwerdeführers verletzt worden.
Der Zeitraum der bescheidmäßigen Absonderung sei seitens des Beschwerdeführers falsch angegeben, nämlich vom 01.04.2020 bis zum 10.04.2020; richtig sei der Zeitraum vom 06.04.2020 bis zum 10.04.2020. Obwohl der Bescheid mit 01.04.2020 datiert sei, sei er erst am 06.04.2020 nach Abschluss aller notwendigen Erhebungen erlassen worden. Da der Bescheid von Anfang an befristet gewesen sei, habe es auch keines Aufhebungsbescheides bedurft.
Im Übrigen verbleibe festzuhalten, dass es der Heimleitung oblegen sei, je nach den örtlichen Gegebenheiten und Abklärung der Kontaktsituationen zwischen der positiv getesteten Mitarbeiterin und den Bewohnern die im Bescheid angeordneten, erforderlichen Absonderungen festzulegen. Die Heimleitung sei auch dafür verantwortlich, den Bescheidinhalt jedem betroffenen Bewohner sowie allfälligen Erwachsenenvertretern zur Kenntnis zu bringen bzw über die getroffene Vorkehrung zu informieren. Außerdem werde noch darauf hingewiesen, dass im Bescheid auch Hinweise und Empfehlungen enthalten gewesen seien, welche die Möglichkeit darstellten, dass sich auch die Kategorie I Kontaktpersonen aus dem Zimmer begeben dürfen.
Aus den dargelegten Gründen stellt die Bezirkshauptmannschaft W die Anträge, die erhobene Maßnahmenbeschwerde als unzulässig zurückzuweisen, in eventu die Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abzuweisen sowie dem Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs 1, 3, 4 Z 3, 5 VwGVG den Ersatz der Kosten (Vorlage- und Schriftsatzaufwand) aufzuerlegen.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol die Möglichkeit eingeräumt zur Gegenschrift eine Stellungnahme abzugeben. Mit Schriftsatz vom 02.02.2021 hat der Beschwerdeführer insbesondere nochmals dargelegt, dass die gegenständliche Beschwerde rechtzeitig erhoben wurde.
Am 28.06.2021 fand vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, anlässlich derer die Zeugen KK, LL und MM einvernommen worden sind. Anlässlich der Erörterung der Rechtssache hat die Erwachsenenvertreterin des Beschwerdeführers klargestellt, dass Beschwerdegegenstand die Absonderungsmaßnahmen betreffend den Beschwerdeführer als Kategorie-I-Kontaktperson im Zuge der angeordneten Zimmer- bzw Stockwerksisolierung von 29.03.2020 bis einschließlich 10.04.2020 gewesen ist. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde ausdrücklich verzichtet.
II. Sachverhalt:
Am 28.03.2020 wurden alle MitarbeiterInnen des Wohn- und Pflegeheims EE einem Covid-19-Test unterzogen. Am 29.03.2020 wurde bekannt, dass eine in der Pflege tätige Mitarbeiterin positiv getestet worden ist, die zuletzt am 27.03.2020 im Erdgeschoß und im ersten Stock des Heimes ihren Dienst versehen hat.
Am 29.03.2020 nahm der Zeuge KK, der von der Bezirkshauptmannschaft W als Epidemiearzt bestellt worden war, Kontakt mit dem Pflegeheim auf, informierte über den positiven Covid-19-Fall und veranlasste, dass alle Bewohner im Heim in ihren Zimmern isoliert werden. Bei einem weiteren Telefonat am Nachmittag mit dem Heimleiter wurde nochmals angeordnet, dass ab sofort FFP2-Masken im Erdgeschoß und im ersten Stock verwendet werden müssen und die Bewohner des Erdgeschosses und des ersten Stockes in ihren Zimmern isoliert werden, da die positiv getestete Mitarbeiterin zuletzt dort tätig gewesen ist. Aufgrund dieser Anordnung wurde der Beschwerdeführer in seinem Zimmer isoliert.
Aufgrund der Unterbringung des Beschwerdeführers im Erdgeschoßes des Heims und der dortigen Tätigkeit der positiv getesteten Mitarbeiterin, aufgrund der Mithilfe des Beschwerdeführers beim Frühstücksdienst, des Umstandes, dass er wegen seines Alters oft Kontakt zu den Pflegekräften sucht und schließlich aufgrund der entsprechenden Mitteilung der positiv getesteten Mitarbeiterin wurde der Beschwerdeführer als ansteckungsverdächtige Kontaktperson/Kategorie I eingeordnet.
