TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/6 W240 2220503-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2021
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Entscheidungsdatum

06.07.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W240 2181842-1/26E
W240 2220503-1/20E
W240 2181843-1/17E
W240 2220498-1/16E
W240 2220500-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX alle StA. Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1.) vom 17.11.2017, Zl. 1097176104-151896565, 2.) vom 29.05.2019, Zl. 1140739402/180221869, 3.) vom 17.11.2017, Zl. 1097176409-151896633, 4.) vom 29.05.2019, Zl. 17-1140739707/180221923 und 5.) vom 29.05.2019, Zl. 17-1140739609/180221915, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerden werden gemäß § 3 AsylG 2005 idF hinsichtlich Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abgewiesen.

II. Den Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird den Beschwerdeführern jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für ein Jahr erteilt.

IV. In Erledigung der Beschwerden werden die Spruchpunkte III. bis VI. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet. Diese haben drei leibliche Kinder, den Drittbeschwerdeführer, die Viertbeschwerdeführerin und die Fünftbeschwerdeführerin.

Zum Verfahren betreffend den Erst- und den minderjährigen Drittbeschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer stellte für sich und den mitgereisten Drittbeschwerdeführer am 29.11.2015 im österreichischen Bundesgebiet den gegenständlichen Asylantrag.

Bei der Erstbefragung am folgenden Tag (30.11.2015) gab der Erstbeschwerdeführer an, verheiratet zu sein und keine Ausbildung erworben zu haben. Zuletzt habe er als Schneider gearbeitet. Seine Frau und seine zwei Töchter würden sich im Herkunftsland oder einem anderen Drittstaat aufhalten, ebenso sein Bruder und seine sechs Schwestern. Seine Eltern seien bereits verstorben. Er sei vor ca. eineinhalb Monaten mit seinem Sohn und mithilfe eines Schleppers illegal ausgereist. Der Drittbeschwerdeführer würde sich seit seiner Geburt bei ihm befinden und für diesen würden dieselben Fluchtgründe gelten. Als Fluchtgrund gab der Erstbeschwerdeführer Folgendes an:

„Mein Vater hatte eine Landwirtschaft und es kamen regelmäßig Nomaden zu uns, welche die Felder zerstörten und unsere Tiere umbrachten. Eines Tages kam es zu einem heftigen Streit und mein Vater erschlug einen Nomaden. Daraufhin flüchtete meine Familie nach Kabul, wir wurden aber von den Nomaden wieder gefunden. Deshalb beschloss ich meine Heimat zu verlassen.“

Zum Erstbeschwerdeführer findet sich ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 vom 18.11.2015 zu Griechenland im Akt.

Seitens Griechenland wurde ein Aufnahmeersuchen betreffend der in Griechenland befindlichen Ehefrau, der zwei Töchter sowie des minderjährigen Neffen des Erstbeschwerdeführers gem. Der Dublin III-VO an Österreich gestellt.

Am 04.09.2017 wurde der Erstbeschwerdeführer einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) unterzogen. Hierbei gab er, befragt zu sich und dem Drittbeschwerdeführer, unter anderem an:

„(…)

LA: Haben Sie im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht und wurden Ihnen diese jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert?

VP: Ja, ich habe die Wahrheit gesagt, aber es wurde nicht alles richtig notiert. Nachgefragt gebe ich an, dass die Fluchtdauer falsch notiert wurde. Es waren ca. 45 Tage und ich wurde nicht von einem Schlepper zum Lager gebracht. Außerdem wurde ein Bruder von mir nicht notiert, ich habe noch einen weiteren Bruder, der heißt Hossein. Und zum Fluchtgrund will ich noch ergänzen, dass wir in Gefahr waren. Auch sonst ist Fluchtgrund nicht richtig, ich war bei der Diakonie zur Beratung und die haben mir gesagt, dass ich den richtigen Fluchtgrund nennen soll.

LA: Und welcher ist Ihr richtiger Fluchtgrund?

VP: Den habe ich genannt, der wurde nicht notiert.

LA: Welcher ist Ihr Fluchtgrund?

VP: Fragen Sie mich konkret etwas, dann nenne ich ihn.

Anm.: VP wird wiederholt zu ihrer Wahrheits- und Mitwirkungspflicht im Verfahren belehrt.

LA: Sie haben heute Gelegenheit, die Gründe für Ihren Antrag auf internationalen Schutz ausführlich darzulegen. Versuchen Sie nach Möglichkeit Ihre Gründe so detailliert zu schildern, dass diese auch für eine unbeteiligte Person nachvollziehbar sind.

LA: Sind Sie verheiratet? Wenn ja, wie lauten die Daten (Name, Geburtsdatum) Ihrer Gattin?

VP: Ja, meine Frau heißt XXXX , sie ist 37 Jahre alt.

LA: Auf welche Art, wann und wo haben Sie geheiratet?

VP: Im Iran, in Isfahan, vor ca. 18 Jahren, traditionell bei einem Mullah, offiziell registriert wurde die Eheschließung nicht. Die Heiratsurkunde des Mullahs habe ich aber mit.

LA: Haben Sie Kinder? Wenn ja, wie viele?

VP: XXXX

LA: Weshalb haben Sie im Iran geheiratet?

VP: Ich war als Flüchtling dort. Nachgefragt gebe ich an, dass ich von 1373 – 1385 (gemäß Dolmetscher 1994/1995 – 2006/2007) im Iran gelebt habe.

LA: Wo befinden sich Ihre Gattin und Ihre beiden Töchter jetzt?

VP: In Griechenland. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Frau und Töchter nach mir und meinem Sohn ausgereist sind, 3 oder 4 Monate nach mir.

LA: Warum sind Sie getrennt voneinander ausgereist?

VP: Mein Leben war in Gefahr, ich hatte keine Zeit.

LA: Warum haben Sie Ihre Frau und Töchter zurückgelassen, Ihren Sohn aber mitgenommen, wenn Sie keine Zeit hatten?

VP: Meine ältere Tochter hört schlecht und die jüngere Tochter wurde damals in Indien operiert, wegen Herzproblemen. Nachgefragt gebe ich an, dass ich sie nach Indien gebracht habe, zur Operation, und auch wieder nach Afghanistan zurück, aber sie konnte noch nicht reisen, darum habe ich ohne sie Afghanistan verlassen. Ich weiß nicht wann sie operiert wurde. Nachgefragt gebe ich an, dass sie ca. 6 oder 7 Monate vor meiner Flucht operiert wurde.

LA: Stehen Sie in Kontakt zu Ihrer Gattin und den Kinder?

VP: Ja.

Anm.: VP ersucht an dieser Stelle der Einvernahme um die Familienzusammenführung mit seiner Gattin, seinen 2 Töchtern und seinem Neffen XXXX alt.

