TE Lvwg Erkenntnis 2021/7/26 LVwG-2021/15/0222-1

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Veröffentlicht am 26.07.2021
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Entscheidungsdatum

26.07.2021

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §45 Abs1 Z1;

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 22.12.2020, Zahl *** betreffend Übertretung nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

1.   „Datum/Zeit:          30.05.2020, 00:24 Uhr

Ort:                    **** Z, Adresse 2, CC

Sie haben als Inhaber einer Betriebsstätte des Unternehmens CC in **** Z, Adresse 2, welche eine Betriebsstätte der Betriebsart des Gastgewerbes darstellt, nicht dafür Sorge getragen, dass die Betriebsstätte nur im Zeitraum zwischen 06:00 Uhr und 23:00 Uhr betreten wird, obwohl das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe gemäß COVID-19-Lockerungsverordnung, COVID-19-LV, i.d.F. BGBl. II Nr. 207/2020 in derzeit vom 15.05.2020 bis 30.06.2020 nur unter der Voraussetzung zulässig ist, wenn der Betreiber das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nur im Zeitraum zwischen 06.00 und 23.00 Uhr zulässt. Restriktivere Sperrstunden und Aufsperrstunden aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

Es wurde festgestellt, dass sich nach 23 Uhr noch ca. 15. Gäste in der Bar befanden und Getränke konsumierten. Die Türen waren verschlossen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.   §§ 1, 2 Z 1 und 3 Abs. 2 C0VID-19-Maßnahmengesetz i.V.m. § 6 Abs. 1 und 2 COVID-19-LV, BGBl. II Nr. 197/2020 i.d.F. BGBl. II Nr. 207/2020

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1. € 3.000,00

1 Tage(n) 9 Stunde(n)

0 Minute(n)

 

§ 3 Abs. 2 COVID-19 Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 12/2020 i.d.g.F.

Weitere Verfügungen (zB Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 300,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 3.300,00“

Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 01.10.2020, G272/2020-11 ua ausgesprochen, dass § 6 Abs 1 und 4 der Covid-19 Lockerungsverordnung BGBl II Nr 197/2020 in der Fassung BGBl II Nr 227/2020 sowie im Erkenntnis vom 08.06.2021, V615/2020-7, dass § 6 Abs 2 und 3 der Covid-19 Lockerungsverordnung BGBl II Nr 137/2020 in der Fassung BGBl II Nr 207/2020 gesetzwidrig war. Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof jeweils festgehalten, dass die als gesetzwidrig festgestellten Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind.

II.      Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer wird im vorliegendem Fall ein Verstoß gegen § 6 Abs 1 und 2 der Covid-19-Lockerungsverordnung, BGBl II Nr 197/2020 in der Fassung, BGBl II Nr 207/2020, zur Last gelegt.

Der Verfassungsgerichtshof hat in den oben zitierten Erkenntnissen festgestellt, dass diese Bestimmungen gesetzwidrig waren sowie das diese nicht mehr anzuwenden sind.

III.     Beweiswürdigung:

Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde sowie aus den zitierten Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes.

IV.      Erwägungen:

Dem Beschwerdeführer wird im vorliegenden Fall eine Übertretung des § 6 Abs 1 und 2 Covid-19-Lockerungsverordnung, BGBl II Nr 197/2020 in der Fassung, BGBl II Nr 207/2020, zur Last gelegt.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinen Erkenntnissen vom 01.10.2020, G272/2020-11 ua sowie vom 08.06.2021, V615/2020-7 festgestellt, dass diese Bestimmungen der Covid-19-Lockerungsverordnung gesetzwidrig waren sowie das diese nicht mehr anzuwenden sind. Folglich war der von der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses festgehaltene Sachverhalt zum Tatzeitpunkt nicht mit einer Verwaltungsstrafe bedroht. Aus diesem Grund war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Ziffer 1 VStG einzustellen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw. wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

Gesetzeswidrigkeit Lockerungsverordnung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.15.0222.1

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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