Im Rahmen der Zimmerisolation wurden die Heimbewohner – so auch der Beschwerdeführer - durch die MitarbeiterInnen des Pflegeheims angewiesen, in ihren Zimmern zu verbleiben. Das Essen wurde auf Tablets im Zimmer serviert. Pflegeleistungen wurden ebenfalls im Zimmer durchgeführt. Die Zimmer wurden nicht abgesperrt. Lediglich das Haustor wurde versperrt, um den Zugang durch Besucher zu kontrollieren. Die sonstigen Fluchttüren nach außen blieben unversperrt. Wenn ein Heimbewohner sein Zimmer verlassen hat, wurde er vom Pflegepersonal umgehend in sein Zimmer zurückgebracht.
Am 30.03.2020 wurden auch alle Heimbewohner auf Covid-19 getestet. Nachdem am 01.04.2020 für alle Bewohner ein negatives Testergebnis vorlag und Beschwerden über die Zimmerisolation eingegangen sind, wurde am Nachmittag (13:36 Uhr) vom Epidemiearzt FF die Zimmerisolation aufgehoben und eine Stockwerksisolation angeordnet.
Da der Heimleiter bereits am 02.04.2020 dem Epidemiearzt von Heimbewohnern mit „unspezifischen Symptomen“ berichtet hat und eine neuerliche Covid-19-Testung auch im Hinblick auf den Letztkontakt zur positiv getesteten Mitarbeiterin am 27.03.2020 als erforderlich erachtet worden ist, wurde am 02.04.2020 um 12:15 Uhr wieder die Zimmerisolation vom Epidemiearzt veranlasst.
Am 04.04.2020 wurden die Bewohner nochmals getestet. Am nächsten Tag wurde wiederum bekannt, dass alle Testergebnisse negativ waren.
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 01.04.2020, ***, adressiert „an das Wohn- und Pflegeheim EE, zH der Rechtsträgerin Marktgemeinde Z, Adresse 5, **** Z“, wurde am 06.04.2020 zugestellt. Gemäß §§ 6 Abs 1 und 7 Abs 1 und 2 Epidemiegesetz in Verbindung mit §§ 1, 2, 4 und 5 der Absonderungsverordnung, BGBl Nr 39/1915 idF BGBl II Nr 21/2020, wurde betreffend die im Wohn- und Pflegeheim EE ansteckungsverdächtigen Bewohner (Kategorie I – Kontaktpersonen) mit sofortiger Wirkung bis einschließlich 10.04.2020 die Anordnung der Absonderung in der jeweiligen Wohneinheit im Wohn- und Pflegeheim EE unter Vorschreibung folgender Anordnungen bzw Verkehrsbeschränkungen verfügt:
1. Der von der Behörde festgelegte Aufenthaltsort darf nicht verlassen werden.
2. Kontakte zu auswärtigen Personen sind nur erlaubt, wenn eine ärztliche Notwendigkeit besteht oder wenn eine dringende medizinische Versorgung erforderlich ist.
3. Falls eine Rettung benötigt wird, ist das Rettungspersonal vorher telefonisch zu verständigen, dass die Betroffene/der Betroffene eine Verdachtsperson für eine Erkrankung an Covid-2019 ist.
4. Bei Inanspruchnahme einer medizinischen Versorgung durch das Krankenhaus infolge erheblicher Symptomverschlimmerung ist ebenso vorher ebendort eine telefonische Voranmeldung erforderlich.
Hinweise bzw Empfehlungen:
Es ist möglich, dass KAT I Personen, die keine Covid-19-Symptome aufweisen, das Zimmer jedenfalls mit MNs kurzzeitig verlassen dürfen, unter der Voraussetzung sich niemanden unter 2 m zu nähern oder alleine sich in einem andern gut belüfteten Raum aufzuhalten.
Der Aufenthalt auf einem Balkon, Terrasse oder Garten des Heims ist ebenfalls mit den entsprechenden Abständen von mehr als 2 m zu einer anderen Person möglich. Kehrt der Pflegling in sein Zimmer zurück, dann sind die von ihm berührten Flächen und Gegenstände mit einem geeigneten Mittel zu desinfizieren. Dieser Bewegungsradius außerhalb des Zimmers bedarf einer hohen Wachsamkeit und Überwachung der Pflegepersonen in einer Organisation.
Weitere Hinweise:
…
4. Der Bescheid ist in der Pflegeeinrichtung gut sichtbar anzuschlagen und jedem Betroffenen ist eine Kopie auszuhändigen.
