TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/29 W249 2225698-1

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Veröffentlicht am 29.03.2021
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Entscheidungsdatum

29.03.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
KOG §36
ORF-G §31 Abs17
ORF-G §35 Abs1
ORF-G §35 Abs2
ORF-G §35 Abs3
ORF-G §36 Abs1 Z1 lita
ORF-G §36 Abs3
RGG §4 Abs1
RGG §5
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs3
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W249 2225698-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Vorsitzende sowie die Richter Mag. Eduard Hartwig PAULUS und Dr. Thomas HORVATH als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria vom XXXX , KOA XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

1.       Mit E-Mail vom XXXX wandte sich XXXX (im Folgenden: „Beschwerdeführer“) an die RTR-GmbH mit Fragen zur Rechtsnatur der Rundfunkgebühren und dem Programmentgelt bzw. zur Zuständigkeit der Kommunikationsbehörde Austria (kurz: „KommAustria“; im Folgenden: „belangte Behörde“) betreffend ihre Rechtsaufsicht über die GIS Gebühren Info Service GmbH (kurz: „GIS“), etwa im Hinblick auf von dieser versendete „Briefe mit rechtswidrigem Inhalt“.

2.       Der Beschwerdeführer konkretisierte sein Anliegen mit E-Mail vom XXXX dahingehend, dass der Österreichische Rundfunk (kurz: „ORF“) durch sein Tochterunternehmen GIS § 31 Abs. 18 ORF-G verletze, wonach rückständiges Programmentgelt im Rahmen eines „Verwaltungsverfahrens“ hereinzubringen sei, indem dieser ihm gegenüber seit XXXX keinen Bescheid erstellt habe. Vielmehr versende die GIS Briefe, in denen sie einen Säumniszuschlag fordere, obwohl kein „Verwaltungsverfahren“ durchgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer sehe bei dieser Rechtsverletzung die belangte Behörde in der Pflicht und stelle daher folgenden Antrag: „Im Falle eines Ablehnens einer Zuständigkeit der KommAustria ersuche ich diese Ablehnung bescheidmäßig auszustellen – um mir die Möglichkeit des Rechtsweges im Verwaltungsverfahren zu ermöglichen.“

Die belangte Behörde wertete das Ansuchen als Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 ORF-G und forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom XXXX gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Behebung näher dargestellter Mängel auf.

3.       Mit E-Mails vom XXXX und XXXX erstattete der Beschwerdeführer zur Beschwerdelegitimation gemäß (nunmehr ausdrücklich) § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G und zur Ergänzung der Beschwerde folgendes Vorbringen: Er habe ein Anrecht auf eine zeitgerechte Erledigung im Verwaltungsverfahren, um sein Recht auf Überprüfung des ORF-G auf Verfassungskonformität auszuüben. Ebenso habe er ein Anrecht darauf, dass ein Rückstandsausweis als öffentliche Urkunde von der Behörde rechtskonform und nicht zu seinen Ungunsten falsch ausgestellt werde, was hinsichtlich des Säumniszuschlages der Fall gewesen sei, zumal dieser seiner Ansicht nach erst bei Ausstellung eines Bescheides verlangt werden dürfe, weil nur der gesamte Verwaltungsweg den Säumniszuschlag rechtfertige. Davon ausgehend habe er einen Schaden iHv EUR XXXX , da er aufgrund des Briefes der GIS vom XXXX einen nicht zustehenden Säumniszuschlag bezahlt habe. Auch sei bereits im Rahmen der zweiten Mahnung rechtswidrig ein Säumniszuschlag verlangt sowie mit falschen Behauptungen hinsichtlich der bevorstehenden Exekution rechtswidrig Druck aufgebaut worden. Schließlich habe der Beschwerdeführer ein Recht, keinen Brief eines Inkassobüros mit rechtswidrigen Forderungen zu erhalten. Daher stelle er folgende (weitere) Anträge: 1.) „Der ORF/GIS werde verpflichtet innerhalb von 6 Monaten nach Fälligkeit der Forderung einen Bescheid auszustellen […]“; 2.) „Der ORF/GIS werde verpflichtet am Rückstandsausweis einen der Rechtslage entsprechenden Hinweis oder keinen Hinweis aufzuweisen und mir die XXXX […] zurückzuzahlen“; 3.) „Diese Briefe müssen eine richtige Zitierung des § 6 Abs. 3 RGG enthalten – wenn ein Säumniszuschlag verlang[t] wird muss ein Aktenzeichen des begonnen[en] Verfahrens enthalten sein und auch der rechtswidrige Druck auf den Teilnehmer darf nicht ausgeübt werden“; 4.) „Es soll untersagt werden im Verwaltungsverfahren (Kennzeichen Säumniszuschlag) Daten an ein Inkassobüro/Rechtsanwalt weiterzugeben (Amtsgeheimnis) und/oder daß diese eigene Forderungen enthalten.“