LA: Sind Sie gesund?

VP: Ja.

LA: Stehen Sie in ärztlicher Behandlung?

VP: Nein.

LA: Müssen Sie regelmäßig Medikamente einnehmen?

VP: Nein.

LA: Bitte geben Sie so genau wie möglich die Adresse im Heimatland an, an der Sie zuletzt gelebt haben!

VP: XXXX in der Stadt Kabul. Nachgefragt gebe ich an, dass ich in der Provinz Kabul, im Dorf XXXX geboren wurde und mit meiner Familie irgendwann, ich war noch klein, in die Stadt Kabul an die genannte Adresse gezogen bin. Nachgefragt gebe ich an, dass ich dort in meinem Elternhaus gelebt habe. Zwischendurch habe ich im Iran gelebt, 11 Jahre lang, in Isfahan, XXXX . Ich bin zuerst in den Iran gegangen und meine Eltern und Geschwister sind dann nahgezogen. Dann sind wir, also ich und meine Frau, wieder nach Afghanistan zurückgekehrt. Meine Eltern und 2 jüngere Schwestern sind schon vor uns, ca. 8-10 Monate vor uns, nach Afghanistan zurückgekehrt. Nach der Eheschließung sind meine Schwestern aber wieder in den Iran gezogen. Einen Bruder habe ich noch, der lebt im Iran, der andere ist verschwunden. 3 weitere Schwestern leben auch im Iran, die sind damals schon dort geblieben.

LA: Unter welchen Umständen und mit wem lebten Sie dort? (Haus, Wohnung, Miete, Eigentum …?)

VP: Nach der Rückkehr wieder in meinem Elternhaus, mit meinen Eltern, meiner Frau und die Kinder wurden in Kabul geboren. Meine Eltern sind mittlerweile verstorben. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Vater vor 7 Jahren und meine Mutter vor 5 Jahren verstorben sind, eines natürlichen Todes, sie waren krank.

LA: Wann ist Ihr Bruder verschwunden?

VP: Er war damals 20 Jahre alt, vor 29 Jahren war das, er wäre jetzt 49 Jahre alt.

LA: Haben Sie noch Angehörige in Ihrer Heimat?

VP: Einen Onkel mütterlicherseits in der Stadt Mazar-e-Sharif und 2 verheiratete Tanten mütterlicherseits in der Stadt Kabul. Und Cousins leben auch in Kabul. Nachgefragt gebe ich an, dass die Verwandten meiner Frau alle im Iran leben.

LA: Haben Sie noch Kontakt ins Heimatland? (telefonisch, E-Mail, postalisch, etc.)

VP: Nein, im Moment nicht.

LA: Hatten Sie damals in Afghanistan Kontakt zu Ihrem Onkel, Ihren Tanten und Cousins?

VP: Ja, ab und zu.

LA: Und warum stehen Sie jetzt nicht in Kontakt zu Ihren Verwandten in Afghanistan?

VP: Ich sorge mich um meine Familie.

LA: Wann hatten Sie denn zuletzt Kontakt zu Ihren Verwandten in Afghanistan?

VP: Vor meiner Ausreise habe ich sie besucht.

LA: Was haben Sie in Ihrem Heimatland getan, wovon haben Sie gelebt?

VP: Ich habe als Schneider gearbeitet, ich hatte ein eigenes Geschäft. Nachgefragt gebe ich an, dass sich dieses in Kabul, Sarai Alaudi befunden hat. Ich hatte es gemietet.

LA: Hat Ihre Familie irgendwelche Besitztümer in Ihrem Heimatland, z.B. Häuser, Grund?

VP: Nein, als meine Frau Afghanistan verlassen hat, haben wir das Haus verkauft.

LA: Möchten Sie irgendwelche Papiere/Dokumente/ärztliche Befunde etc. vorlegen? Haben Sie Dokumente bei sich?

VP: Die Heiratsurkunde vom Mullah, und die Tazkiras von mir, meiner Frau und meinen Kindern. Außerdem meine Teilnahmebestätigung am Deutschkurs Niveau A1, eine Bestätigung über meine Teilnahme an der Übungswerkstatt für Schneiderinnen und Schneider, die Schulbesuchsbestätigung meines Sohnes und ein Unterstützungsschreiben für meinen Sohn.

XXXX Heiratsurkunde der VP sowie die restlichen Unterlagen wie oben angegeben werden vorgelegt, in Kopie zum Akt genommen, Originale retourniert.

LA: Waren oder sind Sie im Heimatland Mitglied einer politischen Organisation oder eines politische Vereins?

VP: Nein.

LA: Leisteten Sie jemals einen offiziellen Militärdienst? Wenn ja, in welcher Verwendung?

VP: Nein.

LA: Welcher Volksgruppe / Religion gehören Sie an?

VP: Ich in Hazara und Schiit, das ist beim Interview falsch notiert worden.

LA: Welche Schulbildung /Ausbildung haben Sie?

VP: Ich habe die Koranschule besucht, 2 Winter lang, und habe dort lesen und schreiben gelernt.

LA: Wie würden Sie Ihre wirtschaftliche / finanzielle Situation zuletzt (vor der Flucht) im Heimatland gemessen am landesüblichen Durchschnitt bezeichnen?

VP: Gut.

LA: Haben Sie bereits woanders um Asyl angesucht? (wenn ja, wann? – wo? Ausgang d. Verfahrens?)

VP: Nein.

LA: War Österreich Ihr Zielland?

VP: Nein.

LA: War Ihre Flucht schlepperunterstützt?

VP: Ja.

LA: Wie hoch waren die Kosten?

VP: 24 000 USD für mich und meinen Sohn. Es waren meine Ersparnisse.

LA: Wann verließen Sie Ihre Heimat?

VP: Die Reise hat 45 Tage gedauert, ich weiß das Datum nicht.

LA: Haben Sie im Herkunftsland, oder hier Strafrechtsdelikte begangen?

VP: Nein.

LA: Besteht ein offizieller Haftbefehl gegen Sie im Heimatland?

VP: Nein.

LA: Würden Sie nun bitte alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung hier in Österreich ausführlich darlegen? Aus welchen Gründen verließen Sie das Heimatland? Was war Ihrer Meinung nach der zuletzt ausschlaggebende Grund für Sie zu flüchten? Warum stellen Sie einen Asylantrag?

VP: Mein Leben war in Gefahr.

LA: Erzählen Sie ausführlich von Ihren Fluchtgründen. Was hat Sie zur Fluch veranlasst?

VP: Ich bin eines Tages von der Arbeit nach Hause gekommen und die Frau meines älteren Bruders sagte zu mir, dass die Nomaden zu uns nach Hause gekommen sind.

