Entscheidungsdatum
17.05.2021Norm
AlVG §24Spruch
L524 2226659-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Dr. Claudia WOLFSGRUBER-ECKER und Nina ABRAHAM als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 10.10.2019 nach Beschwerdevorentscheidung vom 22.11.2019, Zl. LGSOÖ/Abt.4/2019-0566-4-001193-TO, betreffend Widerruf und Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:
A) I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag auf Kostenersatz wird gemäß § 74 Abs. 2 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) vom 10.10.2019 wurde gemäß § 24 Abs. 2 und § 25 Abs. 1 AlVG ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer zur Rückzahlung des im Zeitraum 01.01.2018 bis 31.01.2018 unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 1.654,16 verpflichtet werde, da der Beschwerdeführer gleichzeitig arbeitslos und vollversichert selbständig pensionsversichert gewesen sei. Daher werde „der Monate Jänner 2018 von Ihnen zurückgefordert“.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, dass er bereits für das Jahr 2017 Arbeitslosengeldbezüge zurücküberwiesen habe. Eine weitere Rückforderung für 2018 sei nicht nachvollziehbar, da er in dieser Zeit kein Einkommen mehr aus unselbständiger [gemeint wohl: selbständiger] Beschäftigung bezogen habe. Er habe für 2018 SVA-Versicherungsbeiträge bezahlt, weil die SVA von einem Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze ausgehe.
Zu dem Schreiben des AMS vom 25.10.2019 gab der Beschwerdeführer keine Stellungnahme ab.
Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 22.11.2019, Zl. LGSOÖ/Abt.4/2019-0566-4-001193-TO, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 10.10.2019 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorliegen von Arbeitslosigkeit auf Grund der Einbeziehung in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG auszuschließen sei. Der Beschwerdeführer habe dem AMS nicht bekanntgegeben, dass er durch die SVA der gewerblichen Wirtschaft rückwirkend in die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG einbezogen worden sei, womit er seine Meldepflicht nach § 50 AlVG verletzt habe. Das AMS fordere daher das im Monat Jänner 2018 bezogen Arbeitslosengeld zurück.
Der Beschwerdeführer beantragte, die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen. Ergänzend brachte er vor, dass er während seiner Arbeitslosenmeldung 2018 kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze bezogen habe. Die Rückzahlungsforderung sei daher nicht gerechtfertigt. Die Zahlung von SVA-Beiträgen für 2018 begründe keinen Nachweis für das Vorliegen eines Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit. Schließlich beantragte der Beschwerdeführer für den Aufwand, den die „Bearbeitung“ der Bescheide verursacht habe, eine Zahlung von acht Stundensätzen zu je € 60,, somit insgesamt € 480,.
II. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer bezog ab 02.10.2017 Arbeitslosengeld.
Der Beschwerdeführer war ab 01.11.2016 selbständig erwerbstätig. Er gab dem AMS monatliche Erklärung über das Einkommen aus dieser Tätigkeit ab. Für den Monat Jänner 2018 erklärte der Beschwerdeführer, ein Bruttoeinkommen und einen Umsatz von € 0,00 zu haben.
Die Höhe des täglichen Arbeitslosengeldes betrug € 53,36. Im Zeitraum von 01.01.2018 bis 31.08.2018 bezog der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld in Höhe von € 1.654,16.
Der Beschwerdeführer unterlag von 01.11.2016 bis 31.12.2016 der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG. Der Beschwerdeführer war ab 01.01.2017 vorläufig wegen geringer Einkünfte und Umsätze von der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG ausgenommen. Diese Ausnahme fiel jedoch rückwirkend wegen Überschreitens der Einkunftsgrenze für den Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2017 weg und der Beschwerdeführer wurde rückwirkend in die GSVG-Pflichtversicherung einbezogen. Der Beschwerdeführer unterlag von 01.01.2018 bis 31.08.2019 der der Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Bezug von Arbeitslosengeld und zur Höhe des Arbeitslosengeldes stützen sich auf die Angaben in der Beschwerdevorentscheidung, zumal das AMS eine Mitteilung über den Leistungsanspruch nicht vorlegte. Der Beschwerdeführer bestritt diese Angaben zum Bezug und zur Höhe des Arbeitslosengeldes nicht.
Die Feststellungen zur selbständigen Erwerbstätigkeit stützen sich auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers und seine gegenüber dem AMS getätigte Erklärung über das Bruttoeinkommen sowie den Umsatz vom 06.02.2018.
