Entscheidungsdatum
12.04.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W104 2226044-1/57E
W104 2225343-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian Baumgartner als Vorsitzenden und die Richter Dr. Werner Andrä und Dr. Günther Grassl als Beisitzer über die Beschwerden von
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gegen die teilkonzentrierten Genehmigungsbescheide
1. der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 7.10.2019, GZ.: WST1-U-878/042-2019, mit dem der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG), vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH, vertreten durch Jarolim Partner Rechtsanwälte GmbH, Volksgartenstraße 3/2.OG, 1010 Wien, die Genehmigung nach dem Wasserrechtsgesetz und der Luftfahrtgesetz für das Vorhaben „S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt Schwechat – Süßenbrunn“, 1. Verwirklichungsabschnitt Groß-Enzersdorf – Süßenbrunn (km 25.6+00,00 – km 35.5+50,00, Projektslänge = 9.950,00 m) erteilt wurde, und
2. des Landeshauptmanns von Wien vom 7.10.2019, GZ: MA 58-428499-2018-191, mit dem der ASFINAG die wasserrechtlichen Bewilligungen für dasselbe Vorhaben erteilt wurden,
nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
I. Der angefochtene Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich wird aufgrund der Beschwerden wie folgt abgeändert:
I.1. Auflage I.3.2.3 lautet:
„I.3.2.3 Sollte sich abzeichnen, dass mit den gewährten Konsensmengen das Absenkziel nicht erreicht werden kann, so sind geeignete zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen an den Spundwänden durchzuführen (bspw. Spundwand-Schlossabdichtungen, Hilfsbohrungen bei unerwarteten Hindernissen im Untergrund, Einbringen zusätzlicher Spundbohlen).“
I.2. Auflage I.3.2.12 lautet:
„I.3.2.12 Wenn eine Grundwassermessstelle in Folge der geplanten Baumaßnahmen beseitigt werden muss, so ist bereits vor Beseitigung dieser Messstelle eine Ersatzmessstelle zu errichten; war die Entfernung/Zerstörung einer Grundwassermessstelle unvorhersehbar bzw. unfallbedingt, so ist eine Ersatzmessstelle innerhalb von zwei Wochen zu errichten.“
I.3. Auflage I.3.3.7 lautet:
„I.3.3.7 Die Ableitung von Hang- und Böschungswässern auf landwirtschaftlich genutzte Flächen ist nicht gestattet.“
I.4. Auflage I.3.3.26 lautet:
„I.3.3.26 Für die der Ableitung der Straßenwässer dienenden Druckleitungen sind Detailprojekte auszuarbeiten. Diese haben insbesondere folgende Angaben zu enthalten: Lagepläne für die Bereiche der Einbautenquerungen, Situierung der Entleerungs-, Entlüftungs- und Zwischenschächte, Rohrpressung unter der Landesstraße L3019 inkl. Darstellung des dazu erforderlichen Start- und Zielschachtes, Pumpwerk für die Winterwässer in den Rußbach, mit der Marchfeld-Kanalbetriebsgesellschaft abgestimmtes Einleitbauwerk in den Rußbach.“
I.5. Auflage I.3.3.27 lautet:
„I.3.3.27 Diese Detailprojekte sind zeitgerecht, mindestens drei Monate vor Inangriffnahme der Verlegungsarbeiten, der wasserrechtlichen Bauaufsicht vorzulegen.“
I.6. Auflage I.3.3.42 lautet:
„I.3.3.42 Es ist nachzuweisen, dass der Untergrund (sickerfähige Horizont) im Bereich der Filterbecken die erforderliche Sickerfähigkeit aufweist. Zu diesem Zweck sind je Filterbecken zwei bis drei Sickerversuche gem. ÖNORM B2506-1 durchzuführen. Die Versuchsergebnisse sind auszuwerten und in Form eines Berichtes zu dokumentieren und der wasserrechtlichen Bauaufsicht zur Kenntnis zu bringen.
Sollten die Auswertungsergebnisse zeigen, dass der Untergrund die erforderliche Sickerfähigkeit nicht aufweist, so ist bis in die Tiefe der Oberkante der quartären Schotter eine Bodenauswechslung mit ausreichend sickerfähigem Material vorzunehmen.“
I.7. Auflage I.3.3.47 lautet:
„I.3.3.47 Ab dem Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe des Verwirklichungsabschnittes 1 sind die in den Gewässerschutzanlagen gereinigten Wässer vor deren Einleitung in den Rußbach zu beproben und von einer akkreditierten Anstalt (Labor) zumindest auf den Gehalt der Parameter Natrium, Chlorid, Blei, Kupfer, Cadmium, Zink, Chrom, Aluminium, Eisen und Nickel sowie Kohlenwasserstoff-Index untersuchen zu lassen. Die Analysenergebnisse sind in geeigneter Form zu dokumentieren, dem Betriebsbuch anzuschließen und im Jahresbericht darzustellen.
Die Probennahmen und Analysen haben gemäß Methodenverordnung Wasser (BGBl. II Nr. 129/2019 in der geltenden Fassung) zu erfolgen. Sie sind vor dem Einleitpunkt in den Rußbach viermal pro Jahr zu entnehmen, wobei mindestens eine Beprobung während bzw. umgehend nach dem Einsatz von Streusalz zu erfolgen hat.“
II. Der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Wien wird aufgrund der Beschwerden wie folgt abgeändert:
II.1. Auflage 3 in Kap. I.3.2. lautet:
„3) Sollte sich abzeichnen, dass mit den gewährten Konsensmengen das Absenkziel nicht erreicht werden kann, so sind geeignete zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen an den Spundwänden durchzuführen (bspw. Spundwand-Schlossabdichtungen, Hilfsbohrungen bei unerwarteten Hindernissen im Untergrund, Einbringen zusätzlicher Spundbohlen).“
II.2. Auflage 11 in Kap. I.3.2. lautet:
„11) Wenn eine Grundwassermessstelle in Folge der geplanten Baumaßnahmen beseitigt werden muss, so ist bereits vor Beseitigung dieser Messstelle eine Ersatzmessstelle zu errichten; war die Entfernung/Zerstörung einer Grundwassermessstelle unvorhersehbar bzw. unfallbedingt, so ist eine Ersatzmessstelle innerhalb von zwei Wochen zu errichten.“
II.3. Auflage 8 in Kap. I.3.3. lautet:
„8) Die Ableitung von Hang- und Böschungswässern auf landwirtschaftlich genutzte Flächen ist nicht gestattet.“
II.4. Auflage 21 in Kap. I.3.3. lautet:
„21) Für die der Ableitung der Straßenwässer dienenden Druckleitungen sind Detailprojekte auszuarbeiten. Diese haben insbesondere folgende Angaben zu enthalten: Lagepläne für die Bereiche der Einbautenquerungen, Situierung der Entleerungs-, Entlüftungs- und Zwischenschächte, Rohrpressung unter der Landesstraße L3019 inkl. Darstellung des dazu erforderlichen Start- und Zielschachtes, Pumpwerk für die Winterwässer in den Rußbach, mit der Marchfeld-Kanalbetriebsgesellschaft abgestimmtes Einleitbauwerk in den Rußbach.“
II.5. Auflage 22 in Kap. I.3.3. lautet:
„22) Diese Detailprojekte sind zeitgerecht, mindestens drei Monate vor Inangriffnahme der Verlegungsarbeiten, der wasserrechtlichen Bauaufsicht vorzulegen.“
II.6. Auflage 35 in Kap. I.3.3. lautet:
„35) Es ist nachzuweisen, dass der Untergrund (sickerfähige Horizont) im Bereich der Filterbecken die erforderliche Sickerfähigkeit aufweist. Zu diesem Zweck sind je Filterbecken zwei bis drei Sickerversuche gem. ÖNORM B2506-1 durchzuführen. Die Versuchsergebnisse sind auszuwerten und in Form eines Berichtes zu dokumentieren und der wasserrechtlichen Bauaufsicht zur Kenntnis zu bringen.