LA: Und weiter?

VP: Muss ich wirklich alles erzählen?

LA: Ja! Erzählen Sie ausführlich von Ihrem Fluchtgrund!

VP: Wir hatten in Daimurdad, Sar Qol, Grundstücke. Die Nomaden sind gekommen und wollten die Grundstücke in Beschlag nehmen. Mein Vater hatte Probleme mit den Nomaden und hat mit ihnen gestritten. Er wollte sie das Grundstück nicht nutzen lassen, darum haben sie gestritten. Mein Vater hat dann einen der Nomaden getötet und sie haben meinen Vater getötet. Meinen Bruder, meinen Schwager und 4 weitere Personen meiner Familie haben sie auch mitgenommen.

LA: Wann hat sich das ereignet?

VP: Als mein Vater 20 Jahre alt war.

LA: Wie alt waren Sie damals?

VP: Ich war damals noch gar nicht auf der Welt.

LA: Sie haben vorhin angeben Ihr Vater wäre vor 7 Jahren eines natürlichen Todes gestorben. Nun behaupten Sie, er wäre umgebracht worden. Was sagen Sie dazu?

VP: Ich habe eigentlich meinen Großvater gemeint, der wurde umgebracht.

LA: Woher wissen Sie, dass Ihr Bruder, Ihr Schwager und 4 weiter Personen Ihrer Familie entführt wurden?

VP: Das hat meine Schwägerin einmal erzählt.

LA: Wann hat sich denn das ereignet?

VP: Mein Bruder war frisch verheiratet. Ich weiß nicht, wann genau das war.

LA: Wie alt waren Sie damals?

VP: Ca. 8-10 Jahre alt.

LA: Wo hat Ihre Familie damals gelebt?

VP: Schon in Kabul, an der Adresse.

LA: Und wie ist Ihr Bruder verschwunden?

VP: Ich habe alles von meinem Vater erfahren.

LA: Was haben Sie denn von Ihrem Vater erfahren?

VP: Er hat gesagt, dass die Nomaden immer nach XXXX , das ist in der Provinz Maidan Wardak, gekommen sind. Jedes Jahr. Das hat er erzählt. Und dann wollten sie die Grundstücke. Mein Vater ist geflüchtet und in die Provinz XXXX gereist, dort hat er geheiratet und eine Sohn bekommen.

LA: Was wissen Sie zu den genannten Entführungen von Ihrem Bruder und anderen Verwandten?

VP: Sie wollten gar nicht meinen Bruder entführen, sondern meinen Vater, aber der hatte sich als Tadschike ausgegeben.

LA: Wie wurde Ihr Bruder entführt, was wissen Sie denn nun darüber?

VP: Ich weiß schon etwas.

LA: Erzählen Sie detailliert alles, was Sie wissen!

VP: Er wurde in Kampani entführt.

Anm.: VP wird nun noch einmal zur Wahrheits- und Mitwirkungspflicht im Verfahren belehrt.

LA: Wie wurde Ihr Bruder nun entführt? Wo befindet sich Kampani?

VP: Das ist auch in Kabul. Die haben erfahren, dass er der Sohn meines Vaters ist.

LA: Wie wurde Ihr Bruder nun entführt?

VP: Ich war noch klein, ich weiß nur, dass es in Kampani passiert ist. Sonst nichts.

LA: Woher wissen Sie, dass dieser von Nomaden entführt wurde?

VP: Mein Vater hat das erzählt. Sie konnten ihn vermutlich nicht finden.

LA: Haben ich vorhin richtig verstanden, dass dieses Ereignis 29 Jahre her ist?

VP: Ja.

LA: Gab es sonst noch irgendwelche Ereignisse, Probleme, Übergriffe?

VP: Nein. Mein Vater war auch einige Zeit wo anders.

LA: Was meinen Sie damit?

VP: Mein Vater und meine Mutter haben einige Zeit für eine Familie in Kabul gearbeitet, in XXXX , in deren Haushalt war das. Und er hat sich als Tadschike ausgegeben.

LA: Sie haben vorhin angeben, dass vor Ihrer Ausreise Nomaden bei Ihnen zu Hause gewesen wären. Was ist genau passiert?

VP: Das war an einem Samstag, unter Tags.

LA: Was ist gen au passiert?

VP: Sie wussten, dass unsere Familie zu XXXX gehört und wollten uns umbringen.

LA: Und warum hat man Sie nicht umgebracht?

VP: Ich war nicht zu Hause.

LA: Und wer war zu Hause?

VP: Die Frau meines Bruders. Die restliche Familie war unterwegs auf Familienbesuch. Als ich von der Arbeit nach Hause gekommen bin hat sie gesagt, es wäre besser, wenn ich die Heimat verlasse.

LA: Was hat Ihre Schwägerin noch erzählt?

VP: Sie meinte die Person, die da war, hätte mit meinem Vater Probleme gehabt und ich sollte besser ausreisen.

LA: Und woher hat Ihre Schwägerin das alles gewusst?

VP: Sie war zu Hause und man hat ihr das gesagt und sie war ja auch mit meinem Bruder damals verheiratet.

LA: Verstehe ich es richtig, dass 29 Jahre nach den genannten Probleme mit den Nomaden plötzlich ein Nomade zu Ihnen nach Hause gekommen ist und ausgerechnet mit Ihre Schwägerin, einer Frau, diese Angelegenheiten besprochen?

VP: Meine Familie war schon zu Hause, aber meine Schwägerin wusste das auch.

LA: Sie hatten gerade eben noch angeben, dass die Frau Ihres Bruders alleine zu Hause gewesen wäre. Was sagen Sie dazu?

VP: Meine Frau war auch zu Hause und meine Schwägerin war gerade bei meiner Frau zu Besuch. Die hat dann die Tür aufgemacht. Nachgefragt gebe ich an, dass sie an einer anderen Adresse lebt. Meine Frau hat von all diesen Dingen auch gar nicht mitbekommen.

LA: Wie ist es möglich, dass Ihre Schwägerin, die gar nicht an Ihrer Adresse gewohnt hat, die Tür aufgemacht hat, und Ihre Frau von all diesen Dingen nichts mitbekommen haben will?

VP: Meine Frau hört schlecht, und versteht Dinge auch nicht gut, darum. Sie kann auch kaum sprechen

LA: Ihre Frau war zu Hause, hatte Besuch von Ihrer Schwägerin, und ist alleine, mit 3 Kinder, aus Afghanistan ausgereist. Trotzdem erklären Sie, dass diese nicht in der Lage war, die Ereignisse zu begreifen. Wie erklären Sie das.

