Index
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz TirolNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision des S S in R, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in 6600 Reutte, Untermarkt 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 6. April 2021, Zl. LVwG-2020/41/2444-11, betreffend Übertretung des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Reutte), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte (im Folgenden: belangte Behörde) vom 1. Oktober 2020 wurde der Revisionswerber u.a. - soweit für das vorliegende Revisionsverfahren relevant - schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft zu verantworten zu haben, dass er jedenfalls am 14. Juni 2019 (Zeitpunkt der Feststellung) auf näher bezeichneten Grundparzellen der KG R. Autoabstellplätze ohne entsprechende Genehmigungen errichtet habe und auf der Parzelle Nr. 832 eine Geländeabtragung im Ausmaß von ca. 1,0 m bis 1,6 m Tiefe durchgeführt habe, obwohl zum einen die Errichtung einer baulichen Anlage mit einer zusammenhängend bebauten Fläche von mehr als 2.500 m2 außerhalb geschlossener Ortschaften gemäß § 6 lit. a Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (im Folgenden: TNSchG) bewilligungspflichtig sei sowie zum anderen Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen außerhalb eingefriedeter bebauter Grundstücke im Bereich eines 500 Meter breiten, vom Ufer stehender Gewässer mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m2 landeinwärts zu messenden Geländestreifens, gemäß § 7 Abs. 2 lit. b Z 2 TNSchG bewilligungspflichtig sei. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Behörde gemäß §§ 45 Abs. 1 lit. a iVm 6 lit. a und 7 Abs. 2 lit. b Z 2 TNSchG sowie §§ 45 Abs. 1 lit. a iVm 7 Abs. 2 lit. b Z 2 TNSchG eine Geldstrafe von jeweils € 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 11 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 10 % der Strafe festgesetzt.
2 Mit dem mit Revision bekämpften Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung insofern Folge gegeben, als in Präzisierung des Schuldspruchs nach der Bezeichnung der betroffenen Grundstücke die Wortfolge „außerhalb geschlossener Ortschaften und innerhalb des 500 m Gewässerschutzbereiches des P. W.“ eingefügt sowie ausgesprochen wurde, dass der angelastete Sachverhalt als eine Tat zu behandeln sei. Dementsprechend wurde die verletzte Verwaltungsvorschrift angepasst und der Strafausspruch auf die Verhängung nur einer Geldstrafe im Betrag von € 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Stunden) abgeändert. Dementsprechend wurde auch der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens der belangten Behörde mit € 150,-- neu festgesetzt. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Soweit der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision bemängelt, das angefochtene Erkenntnis entspreche nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 und 2 VStG, weil auch aus den Feststellungen in keiner Weise ableitbar sei, dass der Revisionswerber irgendwelche Handlungen gesetzt hätte, die einer Übertretung einer Verwaltungsvorschrift entsprächen und insbesondere im Spruch jede Ausführung dazu fehle, was er konkret hätte tun oder unterlassen sollen, zeigt er keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG - unter Rechtsschutzüberlegungen - dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten im Spruch des Straferkenntnisses die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass dieser in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. etwa VwGH 29.5.2020, Ra 2019/10/0144, mwN). Dass der Revisionswerber durch die vorliegende Tatumschreibung gehindert gewesen wäre, seine Verteidigungsrechte zu wahren, oder er dadurch der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt wäre, wird in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision nicht dargelegt.
9 Im Revisionsfall geht aus dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses klar hervor, dass dem Revisionswerber als handelsrechtlichem Geschäftsführer der näher bezeichneten Gesellschaft auf konkret benannten Grundstücken außerhalb geschlossener Ortschaften innerhalb eines 500 m Gewässerschutzbereiches die ohne naturschutzbehördliche Bewilligung erfolgte Errichtung von Autoabstellplätzen samt einer näher umschriebenen Geländeabtragung zur Last gelegt wurde. Bei der Ausführung eines Vorhabens ohne naturschutzrechtliche Bewilligung handelt es sich um ein Dauerdelikt, bei dem das strafbare Verhalten erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes endet (vgl. § 45 Abs. 7 TNSchG), somit erst mit Erwirkung einer rechtskräftigen naturschutzrechtlichen Bewilligung (vgl. betreffend die Festlegung der Tatzeit bei Dauerdelikten VwGH 28.12.2020, Ra 2020/10/0165, mwN). Es ist demnach für die Tatumschreibung nicht ausschlaggebend, ob Teile des Abstellplatzes (laut den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis wurde der Mitarbeiterparkplatz bereits in den Jahren 2016/2017 errichtet) allenfalls bereits vor der Bestellung des Revisionswerbers zum handelsrechtlichen Geschäftsführer der betreffenden Gesellschaft mit 26. März 2018 errichtet wurden (vgl. zu einem ähnlichen Sachverhalt VwGH 21.11.2005, 2003/10/0291).
10 Im Übrigen ist in der gesonderten Zulässigkeitsbegründung konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. etwa VwGH 26.5.2021, Ra 2021/01/0167, mwN).
11 Diesen Anforderungen entspricht das vorliegende Zulässigkeitsvorbringen zur ausreichenden Konkretisierung des Tatvorwurfs, dessen Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen und das keine konkrete, vom Verwaltungsgerichtshof erst zu lösende Rechtsfrage enthält, nicht.