Sollten die Auswertungsergebnisse zeigen, dass der Untergrund die erforderliche Sickerfähigkeit nicht aufweist, so ist bis in die Tiefe der Oberkante der quartären Schotter eine Bodenauswechslung mit ausreichend sickerfähigem Material vorzunehmen.“
III. Im Übrigen werden die Beschwerden abgewiesen.
IV. Die von der Projektwerberin während des Beschwerdeverfahrens eingereichte Projektmodifikation und Urkundenvorlage samt Erklärung der Projektwerberin vom 14.2.2020 (Detaillierung und Präzisierung der Ersatz- und Zusatzbrunnen für die Feldberegnung, Erklärung von Druckleitungsprojekten zum Vorhabensbestandteil, OZ 14), bildet einen untrennbaren Bestandteil dieses Erkenntnisses. Die Genehmigung des Vorhabens erfolgt auf Grundlage dieser Projektunterlage.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Behördliches Verfahren:
1.1. Die ASFINAG (Projektwerberin) plant das Vorhaben „S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt Schwechat – Süßenbrunn“ in den Bundesländern Wien und Niederösterreich.
Vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wurde zu diesem Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und ein teilkonzentriertes Genehmi-gungsverfahren gemäß dem 3. Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000) durchgeführt und mit Bescheid vom 26.3.2015, GZ BMVIT-312.401/0020-IV/ST-ALG/2015, die Genehmigung nach dem UVP-G 2000 und dem Forstgesetz 1975 erteilt, der Straßenverlauf gemäß Bundesstraßengesetz 1971 bestimmt, der Tunnel-Vorentwurf nach dem Straßentunnel-Sicherheitsgesetz genehmigt sowie eine Bewilligung nach dem Luftfahrtgesetz erteilt (Errichtung und Betrieb eines Luftfahrthindernisses in der Sicherheitszone des Flughafen Wien-Schwechat).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.5.2018, GZ W104 2108274-1/243E, wurde dieser Bescheid aufgrund der erhobenen 10 Beschwerden in Bezug auf im Beschwerdeverfahren neu vorgelegte Projektbestandteile abgeändert und wurden Nebenbestimmungen neu vorgeschrieben bzw. neu gefasst. Im Übrigen wurden die Beschwerden abgewiesen.
1.2. Aufgrund ihres Antrages vom 20.12.2017 wurde der Projektwerberin mit dem angefochtenen Erstbescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich für den 1. Verwirklichungsabschnitt Groß Enzersdorf bis Süßenbrunn nach Durchführung eines teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens die Genehmigung gemäß § 24f iVm § 24 Abs 3 UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 87/2009 iVm Wasserrechtsgesetz und Luftfahrtgesetz für jene Vorhabensteile erteilt, die in die Zuständigkeit der Landeshauptfrau von Niederösterreich fallen.
Dagegen erhoben die im Spruch angeführten Personen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
1.3. Aufgrund ihres Antrages vom 17.5.2018 wurde der Projektwerberin mit dem angefochtenen Zweitbescheid des Landeshauptmannes von Wien für den 1. Verwirklichungsabschnitt Groß Enzersdorf bis Süßenbrunn nach Durchführung eines teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens die Genehmigung gemäß § 24f iVm § 24 Abs 3 UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 87/2009 iVm dem Wasserrechtsgesetz für jene Vorhabensteile erteilt, die in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Wien fallen.
Dagegen erhoben die im Spruch angeführten Personen (außer XXXX ) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
2. Beschwerden:
In den Beschwerden wurde im Wesentlichen geltend gemacht:
Verfahrensrechtliches:
– Die angefochtenen Bescheide hätten über einen falschen Verfahrensgegenstand entschieden: Gegenstand der der UVP nachgelagerten Materienverfahren müsse jenes Vorhaben sein, das auch der UVP unterzogen wurde;
– die Behörden seien jeweils nicht zuständig gewesen: das es sich um ein bundesländerübergreifendes Projekt handle, hätten sich gem. § 101 Abs. 1 WRG die beiden Behörden über die prioritäre Zuständigkeit einigen oder diese Entscheidung der gemeinsamen Oberbehörde (damals: BMNT) übertragen müssen;
– die Behörden hätten die zusätzlichen Genehmigungskriterien des UVP-G 2000 zu Unrecht nicht angewendet;
– die Nichtfestlegung von Fristen für den Baubeginn sei nicht nachvollziehbar.
– ein von der NÖ Landesregierung herangezogener nichtamtlicher Sachverständiger sei erst in der Verhandlung („nachträglich“) beeidet worden;
– die NÖ Landesregierung habe das Ermittlungsverfahren zu Unrecht gem. § 16 Abs. 3 UVP-G 2000 geschlossen;
Auswirkungen auf Grund- und Oberflächenwässer:
– Die Modellierung für das eingesetzte Grundwassermodell sei unbrauchbar;
– die Erhöhung der Porösität von 10 und 25 % sei unzulässig;
– die mit der Porösität korrelierenden Durchlässigkeitsbeiwerte seien zu Unrecht nicht angepasst worden;
– der verwendete Leitfaden zur Versickerung chloridbelasteter Straßenwässer aus 2011 sei untauglich;
– eine weitere Chloridbelastung der Raasdorfer Schotterteiche sei unzulässig (nur NÖ);
– der Kreis der berührten Wasserrechte sei zu eng gezogen;
Nebenbestimmungen des NÖ Bescheides:
– Auflage I.3.2.3.: Abdichtungsmaßnahmen an Spundwänden unbestimmt
– Auflage I.3.2.4.: Minimierung unbestimmt
– Auflage I.3.2.9.: Reaktion auf etwaige Schäden nicht ausreichend
– Auflage I.3.2.12.: Frist für Ersetzung von Grundwassermessstellen fehlt
– Auflage I.3.3.7.: Maß für Geringfügigkeit fehlt
– Auflage I.3.3.31.: Abdichtungsmaßnahmen vor Verkehrsgischt nicht ausreichend
– Auflage I.3.3.42.: Ohne Nachweis Sickerfähigkeit Bauarbeiten einzustellen
– Auflage I.3.3.47.: Arithmetisches Jahresmittel = zu langer Zeitraum
– Zeitnahe Veröffentlichung der Ergebnisse von Beweissicherung und Monitoring im Internet gefordert.
