TE Bvwg Beschluss 2021/3/17 W107 2240383-1

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Veröffentlicht am 17.03.2021
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Entscheidungsdatum

17.03.2021

Norm

AIFMG §2 Abs1 Z2
B-VG Art133 Abs4
FMABG §22 Abs2
FMABG §22 Abs2a
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs4
VwGVG §22 Abs3
VwGVG §44
VwGVG §50 Abs1

Spruch


W107 2240383-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Sibyll BÖCK als Vorsitzende und den Richter Dr. Gert WALLISCH als Beisitzer und den Richter Mag. Rainer FESLEISEN als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , XXXX , vertreten durch Dr. Friedrich HELML, LL.M (Duke), Rechtsanwalt, Stallburggasse 4/13, 1010 Wien, gegen Spruchpunkt 5. des Bescheides der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 19.01.2021, XXXX , zu Recht beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

I. 1. Mit Bescheid der Finanzmarktaufsicht Österreich (in Folge: FMA, belangte Behörde) vom 19.01.2021 wurde der XXXX als Beschwerdeführerin (in Folge: Beschwerdeführerin) Folgendes aufgetragen (wörtlich, auszugsweise):

„1. Die XXXX , FN XXXX , XXXX , hat die unerlaubte Verwaltung eines alternativen Investmentfonds gemäß § 2 Abs. 1 Z 2 AIFMG zu unterlassen.

Dies durch Unterlassung der folgenden Tätigkeit: Die Verwaltung des Genussrechtskapitals, das durch die Emission von unverbrieften und nachrangigen Genussrechten mit einer Laufzeit bis zum 31.12.2023 laut Kapitalmarktprospekt vom 5.07.2017 über das öffentliche Angebot von Genussrechten eingesammelt wurde (siehe Genussrechtsbedingungen laut Punkt 2.1.3. des Kapitalmarktprospektes vom 5.07.2017, die einen integrierten Bestandteil dieses Bescheides darstellen).

Die Genussrechte gewähren eine Beteiligung am Gewinn der XXXX . Das Genussrechtskapital dient der direkten Unternehmensfinanzierung der XXXX . Den Genussrechtsinhabern kommen keine Mitspracherechte zu, sodass die XXXX den Geschäftsbetrieb, in welchen das Genussrechtskapital investiert wird, selbst lenkt.

2. Dies ist der FMA binnen sechs Wochen ab Zustellung dieses Bescheides durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen.

3. Bei Nichtbefolgung der Spruchpunkte 1. und 2. wird die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) über die XXXX eine Zwangsstrafe in Höhe von jeweils EUR 10.000,- verhängen.

4. Der Antrag der XXXX vom 25.11.2020 auf Akteneinsicht in den gesamten Akt des Verfahrens XXXX wird abgewiesen.

5. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde ist gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.“

Zu Spruchpunkt 5. des angefochtenen Bescheids führte die FMA eine Interessenabwägung durch und kam mit der zusammengefasst wesentlichen Begründung, die Beschwerdeführerin verwalte nach wie vor einen AIF ohne die erforderliche Konzession, habe laut eigenen Angaben ein Genussrechtskapital in Höhe von EUR XXXX Mio. eingeworben, würden die Genussrechte laut Kapitalmarktprospekt vom 5.07.2017 eine Laufzeit bis zum 31.12.2023 aufweisen - wobei die Rückzahlung des Genussrechtskapitals grundsätzlich erst bei Ablauf der Laufzeit erfolgen solle -, werde im Risikohinweis auf Seite 3 des Kapitalmarktprospektes vor einem möglichen Totalausfall des Investments gewarnt und drohe Anlegern somit ein beträchtlicher Schaden, zu dem Ergebnis, dass daher ein zwingendes öffentliches Interesse bestehe, der Beschwerdeführerin die Verwaltung eines AIFs ohne die erforderliche Konzession zu untersagen, um gravierende Nachteile für Anleger und einen Verlust in das Vertrauen des Kapitalmarktes zu verhindern. Daraus folge, dass ein zwingendes öffentliches Interesse daran bestehe, der Beschwerdeführerin die Herstellung des rechtmäßigen Zustands in Form der Unterlassung der unerlaubten Verwaltung eines AIFs binnen angemessener Frist von sechs Wochen, bei sonstiger Verhängung einer Zwangsstrafe, aufzutragen. Das öffentliche Interesse überwiege das Interesse der Beschwerdeführerin an der weiteren Nutzung des Genussrechtskapitals jedenfalls und komme den öffentlichen Interessen deutlich höheres Gewicht zu als den Interessen der Beschwerdeführerin (vgl. VwGH 02.11.2018, Ra 2018/03/0111). Bereits das Bestehen der aufgezeigten zwingenden öffentlichen Interessen gebiete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der gegenständlichen Beschwerde.