…“
Am Vormittag des 06.04.2020 wurde daher eine Lockerung der Zimmerisolierung in Aussicht genommenen, allerdings wurde am Nachmittag wiederum durch die Bezirkshauptmannschaft W angeordnet, dass alle Bewohner des Erdgeschoßes und des 1. Stockes im Zimmer isoliert werden müssen, da sie bis zum 14. Tag nach dem Letztkontakt mit einer positiv getesteten Person - sohin bis zum 10.04.2020, 24:00 Uhr - abgesondert werden müssen.
Ab 11.04.2020 wurde die Zimmerisolierung wieder aufgehoben.
Für den Beschwerdeführer, der in seinen kognitiven Fähigkeiten beschränkt ist, ist eine Erwachsenenvertreterin bestellt. Diese wurde weder vom Heimleiter noch von der Behörde über die gesetzten Maßnahmen in Kenntnis gesetzt. Nach Telefonaten mit dem Beschwerdeführer hat die Erwachsenenvertreterin selbst Kontakt mit der Behörde aufgenommen und am 09.04.2020 mit einem Behördenvertreter telefoniert, der sie über den „Generalbescheid“ informierte. Dieser wurde der Erwachsenenvertreterin erst am 29.04.2020 übermittelt. Der Heimleiter hat am 20.04.2020 erstmalig mit der Erwachsenenvertreterin Kontakt aufgenommen.
III. Beweiswürdigung:
Obiger Sachverhalt geht insbesondere aus dem Auszug aus dem „Corona-Tagebuch“ hervor, den der Heimleiter LL am 19.05.2020 der Bezirkshauptmannschaft per E-Mail übermittelt hat (s Verwaltungsakt Seite 155 von 194). Anlässlich seiner Zeugenaussage vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol hat er diesen Ablauf nochmals ausdrücklich wiederholt und bestätigt.
Der von der Bezirkshauptmannschaft W als Epidemiearzt bestellte Zeuge KK hat in seiner Zeugenaussage ebenfalls ausdrücklich bestätigt, dass er für die Bezirkshauptmannschaft W in Kontakt mit der Heimleitung gestanden ist und die Zimmer- bzw Stockwerksisolation sowie die Testungen angeordnet hat. Der Zeuge LL/Heimleiter hat in diesem Zusammenhang nachvollziehbar dargelegt, dass er davon ausgegangen ist, dass diesen Anordnungen der Bezirkshauptmannschaft als Aufsichtsbehörde Folge zu leisten war.
Die Umsetzung der Zimmerisolation wurde sowohl vom Zeugen LL als auch vom Zeugen MM/Pflegedienstleiter glaubwürdig geschildert. Auch die Begründung, weshalb der Beschwerdeführer als Kontaktperson/Kategorie I eingestuft worden ist, geht aus den übereinstimmenden Zeugenaussagen beider Zeugen hervor.
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 01.04.2020, ***, liegt im Behördenakt auf. Aus diesem geht unzweifelhaft die Zustellung an das Pflegeheim, zH seines Rechtsträgers (der Gemeinde) am 06.04.2020 (vgl den Zustellschein)hervor.
Der Zeuge LL hat erklärt, dass eine Information der Erwachsenenvertreterin des Beschwerdeführers aufgrund eines Fehlers in seiner Kontaktliste bis zum 20.04.2020 unterblieben ist. Die auch als Zeugin einvernommene Erwachsenenvertreterin hat zudem sehr glaubwürdig ausgesagt, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form ihr Informationen über die vorgenommenen Maßnahmen zugekommen sind.
IV. Rechtslage:
Folgende rechtliche Bestimmungen sind zur Klärung der vorliegenden Rechtsfragen maßgeblich:
Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz, BGBl I Nr 16/2020 idF BGBl I Nr 24/2020:
§ 2
Sonderregelungen für bestimmte Fristen
(1) Die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 wird nicht eingerechnet:
1. in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs 8 AVG) zu stellen ist,
2. in Entscheidungsfristen mit Ausnahme von verfassungsgesetzlich festgelegten Höchstfristen und
3. in Verjährungsfristen.
Im Anwendungsbereich der Z 2 verlängert sich die jeweilige Entscheidungsfrist um sechs Wochen, wenn sie jedoch weniger als sechs Wochen beträgt, nur im Ausmaß der Entscheidungsfrist selbst.
…
Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 63/2016:
§ 7
Absonderung Kranker.
(1) Durch Verordnung werden jene anzeigepflichtigen Krankheiten bezeichnet, bei denen für kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen Absonderungsmaßnahmen verfügt werden können.