3. Beschwerdeverfahren:
3.1. Nach Einlagen der Beschwerden am 13.11.2019 (Wien) bzw. 3.12.2019 (NÖ) und nach Übermittlung der Beschwerden zur Stellungnahme an die Projektwerberin (Beschwerdemitteilung) erging am 17.12.2019 der Beschluss, dass beide Verfahren gem. § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2 zweiter Satz AVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (OZ 3 bzw. 4).
3.2. Mit Schreiben vom 20.12.2019 nahm die Projektwerberin zu den Beschwerden Stellung (OZ 8, 9).
3.3. Mit Beschlüssen vom 19.12.2019 wurden nichtamtliche Sachverständige für Gewässerökologie sowie für Oberflächenwasser und Wasserbautechnik bestellt; ein Amtssachverständiger für Grundwasser wurde herangezogen.
3.3. Mit Schreiben vom 30.1.2020 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung für den 30.3.2020 an.
3.4. Am 14.2.2020 langte eine Projektmodifikation und Urkundenvorlage samt Erklärung der Projektwerberin ein (OZ 14). Darin wurden in Entsprechung von Auflagen notwendige Ersatz- und Zusatzbrunnen präzisiert und detailliert und der Antrag auf Bewilligung und Errichtung von Anlagen zur Grundwasserentnahme für die Feldberegnung gestellt. Zusätzlich wurden zwei temporäre Feldbrunnen für die bauliche Umsetzung des Vorhabens als Projektmodifikation eingereicht.
Zu den für die Ableitung der Straßenwässer dienenden Druckleitungen führte die Projektwerberin darin aus, dass diese bereits vollständig im wasserrechtlichen Einreichoperat enthalten seien und erklärte diese Unterlagen als Vorhabensbestandteil.
3.5. In der Folge erstellten die gerichtlich bestellen Sachverständigen Gutachten zu den Beschwerdevorbringen vom 26.2., 1.3. und 4.3.2020.
3.6. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.3.2020 wurde die für 30.3.2020 anberaumte Verhandlung wegen der aufkommenden COVID-19-Pandemie abberaumt.
3.7. Mit Schreiben vom 3.4.2020 ersuchte die Projektwerberin um Abänderung einer Auflage betreffend Errichtung von Ersatzmessstellen (OZ 25).
3.8. Mit Schreiben vom 22.12.2020 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung gemeinsam mit den Beschwerdeverfahren zu den naturschutzrechtlichen Genehmigungsbescheiden zum Vorhaben an.
3.9. Am 1.3.2020 fand die mündliche Beschwerdeverhandlung statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
1.1. Allgemeines:
Der Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakten und den im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahmen wie auch den Ergebnissen der mündlichen Beschwerdeverhandlung.
Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen, Nachbarn und ordnungsgemäß zustande gekommene Bürgerinitiativen. Die Beschwerden wurden fristgerecht eingebracht.
Dies ergibt sich aus dem Akt und wurde von keiner Partei bestritten.
Das Vorhaben „S 1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt Schwechat - Süßenbrunn“ stellt ein Bundesstraßenbauvorhaben im Sinne des § 23a UVP-G 2000 dar. Der Verwirklichungsabschnitt 1 beginnt an der Anschlussstelle (ASt) Groß-Enzersdorf und endet am geplanten Knoten Süßenbrunn mit der bestehenden S 1 und S 2 unmittelbar bei der Anschlussstelle (ASt) Angerner Straße. Die Vollanschlussstelle Groß-Enzersdorf wird erst im Zuge des Verwirklichungsabschnittes 2 errichtet. Sowohl der provisorische Zubringer (Rampe 1000) als auch die künftige Anschlussstelle ermöglichen eine direkte Einbindung der geplanten Umfahrung Groß-Enzersdorf. Ab dem Bereich der ASt Groß-Enzersdorf befindet sich die Trasse in einer freien Streckenführung und verläuft östlich der Schotterteiche Groß-Enzersdorf. Südlich der ÖBB-Strecke Stadlau bis Marchegg liegt die HASt Raasdorf, in die eine künftige Um-fahrung Raasdorf eingebunden werden kann. Die S 1 unterquert in weiterer Folge die ÖBB-Strecke in einem Wannenbauwerk. Nach Errichtung der ebenfalls in Planung befindlichen S 1 Spange Seestadt Aspern erfolgt im Zuge dieses Projekts nördlich der Bahnstrecke die Ausbildung des Knotens Raasdorf. Die künftige Anbindung der S 8 Marchfeld Schnellstraße erfolgt zwischen HASt Raasdorf und Knoten Süßenbrunn. Zwischen der Schöpfleuthnersiedlung in Wien und dem Ortsgebiet von Raasdorf verläuft die S 1 mittig zwischen den Bebauungen in Richtung Norden. Nördlich der beiden Siedlungsgebiete schwenkt die Trasse in westliche Richtung ein und umfährt die Invalidensiedlung (Wien) nördlich. Die Verknüpfung von S 1 und S 2 „Umfahrung Süßenbrunn“ erfolgt im Knoten Süßenbrunn.
Zur Errichtung von Projektsteilen bedarf es der Durchführung von Bauwasserhaltung (d.h. Entnahme und Versickerung von Grundwasser). Dies betrifft in Niederösterreich insbesondere die Errichtung der Brückenbauobjekte Grünbrücke 2 über die S 1, Weiße Wanne GE-W-S1 (HASt Raasdorf) und SB-R5800 (Überführung der Rampe R5800 über Rampe 5200) sowie von 19 Künetten (inkl. 7 Hebewerken). Die Versickerung erfolgt über Schluckbrunnen. Das zu versickernde Wasser wird vorab gereinigt. Diese Projektsteile sind lediglich während der Errichtungsphase relevant und die wasserrechtlichen Bewilligungen sind somit zeitlich auf die Dauer der jeweiligen Bauarbeiten befristet. Die Errichtung des Ausleitungsbauwerkes für Winterwässer soll im HQ30-Abflussbereich des Rußbaches erfolgen.
Im Rahmen des Betriebes werden die anfallenden Straßenwässer nach Vorreinigung zur Versickerung gebracht bzw. über Druckrohrleitungen und Pumpwerke dem Winterwas-serreinigungsbecken zugeführt und von dort über Druckleitungen in den Vorfluter Rußbach eingeleitet. Die Straßenwässer werden vor der Versickerung bzw. Einleitung in das Winterwas-serreinigungsbecken über sechs Gewässerschutzanlagen gereinigt. Die Versickerung erfolgt nur während der Sommermonate. Während der Winterzeit, in der Straßenwässer eine erhöhte Schadstoffbelastung durch den Winterdienst aufweisen, gelangt das Wasser in Niederösterreich über das Winterwasserbecken zur Einleitung in den Rußbach (in Wien wird das Wasser in den Kanal der Stadt Wien abgeleitet). Die anfallenden Straßenwässer der L 3019 und der L 2 werden ganzjährig über die Dammböschungen zur Versickerung gebracht.
Diese Vorhabensbeschreibung ergibt sich aus Pkt. I.6 des NÖ Bescheides und wurde von keiner Partei bestritten.