I. 2. Dagegen richtet sich die Beschwerde vom 24.02.2021 mit der – soweit verfahrensrelevant – beantragt wird, das Bundesverwaltungsgericht möge „1. der Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 13 Abs. 4 VwGVG und § 22 Abs. 3 VwGVG zuerkennen; 2. der FMA auftragen, diesen Umstand gemäß § 22c Abs 2 FMABG in gleicher Weise bekannt zu machen wie der bekämpfte Bescheid bekannt gemacht wurde.“

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, es bestehe keine Dringlichkeit, da zum einen die Behörde bereits seit 2018, somit seit mehr als 2 Jahren, Ermittlungen führe und zudem das öffentliche Angebot der Beschwerdeführerin seit mehr als 1 1/2 Jahren beendet sei. Daher bestehe für Anleger durch das „Versagen der aufschiebenden Wirkung“ gar kein Schutzbedarf, vielmehr aber würde der Beschwerdeführerin die Finanzierung von Verfahren („primär gegen die Versicherungswirtschaft und die FMA“) untersagt, was erst in Folge dann eben Anleger schädige, „da das eingesammelte Kapital dann nicht mehr (gewinnbringend) für die operative Tätigkeit verwendet, sondern nur noch für administrative Nebentätigkeiten verbraucht werden könnte“. Demgemäß liege auch keine „Gefahr in Verzug“ vor.

I. 3. Mit Schriftsatz vom 12.03.2021 übermittelte die FMA die Beschwerde und legte den diesbezüglichen Verfahrensakt vor.

I. 4. Mit Eingabe vom selben Tag übermittelte die FMA eine Stellungnahme und begründete ergänzend den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde als gerechtfertigt zusammengefasst wie folgt:

Entgegen den Beschwerdeausführungen sei gegenständlich besondere Dringlichkeit gegeben, weil das unerlaubte Tätigwerden am Finanzmarkt ein hohes Risiko für seine Stabilität und den (kollektiven) Anlegerschutz berge und gegenständlich das unerlaubte Geschäftsmodell der Beschwerdeführerin zudem jene Kunden, die sich der Prozesskostenfinanzierung durch die Beschwerdeführerin bedienen würden, gefährde. Das Abwenden dieser spezifischen Gefahren sei im Sinne der unionsrechtlichen Vorgaben zum AIF bzw. AIFM zentrale Aufgabe der FMA. Die Beschwerdeführerin verwalte konzessions- und genehmigungslos - in somit unerlaubter Weise - einen AIF, akquiriere — nach wie vor — Kunden, deren Prozessrisiko sie übernehme und deren Prozesse sie finanziere. Damit bestehe, neben der Gefahr für die Stabilität des Finanzmarktes und des (kollektiven) Anlegerschutzes, die Gefahr für jene Kunden, die einen Vertrag für eine finanzielle Dienstleistung abschließen und mitten in einem Prozess weder auf eine weitere Finanzierung noch einen Parteienvertreter zurückgreifen können, dies (nämlich die Gefahr des Vermögensverlustes für Kunden) bedingt durch die unerlaubte Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin. Unter Hinweis auf die höchstgerichtliche Judikatur und den darin zum Ausdruck gebrachten unbedingten Schutz der Einleger, Anleger und Gläubiger sowie des Vertrauens in den Kapitalmarkt sei Gefahr in Verzug jedenfalls gegeben, weil die unerlaubte Tätigkeit der Beschwerdeführerin unmittelbar eine Gefahr für die von der FMA zu wahrenden zwingenden öffentlichen Interessen darstelle.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den zugrundeliegenden Verwaltungsakt, insbesondere durch Einsicht in die im Verfahren vorgelegten Dokumente und Unterlagen.