LA: Wie kommunizieren Sie mit Ihrer Gattin?

VP: Via Sms.

LA: Hört Ihre Gattin?

VP: Schlecht, kaum.

LA: Haben Sie die Probleme in Afghanistan mit Ihrer Gattin besprochen?

VP: Nein, ich wollte ihr auch den Schmerz ersparen.

LA: Wie war es Ihrer Gattin möglich in Griechenland Angaben vor den dortigen Behörden zu machen?

VP: Sie hört und spricht schon, aber nicht so gut.

LA: Gingen Sie zur Polizei?

VP: Nein. Die Polizei gehört selbst zu den Taliban. Der Präsident ist Nomade.

LA: Wie erklären Sie es sich, dass die Nomaden Sie ca. 29 Jahre nach den behaupteten Ereignissen plötzlich an Ihrer Wohnadresse in Kabul, die Sie auch nicht gewechselt haben, aufgesucht haben?

VP: Als mein Bruder entführt wurde, hat mein Vater meinen anderen Bruder in den Iran gebracht und mit ihm dort 6 Jahre lang gelebt.

LA: Wo hat Ihre Mutter in dieser Zeit gelebt?

VP: Zu Hause, in Kabul ist sie wohnen geblieben.

LA: Hatten Sie noch weitere Fluchtgründe?

VP: Nein.

LA: Was wissen Sie über den Fluchtgrund Ihrer Gattin?

VP: Ich habe sie dazu aufgefordert, dass sie nachkommt.

LA: Mit wem gemeinsam haben Ihre Gattin und Kinder in Afghanistan gelebt, nachdem Sie geflüchtet sind?

VP: Mit Familienangehörigen meines Onkels, in deren Haus.

LA: Und trotzdem haben Sie zur Familie Ihres Onkel gar keine Kontakt mehr, obwohl dies sogar Ihre Frau und Kinder aufgenommen haben?

VP: Nein, nur zu meiner Frau.

LA: Wurden Sie von staatlicher Seite bedroht oder verfolgt?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit Probleme in der Heimat?

VP: Nein, nur das mit den Nomaden ist passiert.

LA: Was wäre passiert, wenn Sie in Afghanistan geblieben wären und was würden Sie im Falle einer Rückkehr in Ihren Heimatstaat befürchten? Was würde Sie dort erwarten?

VP: Ich habe Angst, dass die Leute, die damals mit meinem Vater Probleme hatten, auf der Suche nach mir wären.

LA: Hätten Sie damals die Möglichkeit gehabt, sich im Heimatland wo anders hinzubegeben, um sich den angegebenen Übergriffen/Problemen/Schwierigkeiten zu entziehen? bzw. haben Sie das schon erwogen / versucht – z.B. in ein anderes Gebiet bzw. bestünde diese Möglichkeit jetzt?

VP: Nein.

Länderfeststellungen:

Der VP wird das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan ausgehändigt. Sie hat die Möglichkeit binnen 14 Tagen dazu Stellung zu nehmen.

VP: Nein.

Anm.: Länderinformationsblatt wird nicht ausgehändigt. Eine allgemeine Stellungnahme der rechtlichen Vertretung wird von dieser angekündigt. Frist von 2 Wochen wird vereinbart.

LA: Wie leben Sie derzeit in Österreich?

VP: Mit meinem Sohn in XXXX .

LA: Wovon leben Sie bzw. wie bestreiten Sie hier in Österreich Ihren Lebensunterhalt?

VP: Von der Grundversorgung.

LA: Haben Sie in Österreich Verwandte?

VP: Nur meinen Sohn.

LA: Besuchen Sie Kurse (z.B. Deutschkurs) oder machen Sie Ausbildungen?

VP: Ich warte gerade auf den nächsten Deutschkurs.

LA: Sind Sie Mitglied in einem Verein, oder einer Organisation hier in Österreich?

VP: Nein.

LA: Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Mit wem haben Sie Kontakt? (Haben Sie österreichische Freunde oder soziale Kontakte zu Österreichern?)

VP: Ich helfe meinem Sohn und verbringe mit ihm Zeit. In meiner Unterkunft helfe ich auch mit.

Befragung zum mdj. Kind XXXX

LA: Ist Ihr Kind gesund?

VP: Ja.

LA: Steht Ihr Kind in ärztlicher Behandlung?

VP: Nein.

LA: Muss Ihr Kind regelmäßig Medikamente nehmen?

VP: Nein.

LA: Wo sind Ihre Kinder geboren?

VP: In Afghanistan.

LA: Was machte Ihre Kind in Afghanistan

VP: Er hat die Schule besucht, in Kabul.

LA: Was macht Ihr Kind hier in Österreich?

VP: Er besucht auch die Schule.

LA: Welche Fluchtgründe machen Sie für Ihr Kind geltend? Was würde diesem in Afghanistan drohen?

VP: Für ihn gilt, was für mich gilt. Eigene Fluchtgründe hat er nicht.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie ausreichend Gelegenheit alles zum Verfahren vorzubringen oder haben Sie noch etwas hinzuzufügen?

VP: Ich möchte noch sagen, dass ich hier sehr zufrieden bin. Man geht hier wie mit einem Menschen mit mir um. Auch meinem Kind geht es gut. Ich möchte, dass Sie mir hier ein gutes Leben ermöglichen. Damit ich meiner Familie helfen kann. Sonst war das alles.

LA an Vertreter: Wollen Sie Angaben machen oder Anträge stellen?

Antwort RB: Nein.

Anm.: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt:

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Ja, alles ist richtig.

Ergänzungen: keine

LA: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?

VP: Ich habe den Dolmetscher einwandfrei verstanden und bestätige dies mit meiner Unterschrift.“

(…)“

Im Akt des Erstbeschwerdeführers befinden sich folgende Dokumente:

-        Kopien von div. arabischen Schriftstücken

-        Unterstützungsschreiben vom 10.12.2017, 16.12.2017, 14.12.2017 und 19.12.2017

Den Erstbeschwerdeführer betreffend:

-        Teilnahmebestätigung „Deutschkurs für AsylwerberInnen“ (A1) vom 18.05.2017

-        Teilnahmebestätigung „Tutorium für Textilarbeiter“ inkl. Unterstützungsschreiben vom 29.04.2017

Den Drittbeschwerdeführer betreffend:

-        Kurzbericht einer österreichischen Volksschule vom 30.05.2017 über das „überdurchschnittlich gut integrierte Verhalten“ des Drittbeschwerdeführers

-        Schulbesuchsbestätigung vom 30.01.2017

Mit Stellungnahme vom 22.09.2017 wies der Erstbeschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung auf die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan und bat um Zuerkennung des Asylstatus, in eventu um Zuerkennung des subsidiären Schutzes.

