TE Lvwg Erkenntnis 2021/7/5 LVwG-2019/44/2131-13

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Veröffentlicht am 05.07.2021
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Entscheidungsdatum

05.07.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §4 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde der AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch die Rechtsanwälte BB, Adresse 2, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 25.07.2019, Zahl ***, betreffend einer Ersatzvornahme nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 für einen forstpolizeilichen Auftrag, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahren:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 27.05.2015, Zl *** und ***, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 172 Abs 6 Forstgesetz 1975 (ForstG 1975) aufgetragen, eine im Wald des Grundstücks Nr **1, KG  X, konsenslos errichtete Zufahrtsstraße wiederaufzuforsten. Ihre dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 08.01.2016, Zahl LVwG-***, als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.07.2019 hat die Forstbehörde gemäß § 4 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) die Ersatzvornahme der Wiederaufforstung angeordnet und die Vorauszahlung der dafür erforderlichen Kosten in Höhe von € 23.616,29 auftragen.

Im dagegen erhobenen Rechtsmittel hat die Beschwerdeführerin zusammengefasst vorgebracht, dass sie nicht mehr Eigentümerin des betroffenen Grundstücks sei, dass sie daher auch keine Verfügungsmacht mehr über dieses Grundstück habe, dass die von der Behörde vorgenommene Kostenschätzung falsch sei und, dass sie nicht über ausreichende finanzielle Mittel für die Ersatzvornahme verfüge.

In der am 06.07.2020 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht hat die Beschwerdeführerin für die gegenständliche Fläche ein Rodungsansuchen der nunmehrigen Grundeigentümerin vom 04.06.2020 vorgelegt.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 10.05.2021, Zahl ***, hat Bezirkshauptmannschaft Y gemäß §§ 17, 18 und 19 ForstG 1975 zum Zweck der Straßenerrichtung und Baulandschaffung die nachträgliche Rodungsbewilligung für die Zufahrtsstraße auf dem Grundstück Nr **1, KG X, erteilt.

II.      Sachverhalt:

Für jene unbestockte Waldfläche, für die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 27.05.2015, Zl *** und ***, und Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 08.01.2016, Zl LVwG-***, ein Aufforstungsauftrag ergangen ist, liegt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.05.2021, Zl ***, mittlerweile eine rechtskräftige Rodungsbewilligung vor.

III.    Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Bescheiden und aus den Stellungnahmen der Bezirkshauptmannschaft Y vom 08.06.2021 und 02.07.2021, wonach die rechtskräftig bewilligte Rodungsfläche die Aufforstungsfläche abdeckt.

IV.      Erwägungen:

Wenn die zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachkommt, so kann gemäß § 4 Abs 1 VVG die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten der Verpflichteten bewerkstelligt werden. Nach Abs 2 kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall der Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen.

Eine nach Erlassung des Titelbescheides eingetretene wesentliche Änderung des Sachverhaltes kann eine Vollstreckung aber unzulässig machen, wenn bei Vorliegen des neuen Sachverhaltes nicht mehr ein im Spruch gleichlautender Bescheid erlassen werden könnte (vgl VwGH 28.02.2017, Ro 2014/06/0029). Ein gemäß § 172 Abs 6 Forstgesetz 1975 erteilter Aufforstungsauftrag wird gegenstandslos, wenn nachträglich eine rechtskräftige Rodungsbewilligung für die betroffene Fläche erteilt wird (vgl VwGH 26.11.2014, 2013/05/0035). In diesem Fall wird aus der unbestockten Waldfläche eine Nichtwaldfläche.

Im vorliegenden Fall liegt für die Aufforstungsfläche mittlerweile eine rechtskräftige Rodungsbewilligung vor. Die Rodungsfläche ist daher aus dem Waldbestand ausgeschieden. Aufgrund dieser Änderung des Sachverhaltes entfaltet der Aufforstungsauftrag keine Rechtswirkung mehr, sodass der darauf fußende Vollstreckungsbescheid zu beheben ist.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Ersatzvornahme;
nachträgliche Rodungsbewilligung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2019.44.2131.13

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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