12 Soweit der Revisionswerber in der Folge eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf VwGH 17.5.2019, Ra 2018/17/0246; 6.9.2016, Ra 2016/09/0049; 27.5.2011, 2010/02/0231) geltend macht, zeigt er entgegen der hg. Rechtsprechung nicht auf, worin der in den genannten Erkenntnissen jeweils aufgezeigte Widerspruch zwischen Spruch und Begründung im konkreten Fall liegen sollte (vgl. zur Erforderlichkeit der konkreten Darlegung der Abweichung von näher bezeichneter Rechtsprechung etwa VwGH 20.7.2020, Ra 2019/10/0153, mwN).
13 Das Vorbringen des Revisionswerbers zur behaupteten Verjährung trifft nicht zu, weil es sich bei dem gegenständlichen Delikt, wie oben bereits ausgeführt, um ein Dauerdelikt handelt, bei dem das strafbare Verhalten erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes endet. Für die fallbezogen erfolgten Vorhaben ist den insoweit unbestrittenen Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis zufolge aber im Zeitpunkt der Feststellung durch die Behörde keine naturschutzrechtliche Bewilligung vorgelegen. Dass eine solche zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb des Tatzeitraums erteilt worden wäre, wird nicht behauptet. Auch diesbezüglich zeigt der Revisionswerber somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.
14 Der Revisionswerber behauptet weiters im Zusammenhang mit der Strafbemessung ein Abgehen des Verwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis VwGH 27.3.2008, 2007/07/0129. Auch dort seien sowohl der Vater als auch der Sohn als handelsrechtliche Geschäftsführer einer GmbH tätig gewesen und kein verantwortlicher Beauftragter bestimmt gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in vorgenannter Entscheidung die Ansicht vertreten, dass dem Verwaltungsgericht ein Fehler in der Strafzumessung unterlaufen sei, weshalb das Erkenntnis aufgehoben worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof sei der Ansicht gewesen, dass als mildernd sowohl die Tatsache, dass der Vater die Verwaltungsübertretungen gesetzt habe, als auch die Dauer des Strafverfahrens zu werten gewesen wären. Diese Umstände könnten auch auf den gegenständlichen Fall umgemünzt werden, zumal das Verwaltungsgericht lediglich die Unbescholtenheit des Revisionswerbers, nicht jedoch die vorgenannten Tatsachen als mildernd gewertet habe. Zudem sei unberücksichtigt geblieben, dass der Revisionswerber die gegenständliche Übertretung zugestanden habe.
15 Dabei übersieht der Revisionswerber jedoch, dass dem vorliegenden Revisionsfall - anders als dem Erkenntnis vom 27. März 2008 - ein Dauerdelikt zugrunde liegt, das zufolge § 45 Abs. 7 TNSchG erst mit der Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes endet. Pönalisiert ist daher nicht nur die - allenfalls von einer anderen verantwortlichen Person veranlasste - Verwirklichung eines Vorhabens ohne die erforderliche Bewilligung, sondern auch die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes. Insofern kann sich der Revisionswerber nicht darauf zurückziehen, allein sein Vater habe das strafauslösende Verhalten gesetzt. Dass bzw. inwiefern im Revisionsfall eine im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigende (überlange) Dauer des Strafverfahrens vorliegen soll, führt die Revision nicht näher aus und ist auch nicht ersichtlich.
16 Darüber hinaus ist festzuhalten, dass es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung handelt, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint. Eine Ermessensüberschreitung wird jedoch angesichts der vom Verwaltungsgericht begründeten Strafbemessung mit dem bloßen Vorbringen des Revisionswerbers, der Umstand, dass er die gegenständliche Übertretung zugestanden habe, sei nicht (gemeint: im Sinn der Verhängung einer jedenfalls niedrigeren Strafe) berücksichtigt worden, nicht aufgezeigt (vgl. zum Ganzen VwGH 30.8.2018, Ra 2017/17/0517, mwN), zumal die verhängte Geldstrafe von € 1.500,-- im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (von bis zu € 30.000,--) liegt. Im Übrigen geht das Verwaltungsgericht auf das Zugeständnis der Tatbegehung im Rahmen der Strafzumessung ein (vgl. die Ausführungen zur Herabsetzung des Strafmaßes).
17 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird den an die gesetzmäßige Ausführung der Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gestellten Anforderungen auch dann nicht entsprochen, wenn der Revisionswerber bloß allgemein behauptet, das Verwaltungsgericht sei von höchstgerichtlicher Rechtsprechung abgewichen, ohne konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 2.5.2019, Ra 2019/05/0059, mwN).
18 Mit der in der Zulässigkeitsbegründung enthaltenen bloßen Behauptung, die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, es liege fahrlässiges Handeln vor, widerspräche der - nicht näher bezeichneten - herrschenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wird die Begründung für die Zulässigkeit der Revision somit nicht gesetzmäßig ausgeführt. Im Übrigen wurde dem Revisionswerber nicht ein einmaliges, auf einen einzigen Tag beschränktes Verhalten vorgeworfen; bei dem im angefochtenen Erkenntnis genannten Tag, den 14. Juni 2019, handelt es sich vielmehr um den Tag, an dem der behördliche Lokalaugenschein durchgeführt wurde, im Zuge dessen die unbefugte Vorhabensausführung festgestellt wurde. Mit diesem Vorbringen können daher auch keine einem Verbotsirrtum, der seitens des Verwaltungsgerichtes im Übrigen mit näherer Begründung verneint wurde, nahekommenden Gründe dargelegt werden.
19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. Juli 2021
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit DauerdeliktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100091.L00Im RIS seit
20.08.2021Zuletzt aktualisiert am
31.08.2021