(1a) Zur Verhütung der Weiterverbreitung einer in einer Verordnung nach Abs 1 angeführten anzeigepflichtigen Krankheit können kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen angehalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränkt werden, sofern nach der Art der Krankheit und des Verhaltens des Betroffenen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht, die nicht durch gelindere Maßnahmen beseitigt werden kann. Die angehaltene Person kann bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung nach Maßgabe des 2. Abschnitts des Tuberkulosegesetzes beantragen. Jede Anhaltung ist dem Bezirksgericht von der Bezirksverwaltungsbehörde anzuzeigen, die sie verfügt hat. Das Bezirksgericht hat von Amts wegen in längstens dreimonatigen Abständen ab der Anhaltung oder der letzten Überprüfung die Zulässigkeit der Anhaltung in sinngemäßer Anwendung des § 17 des Tuberkulosegesetzes zu überprüfen, sofern die Anhaltung nicht vorher aufgehoben wurde.
…
Verordnung des Ministers des Innern im Einvernehmen mit dem Minister für Kultus und Unterricht vom 22. Februar 1915, betreffend die Absonderung Kranker, Krankheitsverdächtiger und Ansteckungsverdächtiger und die Bezeichnung von Häusern und Wohnungen
StF: RGBl Nr 39/1915 idF BGBl II Nr 21/2020 (im Folgenden: Absonderungsverordnung):
§ 1
Zur Verhütung der Weiterverbreitung einer anzeigepflichtigen Krankheit (§ 1 des Gesetzes vom 14. April 1913, RGBl Nr 67, und Artikel I des Bundesgesetzes vom 3. Dezember 1925, BGBl Nr 449) können gegenüber kranken, krankheitsverdächtigen oder ansteckungsverdächtigen Personen Maßnahmen zum Zwecke der räumlichen Absonderung oder anderweitiger bestimmter Verkehrsbeschränkungen verfügt werden.
Als krank gelten jene Personen, bei denen die Krankheit bereits festgestellt ist, als krankheitsverdächtig solche, die Erscheinungen zeigen, die das Vorhandensein der Krankheit vermuten lassen, als ansteckungsverdächtig solche, die zwar keine Krankheitserscheinungen aufweisen, bei denen jedoch bakteriologisch nachgewiesen ist, dass sie als Träger des Krankheitskeimes anzusehen sind, oder bei denen sonst feststeht oder erfahrungsgemäß anzunehmen ist, dass sie der Ansteckung ausgesetzt waren und die Weiterverbreitung vermitteln können.
§ 2
Die Absonderung oder Verkehrsbeschränkung der Kranken, Krankheitsverdächtigen und Ansteckungsverdächtigen hat auf die Dauer der Ansteckungsgefahr derart zu erfolgen, dass eine Weiterverbreitung der Krankheit hintangehalten wird.
Die Absonderung besteht in der Unterbringung der im Absatze 1 erwähnten Personen in gesonderten Räumen.
Unter den Verkehrsbeschränkungen können eine besondere Meldepflicht, die sanitätspolizeiliche Überwachung, die periodische ärztliche Untersuchung usw als selbständige Maßregel angeordnet werden. …
Welche der vorstehenden Verfügungen zu treffen sind, ist nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Verordnung fallweise auf Grund des Gutachtens des zuständigen, im öffentlichen Sanitätsdienste stehenden Arztes anzuordnen.
…
§ 4
… Bei Masern oder Infektion mit 2019-nCoV (“2019 neuartiges Coronavirus„) sind die Kranken und Krankheitsverdächtigen abzusondern oder nach den Umständen des Falles lediglich bestimmten Verkehrsbeschränkungen zu unterwerfen.
§ 5.
Bei Ansteckungsverdächtigen sind jene der in § 2 bezeichneten Maßnahmen anzuwenden, die fallweise nach dem Gutachten des im öffentlichen Sanitätsdienste stehenden Arztes erforderlich sind.
Die Maßnahmen zum Zwecke der Absonderung oder anderweitiger bestimmter Verkehrsbeschränkungen können auch auf die mit der Wartung und Pflege des Kranken, Krankheitsverdächtigen oder Ansteckungsverdächtigen betrauten und daher gleichfalls als ansteckungsverdächtig anzusehenden Familienangehörigen und Pflegepersonen Anwendung finden.
…
§ 6
Der Zutritt zu den Abgesonderten ist außer bei Wochenbettfieber, Aussatz und ägyptischer Augenentzündung (Trachom) nur den im öffentlichen Sanitätsdienste stehenden sowie den zugezogenen Ärzten, den Seelsorgern und den mit der Wartung und Pflege der Abgesonderten betrauten Familienangehörigen und Pflegepersonen gegen Einhaltung der gebotenen Vorsichtsmaßregeln gestattet.
