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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §6 Abs2;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 97/18/0051 E 21. Februar 1997Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. November 1996, Zl. SD 1085/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. November 1996 wurde die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Die seit dem Jahr 1989 in Österreich lebende Beschwerdeführerin sei zunächst im Besitz von Sichtvermerken, sodann von Aufenthaltsbewilligungen, zuletzt einer mit Gültigkeitsdauer bis 8. Juli 1995, gewesen. Ein am 2. Juni 1995, somit rechtzeitig, gestellter Verlängerungsantrag sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 20. Februar 1996 abgewiesen worden. Seit Erlassung dieses Bescheides sei die Beschwerdeführerin nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Die dagegen erhobene Berufung sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. April 1996 abgewiesen worden. Seit Rechtskraft dieses Bescheides stehe § 17 Abs. 4 FrG einer Ausweisung nicht mehr entgegen. Aus der dagegen eingebrachten Verfassungsgerichtshof-Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung versagt geblieben sei (Beschluß vom 13. August 1996, B 1938/96-4), sei für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen, weil ihr die Beschwerdeerhebung keine Aufenthaltsbewilligung zu verschaffen vermöge. Wegen des illegalen Aufenthaltes sei die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom 18. Oktober 1996 bestraft worden.
Was die Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 19 FrG anlange, so liege ein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin vor, weil sie sich seit 1989 in Österreich aufhalte. Der Eingriff sei aber, und zwar auch dann, wenn man keine Scheinehe annehme und der Beschwerdeführerin in ihrem Vorbringen folge, daß sie mit ihrem Ehegatten zusammenlebe, zum Schutz der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Der Aufenthalt sei bereits seit einem dreiviertel Jahr unerlaubt und der Verfassungsgerichtshof habe einer aufschiebenden Wirkung (an die vorerwähnte Beschwerde) wegen zwingender öffentlicher Interessen "nicht zugestimmt". Die Tolerierung eines weiteren illegalen Aufenthaltes bis zu einer allfälligen Erlangung der für den Aufenthalt erforderlichen Bewilligung erscheine nicht vertretbar.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesem Grund aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin (seit etwa neun Monaten) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Auf der Grundlage der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfestellungen bestehen gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
2.1. Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde vor, § 17 Abs. 4 FrG unrichtig angewendet zu haben. Bei rechtsrichtiger Anwendung dieser Bestimmung hätte sie zu dem Schluß kommen müssen, "daß zumindest bis zur endgültigen Erledigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (erg.: betreffend die Aufenthaltsbewilligung) die Verhängung einer Ausweisung über mich unzulässig ist". Aus der bisherigen Judikatur der Höchstgerichte (angeführt wird der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. Mai 1995, Zl. AW 95/18/0477) werde deutlich, daß die "bloße Erhebung der Beschwerde ausreichend ist, um bei fristgerechter Antragstellung die Konstellation des § 17 Abs. 4 FrG anwendbar zu machen".
2.2. Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage. Die in der Beschwerde wiedergegebene Formulierung des hg. Beschlusses Zl. AW 95/18/0477 (die sich in zahlreichen weiteren, gleichgelagerte Fälle betreffenden Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes findet) läßt keinen Zweifel daran, daß im Fall der Bekämpfung der negativen Entscheidung nach dem Aufenthaltsgesetz mittels einer Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde - bei Vorliegen der im § 17 Abs. 4 FrG genannten Voraussetzungen - für die Unzulässigkeit einer Ausweisung während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht die "bloße Erhebung der Beschwerde ausreichend ist", die genannte Rechtsfolge vielmehr allein auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Beschwerde zurückzuführen ist (arg.: "... wird dem Antrag mit der Wirkung stattgegeben, daß dem Antragsteller die Rechtsstellung zukommt, die er vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte."
(Spruch) "Gemäß § 17 Abs. 4 des Fremdengesetzes darf daher über eine Ausweisung erst nach Beendigung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens entschieden werden, soweit ..." (Begründung)).
Da vorliegend ein Beschluß des bezeichneten Inhaltes nicht existiert, im Gegenteil dem von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag, ihrer an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, von diesem Gerichtshof (mit Beschluß vom 13. August 1996, B 1938/96-4) "keine Folge gegeben (wird), weil dem zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen", war § 17 Abs. 4 FrG der Ausweisung gegen die Beschwerdeführerin nicht hinderlich. Die insoweit behauptete Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor.
3.1. Die Beschwerde hält den angefochtenen Bescheid auch deshalb für rechtswidrig, weil ihrer Meinung nach § 19 FrG nicht hinreichend beachtet worden ist. Sie verweist dazu auf den achtjährigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich sowie darauf, daß sie mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei. (Daß sie, wie dies die Aufenthaltsbehörde angenommen habe, eine Scheinehe eingegangen sei, treffe nicht zu.) Der damit gegebene hohe Integrationsgrad - die Beschwerdeführerin sei überdies seit 1994 in ungekündigter Stellung beschäftigt - hätte die belangte Behörde dazu führen müssen, die Ausweisung nicht als dringend geboten anzusehen.
3.2. Die belangte Behörde hat die aus den angeführten Umständen resultierenden, durchaus beachtlichen persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich zu ihren Gunsten berücksichtigt. Wenn sie bei der gemäß § 19 FrG vorgenommenen Abwägung dieser Interessen mit dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an einer Ausreise der Beschwerdeführerin zu dem Ergebnis gelangt ist, daß die Ausweisung dennoch dringend geboten sei, so kann dem nicht mit Erfolg entgegengetreten werden. Denn das nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften wurde durch das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin - neunmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt, Verbleiben im Bundesgebiet ungeachtet deswegen erfolgter Bestrafung sowie auch nach rechtskräftiger Abweisung des Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung und trotz Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die dagegen erhobene Verfassungsgerichtshof-Beschwerde wegen zwingender öffentlicher Interessen - in gravierender Weise verletzt. Die dem solcherart beeinträchtigten Allgemeininteresse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüberzustellenden privaten Interessen der Beschwerdeführerin wiegen vergleichsweise jedenfalls nicht schwerer. Die Bejahung der Zulässigkeit der Ausweisung der Beschwerdeführerin im Grunde des § 19 FrG erweist sich demnach als unbedenklich.
4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180045.X00Im RIS seit
02.05.2001