Index
L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
AnkündigungsabgabeG Wr 1983 §6 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 19. Jänner 1996, Zl. MD-VfR - S 34/95, betreffend Haftung für Ankündigungsabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Haftungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 8. September 1994 wurde der Beschwerdeführer für den Rückstand an Ankündigungsabgabe der Firma A Gesellschaft m.b.H. (im folgenden: GmbH) - diese war Inhaberin des Rundfunkunternehmens iSd § 6 Abs. 3 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien (siehe unten) - für den Zeitraum Oktober 1989 bis Oktober 1991 in der Höhe von S 1,240.207,-- haftbar gemacht und zur Zahlung dieses Betrages aufgefordert.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es nach Wiedergabe des Inhalts der §§ 7 und 54 WAO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 im wesentlichen, daß der Beschwerdeführer im Handelsregister als Geschäftsführer der abgabepflichtigen GmbH eingetragen sei und weder die Bezahlung veranlaßt, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen habe. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei erst ab Dezember 1990 Geschäftsführer der GmbH gewesen, werde festgestellt, daß das seine Haftung für vorangegangene Zeiträume nicht ausschließe, da die Gesellschaft verpflichtet bleibe, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr bzw. Einzahlung sie in Rückstand geraten sei, zu erfüllen und zur Erfüllung dieser gemäß § 80 Abs. 1 BAO der Geschäftsführer einer Ges.m.b.H. verhalten sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer einerseits die Heranziehung zur Haftung gemäß §§ 7 und 54 WAO, andererseits fristgerecht das Bestehen der Abgabepflicht für die in Rede stehenden Ankündigungen gemäß § 193 WAO, da die Ankündigungen auf Grund eines Vertrages mit einem ungarischen Vertragspartner vom Standort Sopron unter der ausschließlichen technischen und Programmhoheit des ungarischen Rundfunks gesendet worden seien. Eine Anwendung des Wiener Abgabenrechtes, insbesondere des Ankündigungsabgabegesetzes, komme daher nicht in Betracht. Der Beschwerdeführer führte weiters aus, daß auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (verwiesen wird auf das Erkenntnis vom 22. April 1992, Zl. 91/14/0252) die Haftungsinanspruchnahme des Geschäftsführers voraussetze, daß die rückständigen Abgaben uneinbringlich wurden und dies auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen sei. Der Beschwerdeführer bestritt das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung.
1.2. Mit Berufungsvorentscheidung vom 27. März 1995 wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die Behörde nach Wiedergabe des Inhaltes der §§ 7 Abs. 1 und 54 Abs. 1 WAO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 im wesentlichen aus, daß zu den nach § 54 Abs. 1 WAO verpflichteten Personen auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung zählten.
Voraussetzungen für die Haftung seien eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit.
Es stehe fest, daß der Beschwerdeführer seit dem 27. Dezember 1990 als Geschäftsführer der GmbH im Handelsregister eingetragen sei und somit zu dem im § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehöre. Die Abgabenforderung gegen die GmbH, die Gegenstand des vorliegenden Haftungsbescheides sei, bestehe zu Recht (dazu wird auf die Ausführungen im Berufungsbescheid im Abgabenverfahren gegenüber der GmbH hingewiesen). Dieser Berufungsbescheid sei dem Beschwerdeführer bekanntgegeben worden. Die in diesem Bescheid getroffene Feststellung, daß die bescheidgegenständlichen Ankündigungen in einem Tonstudio der abgabepflichtigen Gesellschaft in Wien erzeugt worden seien und daher von dort ihren Ausgang genommen hätten, hätte der Berufungswerber auch durch die von ihm vorgelegten Unterlagen nicht entkräften können. Die Unterlagen über die vertraglichen Vereinbarungen mit dem ungarischen Rundfunkunternehmen bzw. mit der Werbemittlungsgesellschaft zeigten vielmehr, daß die Vornahme der Werbung ausschließlich im Gestionsbereich der GmbH gelegen gewesen sei und diese auch die Gestaltung der Werbetarife bestimmt habe.
Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin, seine Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.
1.3. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Darlegung der gesetzlichen Haftungsvoraussetzungen in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 führte die belangte Behörde aus, nach der Aktenlage stehe unbestritten fest, daß der Beschwerdeführer als alleiniger Geschäftsführer der Gesellschaft im Zeitraum vom 27. Dezember 1990 bis zur Konkurseröffnung (21. Dezember 1992) zu dem im § 54 Abs. 1 WAO angeführten Personenkreis gehört habe. Es sei auch nicht zweifelhaft, daß nach der Aktenlage die angeführten Abgabenrückstände bei der GmbH uneinbringlich seien, zumal über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet worden sei und der Beschwerdeführer selbst nicht behaupte, daß der Abgabengläubiger im Zuge des Konkursverfahrens die Aussicht hätte, daß seine Ansprüche auch nur teilweise befriedigt würden.
Die Pflichtverletzung des Berufungswerbers ergebe sich aus der Mißachtung des § 8 Abs. 1 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien, wonach Unternehmer, die die Vornahme von Ankündigungen gegen Entgelt besorgen, verpflichtet seien, spätestens zum 10. des darauffolgenden Monates dem Magistrat unaufgefordert eine Abrechnung über alle der Abgabe unterliegenden Entgelte vorzulegen und innerhalb der gleichen Frist die hiernach sich ergebende Abgabe an die Stadt Wien einzuzahlen. Es wird sodann unter Zitierung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, daß die Haftung auch für Abgabenrückstände, deren Fälligkeit vor der Bestellung des Beschwerdeführers als Geschäftsführer lägen, bestehe und daß der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, daß es Sache des Geschäftsführers sei, nachzuweisen, daß ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich gewesen sei. Das bloße Erkundigen, ob eine Abgabe bezahlt worden sei, sei für eine zielführende Kontrolle jedenfalls nicht ausreichend. Der Beschwerdeführer hätte anhand der fehlenden Zahlungsbelege leicht erkennen können, daß Zahlungen tatsächlich nicht erfolgt seien.
Die Geltendmachung der Haftung entspreche auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit, da es nicht unbillig sei, daß ein Geschäftsführer, der seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt habe, zur Haftung herangezogen werde, andernfalls jene Abgabepflichtigen und ihre Vertreter, die ihre Pflichten erfüllten, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt würden.
Zur Berufung gegen den Abgabenanspruch wurde insbesondere ausgeführt, daß nach den Feststellungen im Abgabenverfahren betreffend die GmbH sich ergebe, daß alle Sendungen von der Gesellschaft in ihrem Tonstudio in Wien erzeugt, über Postleitungen nach Sopron weitergemittelt und dort ausgestrahlt worden seien.
Nach Wiedergabe der Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf der Neufassung des § 2 Abs. 5 des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 17/1962 wird resümiert, daß die in den Erläuterungen dargestellten Voraussetzungen (insbesondere die der Ausstrahlung der Ankündigungen durch den Sender vorangehende Erzeugung der Licht- und Schallwellen im Studio innerhalb Wiens) gegeben seien.
1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiv-öffentlichen Recht, nicht zur Haftung für die Zahlung der Ankündigungsabgabe herangezogen zu werden, verletzt.
1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Nach § 54 Abs. 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 7 Abs. 1 WAO in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 haften die in den §§ 54 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
§§ 1, 2 Abs. 5 und 6 Abs. 3 Wiener Ankündigungsabgabegesetz 1983, LGBl. Nr. 19, lauten:
"§ 1. Soweit keine bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß § 7 Abs. 5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, für Abgaben von Ankündigungen vorliegt, wird die Gemeinde ermächtigt, von öffentlichen Ankündigungen innerhalb des Gebietes der Stadt Wien nach den Bestimmungen dieses Gesetzes eine Abgabe auszuschreiben.
§ 2. ...
...
(5) Ankündigungen im Sinne des § 1 sind ferner alle fremden Ankündigungen durch Rundfunk (Hörrundfunk und Fernsehrundfunk), die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen.
...
§ 6. (3) Für Ankündigungen der im § 2 Abs. 5 bezeichneten Art hat der Inhaber des Rundfunkunternehmens, das die Ankündigungen ausstrahlt, die Abgabe zu entrichten. Er ist berechtigt, die Abgabe vom Ankündigenden einzuziehen. Dieser haftet mit dem Inhaber des Unternehmens zur ungeteilten Hand für die Abgabe."
§ 2 Abs. 5 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien lautet:
"(5) Ankündigungen im Sinne des § 1 sind ferner alle fremden Ankündigungen durch Rundfunk (Hörrundfunk und Fernsehrundfunk), die von Studios im Gebiet der Stadt Wien ihren Ausgang nehmen."
§ 6 Abs. 3 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien lautet:
"(3) Für Ankündigungen der im § 2 Abs. 5 bezeichneten Art hat der Inhaber des Rundfunkunternehmens, das die Ankündigungen ausstrahlt, die Abgabe zu entrichten. Er ist berechtigt, die Abgabe vom Ankündigenden einzuziehen. Dieser haftet mit dem Inhaber des Unternehmens zur ungeteilten Hand für die Abgabe."
2.2. Zunächst ist festzuhalten, daß § 6 Abs. 3 Wiener AnkündigungsabgabeG bzw. § 6 Abs. 3 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates über die Ausschreibung einer Abgabe von öffentlichen Ankündigungen im Gebiet der Stadt Wien - entgegen den Beschwerdeausführungen - die Anwendung des § 7 WAO nicht ausschließt. Der Umstand, daß neben dem Rechtsträger des Rundfunkunternehmens die Ankündigenden für die Abgabe zur ungeteilten Hand haften, schließt die Geschäftsführerhaftung für die Abgabenverbindlichkeiten des Rechtsträgers des Rundfunkunternehmens (auch für die Abgabe, für die weitere Haftende vorhanden sind) nicht aus.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den §§ 7 und 54 WAO (in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 40/1992) und zu den entsprechenden Haftungsnormen in anderen Landesabgabenordnungen sowie in der Bundesabgabenordnung setzt eine darauf gestützte Haftungsinanspruchnahme voraus, daß die rückständigen Abgaben uneinbringlich wurden und dies auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters zurückzuführen ist. § 7 Abs. 1 WAO normiert also - ebenso wie § 9 Abs. 1 BAO - eine Ausfallshaftung dergestalt, daß der danach persönlich Haftungspflichtige jedenfalls so lange nicht in Anspruch genommen werden darf, als ein Ausfall beim Primärschuldner noch nicht angenommen werden kann.
Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters in ständiger Rechtsprechung vertritt, ist zwar die Geltendmachung der Haftung in das Ermessen der Behörde gestellt;
Ermessensentscheidungen der Abgabenbehörde haben sich aber gemäß § 18 WAO (vgl. auch die gleichlautende Vorschrift des § 20 BAO) innerhalb der Grenzen zu halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1992, Zl. 92/17/0178). Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. das hg. Erkenntnisse vom 11. Dezember 1992, Zl. 92/17/0178, und vom 30. September 1993, Zl. 92/17/0215). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 6. August 1996, Zl. 92/17/0186, ausgesprochen hat, ist auch die Heranziehung eines von mehreren (auch nacheinander bestellt gewesener) Vertreter des Primärschuldners als Haftungspflichtige von der Behörde entsprechend zu begründen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1992, Zl. 91/17/0044, und vom 13. November 1992, Zl. 91/17/0047). Kommen mehrere Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen in Anspruch genommen wird, entsprechend zu begründen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. Mai 1992, Zl. 91/17/0044, und das bereits genannte Erkenntnis vom 11. Dezember 1992, Zl. 92/17/0178). Darüber hinaus findet der Grundsatz, daß die Geltendmachung der Haftung in das Ermessen der Behörde gestellt ist, am Wesen der Ausfallshaftung, wie sie auch im § 7 WAO normiert ist, seine Schranke (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 1978, Zl. 1197/78). Der nach § 7 WAO in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 Haftungspflichtige haftet nur unter der Voraussetzung, daß der unberichtigte Rückstand weder beim ursprünglichen Abgabenschuldner noch bei demjenigen einbringlich ist, der nach den Abgabenvorschriften (uneingeschränkt) als Gesamtschuldner in Betracht kommt. Wie die belangte Behörde richtig erkannt hat, ist im Beschwerdefall im Hinblick darauf, daß dem Beschwerdeführer nur Pflichtverletzungen aus der Zeit vor der Kundmachung der Novelle LGBl. Nr. 40/1992 am 16. September 1992 vorgeworfen werden, gemäß Art. II der genannten Novelle § 7 Abs. 1 WAO in der Fassung vor der Novelle anzuwenden. Nach Art. II der Novelle findet die novellierte Fassung des § 7 Abs. 1 WAO in allen Fällen Anwendung, in denen die Pflichtverletzung nach dem Tag der Kundmachung der Novelle (das war der 16. September 1992) begangen wurde. Daß dem Beschwerdeführer aber eine im Zeitraum 17. September 1992 bis 21. Dezember 1992 (Konkurseröffnung) begangene relevante Pflichtverletzung angelastet wird, ist den Bescheiden nicht zu entnehmen. Vielmehr wird dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Abgabenzeiträume Oktober 1989 bis Oktober 1991 vorgeworfen, er habe seiner bis zum 10. des jeweiligen Folgemonates zu erfüllenden Vorlage- und Einzahlungspflicht nicht entsprochen bzw. er habe Abgabenrückstände aus der Zeit vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer nicht beglichen, ohne festzustellen, daß vom 17. September 1992 bis 21. Dezember 1992 bei der GmbH noch Mittel zur Bezahlung der Abgabe vorhanden waren. Da dem Beschwerdeführer somit keine Pflichtverletzungen nach dem 16. September 1992 vorgeworfen werden, ist die Neufassung des § 7 Abs. 1 durch die Novelle LGBl. Nr. 40/1992 nicht anzuwenden.
2.3. Auf dem Boden dieser Rechtslage ist der Beschwerdeführer grundsätzlich im Recht, wenn er darauf hinweist, daß die belangte Behörde weder die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld bei der GmbH sachverhaltsmäßig ausreichend festgestellt hat, noch daß sie irgendwelche Feststellungen darüber getroffen hätte, ob die Abgabe im Sinne des § 6 Abs. 3 Ankündigungsabgabegesetz beim Ankündigenden eingezogen werden könnte; eine Begründung dafür, weshalb die belangte Behörde ihre Ermessensentscheidung trotz der bestehenden Haftung der Ankündigenden zu Lasten des Beschwerdeführers getroffen hat, enthält der angefochtene Bescheid nicht.
2.4. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 6. August 1996, Zl. 92/17/0186, festgestellt hat, ist der Umstand, daß festgestellt wird, die abgabepflichtige juristische Person sei im Konkurs verfangen, für sich allein noch kein Grund zur Annahme der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld. In dem dem genannten Erkenntnis zugrundeliegenden Beschwerdefall stützte sich die belangte Behörde auf eine Mitteilung des Masseverwalters, daß nach dem "derzeitigen Stand die Konkursgläubiger keine bzw. keine nennenswerte Quote zu erwarten" hätten. Auch im Beschwerdefall hat die belangte Behörde keine Erhebungen darüber gepflogen, in welcher Höhe die in Rede stehende Abgabenschuld allenfalls uneinbringlich sein werde. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß der Beschwerdeführer die Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld bei der GmbH im Verwaltungsverfahren nicht bestritten habe und somit das aus § 41 VwGG ableitbare Neuerungsverbot seinem Vorbringen in der Beschwerde entgegenstehe, ist darauf hinzuweisen, daß der maßgebende Sachverhalt von der Behörde nach der WAO von Amts wegen zu ermitteln ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. November 1993, Zl. 91/13/0181, ausgesprochen hat, bedeutet auch die Annahme einer qualifizierten Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers bezüglich der Verschuldensfrage im Haftungsverfahren nämlich nicht, daß die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. auch das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 88/17/0216). Umso weniger war die belangte Behörde hinsichtlich der Feststellung des Sachverhaltselements der Uneinbringlichkeit der Verpflichtung enthoben, dieses in einem ordnungsgemäßen Verfahren