II. 1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und zum anwendbaren Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Über Beschwerden gegen Bescheide der FMA entscheidet gemäß § 22 Abs. 2a FMABG das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, es liegt daher gegenständlich Senatszuständigkeit vor (vgl. VwGH 05.09.2018, Ra 2018/03/0056).

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 75/2018, geregelt (§ 1 leg. cit.).

II.2. Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde aufschiebende Wirkung. Die Behörde kann nach § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen.

Gemäß § 13 Abs. 4 leg. cit. hat eine Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung keine aufschiebende Wirkung. Sofern diese nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen.

§ 13 VwGVG statuiert damit als Grundsatz, dass einer (rechtzeitigen und zulässigen) Bescheidbeschwerde aufschiebende Wirkung zukommt, die von der Behörde nur unter den in Abs. 2 leg. cit. genannten Voraussetzungen - wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheids wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist - aberkannt werden darf.

Das Tatbestandsmerkmal "Gefahr im Verzug" bringt zum Ausdruck, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nur das Eintreten erheblicher Nachteile für eine Partei beziehungsweise gravierender Nachteile für das öffentliche Wohl verhindern soll. Voraussetzung für den Ausschluss der einer Beschwerde grundsätzlich zukommenden aufschiebenden Wirkung ist daher eine nachvollziehbare Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen der Verfahrensparteien, aus der sich ebenso nachvollziehbar ergibt, dass für den Fall, dass die aufschiebende Wirkung nicht ausgeschlossen wird, gravierende Nachteile für das öffentliche Wohl eintreten würden beziehungsweise gravierende Nachteile für eine Partei, die jene Nachteile deutlich überwiegen, die bei nicht verfügtem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde anderen Verfahrensparteien entstehen würden. Das Bestehen öffentlicher Interessen am Vollzug der Maßnahme berechtigt hingegen nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen dringend gebieten (vgl. VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143).

Da die Entscheidung "ohne weiteres Verfahren" ergeht, hat die gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung beschwerdeführende Partei insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren beziehungsweise die in ihrer Sphäre liegenden Umstände, die ihr Interesse am Unterbleiben des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung untermauern, spätestens in der Begründung ihrer Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen (vgl. VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143; 05.09.2018, Ra 2017/03/0105; 11.4.2018, Ro 2017/08/0033).

Demgemäß ist entsprechend ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein behaupteter unverhältnismäßiger Nachteil zu konkretisieren. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die finanziellen Verhältnisse (hier: der Beschwerdeführerin) wird das Bundesverwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides einen angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhaltes unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. VwGH 11.03.1996, Zl. AW 96/17/0071; VwGH 27.06.1996, Zl. AW 96/17/0028; VwGH 10.08.2011, Zl. AW/2011/17/0028). Diese Dartuung des unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils erfordert die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse. Diese Angaben sind durch entsprechende Bescheinigungsmittel zu untermauern (vgl. VwGH 15.01.2014, Zl. AW 2013/06/0060). Denn nur so ist erst eine Beurteilung dahingehend möglich, ob die angeordneten Maßnahme für die Beschwerdeführerin einen angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhaltes unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte.

Derartiges zeigt die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde jedoch nicht einmal ansatzweise auf, vielmehr stellen sich die Ausführungen für das Bundesverwaltungsgericht als allgemein gehaltene Behauptungen (Einstellen der Geschäftstätigkeit, Imageschaden, Vertrauensverlust, Kostenersatzleistungen) dar, die auch nicht durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert wurden (vgl. VwGH 15.01.2014, Zl. AW 2013/06/0060; VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143; 05.09.2018, Ra 2017/03/0105; VwGH 11.4.2018, Ro 2017/08/0033).