4.       Mit Schreiben vom XXXX übermittelte die belangte Behörde die Beschwerde des Beschwerdeführers vom XXXX samt Ergänzungen dem ORF und der GIS zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme.

5.       Mit E-Mail vom XXXX nahm die GIS dahingehend Stellung, dass betreffend den Beschwerdeführer schon mehrere Verwaltungsverfahren geführt worden seien, die „in der Instanz entweder abgewiesen oder zurückgewiesen“ worden seien. Die GIS sei nach dem RGG dafür zuständig, die Gebühren samt damit zusammenhängender Abgaben und Entgelte einzuheben; ob der ORF den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfülle, falle nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. Auch aktuell sei mit dem Beschwerdeführer ein Verwaltungsverfahren anhängig, in dem ein Bescheid erstellt worden sei, gegen den der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Bescheidbeschwerde habe.

6.       Der ORF führte mit Schreiben vom XXXX aus, der Beschwerdeführer habe keinen Sachverhalt dargelegt, bei dem Verpflichtungen nach dem ORF-G berührt wären oder im Sinne der §§ 35 und 36 ORF-G verletzt sein könnten. Die Einhebung des Programmentgelts obliege gemäß § 31 Abs. 17 ORF-G iVm § 4 Abs. 1 RGG der GIS, dies gelte ausweislich des § 31 Abs. 18 ORF-G bzw. der spiegelbildlichen Regelung des § 6 Abs. 3 RGG auch für rückständige Programmentgelte. Die Einbringung von rückständigen Rundfunkgebühren bzw. Programmentgelten falle daher nicht in die Zuständigkeit des ORF, sondern ausschließlich in jene der GIS, für die insoweit nur das RGG maßgeblich sei und die überdies der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen unterliege sowie an dessen Weisungen gebunden sei. Eine Verletzung von Bestimmungen des ORF-G durch den ORF oder die GIS (und damit eine Zuständigkeit der belangten Behörde) in Zusammenhang mit der Einbringung der Rundfunkgebühren sei grundsätzlich und jedenfalls im konkreten Fall geradezu denkunmöglich.

7.       Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX entschied die belangte Behörde über die Beschwerde des Beschwerdeführers vom XXXX (einschließlich der weiteren Anträge vom XXXX ) wie folgt:

„Die Beschwerde wird gemäß § 36 Abs. 3 letzter Satz ORF-Gesetz (ORF-G), BGBI. Nr. 379/1984 idF BGBI. I Nr. 61/2018, als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.“

Begründend wies die belangte Behörde darauf hin, dass sie die Beschwerde des Beschwerdeführers dahingehend verstehe, dass er – ausdrücklich gestützt auf die Beschwerdelegitimation gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G – behaupte, die GIS unterliege als Tochterunternehmen des ORF der Rechtsaufsicht durch die belangte Behörde und verletze (auch) die Bestimmung des § 31 Abs. 18 ORF-G, indem sie sich ihm gegenüber zur Einbringung von rückständigen Rundfunkgebühren und Programmentgelten des Mittels der Mahnungen bzw. eines Inkassobüros bediene statt darüber mit Bescheid abzusprechen.