1.2. Eignung des angewendeten Grundwassermodells:
Das verwendete Grundwassermodell ist geeignet, belastbare und plausible Aussagen über die Chloridzusatzbelastung durch das Vorhaben (Gischteintrag) zu treffen. Die Werte der Parameter „Porosität“ und „Durchlässigkeitsbeiwert“, welche im Grundwassermodell verwendet wurden, sind plausibel und entsprechen den Angaben in der Fachliteratur für kiesig-sandige Grundwasserleiter bzw. entsprechen sie jenen Informationen, welche im Zuge der Trassenvorerkundung gewonnen wurden.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Hydrogeologie vom 4.3.2020 (S. 3-8).
Die Chloridverfrachtung durch Gischt stellt keine direkte Versickerung von chloridbelastetem Straßenwasser in das Grundwasser dar. Vielmehr wird die chloridhaltige Gischt auf der Geländeoberfläche deponiert; eine Tieferverlagerung durch die ungesättigte Zone bis zum Grundwasser stellt einen außerordentlich komplexen Vorgang dar, der abhängig ist von der Niederschlagsverteilung, der Niederschlagsintensität und den Temperaturverhältnissen und einer allfälligen Vegetationsdecke. Daher findet der Chlorideintrag vom Vorhaben in das Grundwasser nicht zeitnah zur Salzstreuung auf der Autobahn statt. Das ist mit ein Grund, warum auf ein zeitlich hochauflösendes Modell einer instationären Betrachtung verzichtet und stattdessen der pragmatische Ansatz gewählt wurde, die gesamte, über die Streuperiode zu erwartende Chloridmenge in der Grundwassersäule zur Auflösung zu bringen und so die daraus resultierenden durchschnittlichen Chloridkonzentrationen zu berechnen. In Anbetracht der beschriebenen Versickerung von Gischt durch die ungesättigte Zone bis ins Grundwasser – Chlorideintrag infolge Sprühnebels ist ein pulsförmiger, episodischer Prozess, der zeitlich völlig entkoppelt von der Streuperiode stattfindet – ist eine detaillierte Analyse der Zeitpunkte von Grundwasserhoch- und Niedrigständen für die Aussage der vorliegenden Chloridmodellberechnungen entbehrlich.
Das instationäre Grundwassermodell von Joanneum-Research Fank et al 2008, auf dem das Grundwassermodell für das ggstdl. Vorhaben aufbaut, hatte eine andere bzw. viel weitergehende Problemstellung zu lösen, nämlich die verschiedenen Faktoren der Grundwasserneubildung sowie auch die zahlreichen Einflüsse der Grundwasserentnahme (Brunnen, Feldberegnungsbrunnen, Trinkwasserversorgungen, Nutzwasserbrunnen, etc.) zu untersuchen bzw. zu quantifizieren und daraus resultierend die gemessenen Grundwasserspiegelschwankungen an jeder Stelle im Marchfeld möglichst genau wiederzugeben. Dem Grundwassermodell von Joanneum-Research liegen gewisse Parametersets zu Grunde (z.B. Staueroberkante, Durchlässigkeitsverhältnisse, Porosität, etc.). Im nunmehr durchgeführten Grundwassermodell der Donau-Consult wurden von diesen Parametern jene verwendet, welche für den ggst. Untersuchungszweck sinnvoll und zweckmäßig und plausibel waren. Die Parametersets wurden erforderlichenfalls nach bestem Wissen und Gewissen an die Ergebnisse der Detailuntersuchungen der S1 angepasst (z.B. Staueroberkante im Nahbereich der S1). Die Durchführung von Pumpversuchen und die daraus errechnete Größe der Nutzporosität ist ein sinnvoller und zielführender Vorgang, ebenso ist die Verwendung von Daten aus der Literatur für eine vernünftige und korrekte Vorgehensweise.
Die errechneten Zusatzkonzentrationen von Chlorid liegen in der Größenordnung von 1-5 mg/l, in ganz lokal begrenzten Bereichen bis 6 mg/l. In Anbetracht des Umstandes, dass der Ausgangszustand der Chloridhintergrundbelastung bereits 100 mg/l übersteigen kann (der Maximalwert Zeitreihe 2006-2016 wird sogar mit 130 mg/l angegeben), sind die einstelligen Zusatzbelastungen aus dem Vorhaben geringfügig.
Diese Feststellungen ergeben sich aus den Darlegungen des Gerichtssachverständigen für Hydrologie in der Beschwerdeverhandlung (S. 12 bis 21 der Verhandlungsschrift) und entkräften insgesamt die Vorbringen der Beschwerdeführer zur mangelnden Geeignetheit des verwendeten Grundwassermodells in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise.
1.3. Versickerung:
Die bei der Berechnung der Chloridkonzentration im Grundwasser angewendete Methode entspricht dem aktuellen Stand der Technik gemäß „Leitfaden Versickerung chloridbelasteter Straßenwässer“ aus 2019 und ist zur Erfassung der Auswirkungen des ggstdl. Vorhabens geeignet.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Hydrogeologie vom 4.3.2020 (S. 8-10).
1.4. Zusätzlich berührte Wasserrechte:
Die Aussagen des verwendeten Grundwassermodells betreffend die Chloridfahne sind aufgrund der Stationärität der Berechnungsmethode an den Rändern naturgemäß unscharf. Diese Unschärfe ist im Nahbereich der S1 – wo die höchsten Chloridzusatzkonzentrationen auftreten - gering und nimmt mit größerer Entfernung von der S1-Trasse – wo die Chloridzusatzkonzentrationen auf sehr geringe Werte (maximal bei 5 mg/l, meist aber deutlich darunter) absinken – zu. Weiters wäre bei instationärer Modellbetrachtung die Chloridzusatzkonzentration speziell im trassenfernen Bereich geringer als jene, welche durch die nun vorliegende stationäre Betrachtung ermittelt wurde. Eine Überschreitung relevanter Grenz- oder Schwellenwerte wäre daher auch bei instationärer Modellierung nicht zu erwarten. Aus diesem Grund ist die Unschärfe der Begrenzung der Chloridfahne nicht relevant. Auch eine quantitative Beeinträchtigung fremder Rechte durch Wasserhaltung bzw. Versickerung von Sommerstraßenwässern wurde mittels Grundwassermodellberechnung untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass eine maßgebliche quantitative Beeinflussung umliegender Rechte nicht zu erwarten ist. Die Einhaltung der Modellprognosen wird – wo erforderlich – durch Grundwassersonden sichergestellt.
Eine zusätzliche Beeinträchtigung von Wasserrechten ist daher nicht zu erwarten.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Hydrogeologie vom 4.3.2020 (S. 10-11).
1.5. Schotterteiche Raasdorf:
Gemäß dem Grundwassermodell zur Chloridverfrachtung aus Verkehrsgischt ergibt sich infolge Winterdienst der S1 eine Erhöhung der Chloridkonzentration im zulaufenden Grundwasserkörper um über 1 mg/l während der ersten etwa 10 Jahre, diese berühren den nördlichen Rand des IWWC-Teiches. Infolge Überlagerungseffekten mit Einträgen im Anbindungsbereich an die S2 erfassen im weiteren Verlauf Zusatzkonzentrationen um im Mittel 1,5 mg/l das nördliche Viertel des Bachheimer- und 2 mg/l die nördliche Hälfte des IWCC-Teiches. Es ist somit auf Basis des Grundwassermodells und bezogen auf die angeströmte Fläche der Teiche in den beiden nördlichen Teichen mit über das Grundwasser eingetragenen Zusatzkonzentrationen von maximal 1 mg/l zu rechnen, in den beiden südlicheren Teichen (BA-CA und Herzer) ist von keinen Erhöhungen auszugehen.