Bei Absonderung außerhalb einer öffentlichen Krankenanstalt kann die Gemeinde nach dem fallweisen Gutachten des zuständigen, im öffentlichen Sanitätsdienste stehenden Arztes, in dringenden Fällen letzterer selbständig den Familienangehörigen des Abgesonderten und anderen berufenen Personen den Zutritt auf kurze Zeit gegen genaue Beobachtung der erforderlichen Vorsichtsmaßregeln bewilligen; …
In allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten steht die Erteilung der Bewilligung des Zutrittes zu den Abgesonderten dem Leiter der Anstalt oder dem durch besondere Vorschriften hiezu berechtigten Vorstande einer Krankenabteilung zu.
…
V. Erwägungen:
A) Zur Zulässigkeit:
Die vorliegende Maßnahmenbeschwerde richtet sich gegen „die Anordnung des Zurückhaltens „ansteckungsverdächtiger Bewohner“ (Kategorie I-Kontaktpersonen) ohne namentliche Konkretisierung im Zeitraum 01.04.2020 bis einschließlich 10.4.2020 durch den - nicht gegenüber dem Beschwerdeführer erlassenen - „Bescheid“ der Bezirkshauptmannschaft W vom 01.04.2020 zu *** Fall, die telefonisch angeordnete Zimmer- bzw Stockwerkisolation ab 29.03.2020 und die aufgrund dieser behördlichen Anordnungen durch Mitarbeiterinnen der Einrichtung erfolgten Beschränkungen“.
Bei einer Maßnahmenbeschwerde handelt es sich um einen verfahrenseinleitenden Antrag. Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz, BGBl I Nr 16/2020 idF BGBl I Nr 24/2020 wird die Zeit vom 22. März 2020 bis zum Ablauf des 30. April 2020 nicht in die Zeit, in der ein verfahrenseinleitender Antrag (§ 13 Abs 8 AVG) zu stellen ist, eingerechnet. Da die gegenständliche Absonderung von 29.03.2020 bis 10.04.2020 stattgefunden hat, war die sechswöchige Beschwerdefrist sohin bis 30.04.2020 gehemmt. Die sechswöchige Beschwerdefrist nach § 7 Abs 4 VwGVG endete daher mit Ablauf des 12.06.2020. Die Maßnahmenbeschwerde wurde am 12.06.2020 zur Post gegeben und ist daher rechtzeitig.
Vorab ist festzuhalten, dass gegenüber dem Beschwerdeführer der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 01.04.2020 zu ***, nicht ergangen ist. Der Beschwerdeführer ist nicht Adressat dieses Bescheides. An wen ein Bescheid gerichtet ist, ergibt sich aus dessen Formulierung, nämlich der Adressierung, dem Spruch und der Zustellverfügung (vgl VwGH 18.02.1988, 88/09/0002, 21.10.1994, 94/11/0192). Aus dem angeführten Bescheid geht in keinster Weise hervor, dass dieser an den Beschwerdeführer gerichtet ist. Auch die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift zugestanden, dass „einziger Adressat das „Wohn- und Pflegeheim EE. zH des Trägers des Heims der Marktgemeinde Z“ gewesen ist. Die bloße Aushändigung einer Bescheidkopie bzw das Anschlagen des Bescheides in der Pflegeeinrichtung ändert an diesem Umstand nichts.
Grundsätzlich kann nur der Adressat eines Bescheides bzw eine Partei des Verfahrens eine mögliche Rechtsverletzung durch diesen geltend machen und diesen bekämpfen (vgl VwGH 29.12.2015, 2013/05/0179, 0180, 0182, 29.03.2017, Ra 2017/05/0024), insofern kann dieser „Bescheid“ – abgesehen von der Zuständigkeit der Bezirksgerichte gemäß § 7 Abs 1a Epidemiegesetz zu einer allfälligen Überprüfung (siehe dazu die Ausführungen unten) - nicht vom Beschwerdeführer im Rahmen einer Bescheidbeschwerde bekämpft werden (vgl das in dieser Angelegenheit ergangene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 12.08.2020, LVwG-2020/23/1402, betreffend die Zurückweisung der Vorstellung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 01.04.2020, *** über die Absonderung ansteckungsverdächtiger Personen im Wohn- und Pflegeheim EE, in dem die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und begründend ausgeführt worden ist, dass der Beschwerdeführer im hier vorliegenden Sachverhalt weder Adressat des ursprünglichen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft W noch Partei des gegenständlichen Verfahrens war).
