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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag SteiermarkNorm
AVG §13Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revisionen der revisionswerbenden Partei 1. W S, 2. G S, 3. Mag. J M, 4. I M, 5. Ing. K R, 6. A R, 7. J R, 8. K P, 9. J P, alle in D, alle vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 26. September 2017, LVwG 50.14-2437/2015-42, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Stadtgemeinde Deutschlandsberg; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: R reg. Gen.mbH in R), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Gegenstand ist ein Antrag der Mitbeteiligten auf Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung einer Wohnanlage mit 43 Wohneinheiten in fünf Gebäuden, Tiefgarage, Abstellflächen und Nebengebäuden auf einem näher genannten Grundstück. Der Siebentrevisionswerber ist Eigentümer des östlich unmittelbar an den Baugrund angrenzenden Grundstückes; alle übrigen revisionswerbenden Parteien sind (Mit)Eigentümer von südöstlich des Baugrundes gelegenen Grundstücken jenseits der H Straße.
5 Mit hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2017, Ra 2016/06/0130, hob der Verwaltungsgerichtshof die im Instanzenzug erteilte Baubewilligung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil nicht erkennbar sei, ob das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die einwandfreie Entsorgung der anfallenden Abwässer und die Beseitigung der Niederschlagswässer ausreichend geprüft habe; weder aus den Feststellungen des LVwG noch aus dem Gutachten des Dipl. Ing. P vom 5. Juli 2010 oder seiner Stellungnahme vom 3. Mai 2011 sei ersichtlich, ob die von den revisionswerbenden Parteien vorgebrachten Geländeveränderungen auf dem Baugrund und die Ergebnisse der im April 2010 durchgeführten Kernbohrungen bei der Beurteilung bereits berücksichtigt worden seien.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das LVwG die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien neuerlich ab. Beweiswürdigend führte es aus, dass die Geländeveränderungen in den Jahren 2004 bis 2006 stattgefunden hätten und sich das Geländeniveau am Baugrund seit 2006 nicht mehr geändert habe. Die Aussagen des Gutachters Dipl. Ing. P aus den Jahren 2010 und 2011 seien zur Gänze auf die vom LVwG zu beurteilende Sachlage zu übertragen, weil darin sämtliche Geländeveränderungen bereits berücksichtigt worden seien. Daher erübrige sich eine Fortführung des Beweisverfahrens.
Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.
7 In ihrer Zulässigkeitsbegründung wendet sich die Revision zunächst gegen die vom LVwG durchgeführte Beweiswürdigung, wonach nach den übereinstimmenden, klaren und eindeutigen Angaben der Bauwerberin und des Gemeinderates der Stadtgemeinde D die Geländeveränderungen zwischen 2004 und 2006 und somit bereits vor Durchführung der Kernbohrung im April 2010 vorgenommen worden seien und in der Folge keine weiteren Geländeveränderungen am Baugrundstück stattgefunden hätten.
Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 18.8.2017, Ra 2017/04/0081, mwN).
Eine derartige, vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung des LVwG vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Dem in diesem Zusammenhang in der Beschwerde erstatteten Vorbringen, die Geländeveränderungen hätten erst im November 2010 und somit nach Durchführung der Kernbohrung im April 2010 stattgefunden, hielt das LVwG - in Übereinstimmung mit der Aktenlage - die Einwendungen des Siebentrevisionswerbers vom 11. August 2010 entgegen, in denen dieser bereits vor November 2010 Anschüttungen von Aushubmaterial in einer Höhe von 40 cm bis 150 cm rügte. Dem tritt die Revision nicht entgegen.
8 Dem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung, die Auswirkungen der Geländeveränderungen auf die Abflussverhältnisse seien ungeklärt geblieben und das LVwG hätte erkennen müssen, dass das Bewilligungsverfahren betreffend die Geländeveränderungen eine Antragsänderung des gegenständlichen Verfahrens betreffend die Errichtung der Wohnanlage sei, sind die Ausführungen in Rn. 19 des hg. Erkenntnisses Ra 2016/06/0130 entgegen zu halten, wonach die Veränderung der Abflussverhältnisse durch die Geländeveränderungen nicht Gegenstand des Bauverfahrens sei und die Verfahren betreffend die Geländeveränderungen und die Genehmigung des Bauvorhabens auf Grund der unterschiedlichen Antragsgegenstände nicht als ein Verfahren zu führen seien.
9 Angesicht des vom LVwG festgestellten unveränderten Sachverhaltes, der vom Gutachter Dip. Ing. P - wie dieser in seiner Stellungnahme vom 16. Mai 2017 bestätigte - bereits sachlich beurteilt wurde, war aufgrund der Ausführungen im hg. Erkenntnis Ra 2016/06/0130 keine neuerliche Beurteilung erforderlich. Insofern geht auch die Rüge, das LVwG habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt, ins Leere. Soweit die Revision - ohne konkrete Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes - ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch das LVwG behauptet, zeigt sie keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil damit die Begründung für die Zulässigkeit der Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt wird (vgl. etwa VwGH 4.10.2016, Ra 2016/06/0120, mwN).
10 Die Revision rügt neuerlich eine unvollständige Kotierung des Bauvorhabens, ohne jedoch konkret darzulegen, inwiefern die revisionswerbenden Parteien dadurch an der Verfolgung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte gehindert wären (vgl. VwGH 24.11.2015, Ro 2014/05/0073). Im Übrigen führte das LVwG dazu aus, die Einreichpläne seien in dem für den Siebentrevisionswerber relevanten Bereich nicht ergänzungsbedürftig und die übrigen revisionswerbenden Parteien könnten überhaupt nicht beeinträchtigt sein, weil ihre Grundstücke vom Bauplatz durch die H Straße getrennt seien.
11 Zur Beantwortung rechtspolitischer Fragen, etwa wie eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit des verwaltungsbehördlichen Handelns erfolge, wenn das LVwG seinen ausdrücklichen Rechtsschutz- und Kontrollauftrag nicht wahrnehme, ist der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht berufen.
12 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 19. Dezember 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017060236.L00Im RIS seit
20.08.2021Zuletzt aktualisiert am
20.08.2021