Bei gemeinsamer Betrachtung der Auswirkungen der S1 und der Spange Aspern ergeben sich infolge Überlagerungseffekten geringfügig höhere Chloridkonzentrationen, in diesem Fall ist in den Teichen Bachheimer, IWCC und Herzer nach 30 Jahren mit zusätzlichen Zusatzkonzentrationen von jeweils etwa 1 mg/l zu rechnen, der BA-CA-Teich bleibt auch in diesem Fall unbeeinflusst. Auch unter Ansatz dieser entsprechend den Ausführungen des Berichtes auf ungünstigen Annahmen beruhenden, geringfügig höheren als vom wasserbautechnischen Sachverständigen ermittelten Chlorideinträgen bleiben die Chloridkonzentrationen unterhalb der relevanten Grenz- und Schwellenwerte.
Für das wasserrechtliche Genehmigungsverfahren wurden aktuelle Erhebungsergebnisse der Schotterteiche, welche bei der BH Gänserndorf aufliegen, überprüft und als aktueller Datenstand aus dem Jahr 2018 bewertet. Es zeigt sich, dass in den genannten Teichen aktuell die Chloridkonzentrationen maximal 140 mg/l betragen; diese Messwerte korrelieren gut mit den drei im Umfeld der Teiche situierten GZÜV-Messstellen PG30800092, PG92200472 und PG92200522, welche seit Beginn der Messungen maximale Chloridkonzentrationen von zwischen 120 und 125 mg/l aufweisen.
Auch nach Realisierung des Projektvorhabens liegen die Chloridkonzentrationen in den jeweiligen Teichen somit unterhalb des Schwellenwertes der Qualitätszielverordnung-Chemie.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Gewässerökologie vom 26.2.2020 und aus den korrespondierenden Aussagen des Sachverständigen in der Beschwerdeverhandlung (S. 28/29 der Verhandlungsschrift).
1.6. Zu den Nebenbestimmungen:
1.6.1. Abdichtungsmaßnahmen an den Spundwänden (Auflage I.3.2.3 des NÖ Bescheides, I.3.2., 3) des W Bescheides):
Welche konkreten zusätzlichen Maßnahmen allenfalls gesetzt werden, um die Spundwände soweit abzudichten, dass die konsentierten Pumpwassermengen eingehalten werden können, ist durch die Konsenswerberin zu entscheiden, und wird von den konkreten Ursachen der mangelnden Undichtheiten abhängen. Möglich wären Spundwand-Schlossabdichtungen, Hilfsbohrungen bei unerwarteten Hindernissen im Untergrund, das Einbringen zusätzlicher Spundbohlen, etc. Die Auflage war daher aus Gründen der Bestimmtheit und Nachvollziehbarkeit in Pkt. I.1. und II.1. dieses Erkenntnisses um die beispielsweise Aufzählung der genannten Maßnahmen zu ergänzen.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Hydrogeologie vom 4.3.2020 (S. 11) und aus den Aussagen des hydrogeologischen Gerichtssachverständigen in der Beschwerdeverhandlung (S. 23 der Verhandlungsschrift).
1.6.2. Minimierung der nach außen wirksamen Veränderung des Grundwasserspiegels (Auflage I.3.2.4 des NÖ Bescheides, I.3.2., 4) des W Bescheides):
In den Einreichunterlagen des wasserrechtlichen Bewilligungsprojektes wird beschrieben, dass die Absenkung des Grundwasserspiegels, welche durch die Wasserhaltung im Zuge von Baumaßnahmen hervorgerufen wird, durch die Anordnung von Schluckbrunnen zum Teil kompensiert und auf ein solches Maß reduziert wird, dass es zu keinen mehr als geringfügigen Einwirkungen auf umliegende Wasserrechte (z.B. Schotterteiche, Brunnen, etc.) kommt. In diesem Sinn wird die nach außen wirksame Veränderung des Grundwasserspiegels minimiert. Die Einhaltung dieser Maßnahmen und der zulässigen Außenwirkung wird durch Grundwassermessstellen überprüft und ist in Auflagen I.3.2.7 und I.3.2.8 des NÖ Bescheides (I.3.2., 7) des W Bescheides) vorgeschrieben. Eine Umformulierung dieser Auflage ist nicht erforderlich.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Hydrogeologie vom 4.3.2020 (S. 11-12).
1.6.3. Reaktion auf etwaige Schäden (Auflage I.3.2.9 des NÖ Bescheides, I.3.2., 9) des W Bescheides):
In den Einreichunterlagen des wasserrechtlichen Verfahrens wurden die quantitativen Veränderungen des Grundwasserspiegels infolge der Wasserhaltungsmaßnahmen (inklusive der Wiederversickerung in Schluckbrunnen) durch Berechnungen prognostiziert und werden diese Prognosen durch Messungen in Grundwassersonden dokumentiert bzw. überwacht. Auflage I.3.2.9 zielt darauf ab, dass auch jedes darüber hinaus gehende Restrisiko abgedeckt ist. Aus fachlicher Sicht ist diese Vorgehensweise ausreichend.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Hydrogeologie vom 4.3.2020 (S. 12).
1.6.4. Frist für Ersatzmaßnahmen bei der Entfernung bestehender Grundwassermessstellen (Auflage I.3.2.12 des NÖ Bescheides, I.3.2., 11) des W Bescheides):
Wenn im Laufe der planmäßig fortschreitenden Baumaßnahmen ersichtlich ist, dass eine Grundwasser-Messstelle beseitigt werden muss, so ist bereits vor Beseitigung dieser Messstelle eine Ersatzmessstelle zu errichten. Wenn die Zerstörung einer Grundwassermessstelle unvorhersehbar war (etwa aufgrund eines Unfalles), so ist die Neuerrichtung einer Ersatzmessstelle innerhalb von zwei Wochen notwendig, um den Ausfall allfälliger Grundwassermessungen entsprechend kurz zu halten.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Hydrogeologie vom 4.3.2020 (S. 12-13) und aus den Aussagen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung.
In Punkt I.2. und II.2. dieses Erkenntnisses war daher eine entsprechende Umformulierung der Auflage vorzunehmen.
1.6.5. Ableitung von Hang- und Böschungswässern auf landwirtschaftlich genutzte Flächen (Auflage I.3.3.7 des NÖ Bescheides, I.3.3., 8) des W Bescheides):
Die Auflage wurde formuliert, um bestehende Rechte von Anrainern nicht zu verletzen. So wird damit eine gezielte Ableitung von Niederschlagswässern über Böschungen oder Gräben aus den Baubereichen auf Nachbarflächen verhindert. Um dieser Intention noch besser gerecht zu werden, war die Auflage wie in Pkt. I.3. und II.3. dieses Erkenntnisses umzuformulieren.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Oberflächenwasser und Wasserbau vom 1.3.2020 (S. 3-4).