Allerdings erfolgte die Zimmerisolation des Beschwerdeführers ab 29.03.2020 ohnehin nicht aufgrund des gegenständlichen Bescheides, sondern bereits aufgrund einer Anordnung des von der Bezirkshauptmannschaft W bestellten Epidemiearztes vom 29.03.2020 und wurde dann durch Hilfsorgane der Behörde – die Mitarbeiter des Pflegeheims – umgesetzt. Der Bescheid wirkte sich nur insofern faktisch auch auf den Beschwerdeführer aus, als am 06.04.2020 (dem Tag der Zustellung an das Pflegeheim zH ihres Rechtsträgers) die Maßnahmen am Vormittag „schrittweise gelockert“ werden sollten („die Bewohner dürfen sich in ihren Wohn- und Gartenbereich frei bewegen“), allerdings wurde bereits am Nachmittag von der Behörde telefonisch angeordnet, dass Bewohner des Erdgeschoßes und des Obergeschoßes doch wieder isoliert werden.
Es ist daher zu prüfen, ob diese telefonisch angeordneten Absonderungsmaßnahmen als eine unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt zu werten sind.
Nach Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit, nach Art 131 Abs 1 B-VG erkennen über Maßnahmenbeschwerden die Verwaltungsgerichte der Länder, im vorliegenden Fall das Landesverwaltungsgericht Tirol.
Ein Verwaltungsakt in Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - dh ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann (vgl VwGH 29.11.2018, Ra 2016/06/0124; VwGH 29.09.2009, 2008/18/0687, mwN).
Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer vom Pflegepersonal angewiesen im Zimmer zu verbleiben. Dabei handelte es sich nicht bloß um eine unverbindliche Aufforderung, sondern wurden die Bewohner des Pflegeheims sofort in ihr Zimmer zurückgebracht, wenn sie sich nicht an diese Anweisung hielten. Auch die Heimleitung ist davon ausgegangen, dass sie zur Umsetzung dieser Anweisungen durch die Aufsichtsbehörde verpflichtet ist.
Dass die Zimmer- bzw kurzzeitige Stockwerksisolation (von Nachmittag 01.04.2020 bis zum Vormittag des 02.04.2020 bzw Lockerung am Vormittag des 06.04.2020) nicht direkt gegenüber den Heimbewohnern von den Behördenvertretern angeordnet wurden, ändert nichts an der Beurteilung, dass hier verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt ausgeübt worden ist. Im vorliegenden Fall ist nämlich unbestritten, dass die Absonderungen in Form einer Zimmer- bzw Stockwerksisolation nur deshalb durchgeführt wurden, weil die Mitarbeiter des Pflegeheims von den Behördenvertretern der Bezirkshauptmannschaft W dazu angewiesen wurden und dies ausschließlich der Umsetzung der behördlich angeordneten Absonderungsmaßnahmen gedient hat. Somit kann nicht zweifelhaft sein, dass die Absonderung von der belangten Behörde veranlasst wurde und damit auch dieser zuzurechnen ist (vgl VfGH 06.12.1998, B 1092/87, VfSlg 11.923, VwGH 10.04.2008, 2004/01/0502 mwH).
Die angeordnete Zimmer- bzw Stockwerksisolation war für den Beschwerdeführer jedenfalls mit einer Duldungsverpflichtung verbunden, sodass das Vorliegen von verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu bejahen ist (vgl VwGH 27.6.2018, Ro 2017/17/0028, mwN, 15.02.2021, Ra 2019/17/0125 uva).
Zu prüfen bleibt schließlich, ob hier eine Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol zur Entscheidung in der Sache besteht.
Gemäß § 7 Abs 1a zweiter Satz Epidemiegesetz kann die angehaltene Person bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Anhaltungsort liegt, die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung nach Maßgabe des 2. Abschnitts des Tuberkulosegesetzes beantragen.
In diesem Zusammenhang ist das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 10.03.2021, G 380/2020, von besonderer Bedeutung, mit dem ausgesprochen worden ist, dass § 7 Abs 1a zweiter Satz Epidemiegesetz 1950 (EpiG), BGBl Nr 186/1950 idF BGBl I Nr 63/2016 als verfassungswidrig aufgehoben wird, frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und § 7 Abs 1a zweiter Satz EpiG in der beim Verfassungsgerichtshof zu K I 13/2020, E 2375/2020 anhängigen Rechtssache nicht mehr anzuwenden ist. Die Kundmachung des Bundeskanzlers über die Aufhebung des § 7 Abs 1a zweiter Satz des EpiG 1950 durch den Verfassungsgerichtshof erfolgte im Bundesgesetzblatt BGBl I Nr 64/2021 am 08.04.2021.
Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden, so sind gemäß Art 140 Abs 7 B-VG Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Dies ist im vorliegenden Fall nur für eine ausdrücklich angeführte – hier nicht maßgebliche - Rechtssache (K I 13/2020, E 2375/2020) erfolgt.