Bei der gemäß § 13 Abs. 4 VwGVG vorzunehmenden Entscheidung, die auf dem Boden der im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Sach- und Rechtslage zu treffen ist, ist laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes regelmäßig von den nicht von vornherein als unzutreffend erkennbaren Annahmen der belangten Behörde auszugehen (vgl. etwa VwGH 02.11.2018, Ra 2018/03/0111; BVwG 16.03.2020, W158 2229412-1). Im gegenständlichen Verfahren ist die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides selbst und somit das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht zu überprüfen. Dies wird Gegenstand der Entscheidung in der Hauptsache sein.

Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen ist nicht ersichtlich, welche Umstände das Interesse der Beschwerdeführerin am Unterbleiben des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung begründen sollten, zumal die Beschwerdeführerin auch selbst ausführt, der Einsammlung von Genussrechtskapital gar nicht mehr nachzugehen.

Entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin ist die von der FMA ausgeübte Bankenaufsicht eine Wirtschaftsaufsicht im öffentlichen Interesse, die neben dem Schutz der Einleger (gesicherter Einlagen) primär dem klaglosen Funktionieren des Bankwesens allgemein und insgesamt dem Vertrauen in den Kapitalmarkt, somit der Wahrung der Stabilität des Finanzmarktes, dient (vgl. VwGH 24.05.2013, AW 2013/17/0007; auch VwGH 17.03.2010, AW 2010/17/0004; 29.11.2013, 2013/17/0199; vgl. dazu auch BVwG 30.05.2014, W204 2008008-1 mit Verweis auf VfSlg 12.098/1989, 689; 12.378/1990, 545; 13.471/1993, 589 und VfGH 04.11.1999, B 1741/99).

Wie die FMA unter Verweis auf die ständige Judikatur zutreffend aufzeigt, wird dem Funktionieren des Bankwesens allgemein und dem Vertrauen (der Öffentlichkeit) in den Kapitalmarkt vom österreichischen Bundesgesetzgeber wie auch jenem der EU sowie seitens der Höchstgerichte ein besonderes öffentliches Interesse bescheinigt (s. auch §§ 69 und 70 BWG; vgl. BVwG 30.05.2014, W204 2008008-1). Hierzu zählt auch die Aufsicht über AIFM, wobei die Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMD) hierzu festlegt, dass AIFM einen erheblichen Teil aller investierten Vermögenswerte in der Union verwalten, in beträchtlichem Umfang am Handel auf den Märkten für Finanzinstrumente beteiligt sind und die Märkte und Unternehmen, in die sie investieren, erheblich beeinflussen können. „Zielsetzung der Richtlinie ist daher, gemeinsame Anforderungen für die Zulassung von und Aufsicht über AIFM festzulegen, um für die damit zusammenhängenden Risiken und deren Folgen für Anleger und Märkte in der Union ein kohärentes Vorgehen zu gewährleisten (Erwägungsgründe 1 und 2 der RL 2011/61/EU). Bereits mögliche Nachteile für Kunden, Verlust des Vertrauens in das Bankwesen und insbesondere die Beeinträchtigung des Gläubigerschutzes (eines Kreditinstituts) werden als Gefährdung dieser zwingenden öffentlichen Interessen gewertet (vgl. dazu auch BVwG 02.05.2014, W148 2006968-1; BVwG 08.05.2014, W204 2007009-1)“, so die FMA zutreffend (wörtlich).

Wie oben ausgeführt, legen die im zugrundeliegenden Bescheid angewandten Bestimmungen u.a. das öffentliche Interesse an der Finanzmarktstabilität fest. Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt in Fällen, in denen es um Einleger- und Anlegerschutz geht, die Ansicht, dass konkret das Vertrauen in die Funktion des Kapitalmarktes derart schwer gewichtet und als "absolut öffentliches Interesse" aufzufassen ist (VwGH 24.05.2013, AW 2013/17/0007). Der Vermeidung von Beeinträchtigungen des Vertrauens in einen funktionierenden Kapitalmarkt kommt Priorität zu (VwGH 03.07.2001, AW 2001/17/0045). Das klaglose Funktionieren wird vom Verwaltungsgerichtshof als so schwer gewichtet, dass es als im zwingenden öffentlichen Interesse stehend erachtet wird (VwGH 17.03.2010, AW 2010/17/0004).