1.6.6. Abdichtung von Böschungen (Auflage I.3.3.31 des NÖ Bescheides, I.3.3., 26) des W Bescheides):
Das Ausmaß der Abdichtung der Böschungen gegen die Versickerung von durch Sprühnebel vertragenen Streumitteln ist aus fachlicher Sicht ausreichend.
Dies ergibt sich mit detaillierter, plausibler und nachvollziehbarer Begründung aus dem Gerichtsgutachten Oberflächenwasser und Wasserbau vom 1.3.2020 (S. 4-5).
1.6.7. Nachweis der Sickerfähigkeit im Bereich der Filterbecken (Auflage I.3.3.42 des NÖ Bescheides, I.3.3., 35) des W Bescheides):
Zum Nachweis der Sickerfähigkeit des Untergrundes im Bereich der Bodenfilterbecken der Gewässerschutzanlagen ist festzustellen, dass sich das Vorhaben geologisch gesehen in einem Bereich befindet, in dem die quartären Schichten eine ausreichende Durchlässigkeit zur Versickerung der gereinigten Straßenwässer aufweisen. Über diesen quartären Schichten liegt die Bodendeckschicht (Schichtkomplex B), die diese Sickerfähigkeit bereichsweise nicht aufweist. Deswegen müssen in jenen Bereichen, in welchen die Bodenfilterbecken situiert sind, Sickerversuche vorgenommen werden, um festzustellen, ob hier eine ausreichende Sickerfähigkeit des Untergrundes gegeben ist. Sollte sich die Sohle dieser Bodenfilterbecken im Bereich der Deckschicht befinden, kann es sein, dass die Sickerfähigkeit des Untergrundes somit nicht gegeben ist und es muss eine alternative Lösung gefunden werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit genügt ein Aushub in diesem Bereich bis in die Tiefe der Oberkante der quartären Schicht und das Einbringen einer Drainschicht bis zur geplanten Sohle des Sickerbeckens.
Dies ergibt sich mit plausibler und nachvollziehbarer Begründung aus dem Gerichtsgutachten Oberflächenwasser und Wasserbau vom 1.3.2020 (S. 5-6) und aus den Aussagen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung (S. 25/26 der Verhandlungsschrift).
In Punkt I.6. und II.6. dieses Erkenntnisses war daher eine entsprechende Umformulierung der Auflage vorzunehmen.
1.6.8. Arithmetisches Mittel als Maß der Einhaltung von Grenzwerten (Auflage I.3.3.47 des NÖ Bescheides):
Gemäß der im November 2019 erlassenen Verordnung der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus über Methodenvorschriften im Bereich Chemie für Abwasser, Oberflächengewässer und Grundwasser (Methodenverordnung Wasser – MVW (StF: BGBl. II Nr. 129/2019) war die Auflage gemäß Spruchpunkt I.7. dieses Erkenntnisses umzuformulieren.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Oberflächenwasser und Wasserbau vom 1.3.2020 (S. 6-7).
1.6.9. Druckleitungen zur Ableitung der Straßenwässer (Auflagen I.3.3.26 und 27 des NÖ Bescheides, I.3.3., 21) und 22) des W Bescheides):
Entsprechend dem vorliegenden Planungsstand ist eine nachteilige Beeinträchtigung des Schutzgutes, insbesondere des Grundwassers, durch die Errichtung und den Betrieb der Ableitung auszuschließen.
Dies ergibt sich aus dem plausiblen und nachvollziehbaren Gerichtsgutachten Oberflächenwasser und Wasserbau vom 1.3.2020 (S. 7-8).
Die vorgelegten Pläne und Unterlagen der Projektwerberin sind i.S. eines Einreichprojektes ausreichend. Eine Detaillierung dieser Pläne hinsichtlich der technischen Ausführung ist nur der wasserrechtlichen Bauaufsicht vorzulegen, sodass die Auflage umzuformulieren war, wie in Pkt. I.4. und I.5 bzw. II.4. und II.5 dieses Erkenntnisses vorgenommen.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Allgemeines und Verfahrensrecht
2.1.1. Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt Senatszuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Die Beschwerdeführer/innen sind beschwerdelegitimiert: Gemäß § 24f Abs. 8 haben in den Genehmigungsverfahren nach § 24f Abs. 6 die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften und die vom jeweiligen Verfahrensgegenstand betroffenen Personen gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 Parteistellung. Die im § 19 Abs. 1 Z 3 bis 6 angeführten Personen haben Parteistellung nach Maßgabe des § 19 mit der Berechtigung, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren wahrzunehmen und Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof, Bürgerinitiativen auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Personen gemäß § 19 Abs. 1 Z 7 und § 19 Abs. 11 haben Parteistellung nach Maßgabe des § 19 mit der Berechtigung, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren wahrzunehmen und Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Die Beschwerden erwiesen sich auch sonst als zulässig.
2.1.2. Die Beschwerden machen geltend, die angefochtenen Bescheide hätten über einen falschen Verfahrensgegenstand entschieden: Gegenstand der der UVP nachgelagerten Materienverfahren müsse jenes Vorhaben sein, das auch der UVP unterzogen wurde. Die Erteilung von Genehmigungen in der UVP-Genehmigung nachfolgenden Genehmigungsverfahren wird von den Beschwerdeführern offenbar für unzulässig gehalten.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass der Praxis, nach Durchführung einer UVP und eines teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens für ein Gesamtvorhaben gem. § 24 Abs. 1 UVP-G 2000 mehrere teilkonzentrierte Genehmigungsverfahren nach anzuwendenden Materiengesetzen gemäß § 24 Abs. 3 aF UVP-G 2000 für verschiedene Abschnitte des Vorhabens durchzuführen, keine gesetzliche Bestimmung entgegensteht. Vielmehr ermöglicht sogar die Bestimmung des § 18a iVm § 24f Abs. 12 UVP-G 2000 für Vorhaben, die sich auf mindestens drei Standortgemeinden erstrecken, ausdrücklich die Genehmigung des Vorhabens in Abschnitten, sofern dies wegen der räumlichen Ausdehnung des Vorhabens zweckmäßig ist, dies nach Durchführung der UVP für das Gesamtvorhaben.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zu dem – in der UVP-Richtlinie 2011/92/EU gegenüber der Vorgängervorschrift unverändert gebliebenen – Begriff der „Genehmigung“ in Art. 1 Abs. 2 lit. f) UVP-RL ausgesprochen, dass die Mitgliedstaaten die Freiheit haben, die Erteilung einer Genehmigung auch mehreren Stellen zuweisen zu können. Wesentlich ist, dass die jeweiligen Befugnisse dieser Behörden und die Regeln über ihre Ausübung gewährleisten, dass eine UVP vollständig und rechtzeitig, d.h. vor Erteilung der Genehmigung im Sinne der UVP-RL, durchgeführt (vgl. EuGH 3.3.2011, Rs. C-50/09, Kommission/Irland, Rz. 71 bis 77) und von allen Genehmigungen berücksichtigt wird (Art. 8 UVP-Richtlinie). Diese Berücksichtigung ist durch die durchgehende Anwendung der zusätzlichen Genehmigungskriterien des UVP-G gewährleistet (§ 24f Abs. 6 UVP-G 2000).