Im vorliegenden Fall wurde die Zuständigkeitsbestimmung vom Verfassungsgerichtshof behoben, weil dem Verweis des § 7 Abs 1a zweiter Satz Epidemiegesetz auf den 2. Abschnitt des Tuberkulosegesetzes nicht hinreichend klar entnommen werden konnte, worüber und nach welchen verfahrensrechtlichen Regeln die Bezirksgerichte nach dieser Bestimmung konkret zu entscheiden haben. Unklar ist dem Verfassungsgerichtshof auch erschienen, worin der Prüfungsgegenstand des Bezirksgerichts und damit dessen Zuständigkeitsumfang genau liegen soll und in welchem Verhältnis die Kognitionsbefugnis des Bezirksgerichts zu einer allenfalls verbleibenden Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte besteht.
Unter der Prämisse, dass sich Art 140 Abs 7 B-VG „auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände“ bezieht, die Verwaltungsgerichte gemäß § 6 Abs 1 AVG iVm § 17 VwGVG ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit – aber in jeder Lage des Verfahrens (vgl zu § 6 AVG – VfSlg 17.381/2004 mwH) wahrzunehmen haben und zudem im vorliegenden Fall die Absonderung nicht bescheidmäßig sondern in Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angeordnet worden ist, wird von einer Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol ausgegangen. Diese Bejahung der Zuständigkeit ist insbesondere auch im Rahmen einer verfassungskonformen Interpretation der (im Sinne des Art 140 Abs 7 B-VG unanfechtbar gewordenen, aber – nach wie vor - unklaren) Zuständigkeitsbestimmung des § 7 Abs 1a zweiter Satz Epidemiegesetz geboten, zumal die Verwaltungsgerichte nach Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit zu erkennen haben und nach Art 94 Abs 2 B-VG die Trennung von Justiz und Verwaltung nur im Rahmen eines Instanzenzugs von der Verwaltungsbehörde an die ordentlichen Gerichte durchbrochen sein kann (bei einer faktischen Amtshandlung aber ein „Instanzenzug“ nicht vorliegt), sodass hier wohl die Zuständigkeit für Maßnahmenbeschwerden bei den Verwaltungsgerichten verblieben ist (vgl dazu auch im Erkenntnis des VfGH 10.03.2021, G 380/2020 „… zu einer allenfalls verbleibenden Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte“).
Das Landesverwaltungsgericht Tirol ist daher für die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde zuständig. Die Beschwerde ist zulässig.
B) In der Sache:
In der gegenständlichen Beschwerde wird insbesondere bemängelt, dass die Absonderung durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und nicht bescheidmäßig angeordnet worden ist.
Zu dieser Frage hat der Verfassungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 10.03.2021, G 380/2020-17 ua wie folgt ausgeführt:
„Gemäß § 7 Abs 1a EpiG kann die Bezirksverwaltungsbehörde (§43 Abs4 EpiG) zur Verhütung der Weiterverbreitung einer in einer Verordnung nach §7 Abs1 leg cit angeführten anzeigepflichtigen Krankheit kranke, krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen anhalten oder im Verkehr mit der Außenwelt beschränken, sofern nach der Art der Krankheit und des Verhaltens des Betroffenen eine ernstliche und erhebliche Gefahr für die Gesundheit anderer Personen besteht, die nicht durch gelindere Maßnahmen beseitigt werden kann. Die in § 7 Abs 1a erster Satz EpiG vorgesehenen Eingriffe können mit Bescheid (Mandatsbescheid) oder – bei Gefahr im Verzug – durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt getroffen werden (vgl ErlRV 1187 BlgNR 25. GP, 16). Demnach kann eine (faktische) Anhaltung nach § 7 Abs 1a EpiG entweder als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (wenn kein Bescheid ergangen ist oder die in einem Bescheid vorgesehenen Maßnahmen überschritten werden) oder als schlichte Vollziehung eines zuvor ergangenen Bescheides (und damit diesfalls nicht als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt) zu qualifizieren sein (vgl VfSlg 19.970/2015).“
Damit hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass die Anordnung einer Absonderung auch im Wege einer unmittelbar verwaltungsbehördlich ausgeübten Befehls- und Zwangsgewalt angeordnet werden kann.
Der Beschwerdeführer, für den eine Erwachsenenvertreterin bestellt ist, erachtet sich der Sache nach auch insofern in seinen Rechten verletzt, als seine Erwachsenenvertreterin nicht seitens der Behörde bzw deren Hilfsorgangen über die angeordneten Maßnahmen, die den Beschwerdeführer in seiner persönlichen Freiheit beschränkt haben, verständigt worden ist.