Mit Bescheiden vom 17.11.2017 wies das BFA die Anträge des Erst- sowie Drittbeschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen die Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevanten Fluchtgründe geltend bzw. glaubhaft gemacht haben. Es drohe den Beschwerdeführern auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Die Ehefrau bzw. Mutter und die zwei Töchter bzw. Schwestern würden sich derzeit in Griechenland aufhalten. Die Beschwerdeführer würden in Österreich – abgesehen voneinander – zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe, verfügen.

Gegen die Bescheide erhob der Erstbeschwerdeführer in seinem und im Namen des Drittbeschwerdeführers fristgerecht Beschwerde und brachte vor, der Fluchtgrund habe seine Wurzeln zwei Generationen zuvor. Der Großvater des Erstbeschwerdeführers habe einen Nomaden wegen Grundstücksstreitigkeiten getötet und sei darauf selbst getötet worden. Weitere Familienmitglieder seien von Nomaden entführt worden. Auch der Vater des Erstbeschwerdeführers hätte entführt werden sollen, habe aber entkommen können und sei mit seiner Familie umgezogen. Die Familie sei allerdings von den Nomaden wiedergefunden worden. Aufgrund der erneuten Bedrohung sei der Erstbeschwerdeführer gezwungen gewesen, zu flüchten. Ausgeführt wurde zudem, dass die Länderfeststellungen unzureichend wären und die Situation für Rückkehrer nicht zumutbar sei. Auch auf die Situation der Hazara wurde hingewiesen. Die noch verbleibenden Verwandten würde allesamt im Iran leben, die Ehefrau und die zwei Töchter würden sich derzeit in Griechenland befinden und würden demnächst nach Österreich überstellt werden.

Zum Verfahren betreffend die Zweit-, die Viert- und die Fünftbeschwerdeführerin:

Am 05.03.2018 wurde die Zweitbeschwerdeführerin mit der Viert- und Fünftbeschwerdeführerin sowie dem Neffen des Erstbeschwerdeführers, für den ein eigenständiges Erkenntnis zu W240 2220501-1 ergeht, in das österreichische Bundesgebiet überstellt und sie stellte am 05.03.2018 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Bei ihrer Erstbefragung am 06.03.2018 gab die Zweitbeschwerdeführerin an, der Volksgruppe der Hazara anzugehören und ca. drei Jahre eine Taubstummenschule besucht zu haben. Zuletzt sei sie Hausfrau gewesen. Sie habe vor ca. zwei Jahren den Entschluss zur Ausreise gefasst und als Zielland Österreich gehabt, da ihr Sohn und ihr Ehemann hier aufhältig seien.

Als Fluchtgrund gab die Zweitbeschwerdeführerin an:

„Mein Mann hat über seine gewisse Angelegenheiten nie mit mir gesprochen. Eines Tages kamen die Feinde meines Mannes, welche aus einer Blutrache meines Großvaters herrühren zu unserem Haus und suchten nach meinem Mann. Daraufhin flüchtete mein Mann mit meinem Sohn aus Afghanistan in den Iran. Der verfeindete Familienklan wollte meinen Sohn töten. Als mein Mann dann in Österreich war, sind auch wir geflüchtet, vorerst in den Iran und dann weiter über die Türkei, Griechenland nach Österreich. Als ich, diese Blutrache zwischen den verfeindeten Familienklans mit bekam, hatte ich auch Angst verfolgt bzw. getötet zu werden. Ich will hier in Österreich mit meinen Kindern um internationalen Schutz ansuchen und bei meinem Mann leben.

Ich habe hiermit alle meine Gründe und die dazugehörenden Ereignisse angegeben, warum ich nach Österreich gereist bin! Ich habe keine weiteren Gründe für eine Antragsstellung.

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Wir werden alle von dem verfeindeten Familienklan umgebracht. Wäre unser Leben nicht in Gefahr wären wir nicht geflüchtet.“

Am 14.05.2018 wurde die Zweitbeschwerdeführerin im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde, um etwaige Verständigungsschwierigkeiten zu vermeiden, am 15.06.2018 mit einer geprüften Dolmetscherin in der Sprache Dari, sowie mit einer Dolmetscherin für die Gebärdensprachen erneut vor dem BFA niederschriftlich einvernommen.

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde am 01.02.2019 abermals niederschriftlich vor dem BFA einvernommen.

Im Akt der Zweitbeschwerdeführerin finden sich folgende Dokumente:

-        handschriftlicher, von der Zweitbeschwerdeführerin diktierter, Brief in dem sie von Misshandlungen durch Männern in Afghanistan schildert

-        Teilnahmebestätigung Deutschunterricht vom Mai 2017, den Erstbeschwerdeführer betreffend

-        Kostenvoranschläge (Heilbehelfe, Hilfsmittel und ambulante Heilbehandlungen) vom 11.04.2018 mit den Diagnosen „kombinierte Schwerhörigkeit bds.“ (die Viertbeschwerdeführerin betreffend) sowie „Innenohrschwerhörigkeit bds“ (die Erstbeschwerdeführerin betreffend)

-        Ärztliches Schreiben über die ambulante Untersuchung vom 02.05.2018 betreffend die Viertbeschwerdeführerin

-        Kinderkardiologischer und Echokardiographiebefund vom 17.04.2018 betreffend die Fünftbeschwerdeführerin mit der Diagnose: „St. P. TOF, TAP oder REV; kurzfristige Kontrolle in 3 Monaten, MRI dann zielführend, mittelfristig Klappenersatz indiziert.

-        Überweisung vom 14.03.2019 betreffend die Fünftbeschwerdeführerin

-        Terminerinnerung einer Fachärztin für Kinder- u. Jugendheilkunde

-        Leihvereinbarung vom 02.05.20218 über Hörgeräte betreffend die Zweit- und Viertbeschwerdeführerin und diesbezügliche Rechnung vom 08.06.2018 d

-        Befund vom 12.06.2018 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin mit der Diagnose: „Cervikogener Kopfschmerz, Cephalea, Depressio“

-        Arabische Dokumente

-        Diverse Befunde mit den Diagnosen: Befund vom 03.04.2018 und 13.06.2018 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin mit der Diagnose: „hochgradige Innenohrschwerhörigkeit bds.“ und „Paukendrainage bds. kombinierte Schwerhörigkeit bds.“

-        Ärztliche Bestätigung vom 13.06.2018 mit den Dauerdiagnosen: „Depressio, Cephales, cervikogener Kopfschmerz, posttraumat. Belastungssyndrom, Taubheit seit Kindheit“ betreffend die Zweitbeschwerdeführerin