Eine derartige Verletzung komme nicht in Betracht:

Soweit in der Beschwerde die Verletzungen von anderen Bestimmungen als jenen des ORF-G (also insbesondere von den Bestimmungen des RGG) behauptet werden würden, genüge der Hinweis auf § 36 Abs. 1 erster Satz ORF-G, wonach die belangte Behörde aufgrund von Beschwerden (nur) über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes (d.h. des ORF-G) entscheide.

Darüber hinaus ergebe sich aus § 31 Abs. 18 ORF-G und § 6 Abs. 3 RGG, dass die gemäß § 4 Abs. 1 RGG mit der Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte betraute GIS auf Antrag einen Feststellungsbescheid zu erlassen habe, wenn über die Verpflichtung zur Entrichtung von Rundfunkgebühren samt verbundener Abgaben und Entgelt Meinungsverschiedenheit bestehe (vgl. VwGH 03.04.2019, Ro 2017/15/0046). Ein solcher Bescheid ergehe in Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben der GIS nach § 4 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 RGG, wonach diese das AVG anzuwenden habe und gegen von ihr erlassene Bescheide Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig sei. Indem die GIS insofern das AVG anzuwenden habe, unterliege sie auch der in dessen § 73 Abs. 1 AVG statuierten Entscheidungspflicht. Deren Verletzung sei gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG iVm § 8 VwGVG und § 6 RGG mit Säumnisbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht geltend zu machen.

Wenn aber die GIS nach § 6 Abs. 3 RGG (im Hinblick auf das Programmentgelt iVm § 31 Abs. 18 ORF-G) zur Erlassung eines Feststellungsbescheides über strittige Gebühren und Abgaben verpflichtet sei und zur Entscheidung über deren behauptete Säumnis das Bundesverwaltungsgericht im Wege der Säumnisbeschwerde angerufen werden könne, bleibe daneben kein Raum mehr für die Feststellung einer behaupteten Verletzung des ORF-G (konkret von dessen § 31 Abs. 18 ORF-G) durch die belangte Behörde im Beschwerdeverfahren gemäß § 36 Abs. 1 ORF-G.

Auch die behauptete Unzulässigkeit der Vorschreibung eines Säumniszuschlages vor Erlassung des Bescheides bzw. der Überwälzung von Inkassokosten sei im Rahmen des soeben skizzierten Verfahrens geltend zu machen, in dem die GIS – allenfalls nach Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht – auch über diese Posten bescheidmäßig abzusprechen habe und dagegen die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht offenstehe.

Ob die GIS gegenüber dem Beschwerdeführer mit der Erlassung eines Bescheides tatsächlich (noch) säumig sei, könne bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde sei – einschließlich der weiteren Anträge im Schriftsatz des Beschwerdeführers vom XXXX , die nach dem Gesagten allesamt einer Feststellung gemäß § 36 Abs. 1 ORF-G nicht zugänglich seien – ohne weiteres Verfahren gemäß § 36 Abs. 3 letzter Satz ORF-G als unzulässig zurückzuweisen.

8.       Mit Bescheidbeschwerde vom XXXX wurde dieser Bescheid vom Beschwerdeführer zur Gänze angefochten. Dieser stellte folgende Anträge: 1.) „Das BVWG möge feststellen, daß die KommAustria einen Zuständigkeitsbescheid zu erlassen und in der Sache zu entscheiden [habe].“; 2.) „Das BVWG möge feststellen, daß die GIS rechtswidrig die rückständigen Beträge versucht einzubringen.“; 3.) „Das BVWG möge feststellen daß § 4 (4) nicht zur Anwendung kommen darf – für die Einhebung rückständiger Gebühren.“; 4.) „Das BVWG möge feststellen, daß der Säumniszuschlag nur nach Ausstellen eines Bescheides vorgeschrieben werden kann (im RGG steht nichts, daß der Säumniszuschlag für Teile des Verwaltungsaufwandes fällig ist)“; 5.) „Das BVWG möge feststellen, daß es rechtswidrig ist auf einem Rückstandsausweis (öffentliche Urkunde) falsche Hinweise zu geben.“ Der Beschwerdeführer ersuchte abschließend, „[s]eine Anträge bescheidmäßig zu entscheiden“.