Einen Eingriff in das Recht auf persönliche Freiheit begründen staatliche Maßnahmen, die jemandem die physische Bewegungsfreiheit entziehen, ihn also gegen seinen Willen an einem bestimmten, räumlich begrenzten Ort festhalten oder ihn dazu zwingen, sich an einen vorgegebenen anderen Ort oder in eine bestimmte Richtung zu bewegen (vgl Kahl/Khakzadeh/Schmid (Hrsg), Kommentar zum Bundesverfassungsrecht, Anm 6 zu Art 1 PersFrG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 15.465/1999 mwH) schützen Art 8 StGG und das Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit - nunmehr das BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit - ebenso wie Art5 EMRK nicht vor jeglicher Beschränkung der Bewegungsfreiheit schlechthin, sondern nur vor willkürlicher Verhaftung, rechtswidriger Inverwahrnahme sowie rechtswidriger Internierung und Konfinierung (VfSlg 8815/1980, 10378/1985, weitere Nachweise bei Morscher, Der Schutz der persönlichen Freiheit in Österreich (1990), 53 ff, 72 ff).
Der Beschwerdeführer wurde von 29.03.2020 bis zum 10.04.2020 (mit Ausnahme der angeführten kurzzeitigen Lockerung auf eine Stockwerksisolation) angewiesen, sein Zimmer nicht zu verlassen und wurde diese Anordnung durch das Pflegepersonal auch kontrolliert. Heimbewohner, die das Zimmer verlassen haben, wurden umgehend in ihr Zimmer zurückgebracht, sodass diese „Zimmerisolation“ über eine bloße Freiheitsbeschränkung hinausgeht und als Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf persönliche Freiheit zu qualifizieren ist.
Das Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit sieht in seinem Art 6 B-VG vor, dass jedermann, der festgenommen oder angehalten wird, das Recht auf ein Verfahren hat, in dem durch ein Gericht oder durch eine andere unabhängige Behörde über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges entschieden und im Falle der Rechtswidrigkeit seine Freilassung angeordnet wird. Die Entscheidung hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung hätte vorher geendet.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist im Zusammenhang mit dem Recht auf persönliche Freiheit ein „effektiver Rechtsschutz“ geboten und sohin auch Vorkehrungen, um eine allenfalls mangelnde Handlungsfähigkeit einer Person auszugleichen (vgl zB EGMR 16.06.2005, Storck, 61w603/00 Rz 117 ua).
Im Sinne dieser Überlegungen kann den verfassungsrechtlich gewährleisteten Verfahrensgarantien im vorliegenden Fall nur dann Genüge getan werden, wenn auch die zur Vertretung vor Gerichten berufene Erwachsenenvertreterin von der Behörde über die angeordneten freiheitsentziehenden faktischen Absonderungsmaßnahmen gegenüber ihrem Pflegebefohlenen zeitnah informiert wird.
Im vorliegenden Fall wurden seitens der Behörde bzw ihrer Hilfsorgane keinerlei Schritte unternommen, um die Erwachsenenvertreterin über die angeordneten Absonderungsmaßnahmen in Kenntnis zu setzen (vgl „fehlerhafte Kontaktliste“). Erst über Rückfrage durch die Erwachsenenvertreterin selbst am 09.04.2020 bei der Behörde, sohin einen Tag bevor die Beschränkungen wieder aufgehoben worden sind, erhielt die Erwachsenenvertreterin eine Information über den „Generalbescheid“ durch die Behörde. Eine ausreichende und vor allem rechtzeitige Information der Erwachsenenvertreterin kann darin aber nicht gesehen werden. Die – verspätete – Information kann auch nicht zu einer Sanierung dieses Mangels führen, zumal gerade bei einem Eingriff in das Recht auf persönliche Freiheit nicht nur der Rechtsschutz an sich verfassungsrechtlich gewährleistet wird, sondern auch dessen zeitnahe Gewährleistung, welche durch die Nichtinformation der Erwachsenenvertreterin unterlaufen worden ist.
Es liegt daher eine Verletzung der subjektiven Rechte des Beschwerdeführers vor. Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich, näher darauf einzugehen, ob im vorliegenden Fall ausreichend ermittelt worden ist, ob es sich beim Beschwerdeführer überhaupt um eine ansteckungsverdächtige Person (Kontaktperson – Kat. I) gehandelt hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Kostenentscheidung:
Gemäß § 35 Abs 1 VwGVG, BGBl I Nr 33/2013, hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG) obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei.
Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.
Aufwandersatz ist auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlu