TE Bvwg Beschluss 2021/6/10 W211 2224150-1

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Veröffentlicht am 10.06.2021
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Entscheidungsdatum

10.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
DSG §1
VwGVG §8a

Spruch


W211 2224150-1/8E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX vom XXXX 2019 auf Bewilligung der Verfahrenshilfe im Rahmen eines Verfahrens wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Datenschutzbehörde:

A)

I. Dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird insoweit stattgegeben, als der Antragsteller von der Eingabegebühr zur Beschwerdeerhebung und von allfälligen weiteren Kosten und Gebühren im Beschwerdeverfahren befreit ist.

II. Der darüberhinausgehende Antrag auf Verfahrenshilfe und auf Beigebung eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin für das Säumnisbeschwerdeverfahren und die Teilnahme an der Verhandlung wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom XXXX .2019 brachte der Antragsteller eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde im von ihm angestrengten Verfahren (GZ: XXXX ) mit einem Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Mit Schreiben vom XXXX .2019 leitete das Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde gemäß § 6 AVG iVm § 17 VwGVG zuständigkeitshalber an die Datenschutzbehörde weiter, wo sie am XXXX .2019 einlangte.

Mit Schreiben vom XXXX 2019 legte die Datenschutzbehörde den Akt vor. In einer beigefügten Stellungnahme führte die Datenschutzbehörde aus, dass der Antragsteller zwar die Säumnisbeschwerde selbst verfasst habe, sodass sich der Verfahrenshilfeantrag offenbar nicht auf die Abfassung und Einbringung einer Beschwerde gemäß § 8a Abs. 2 VwGVG beziehe, jedoch gehe die Datenschutzbehörde davon aus, dass der Antragsteller mit dem vorliegenden Antrag auf Verfahrenshilfe auf eine Befreiung der Eingabegebühr abziele. Über die Befreiung habe jedoch das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 8a Abs. 6 und 7 VwGVG zu entscheiden.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom XXXX .2020 forderte das Bundesverwaltungsgericht den Antragsteller auf, ein nicht mehr als vier Wochen altes Vermögensbekenntnis beizulegen und entsprechende Belege hierfür vorzulegen.

Am XXXX .2020 übermittelte der Antragsteller ein aktuelles Vermögensbekenntnis und führte in einem beigefügten Schreiben unter anderem aus, er bestelle für die Verfahrenshilfe einen namentlich genannten Rechtsanwalt. Weiter schloss der Beschwerdeführer einen Kontoauszug an.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Antragsteller behauptete in einer bei der Datenschutzbehörde am XXXX .2018 eingebrachten Datenschutzbeschwerde eine Verletzung im Recht auf Geheimhaltung durch das LVwG XXXX .

Mit Bescheid der Datenschutzbehörde vom XXXX .2018 wurde die Datenschutzbeschwerde vom XXXX .2018 zurückgewiesen. Mit Bescheid der Datenschutzbehörde vom XXXX .2018 wurde der Bescheid vom XXXX .2018 gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben.

Mit Schreiben vom XXXX .2019 brachte der Antragsteller eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der Datenschutzbehörde ein.

Der Antragsteller ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in einer Mietwohnung, für welche monatlich 670,00 € zu bezahlen ist; er bezieht Beihilfen in der Höhe von 632,00 € monatlich bzw. Sozialhilfe in der Höhe von 650,00 € monatlich. Weiter verfügt der Beschwerdeführer über ein Konto mit einem Kontostand in der Höhe von 633,48 €. Darüber hinaus verfügt er über keine wesentlichen Vermögenswerte.

Schließlich wird festgestellt, dass der Antragsteller im Verfahren vor der Datenschutzbehörde und im Zuge des Antrags auf Verfahrenshilfe in der Lage war, Gründe sowohl für seine Datenschutz- bzw. Säumnisbeschwerde als auch für seine Antragstellung auszuführen und darzulegen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und werden nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. § 8a VwGVG (Auszug):

§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. (...).

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist Verfahrenshilfe einer Partei zu gewähren, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist. Durch den Verweis auf Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC ist sichergestellt, dass die Verfahrenshilfe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Anforderungen des Europäischen Menschenrechtsschutzes entspricht (siehe auch VwGH v. 03.09.2015, Zl. Ro 2015/21/0032).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist es nicht erforderlich, dass Verfahrenshilfe in allen erdenklichen Verfahren zu gewähren ist. Vielmehr bedarf es einer Prüfung im Einzelfall. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Prüfungsbeschluss, der zur Aufhebung des § 40 VwGVG führte, die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte dahingehend zusammengefasst, dass der "Zugang zu einem Gericht nicht bloß theoretisch und illusorisch, sondern effektiv gewährleistet sein müsse"; in jenen Fällen, in denen es "unentbehrlich sei, dass der Partei eines Verfahrens ein unentgeltlicher Verfahrenshelfer beigestellt werde," müsse ein solcher beigestellt werden. Für diese Beurteilung sind verschiedene Kriterien maßgeblich. Das sind zum einen Kriterien, die sich auf die Person der Parteien beziehen, nämlich ihre Vermögensverhältnisse oder ihre Fähigkeiten im Verkehr mit Behörden; zum anderen auch Kriterien, die in Zusammenhang mit der Rechtssache stehen, nämlich die Erfolgsaussichten, die Komplexität des Falles oder die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien (siehe 1255 der Beilagen XXV. GP - Regierungsvorlage - Erläuterungen zu § 8a VwGVG).