Der Beschwerdeführer brachte im Wesentlichen vor, dass er die Rechtslage derart interpretiere, dass § 31 Abs. 18 ORF-G festlege, wie das Programmentgelt einzuheben sei, und zwar genau so wie die Rundfunkgebühren. § 6 Abs. 1 RGG sehe vor, dass für die Einhebung der rückständigen Beträge das AVG anzuwenden sei; die GIS habe sich nicht an das AVG gehalten. § 4 Abs. 4 RGG sei betreffend das Inkassobüro nicht anwendbar, diese Vorschrift betreffe nur die „normalen (vorab) Gebühren“. § 31 Abs. 18 ORF-G ordne an, dass der ORF die rechtskonforme Einbringung rückständiger Beträge zu überprüfen habe, ansonsten würde es diesen Absatz nicht geben. Durch die rechtswidrige Einbringung der rückständigen Gebühren sei dem Beschwerdeführer ein Schaden entstanden, weshalb die belangte Behörde zuständig sei.

9.       Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdevorlage mit dem Verwaltungsakt am XXXX , hg. eingelangt am XXXX , vor. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich verzichtet.

10.      Die Beschwerde wurde dem ORF, dem Generaldirektor des ORF und der GIS am XXXX vom Bundesverwaltungsgericht zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme übermittelt.

11.      Am XXXX äußerte sich die GIS dahingehend, dass sie von der Möglichkeit einer Stellungnahme Abstand nehme.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen

Der Beschwerdeführer brachte vor, dass die GIS ihm gegenüber seit XXXX mit der Erlassung eines Bescheides über das Bestehen bzw. die Höhe rückständigen Programmentgelts säumig sei. Stattdessen habe ihm die GIS Mahnungen übermittelt, in denen rückständige Gebühren samt einem Säumniszuschlag vorgeschrieben worden seien und auf das Entstehen weiterer Kosten im Fall des weiteren Verzugs hingewiesen worden sei. Weiters habe er ein Schreiben eines Inkassobüros erhalten, in dem zusätzlich zum Säumniszuschlag auch noch weitere Gebühren verrechnet worden seien.

2.       Beweiswürdigung

Die Feststellungen gründen sich auf die vom Bundesverwaltungsgericht nachgeprüften und für zutreffend befundenen Feststellungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid. Der Beschwerdeführer hat den bereits von der belangten Behörde festgestellten und vom Bundesverwaltungsgericht als erwiesen angenommenen Sachverhalt wie auch die dazu getroffene Beweiswürdigung nicht bestritten.

3.       Rechtliche Beurteilung

3.1.    Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 36 KOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist (§ 9 Abs. 2 VwGVG), durch Senat.

Im gegenständlichen Fall richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen einen Bescheid der KommAustria, die auch belangte Behörde im vorgenannten Sinne ist. Es besteht daher Senatszuständigkeit.

Zu A)

3.2.    Gesetzliche Grundlagen

3.2.1.  Die im vorliegenden Fall relevanten Regelungen des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk – ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 10/2021, lauten auszugsweise:

„Programmentgelt

§ 31. […]

(17) Das Programmentgelt ist gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben; eine andere Art der Zahlung tilgt die Schuld nicht.

[…]

(18) Rückständige Programmentgelte können zu Gunsten des Österreichischen Rundfunks von dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren beauftragten Rechtsträger in gleicher Weise wie rückständige Rundfunkgebühren im Verwaltungsweg hereingebracht werden.

[…]

Regulierungsbehörde

§ 35. (1) Die Aufsicht des Bundes über den Österreichischen Rundfunk beschränkt sich auf eine Aufsicht nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes, unbeschadet der Prüfung durch den Rechnungshof. Die Rechtsaufsicht obliegt der Regulierungsbehörde. Ferner entscheidet die Regulierungsbehörde über Einsprüche gemäß § 33 Abs. 6.

(2) Der Regulierungsbehörde obliegt auch die Rechtsaufsicht über die Tätigkeit der Tochtergesellschaften des Österreichischen Rundfunks im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

(3) Regulierungsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, soweit nicht Abweichendes bestimmt wird, die KommAustria.