-        Audiogramm vom 24.11.2017

-        Verordnung für Heilbehelfe, Hilfsmittel und ambulante Heilbehandlungen vom 19.07.2018 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin

-        Ambulanzkarte vom 22.06.2018 betreffend die Zweitbeschwerdeführerin

-        Deutschkurs Teilnahmebestätigung betreffend die Zweitbeschwerdeführerin vom 23.01.2019

-        Zeitbestätigung eines Landesklinikums vom 09.07.2018 betreffen die Zweitbeschwerdeführerin

Der im Akt der Zweitbeschwerdeführerin aufliegenden amtsärztlichen Stellungnahme vom 04.03.2019 ist zu entnehmen, dass zusammengefasst gesagt werden könne, die Zweitbeschwerdeführerin leide an hochgradiger Innenohrschwerhörigkeit beidseits und aufgrund der bisher nicht stattgefundenen Behandlung an Taubheit. Der beschriebene Kopfschmerz sei durch Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule bedingt; für ihre Depression nehme sie ein gängiges Antidepressivum am Morgen ein. Bezüglich des Krankheitsverlaufes könne festgestellt werden, dass keine fortschreitende Erkrankung vorliege, bei der eine Verschlechterung zwingend erwartet werden könne. Als Medikament sei Pramulex 10mg 1-0-0 zur regelmäßigen Einnahme verordnet worden, physikalische Therapie sei durchgeführt worden und das Hörgerät scheinbar bereits besorgt worden. Das Hörgerät sollte optimaler Weise lebenslang getragen, das Medikament gegen Depression zumindest auf einen Zeitraum von 1 bis 2 Jahren eingenommen werden. Eine Nichtbehandlung der vorliegenden Erkrankung könne schlecht abgeschätzt werden, eine Verschlechterung müsse nicht zwingend eintreten. Laut den Unterlagen sei der Schluss nicht zulässig, dass die Partei einer lebenslangen medizinischen Behandlung bedürfe. Das Tragen des Hörgerätes könne möglicherweise die Lebensqualität etwas verbessern, den Verlauf des bestehenden Taub-Stummheit aber nicht beeinflussen. Aus der Sicht der Polizeiamtsärztin sei eine Rückreise in das Herkunftsland zumutbar.

Mit Bescheiden vom 29.05.2019 wies das BFA die Anträge der Zweitbeschwerdeführerin und der Fünft- und Sechstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen die Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevanten Fluchtgründe geltend bzw. glaubhaft gemacht haben. Es drohe den Beschwerdeführern auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Die Beschwerdeführer würden an keiner lebensbedrohlichen Krankheit leiden, eine entsprechende und erforderliche medizinische Betreuung sei in ihrer Heimatprovinz Kabul, als auch in der Stadt Herat oder in der Stadt Maza-e Sharif gegeben.

Gegen diese Bescheide erhoben die Zweit-, Viert- und Fünftbeschwerdeführerinnen Beschwerde und brachten zusammengefasst vor, auch wenn die Bedrohungen der Beschwerdeführer von Privatpersonen ausgehen, sei hier aufgrund der mangelnden staatlichen Schutzwilligkeit bzw. – fähigkeit dennoch von einer asylrelevanten Verfolgung auszugehen. Zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin werde auf die Anfragebeantwortung „Diskriminierung und Behandlung von Taubstummen“ verweisen. Daraus gehe hervor, dass trotz einiger Bemühungen in diesem Bereich in Afghanistan immer noch schwere Defizite vorherrschen würden. Zudem leide die Fünftbeschwerdeführerin an einem Herzfehler und müsse monatlich zu einer fachärztlichen Kontrolle, außerdem müsse sie Medikamente einnehmen. Müsste die Fünftbeschwerdeführerin nach Afghanistan zurückkehren, so bestünde dort die Gefahr, dass sie aufgrund der mangelhaften medizinischen Versorgung ums Leben komme.

Der Beschwerde waren, die Fünftbeschwerdeführerin betreffend, folgende Unterlagen beigelegt:

-        Kurzbrief vom 24.01.2019 und vom 15.04.2019

-        Ärztlicher Befundbericht vom 08.02.2019

-        Unfall Arztbrief vom 07.03.2019

Betreffend die Zweit- bzw. Viertbeschwerdeführerin waren folgende Unterlagen beigelegt:

-        Audiometrie vom 17.04.2019 und vom 05.06.2019

-        Schulpsychologischer Bericht vom 26.04.2019 betreffend die Viertbeschwerdeführerin

Am 24.08.2018 wurde ein Schulzeugnis betreffend den Drittbeschwerdeführer vom 29.06.2018 vorgelegt.

Am 03.07.2019 langten Zeugnisse betreffend den Dritt-, die Viert- und die Fünftbeschwerdeführerin ein.

Am 16.12.2019 wurde betreffend die Fünftbeschwerdeführerin ein humangenetisches Gutachten vom 18.09.2019, eine Deutschkursbestätigung vom 21.11.2019 betreffend den Erstbeschwerdeführer sowie eine Bestätigung der Teilnahme am Alphabetisierungskurs betreffend die Zweitbeschwerdeführerin vom 25.11.2109 vorgelegt.

Mit Schreiben vom 22.10.2019 wurde vorgebracht, die Beschwerdeführer würden der Volksgruppe der Hazara angehören und seien schiitischen Glaubens. Die Beschwerdeführer hätten aufgrund einer bereits mehrere Generationen andauernden Blutfehde Afghanistan verlassen müssen. Die Zweitbeschwerdeführerin sei zudem in Afghanistan von drei unbekannten Männern auf der Straße überfallen, verschleppt und misshandelt worden. Aufgrund der Misshandlungen leide die Zweitbeschwerdeführerin an einer schweren Traumatisierung und an chronischen Schmerzen. Sie sei zudem von Geburt an hochgradig schwerhörig. Die Viertbeschwerdeführerin sei genauso wie die Zweitbeschwerdeführerin schwerhörig und sei so sehr beeinträchtigt, dass sie kaum sprechen könne. Die Fünftbeschwerdeführerin leide an einem Herzfehler und werde voraussichtlich in zwei Jahren operiert. Bis dahin müsse diese regelmäßig zur Kontrolle. Mit der Operation werde aufgrund des Alters noch zugewartet.