Schließlich ist „Verfahrenshilfe jedenfalls nur insoweit zu gewähren, als diese von der Partei zur Führung des Verfahrens vor dem Hintergrund der maßgeblichen Kriterien des Art. 6 EMRK bzw. des Art. 47 GRC tatsächlich benötigt wird. Auch aus § 63 Abs. 1 ZPO, der insoweit anzuwenden ist, ergibt sich, dass Verfahrenshilfe „zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen“ ist. Das VwG hat somit einzelfallbezogen zu beurteilen, ob Verfahrenshilfe für das gesamte Beschwerdeverfahren oder nur für Teile desselben zu bewilligen ist und welche Begünstigungen dabei gewährt werden“ (vgl. Eder, Martschin, Schmid: Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, K7 zu § 8aVwGVG).

3.2. Zu den einzelnen Kriterien:

Der Antragsteller brachte bereits eine den Formvorschriften entsprechende und ausreichend begründete Säumnisbeschwerde ein, aus der seine Sachverhaltsdarstellung, Argumente und auch Beweisvorschläge ausreichend klar und deutlich hervorgehen. Aus seinem bisherigen Umgang mit der Datenschutzbehörde und dem Bundesverwaltungsgericht lassen sich keine Schwierigkeiten in behördlichen und Gerichtsverfahren oder Verständnisprobleme ableiten; der Antragsteller reagierte z.B. auf Mängelbehebungsaufträge im Verfahren vor der Datenschutzbehörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht prompt, fristgerecht und unter Bereitstellung der notwendigen Informationen.

Die gegenständliche Sache betrifft im Wesentlichen die Fragen, ob gegenständlich eine auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführende Säumnis vorliegt und bejahendenfalls, ob das LVwG XXXX ihn dadurch in seinem Recht auf Geheimhaltung gemäß § 1 DSG verletzt hat, indem es Daten des Antragstellers im Rechtsinformationssystem der Republik Österreich (RIS) veröffentlichte, woraus sich keine besonders komplexen Rechts- oder Verfahrensfragen ableiten lassen.

Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, die eine rechtsanwaltliche Vertretung in einer allfälligen Verhandlung erforderlich machen, sind somit nicht zu erwarten. Aussagen zu Erfolgsaussichten können derzeit nicht getätigt werden, da ein solcher vom Ausgang des noch zu führenden Ermittlungsverfahrens abhängt.

Schließlich ist die vorsitzende Richterin verpflichtet, eine erforderliche Manuduktion in einer etwaigen mündlichen Verhandlung, so z.B. wann eine Aussage verweigert werden darf, vorzunehmen, weshalb der Antragsteller durch eine Nichtbeigebung eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin dahingehend keine Nachteile erfahren wird (vgl. dazu VwGH, 11.09.2019, Ro 2018/08/0008, worin außerdem auf das dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren eigene Amtswegigkeitsprinzip verwiesen und im Ergebnis ausgeführt wurde, dass der Beigebung eines Verfahrenshelfers/einer Verfahrenshelferin Ausnahmecharakter zukommt).

Damit stellen sich im möglichen gegenständlichen Säumnisbeschwerdeverfahren weder besonders komplexe Rechts- noch Verfahrensfragen, und kann der Antragsteller im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Manuduktionspflicht erwarten, dass ihm keine Nachteile entstehen würden. Schließlich ist auch die erkennende Richterin verpflichtet, eine etwaige erforderliche Manuduktion in der Verhandlung vorzunehmen, weshalb der Antragsteller durch die Nichtbeigebung eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin dahingehend keine Nachteile erfahren wird.

Die Situation stellt sich also zusammengefasst derart dar, dass das Säumnisbeschwerdeverfahren bereits auf Basis der eingebrachten Säumnisbeschwerde und der behördlichen Verfahrensschritte geführt werden kann, aus der die Hinweise auf die zu prüfenden Sachverhaltsfragen klar hervorgehen. Während einer allfälligen Verhandlung, in deren Rahmen keine wesentlichen Rechts- oder Verfahrensfragen zu erwarten sind, kann der Antragsteller auf Basis der Manuduktionspflicht erwarten, dass ihm keine Nachteile entstehen. Damit steht dem Antragsteller der Zugang zu einem fairen und effektiven Rechtsschutz, auch ohne Beigebung eines Verfahrenshelfers/einer Verfahrenshelferin, offen.

Daran ändert auch die nachgewiesene eingeschränkte finanzielle Situation des Antragstellers nichts, da, wie oben ausgeführt, von der Notwendigkeit der Beiziehung eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin im Säumnisbeschwerdeverfahren nicht auszugehen ist.

Die finanzielle Situation des Antragstellers ist jedoch in Bezug auf die Eingabegebühr in der Höhe von 30 € zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist zwar davon auszugehen, dass der Antragsteller weder Kosten für seine Teilnahme an der Verhandlung, noch solche von gegebenenfalls zu ladenden Zeugen und Zeuginnen zu tragen haben wird, da solche Reisekosten rückerstattet werden. Dennoch ist im Lichte der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers festzuhalten, dass er auch von der Entrichtung eventuell sonstig anfallender Kosten und Gebühren befreit wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Der VwGH äußerte sich zB in VwGH, 11.9.2019, Ro 2018/08/0008, zu den Voraussetzungen der Verfahrenshilfe nach § 8a VwGVG, und sind entsprechende Rechtsfragen, wie oben dargestellt, auch vom VfGH bereits als hinreichend geklärt anzusehen. Letztlich handelt es sich bei der Entscheidung über die Bewilligung der Verfahrenshilfe stets um eine einzelfallbezogene Beurteilung.

Schlagworte

Eingabengebühr Gebührenbefreiung Manuduktionspflicht Rechtsvertreter Säumnisbeschwerde Teilstattgebung Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W211.2224150.1.00

Im RIS seit

20.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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