[…]

Rechtsaufsicht

§ 36. (1) Die Regulierungsbehörde entscheidet neben den anderen in diesem Bundesgesetz und im KommAustria-Gesetz genannten Fällen – soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist – über die Verletzung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der Bestimmungen des 5a. Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 erteilten Auflagen

1. auf Grund von Beschwerden

a. einer Person, die durch eine Rechtsverletzung unmittelbar geschädigt zu sein behauptet;

[…]

(3) Beschwerden sind innerhalb von sechs Wochen, Anträge sind innerhalb von sechs Monaten, gerechnet vom Zeitpunkt der behaupteten Verletzung dieses Bundesgesetzes, einzubringen. Offensichtlich unbegründete Beschwerden und Anträge sind ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

[…]“

3.2.2.  Die im vorliegenden Fall relevanten Regelungen des Bundesgesetzes betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG), BGBl. I Nr. 159/1999 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lauten auszugsweise:

„Einbringung der Gebühren

§ 4. (1) Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge (§ 3 Abs. 5) obliegt der ‚GIS Gebühren Info Service GmbH‘ (Gesellschaft).

[…]

(4) Die Gesellschaft kann sich zur Durchführung des Inkassos der Leistungen Dritter bedienen. Das Inkasso kann ohne gesonderte Zustimmung des Rundfunkteilnehmers für höchstens zwei Monate im voraus erfolgen, wobei die Fälligkeit erstmalig am ersten Werktag des Monates der Meldung und danach wiederkehrend jeden ersten Werktag des zweitfolgenden Monates eintritt.

[…]

GIS Gebühren Info Service GmbH

§ 5. […]

(4) Die Gesellschaft kann für die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte 3,25% der eingehobenen Beträge als Vergütung für die Einbringung und zur Deckung der damit verbundenen Aufwendungen einbehalten und hat gegenüber jenen Rechtsträgern, für die sie die Einbringung besorgt, vierteljährlich abzurechnen. Die Abrechnung ist auf Verlangen zu detaillieren.

[…]

(6) Unbeschadet der Rechte der Generalversammlung gemäß dem Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, unterliegt die Tätigkeit der Gesellschaft der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen. Die Geschäftsführer der Gesellschaft sind bei der Besorgung der ihnen nach diesem Bundesgesetz zukommenden Aufgaben an die Weisungen des Bundesministers für Finanzen gebunden. Dem Bundesminister für Finanzen sind von der Geschäftsführung alle zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu geben und die entsprechenden Unterlagen zu übermitteln. Der Bundesminister für Finanzen kann die Bestellung zum Geschäftsführer widerrufen, wenn ein Geschäftsführer eine Weisung nicht befolgt oder eine Auskunft nicht erteilt.

[…]

Verfahren

§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.

[…]

(3) Rückständige Gebühren und sonstige damit verbundene Abgaben und Entgelte sind im Verwaltungsweg hereinzubringen; zur Deckung des dadurch entstehenden Aufwandes kann die Gesellschaft einen Säumniszuschlag von 10% des rückständigen Betrages vorschreiben. Die Gesellschaft ist zur Ausstellung von Rückstandsausweisen berechtigt.

[…]

(4) Auf Grund eines mit der Bestätigung der GIS Gebühren Info Service GmbH, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt, versehenen Rückstandsausweises oder Gebührenbescheides kann die Gesellschaft die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen.

[…]“

3.3.    Rechtmäßige Zurückweisung der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beschwerde (einschließlich der weiteren Anträge)

3.3.1.  Der Beschwerdeführer brachte bei der belangten Behörde am XXXX (weitere Anträge folgten am XXXX ) eine Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 lit. a ORF-G mit der Begründung ein, dass die GIS als 100%iges Tochterunternehmen des ORF der Rechtsaufsicht durch die belangte Behörde unterliege und u.a. § 31 Abs. 18 ORF-G verletzt habe, indem sie rückständiges Programmentgelt nicht mit einem Bescheid hereingebracht habe, sondern mittels Mahnungen, bzw. sich eines Inkassobüros bedient habe.