Dem Schreiben waren folgende, die Fünftbeschwerdeführerin betreffenden Unterlagen beigelegt:

-        Befund Kinderkardiologie (Untersuchungsdatum: 05.08.2019) mit folgender Diagnose: „Fallotische Tetralogie – Z.n. Korrektur.Op. mit VSD-Verschluss und transanulärem Patch (Indien 2014), schwere Pulmonalinsuffizienz, LPA-Abgangsstenose.“ Und der Beurteilung: „Echokardiographisch kompensierter Befund bei Z.n. transanulärem Patch, daher noch Zuwarten und Kontrolle in sechs Monaten. Für eine interventionelle Revalvulierung ist der RVOT sehr grenzwertig (ev. Sapien), zusätzlich muss die LPA Stenose adressiert werden. Somit ist am ehesten ein operativer Klappenersatz indiziert.“

-        Terminbestätigung vom 05.08.2019

In der Stellungnahme vom 24.08.2020 wurde vorgebracht, die Fünftbeschwerdeführerin leide an Fallot`scher Tetralogie. Weiters wurde festgehalten, dass den Länderfeststellungen entnommen werden könne, dass die Corona-Pandemie Afghanistan fest im Griff habe. Aufgrund des jahrzehntelang andauernden Konfliktes habe sich das Gesundheitssystem in Afghanistan nie richtig entwickeln können. Es herrsche ohnehin ein chronischer Mangel an Medikamenten und geschultem medizinischen Personal, welcher in der zurzeit herrschenden Krise lebensbedrohliche Folgen für die Afghanen habe zudem sei die Sicherheitslage in Afghanistan nach wie vor volatil.

Betreffend den Gesundheitszustand der Fünftbeschwerdeführerin waren folgende Unterlagen beigelegt:

-        Befund Kinderkardiologie vom 15.06.2020 mit der Diagnose: „Fallot’sche Tetralogie – Z.n. Korrektur-Op, mit VSD-Verschluss und transanulärem Patch (Indien 2014), schwere Pulmonalinsuffizienz, aktuell: höhergradige RV Dilatation, geringe LPA-Abgangsstenose.

-        Humangenetisches Gutachten vom 18.09.2019

-        Kurzbrief eines Landesklinikums vom 09.03.2020

-        Ärztlicher Befundbericht vom 03.07.2020 mit den Diagnosen: „RVPA Conduit, RV Dilatation“ und der Anmerkung, dass eine Kontrolle in vier Monaten vorgesehen ist

Am 27.10.2020 wurde eine „Zuordnung zum Leistungsniveau Standard AHS“ betreffend den Drittbeschwerdeführer vom 18.09.2020 und die Kursteilnahme „Nachholung des Pflichtschulabschlusses“ des Erstbeschwerdeführers vom 01.10.2020 vorgelegt.

Am 31.08.2020 fand eine öffentlich, mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.01.2021 wurde den Beschwerdeführern die neue Länderinformation der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 16.12.2020 zugeschickt und ihnen eine Frist für eine Stellungnahme von zwei Wochen eingeräumt.

In der mit 28.01.2021 datierten Stellungnahme wurde auf die volatile Sicherheitslage und die unzureichende medizinische Versorgung in Afghanistan verwiesen. Die Zweit-, Viert- und Fünftbeschwerdeführerinnen seien dringend auf medizinische Versorgung angewiesen, die ausweislich der Länderberichte in Afghanistan nicht gewährleistet seien.

Mit Schreiben vom 03.05.2021 wurde der ausgewiesenen Vertretung aktuelle Länderbericht zu Afghanistan, datiert mit 01.04.2021, zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Stellungnahme sowie die Möglichkeit zur Vorlage von Unterlagen über die aktuelle Situation betreffend die Beschwerdeführer eingeräumt. Innerhalb der eingeräumten Frist und bis dato langte keine Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer ist der Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin. Der Drittbeschwerdeführer sowie die Viert- und Fünftbeschwerdeführerin sind die gemeinsamen minderjährigen Kinder.

Sie alle sind afghanische Staatsbürger, wurden in Kabul geboren, sind schiitische Moslems und gehören der Volksgruppe der Hazara an. Die Beschwerdeführer sprechen Dari als Muttersprache.

Der Erst- sowie Drittbeschwerdeführer stellten am 29.11.2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich, die Zweit-, Viert- und Fünftbeschwerdeführerinnen stellten ihre Anträge am 05.03.2018.

Die Beschwerdeführer wurden nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert und sind mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.


Zur Lebensgeschichte der Beschwerdeführer:

Zum Erstbeschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer ist in Kabul geboren und aufgewachsen. Er besuchte etwa sechs Jahre lang die Schule. Im Jahr 1994/1995 bis 2006/2007 hielt er sich mit seiner Ursprungsfamilie in Isfahan, Iran auf. Dort heiratete er die Zweitbeschwerdeführerin und zog mit ihr wieder zurück nach Afghanistan. Er lernte während seines Aufenthalts im Iran das Handwerk der Schneiderei und betrieb in Afghanistan eine eigene Schneiderei mit sechs Angestellten. Vor seiner Flucht übergab er dieses Geschäft einem Angestellten, der dieses im eigenen Namen jetzt betreibt.

Der Erstbeschwerdeführer gibt an in Afghanistan nichts mehr zu besitzen und abgesehen von einer alten Tante keine Familienangehörigen mehr zu haben. Hin und wieder habe er noch Kontakt mit dem einen oder anderen Angestellten. Seine Eltern sind bereits verstorben, seine Geschwister leben im Iran.

In Österreich lebt der Erstbeschwerdeführer von der Grundversorgung und hat einen A1 Deutschkurs sowie einen A2 Deutschkurs gemacht.

Zur Zweitbeschwerdeführerin:

Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Kabul geboren und ging im Alter von einem Jahr mit ihrer Mutter in den Iran, wo sie sich etwa vierzehn oder fünfzehn Jahre aufhielt und fünf Jahre eine Schule für gehörlose Kinder besuchte. Nach der Heirat mit dem Erstbeschwerdeführer ging sie mit diesem wieder nach Kabul in Afghanistan zurück, wo die übrigen Beschwerdeführer zur Welt kamen. Die Zweitbeschwerdeführerin hat ihren Mann bei dessen Arbeit in der Schneiderei unterstützt, ansonsten nie gearbeitet. Fünf Monate nach der Ausreise des Erstbeschwerdeführers mit dem Viertbeschwerdeführer ging die Zweitbeschwerdeführer mit den übrigen Beschwerdeführern in den Iran, bevor sie ebenfalls Richtung Europa aufbracht. Sie hielten sich anschließend eineinhalb Jahre in Griechenland auf bevor sie nach Österreich kamen.

Die Beschwerdeführer verfügen über keine in Afghanistan lebenden Familienmitglieder. Die Mutter und vier Brüder der Zweitbeschwerdeführerin leben im Iran, sie steht mit diesen in Kontakt.

Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte in Österreich einen A1-Deutschkurs, lebt von der Grundversorgung und geht etwa zwei Stunden die Woche putzen. Die Zweitbeschwerdeführerin hat in Österreich Fahrrad fahren gelernt und geht zu Frauenversammlungen, wo gemeinsame Handarbeiten stattfinden und Kaffee und Kuchen gegessen wird.