Der Ansicht der FMA, die öffentlichen Interessen würden die der Beschwerdeführerin überwiegen, kann daher - auch mangels entsprechend substantiierten Vorbringens der Beschwerdeführerin - nicht entgegengetreten werden. Dies auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 02.03.2018, G 257/2017, mit dem er die Bestimmung des § 22 Abs. 2 FMABG, mit der angeordnet wurde, dass Beschwerden gegen Bescheide der Finanzmarktaufsichtsbehörde und Vorlageanträgen, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen, keine aufschiebende Wirkung zukomme, als verfassungswidrig aufhob. Auch dort hat der Verfassungsgerichtshof nämlich insbesondere darauf hingewiesen, dass es zahlreiche Sachverhalte gebe, in denen das öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung eines Bescheides der Finanzmarktaufsichtsbehörde das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen überwiegt. Dabei sei auch der unionsrechtliche Regelungszusammenhang zu beachten, welcher unter Umständen ein rasches Tätigwerden der nationalen Finanzmarktaufsichtsbehörde - im Rahmen des sowohl Unionsorgane als auch nationale Organe umfassenden Aufsichtsmechanismus - gebieten kann (Rz 21). Als nicht derart dringend nannte der Verfassungsgerichtshof - beispielhaft - Kostenbescheide gemäß § 19 Abs. 5 FMABG, Zinsvorschreibungen gemäß § 97 BWG, die Vorschreibung einer Säumnisgebühr gemäß § 22a FMABG, die Erlassung von Auskunftsbescheiden gemäß § 23 FMABG oder Kostenbescheide gemäß § 271 VAG 2016 sowie gemäß § 89 WAG 2018 (Rz 25). Diese Verfahren sind – entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - mit dem gegenständlichen jedoch nicht vergleichbar, woraus ebenso folgt, dass auch nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs in einem Fall wie dem gegenständlichen die öffentlichen Interessen überwiegen (vgl. auch BVwG 16.03.2020, W158 2229412-1/3E).

Zudem kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dahingestellt bleiben, ob die für die sofortige Vollziehung im angefochtenen Bescheid sprechenden öffentlichen Interessen als "zwingende" öffentliche Interessen anzusehen sind. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht geeignet, das Überwiegen des mit der Vollziehung verbundenen Nachteils gegenüber den für die Vollziehung sprechenden öffentlichen Interessen darzutun. Auf Grund des oben Gesagten wird kein Nachteil für die Beschwerdeführerin geltend gemacht, der im Rahmen der Interessenabwägung den Ausschlag zu ihren Gunsten geben würde (vgl. VwGH vom 24.05.2012, Zl. AW/2012/17/0026; VwGH 02.04.2010, Zl. AW 2010/17/0015).

Eine mündliche Verhandlung war hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung nicht durchzuführen, da die Entscheidung aufgrund der Aktenlage getroffen werden konnte und darüber hinaus das gesetzliche Gebot, ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden, impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (VwGH 07.02.2020, Ra 2019/03/0143).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Entscheidung über die Zuerkennung beziehungsweise Aberkennung (Ausschluss) der aufschiebenden Wirkung ist das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Wurde diese Interessenabwägung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen, so ist eine solche einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel und stellt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 30.07.2019, Ra 2019/05/0114). Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich somit als klar und eindeutig.

Schlagworte

Anlegerschutz aufschiebende Wirkung - Entfall Bankenaufsicht Bescheinigungsmittel Bescheinigungspflicht Dringlichkeit Finanzmarktaufsicht Gefahr im Verzug Geldstrafe Genussscheine Glaubhaftmachung Interessenabwägung Kapitalmarktüberwachung konkrete Darlegung Konkretisierung Konzession öffentliche Interessen Risikoaufdeckung Risikominimierung Unterlassung unverhältnismäßiger Nachteil Verschulden Vertrauensschutz wirtschaftliche Interessen Zwangsstrafe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W107.2240383.1.00

Im RIS seit

20.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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