3.3.2.  Die belangte Behörde kam im daraufhin erlassenen Bescheid vom XXXX zum Ergebnis, dass ein Beschwerdeverfahren nach § 36 ORF-G aus mehreren Gründen scheitere, weshalb diese die Beschwerde des Beschwerdeführers (einschließlich der weiteren Anträge) als offensichtlich unbegründet gemäß § 36 Abs. 3 letzter Satz ORF-G zurückwies.

3.3.3.  In seiner Bescheidbeschwerde vom XXXX trat der Beschwerdeführer den behördlichen Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Beschwerde mit keinem Wort entgegen, sondern wies lediglich darauf hin, dass ihm durch die rechtswidrige Einbringung der rückständigen Gebühren ein Schaden entstanden sei, was zu einer Zuständigkeit der belangten Behörde führe.

3.3.4.  Wenn die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung (VwGH 13.01.2021, Ra 2020/06/0171; 13.01.2021, Ra 2020/06/0171). Diese Rechtsprechung ist auch für verfahrenseinleitende Beschwerden einschlägig, bei denen es sich – wie bei sonstigen Anträgen – um Anbringen im Sinne des § 13 AVG handelt (VwGH 13.09.2016, Ro 2016/03/0016). Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens ist demnach alleine die Beurteilung, ob die Zurückweisung durch die belangte Behörde rechtmäßig erfolgte.

3.3.5.  Vom Bundesverwaltungsgericht kann keine Rechtswidrigkeit in der Zurückweisung der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Beschwerde (einschließlich der weiteren Anträge) durch die belangte Behörde erblickt werden:

Voranzustellen ist, dass gemäß § 35 Abs. 1 und 2 ORF-G die Aufsicht über den ORF und die Tätigkeit seiner Tochtergesellschaften im Hinblick auf die Einhaltung der Bestimmungen des ORF-G der Regulierungsbehörde obliegt. Als Regulierungsbehörde bestimmt § 35 Abs. 3 ORF-G die belangte Behörde.

Gemäß § 36 Abs. 1 ORF-G entscheidet die belangte Behörde neben den anderen im ORF-G und KOG genannten Fällen – soweit dafür nicht eine andere Verwaltungsbehörde oder ein Gericht zuständig ist – ausschließlich über die Verletzung von Bestimmungen des ORF-G (mit Ausnahme der Bestimmungen des 5a. Abschnittes oder über die Verletzung des Umfangs eines Angebotskonzepts einschließlich allfälliger nach § 6b Abs. 2 ORF-G erteilten Auflagen).

Soweit sich die Beschwerde des Beschwerdeführers (einschließlich der weiteren Anträge) also auf die Feststellung von Verletzungen von Bestimmungen anderer Gesetze als dem ORF-G (insbesondere des RGG) bezog, schied schon mangels Zuständigkeit grundsätzlich ein Beschwerdeverfahren nach § 36 ORF-G aus.

Auch die Berufung des Beschwerdeführers auf einen Verstoß gegen § 31 Abs. 18 ORF-G, wonach rückständige Programmentgelte des ORF von dem mit der Einbringung der Rundfunkgebühren beauftragten Rechtsträger (= GIS; vgl. § 4 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 RGG) in gleicher Weise wie rückständige Rundfunkgebühren (vgl. § 6 Abs. 3 RGG) im Verwaltungsweg (= durch ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren; der Beschwerdeführer spricht fälschlicherweise von einer Einbringung im „Verwaltungsverfahren“) hereingebracht werden können, war nicht zielführend. Wie die belangte Behörde in den rechtlichen Erwägungen ihres Bescheides in zutreffender Weise mit Verweis auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.04.2019, Ro 2017/15/0046, ausführte, bleibt kein Raum für die Feststellung einer Verletzung des § 31 Abs. 18 ORF-G durch die belangte Behörde, weil die GIS – sofern dies beantragt wird – auf Grundlage von § 31 Abs. 18 ORF-G und § 6 Abs. 3 RGG einen Feststellungsbescheid zu erlassen hat, wenn über die Verpflichtung zur Entrichtung von Rundfunkgebühren samt verbundener Abgaben und Entgelte Meinungsverschiedenheit (nicht nur der Höhe, sondern auch dem Grunde nach) besteht. Ein solcher Feststellungsbescheid ergeht in Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben der GIS gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 RGG, wobei das AVG anzuwenden und gegen erlassene Bescheide Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist. Bei allfälliger Säumigkeit der GIS steht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG iVm § 8 VwGVG und § 6 RGG das Rechtsmittel der Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht offen. Auch eine behauptete Unzulässigkeit der Vorschreibung eines Säumniszuschlages bzw. der Überwälzung von Inkassokosten kann auf diese Art und Weise geltend gemacht werden.