Zum Dritt-, zur Viert - und zur Fünftbeschwerdeführerin:

Die minderjährigen Beschwerdeführer gehen in Österreich zur Schule.

Zum Gesundheitszustand:

Der Erstbeschwerdeführer ist so wie der Drittbeschwerdeführer gesund.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat eine beidseitige hochgradige Innenohrschwerhörigkeit, ist taub und trägt ein Hörgerät. Sie leidet an einem Kopfschmerz, der durch Verspannungen im Bereich der Halswirbelsäule bedingt ist. Bei ihr wurde eine Depression diagnostiziert wogegen sie ein Antidepressivum einnimmt. Die Zweitbeschwerdeführerin bedarf keiner lebenslangen medizinischen Behandlung.

Bei der Viertbeschwerdeführerin wurde eine kombinierte Schwerhörigkeit beidseits diagnostiziert.

Bei der Fünftbeschwerdeführerin wurden folgende Diagnosen gestellt: Fallot’sche Tetralogie – Z.n. Korrektur-Op, mit VSD-Verschluss und transanulärem Patch (Indien 2014), schwere Pulmonalinsuffizienz, aktuell: höhergradige RV Dilatation, geringe LPA-Abgangsstenose, RVPA Conduit.

Es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten leiden.

1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Das von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführer haben Afghanistan weder aus Furcht vor konkreten Eingriffen in ihre körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Die Beschwerdeführer hatten in Afghanistan keine konkret und individuell gegen sie gerichteten Probleme aufgrund ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit zu den schiitischen Hazara.

Die Beschwerdeführer wurden in Afghanistan niemals konkret bedroht und waren keiner Verfolgung durch die Taliban, staatliche Organe oder sonstige Personen insbesondere Nomaden, ausgesetzt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Misshandlungen der Zweitbeschwerdeführerin durch Männer in Afghanistan im Fall der Wahrheitunterstellung Asylrelevanz aufweisen.

Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan droht den Beschwerdeführern weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in ihre körperliche Integrität durch die Taliban oder staatliche Organe.

Die Beschwerdeführer sind in Afghanistan aufgrund ihres Aufenthaltes im Iran und Europa keiner psychischen oder physischen Gewalt ausgesetzt.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat:

Den Beschwerdeführern wird mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in ihre sichere Herkunftsstadt Kabul kein Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage drohen. Der Herkunftsort der Beschwerdeführer, nämlich die Stadt Kabul, ist sicher erreichbar und ausreichend sicher.

Die Beschwerdeführer können in der Stadt Kabul ihre grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft für sich befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Erstbeschwerdeführer kann seine Kontakte zu seinen ehemaligen Angestellten in seiner Schneiderei wiederaufleben lassen. Er kann wieder in einer Schneiderei tätig werden und dabei von der Zweitbeschwerdeführerin unterstützen werden. Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer steht einer Rückkehr nicht entgegen, da die notwendige medizinische Versorgung gewährleistet ist.

Der Dritt-, die Viert- und die Fünftbeschwerdeführerin sind noch unmündige Minderjährige. Diese können ihre grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht selber befriedigen. Durch die COVID-19-Situation hat sich die wirtschaftliche Lage in Kabul angespannt, die Arbeitslosigkeit ist gestiegen und besonders Familien sowie Gelegenheitsarbeiter sind von den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Situation betroffen. Es sind auch die Preise für Lebensmittel erheblich gestiegen. Es ist dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin aufgrund der COVID-19-Situation und der damit zusammenhängenden wirtschaftlich angespannten Versorgunglage (trotz familiärer Unterstützung in Kabul) derzeit nicht möglich den notwendigen Lebensunterhalt für den minderjährigen Dritt-, die minderjährige Viert- und die minderjährige Fünftbeschwerdeführerin in der Stadt Kabul ausreichend sicher zu stellen.

Es ist den Dritt- bis Fünftbeschwerdeführern somit nicht möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Afghanistan in der Stadt Kabul Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat Afghanistan (LIB 01.04.2021):

Covid-19

Das genaue Ausmaß der COVID-19-Krise in Afghanistan ist unbekannt. In der vorliegenden Länderinformation erfolgt lediglich ein Überblick und keine erschöpfende Berücksichtigung der aktuellen COVID-19-PANDEMIE, weil die zur Bekämpfung der Krankheit eingeleiteten oder noch einzuleitenden Maßnahmen ständigen Änderungen unterworfen sind. Besonders betroffen von kurzfristigen Änderungen sind Lockdown-Maßnahmen, welche die Bewegungsfreiheit einschränken und damit Auswirkungen auf die Möglichkeiten zur Ein- bzw. Ausreise aus / in bestimmten Ländern und auch Einfluss auf die Reisemöglichkeiten innerhalb eines Landes haben kann.

Insbesondere können zum gegenwärtigen Zeitpunkt seriöse Informationen zu den Auswirkungen der Pandemie auf das Gesundheitswesen, auf die Versorgungslage sowie generell zu den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und anderen Folgen nur eingeschränkt zur Verfügung gestellt werden.

Die hier gesammelten Informationen sollen daher die Lage zu COVID-19 in Afghanistan zum Zeitpunkt der Berichtserstellung (3.2021) wiedergeben. Es sei zu beachten, dass sich bestimmte Sachverhalte (zum Beispiel Flugverbindungen bzw. die Öffnung und Schließung von Flughäfen oder etwaige Lockdown-Maßnahmen) kurzfristig ändern können.

Diese Informationen werden in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Zusätzliche Informationen zu den einzelnen Themengebieten sind den jeweiligen Kapiteln zu entnehmen.

Weitere Produkte der Staatendokumentation zu Afghanistan

• STDOK - Staatendokumentation des BFA [Rasuly-Paleczek Gabriele - Österreich]

(10.2020): Die aktuelle sozioökonomische Lage in Afghanistan, https://www.ecoi.net /en/file/local/2038971/AFGH_THEM_Die+aktuelle+sozio%C3%B6konomische+Lage+i n+Afghanistan+%28Rasuly-Paleczek%29_2020-09.pdf

STDOK - Staatendokumentation des BFA [Heugl, Katharina- Österreich] (21.7.2020): Informationen zu sozioökonomischen und sicherheitsrelevanten Faktoren in der Provinz Balkh auf Basis von Interviews im Rahmen der FFM Mazar-e Sharif 2019, https:

//www.ecoi.net/en/document/2034796.html

STDOK - Staatendokumentation des BFA[Tschabuschnig, Florian- Österreich] (14.7.2020):

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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