Ganz allgemein hält auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) und des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) spezifisch zur Zulässigkeit der „Stückelung“ von Linieninfrastrukturvorhaben fest, dass für die Frage, ob ein eingereichter Teilabschnitt für sich genommen ein „Vorhaben“ im Sinne des § 2 Abs. 2 UVP-G 2000 darstellt, die Sachlichkeit der Abgrenzung und der Umstand maßgeblich sind, ob der Grund für die Stückelung lediglich die Vermeidung eines Verfahrens nach dem UVP-G 2000 sind. Die Abgrenzung eines zur Bewilligung eingereichten Teilabschnitts eines Linienvorhabens von den übrigen Teilabschnitten dieses Vorhabens muss auf einer sachlichen Rechtfertigung beruhen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ro 2014/03/0035, Rz. 110 und 111, unter Hinweis auf die Entscheidungen VwGH 24.08.2011, 2010/06/0002 sowie VfGH 22.06.2002, V 53/01).
Die sachliche Rechtfertigung für die Genehmigung in Teilabschnitten liegt für das Bundesverwaltungsgericht auf der Hand: Die technisch und finanziell wesentlich aufwändigere Errichtung des Lobautunnels braucht längere Vorbereitungszeit als der ebene Zulaufabschnitt im Norden, der daher zeitlich vorgezogen werden kann, was auch verkehrstechnisch sinnvoll ist und von der Projektwerberin während des gesamten UVP-Beschwerdeverfahrens offen dargelegt wurde. Keinesfalls kann als Grund für die nach Verwirklichungsabschnitten getrennte Antragstellung eine Umgehung der UVP angenommen werden, wurde doch eine UVP für das Gesamtvorhaben durchgeführt (vgl. auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.9.2017, W104 2120271-1 A5 Nordautobahn Abschnitt Poysbrunn-Staatsgrenze mit Bezug auf VwGH 2010/06/0002).
Dieses Beschwerdevorbringen führt daher nicht zum Erfolg.
2.1.3. Die Beschwerden bringen weiters vor, die Behörden seien jeweils nicht zuständig gewesen. Da es sich um ein bundesländerübergreifendes Projekt handle, hätten sich gem. § 101 Abs. 1 WRG die beiden Behörden über die prioritäre Zuständigkeit einigen oder diese Entscheidung der gemeinsamen Oberbehörde (damals: BMNT) übertragen müssen.
Der NÖ Bescheid nimmt zu dieser Frage dahingehend Stellung, dass die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 101 WRG 1959 im gegenständlichen Verfahren nicht und stattdessen die verfahrensrechtliche Bestimmung des § 24 Abs. 3 UVP-G 2000 als lex specialis anzuwenden gewesen sei. Die Bestimmungen der behördlichen Zuständigkeit des UVP-G 2000 gingen jenen des WRG 1959 vor. Von der Behörde sei ein teilkonzentriertes Verfahren durchzuführen gewesen, welches auch luftfahrtrechtliche Bestimmungen umfasst. Für diesen Verfahrensteil wäre bei einem Vorgehen nach § 101 WRG 1959 bei keiner Behörde eine Zuständigkeit gegeben.
Dieser Ansicht ist zuzustimmen. Der hier anzuwendende § 24 Abs. 3 UVP-G 2000 aF (d.i. idF vor der Novelle 2012, BGBl. I Nr. 77/2012, vgl. § 46 Abs. 23 UVP-G 2000) enthält eine genuine Zuständigkeitsbestimmung, die den Zuständigkeitsregeln der Materiengesetze vorgeht. Dies ergibt sich schon daraus, dass in dem Verfahren, das der Landeshauptmann nach dieser Bestimmung zu führen hat, alle „übrigen nach den bundesrechtlichen Verwaltungsvorschriften…für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen Genehmigungsbestimmungen anzuwenden“ sind und das Verfahren als „teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren“ bezeichnet wird. Die Anwendung materienrechtlicher Zuständigkeitsbestimmungen ist dadurch ausgeschlossen, weil sonst keine Konzentration der Zuständigkeit auf eine Behörde erfolgen könnte.
2.1.4. Nach Ansicht der Beschwerdeführer haben die Behörden die zusätzlichen Genehmigungskriterien des UVP-G 2000 zu Unrecht nicht angewendet.
Abgesehen davon, dass in den Beschwerden nicht spezifiziert wird, zu welchem anderen Ergebnis die Behörden bei Anwendung der zusätzlichen Genehmigungskriterien gekommen wären, lässt sich der Schluss, von dem die Beschwerden ausgehen, auch aus den Verfahrensunterlagen nicht erhärten. Die Bescheide verweisen ausdrücklich auf die zusätzlichen Genehmigungskriterien und gehen davon aus, dass diese (auch) erfüllt sind (Pkt. 10.3 der Begründung des NÖ Bescheides, Pkt. III.10.3. des W Bescheides).
2.1.5. Von den Beschwerdeführern wird moniert, die Nichtfestlegung von Fristen für den Baubeginn sei nicht nachvollziehbar. In den angefochtenen Bescheiden wird begründend angeführt, dass insbesondere aufgrund der detaillierten Bedingungen und Bestimmungen im Zusammenhang mit der Bauausführung von der Festlegung von Fristen für den Baubeginn Abstand genommen werden konnte (Verweis auf Spruchpunkte I.2., I.3. und I.4.). Dies ist für das Gericht nachvollziehbar, ist doch dafür Sorge getragen, dass rechtzeitig vor Baubeginn eine wasserrechtliche Bauaufsicht bestellt und die grundwasserrelevanten Maßnahmen kontrolliert werden sowie entsprechende Nebenbestimmungen vorgeschrieben wurden, die vermeidbare Umweltbeeinträchtigungen durch den Bau wirksam verhindern. Eine Erforderlichkeit von Baubeginnsfristen gem. § 112 WRG 1959 erschließt sich dem Gericht nicht und wurde in den Beschwerden auch nicht substanziiert.
2.1.6. Zum Vorbringen, ein von der NÖ Landesregierung herangezogener nichtamtlicher Sachverständiger sei erst in der Verhandlung („nachträglich“) beeidet worden, ist darauf hinzuweisen, dass es genügt, wenn der Sachverständige vor der Vernehmung beeidigt wird (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 52 Rz 53, Stand 1.7.2005, rdb.at) und dass die Relevanz dieses Mangels nicht dargetan wurde.
2.1.7. Im Übrigen sind der belangten Behörde unterlaufene Begründungs- und Feststellungsmängel des Bescheides im Hinblick auf die Ergänzung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht als saniert zu betrachten (vgl. etwa VwGH vom 27.05.2011, 2008/02/0049). Die Beschwerdeführer bekamen im Verfahren des Verwaltungsgerichts und der abgehaltenen mündlichen Verhandlung ausreichend die Möglichkeit, sich zu den strittigen Punkten zu äußern und Fragen an die Sachverständigen und die mitbeteiligte Partei zu richten. Sämtliche weiteren, der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden, Ermittlungsergebnisse wurden den Parteien bei Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Es ist festzuhalten, dass der der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegende Sachverhalt mängelfrei unter Wahrung sämtlicher Parteienrechte ermittelt worden ist.