Gegenständlich war daher von keiner Verletzung des ORF-G durch den inkriminierten Sachverhalt auszugehen, weshalb die Beschwerde des Beschwerdeführers (einschließlich der weiteren Anträge) von der belangten Behörde zu Recht gemäß § 36 Abs. 3 letzter Satz ORF-G ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen wurde.

3.3.6.  Dementsprechend war dem ersten Antrag des Beschwerdeführers in der Bescheidbeschwerde, wonach das Bundesverwaltungsgericht sinngemäß feststellen möge, dass sich die belangte Behörde für zuständig zu erklären und eine Entscheidung in der Sache zu fällen habe (= Aufhebung des Zurückweisungsbescheides), kein Erfolg beschieden.

Den übrigen Anträgen der Bescheidbeschwerde, die auf die Feststellung von Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit rückständigen Beträgen, dem Inkassobüro, dem Säumniszuschlag und dem Rückstandsausweis durch das Bundesverwaltungsgericht gerichtet waren, konnte schon deshalb nicht nachgekommen werden, weil es dem angerufenen Gericht bei einer Zurückweisung nicht zusteht, eine „inhaltliche“ Entscheidung zu treffen und somit diese Anträge nicht Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht sind (vgl. Pkt. II.3.3.4.).

3.3.7.  Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.3.8.  Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass – entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers – § 31 Abs. 18 ORF-G nicht zu entnehmen ist, dass der ORF die rechtskonforme Einbringung der rückständigen Beträge zu überprüfen hat. Vielmehr ist es so, dass die GIS durch § 31 Abs. 17 und 18 ORF-G iVm § 4 Abs. 1 RGG die Kompetenz zur selbständigen Entscheidung über die Erlassung und den Inhalt von bestimmten Hoheitsakten übertragen erhält (Einziehung des Programmentgelts durch die Ausstellung von Bescheiden und Rückstandsausweisen); sie ist damit ein beliehener (Privat-)Rechtsträger. Bei ihrer Tätigkeit unterliegt die GIS gemäß § 5 Abs. 6 RGG der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen. Gegenüber jenen Rechtsträgern, für die sie Einbringungen besorgt (wie z.B. dem ORF), hat die GIS gemäß § 5 Abs. 4 RGG bloß vierteljährlich abzurechnen.

3.4.    Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Beschwerdeverhandlung etwa dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei zurückzuweisen oder der Bescheid aufzuheben ist.

Dies trifft hier zu: Die verfahrenseinleitende Beschwerde war zurückzuweisen. Eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte daher unterbleiben.

Darüber hinaus ist der Sachverhalt aufgrund der Aktenlage zweifelsfrei geklärt, sodass die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung keine weitere Sachverhaltsklärung erwarten lässt. Auch tritt keine komplexe Rechtsfrage auf, die die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gebieten würde. Es lag weiters kein Antrag des Beschwerdeführers vor.

Zu B)

3.5.    Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt – so wie im vorliegenden Fall – dann nicht vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist; dies gilt auch für den Fall, dass eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt (VwGH 23.05.2017, Ra 2017/05/0086; 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt zudem im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich ein Verwaltungsgericht auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut stützen kann (VwGH 02.07.2018, Ra 2017/12/0138; 13.09.2017, Ra 2017/12/0081).

Schlagworte

Feststellungsantrag Feststellungsbescheid Feststellungsverfahren Gebührenpflicht Programmentgelt Rechtsaufsicht Rundfunkempfang Säumniszuschlag Zurückweisung Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W249.2225698.1.00

Im RIS seit

20.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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