festzustellen. Sowohl der Haftungsbescheid vom 8. September 1994 als auch die Berufungsvorentscheidung enthielten jedoch - auf dem Boden der Rechtsauffassung der Behörde erster Instanz, daß die novellierte Fassung anzuwenden sei - nur den als Wiedergabe der neuen Rechtslage gefaßten Hinweis auf § 7 iVm § 54 WAO, daß den genannten Bestimmungen zufolge die in § 54 genannten Vertreter neben den Abgabepflichtigen für die Abgaben insoweit hafteten, als die Abgaben bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden könnten, "insbesondere im Falle der Konkurseröffnung". Die belangte Behörde hat zwar zutreffend die alte Fassung des § 7 WAO angewendet, hat aber vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine Feststellungen über die Einbringlichkeit der Abgabe getroffen, insbesondere wurde dem Beschwerdeführer auch in dem Schreiben vom 1. August 1995, mit dem ihm im Berufungsverfahren Parteiengehör eingeräumt wurde, keinerlei Ermittlungsergebnis bezüglich der Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung vorgehalten (es wird lediglich in der Berufungsvorentscheidung - dort jedoch noch im Zusammenhang mit der vermeintlich anzuwendenden neuen Rechtslage - bei der Darstellung der Rechtslage festgehalten, daß die Geschäftsführerhaftung auch im Falle des Konkurses der Gesellschaft eingreife). Erst im angefochtenen Bescheid wird festgestellt (und ohne nähere Begründung als "nicht zweifelhaft" bezeichnet), daß nach der Aktenlage die angeführten Abgabenrückstände bei der GmbH uneinbringlich seien.
Weiters haben weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde den Versuch unternommen, die Abgabe von den Ankündigenden, die gemäß § 6 Abs. 3 Ankündigungsabgabegesetz mit dem Inhaber des Rundfunkunternehmens zur ungeteilten Hand für die Abgabe haften, einzubringen, bzw. irgendwelche Feststellungen getroffen, welche Hindernisse dieser Einbringung entgegenstünden. Der angefochtene Bescheid leidet insoferne an einem weiteren Verfahrensmangel. Die Begründung des angefochtenen Bescheides, weshalb die Geltendmachung den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit entspreche, geht auf den Umstand, daß die Ankündigenden gemäß § 6 Abs. 3 Ankündigungsabgabegesetz neben dem Rundfunkunternehmen Abgabenschuldner zur ungeteilten Hand sind, überhaupt nicht ein (als Ankündigende sind die Unternehmen bzw. Rechtsträger zu verstehen, die die Ausstrahlung der Ankündigung durch das Rundfunkunternehmen veranlassen, was in der Regel durch privatrechtlichen Vertrag erfolgen wird; vgl. zum Begriff des Ankündigenden nach dem Wiener Ankündigungsabgabegesetz auch allgemein das hg. Erkenntnis vom 27. September 1985, Zl. 85/17/0071, wo auf das Kriterium der "Veranlassung" abgestellt wird). Die Inanspruchnahme des Vertreters nach § 7 WAO setzt - wie der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits genannten hg. Erkenntnis vom 8. November 1978, Zl. 1197/78, festgehalten hat - voraus, daß die Abgabe weder beim Vertretenen noch bei demjenigen einzubringen ist, der für die Entrichtung der Abgabe als Gesamtschuldner in Betracht kommt. Die Geltendmachung der Haftung wie auch die nachfolgende Auswahl der Schuldner ist zwar in das Ermessen der Behörde gestellt; dieser Grundsatz findet indes am Wesen der Ausfallshaftung, wie sie auch § 7 WAO normiert, seine rechtliche Schranke. Auch diesbezüglich fehlen im angefochtenen Bescheid entsprechende Feststellungen bzw. eine Begründung, weshalb die Heranziehung von Ankündigenden iSd § 6 Abs. 3 des Beschlusses des Gemeinderates im Beschwerdefall nicht möglich war. Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist daher nicht geeignet, eine Überprüfung dahingehend zuzulassen, ob das der Behörde bei der Auswahl des Haftungspflichtigen zustehende Ermessen im Sinne des Gesetzes (§ 18 WAO) geübt wurde. Die Herabsetzung des Betrages, für den die Haftung geltend gemacht wird, im angefochtenen Bescheid wurde lediglich damit begründet, daß die Abgabenschuld gegenüber der GmbH überhöht angenommen worden war.