Dies gilt auch für das Vorbringen, die NÖ Landesregierung habe das Ermittlungsverfahren zu Unrecht gem. § 16 Abs. 3 UVP-G 2000 geschlossen.
2.2. Genehmigungsvoraussetzungen (UVP-G 2000 und WRG 1959):
§ 24 Abs. 1 bis 6 UVP-G 2000 lautet:
„Entscheidung
§ 24f. (1) Genehmigungen (Abs. 6) dürfen nur erteilt werden, wenn im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zusätzlich nachstehende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden oder
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinn des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 führen, und
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
(1a) Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist.
[…]
(3) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungsmaßnahmen für erhebliche nachteilige Auswirkungen, Mess- und Berichtspflichten) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen. Die Überwachungsmaßnahmen sind nach Art, Standort und Umfang des Vorhabens sowie Ausmaß seiner Auswirkungen auf die Umwelt angemessen festzulegen, die aufgrund der mitanzuwendenden Verwaltungsvorschriften notwendigen Maßnahmen sind hierbei zu berücksichtigen.
(4) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.
(5) In der Genehmigung können angemessene Fristen für die Fertigstellung des Vorhabens, einzelner Teile davon oder für die Inanspruchnahme von Rechten festgesetzt werden. Die Behörde kann diese Fristen aus wichtigen Gründen verlängern, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin dies vor Ablauf beantragt. In diesem Fall ist der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes oder Verfassungsgerichtshofes über die Abweisung des Verlängerungsantrages gehemmt. Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens oder gemäß § 24g können die Fristen von Amts wegen geändert werden.
(6) Die nach § 24 Abs. 1 und 3 zuständigen Behörden haben die Abs. 1 bis 5, 13 und 14 anzuwenden, soweit sie für ihren Wirkungsbereich maßgeblich sind.“
Wasserrechtliche Genehmigungsvoraussetzungen:
Gemäß den §§ 9 Abs. 1 und 10 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 – WRG sind die Benutzung der Oberflächengewässer und des Grundwassers, gemäß § 32 Abs. 1 und 2 WRG Einwirkungen auf Gewässer wie die Einbringung von Stoffen bewilligungspflichtig. Gemäß § 12 WRG ist das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden. Als zu berücksichtigende öffentliche Interessen legt § 105 etwa den Schutz der Beschaffenheit des Wassers vor nachteiligen Beeinflussungen, den Schutz der Wasserversorgung, des Tier- und Pflanzenbestandes und den Schutz des ökologischen Zustandes der Gewässer fest. Als bestehende Rechte sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches, Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen. § 12a Abs. 3 WRG bestimmt, dass der Stand der Technik bei allen Anlagen und Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz einzuhalten ist.
Nach den §§ 30a Abs. 1 und 30c Abs. 1 WRG sind Oberflächengewässer und das Grundwasser derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, dass eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes verhindert und ein gesetzlich festgelegter Zielzustand bis zu einem bestimmten Termin erreicht wird. Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Festlegung des ökologischen Zustandes für Oberflächengewässer, BGBl. II Nr. 99/2010 i.d.g.F. (Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer – QZV Ökologie OG) legt die zu erreichenden Zielzustände sowie die im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot maßgeblichen Zustände für Typen von Oberflächengewässern durch Werte für die biologischen, hydromorphologischen und die allgemeinen Bedingungen der physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten für den ökologischen Zustand fest. Gemäß § 5 Abs. 2 dieser Verordnung ist bei Abwassereinleitungen das Qualitätsziel innerhalb des Einmischungsbereiches nach einer bestimmten Entfernung unterhalb der Abwassereinleitung einzuhalten. Gemäß § 14 dieser Verordnung werden die allgemeinen Bedingungen der physikalisch-chemischen Qualitätskomponenten gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 (darunter befindet sich der Salzgehalt) anhand der Parameter Temperatur, biologischer Sauerstoffbedarf (BSB5), gelöster organischer Kohlenstoff (DOC), Sauerstoffsättigung (O2%), pH-Wert, Orthophosphat (PO4-P), Nitrat (NO3-N) und Chlorid beurteilt. In Anlage H7 zu dieser Bestimmung ist der Zielwert für Chlorid mit 150 mg/l festgelegt.
2.3. Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen:
Das Beschwerdeverfahren hat ergeben, dass die Einleitung von Schadstoffen in Oberflächengewässer und eine allfällige Einbringung in das Grundwasser nach dem Stand der Technik begrenzt, sämtliche Grenz- und Zielwerte für Oberflächengewässer eingehalten und fremde Rechte nicht beeinträchtigt werden. Öffentliche Interessen wie der Schutz der Beschaffenheit des Wassers vor nachteiligen Beeinflussungen, der Schutz der Wasserversorgung, des Tier- und Pflanzenbestandes und der Schutz des ökologischen Zustandes der Gewässer werden weitgehend berücksichtigt. Es wird weder der ökologische noch der chemische Zustand von Oberflächengewässern oder des Grundwassers verschlechtert, die Erreichung der von Umweltqualitätsnormen festgelegten Zielzustände wird durch das Vorhaben nicht verhindert (vgl. dazu im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit den u.a. in §§ 30 ff WRG dargelegten öffentlichen Interessen etwa VwGH 17.10.2002, 2001/07/0095, wonach aus auf das WRG gegründeten Verordnungen erschließbar sein kann, dass Beeinträchtigungen der Beschaffenheit des Wassers, die ein bestimmtes Ausmaß nicht übersteigen, einer Bewilligung nicht entgegenstehen).
Darüber hinaus sind auch keine Immissionen zu erwarten, die den Pflanzen- und Tierbestand in Gewässern und um Gewässer oder den Zustand der Gewässer bleibend schädigen. Der angefochtene Bescheid enthält ausreichend Vorschreibungen, insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten, um zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.
2.4. Projektänderungen und Änderung von Nebenbestimmungen:
Soweit das Verfahren ergeben hat, dass bestimmte Nebenbestimmungen bestimmter zu fassen bzw. umzuformulieren waren, um ihren Zweck zu erfüllen, wurde dies im Spruch dieses Erkenntnisses vorgenommen.
2.5. Revision
Die Revision ist nicht zulässig, weil die hier relevanten Rechtsfragen einerseits durch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geklärt sind. Andererseits waren die der Lösung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften bereits für sich selbst als ausreichend klar und bestimmt anzusehen und bedarf es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keiner weiteren Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof.
Schlagworte
Auflage Bescheidabänderung Genehmigungsverfahren Gutachten mündliche Verhandlung Nachvollziehbarkeit Plausibilität Projektänderung sachlicher Grund Sachverständigengutachten Schlüssigkeit Straßenverkehr Stückelung Umweltauswirkung Umweltschutz Umweltverträglichkeitsprüfung UVP-Pflicht Vorhabensbegriff wasserrechtliche BewilligungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W104.2226044.1.00