Gleiches gilt auch hinsichtlich der Ausübung des Ermessens, den Beschwerdeführer auch zur Haftung bezüglich jener Abgabenbeträge heranzuziehen, die in der Zeit fällig wurden, in der der Beschwerdeführer noch nicht Geschäftsführer der GmbH war. Eine derartige Heranziehung zur Haftung ist zwar grundsätzlich zulässig, bedürfte aber ebenfalls einer Begründung, weshalb das Ermessen zu Lasten des Beschwerdeführers ausgeübt wurde.
Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang auch vorgebracht, daß er sich bei Rechtsberatern bezüglich des Bestehens der gegenständlichen Abgabenschuld erkundigt und die Auskunft erhalten hätte, daß keine solche Abgabenschuld gegeben sei. Auch mit der Frage des damit geltend gemachten Rechtsirrtums hat sich die belangte Behörde, ebenso wie mit der Frage, ob ausreichend Mittel vorhanden waren, aus denen der Beschwerdeführer die Abgabenschulden begleichen hätte können, nicht auseinandergesetzt.
2.5. Die aufgezeigten Verfahrensmängel sind auch wesentlich, da nicht auszuschließen ist, daß die Behörde bei Durchführung der oben angesprochenen Ermittlungen und entsprechender Ergänzung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes sowie bei Miteinbeziehung der bestehenden Haftung der Ankündigenden bei der Begründung, weshalb sie den Beschwerdeführer zur Haftung heranzieht, zu einem anderen Bescheid gekommen wäre.
2.6. Zur Frage der Abgabenpflicht der GmbH:
Der Beschwerdeführer hat gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht nur bezüglich der Heranziehung zur Haftung, sondern auch hinsichtlich der Abgabenschuld der GmbH Berufung erhoben. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde zwar die Haftung auf einen geringeren Betrag herabgesetzt, die Berufung aber im übrigen als unbegründet abgewiesen.
Hinsichtlich der Berufung gegen den Abgabenanspruch hätte es jedoch einer Berufungsergänzung (§ 210 WAO) bedurft, weil im Haftungsbescheid erster Instanz bereits mehrere Abgabenbescheide angeführt waren und die Berufung des Beschwerdeführers den oder die Bescheide, gegen die sich die Berufung (auch) richten sollte, nicht angeführt hat (§ 193 Abs. 1 und 2 WAO).
Die Unterlassung der Berufungsergänzung begründet daher eine weitere Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Für den Fall einer Berufung gegen solche Abgabenbescheide hätte die belangte Behörde im Spruch ihres Bescheides über diese Berufung(en) gegen die betreffenden Abgabenbescheide abzusprechen gehabt, falls sie von einer Haftung des Beschwerdeführers ausgehen hätte dürfen (§ 213 WAO). Der angefochtene Bescheid ist in diesem Zusammenhang auch insofern unklar, als aus ihm nicht hervorgeht, ob und in welcher Weise damit auch über die Abgabenschuld der GmbH abgesprochen werden soll. Jedenfalls läßt er nicht erkennen, für welche Abgabenschulden der GmbH (die anscheinend abweichend vom Haftungsbescheid erster Instanz angenommen wurden) der Beschwerdeführer herangezogen werden soll.
Im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen erübrigt sich zur Zeit ein Eingehen auf die Ausführungen der Beschwerde zu den in den Abgabenbescheiden angeführten Abgabentatbeständen.
2.7. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
2.8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
2.9. Mit der Entscheidung in der Sache erübrigt sich ein Abspruch über den nach Abweisung des ersten Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellten neuerlichen Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Schlagworte
Ermessen VwRallg8European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996170066.X00Im RIS seit
11.07.2001