Die Feststellungen zum Bestehen einer Pflichtversicherung in der Pensions- und Krankenversicherung von 01.11.2016 bis 31.08.2019 ergeben sich aus den Ausführungen der SVS (OZ 6). Die SVS übermittelte dabei auch ein an den Beschwerdeführer gerichtetes Schreiben der (damaligen) SVA vom 12.07.2019, worin ihm mitgeteilt wurde, dass ab 01.01.2018 eine Ausnahme von der Pflichtversicherung nicht mehr möglich sei, da er in den letzten 60 Monaten vor dem 01.01.2018 mehr als zwölf Monate nach dem GSVG pflichtversichert gewesen sei. Dies wurde dem Beschwerdeführer zur Abgabe einer allfälligen Stellungnahme übermittelt.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) I. Abweisung der Beschwerde:
1. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer gemäß § 7 Abs. 1 AlVG der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht (Z 1), die Anwartschaft erfüllt (Z 2) und die Bezugsdauer noch nicht erschöpft hat (Z 3). Gemäß § 7 Abs. 2 AlVG steht der Arbeitsvermittlung zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf (Abs. 3) und arbeitsfähig (§ 8), arbeitswillig (§ 9) und arbeitslos (§ 12) ist.
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer (1.) eine (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) beendet hat, (2.) nicht mehr der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung unterliegt oder dieser ausschließlich auf Grund eines Einheitswertes, der kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze erwarten lässt, unterliegt oder auf Grund des Weiterbestehens der Pflichtversicherung für den Zeitraum, für den Kündigungsentschädigung gebührt oder eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt oder eine Urlaubsabfindung gewährt wird (§ 16 Abs. 1 lit. k und l), unterliegt und (3.) keine neue oder weitere (unselbständige oder selbständige) Erwerbstätigkeit (Beschäftigung) ausübt.
Gemäß § 24 Abs. 1 AlVG ist das Arbeitslosengeld einzustellen, wenn eine der Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld wegfällt; wenn sich eine für das Ausmaß des Arbeitslosengeldes maßgebende Voraussetzung ändert, ist es neu zu bemessen. Die bezugsberechtigte Person ist von der amtswegigen Einstellung oder Neubemessung unverzüglich durch Mitteilung an die zuletzt bekannt gegebene Zustelladresse in Kenntnis zu setzen. Die bezugsberechtigte Person hat das Recht, binnen vier Wochen nach Zustellung der Mitteilung einen Bescheid über die Einstellung oder Neubemessung zu begehren. Wird in diesem Fall nicht binnen vier Wochen nach Einlangen des Begehrens ein Bescheid erlassen, so tritt die Einstellung oder Neubemessung rückwirkend außer Kraft und die vorenthaltene Leistung ist nachzuzahlen. Ein späterer Widerruf gemäß Abs. 2 und eine spätere Rückforderung gemäß § 25 werden dadurch nicht ausgeschlossen.
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig. Wird die Berichtigung vom Leistungsempfänger beantragt, ist eine solche nur für Zeiträume zulässig, die zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht länger als drei Jahre zurück liegen. Die Frist von drei Jahren nach dem Anspruchs- oder Leistungszeitraum verlängert sich, wenn die zur Beurteilung des Leistungsanspruches erforderlichen Nachweise nicht vor Ablauf von drei Jahren vorgelegt werden (können), bis längstens drei Monate nach dem Vorliegen der Nachweise.
Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich auf Grund seines bzw. seines Angehörigen nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
2. Nach § 12 Abs. 1 Z 2 AlVG schließt eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung Arbeitslosigkeit aus (vgl. VwGH 22.07.2014, 2012/08/0136). Eine Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung schließt Arbeitslosigkeit aus, selbst wenn nur eine im Sinn des § 12 Abs. 6 AlVG ?geringfügige Erwerbstätigkeit? ausgeübt wurde (vgl. VwGH 11.12.2013, 2012/08/0133). Der Beschwerdeführer unterlag von 01.11.2016 bis 31.08.2019 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem GSVG. Dies wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Der Beschwerdeführer bringt hinsichtlich des hier relevanten Zeitraums 01.01.2018 bis 31.01.2018 ausschließlich vor, dass er während seiner Arbeitslosenmeldung 2018 kein Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze bezogen habe, nur noch einen einzigen Auftrag ausgeführt habe und das daraus erzielte Einkommen so gering gewesen sei, dass die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten worden sei. Damit zeigt der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Entscheidend ist im vorliegenden Fall nämlich, dass der Beschwerdeführer im Jänner 2018 in der Pensionsversicherung nach dem GSVG pflichtversichert war, was eine Arbeitslosigkeit auch dann ausschließt, wenn der Beschwerdeführer nur geringfügig erwerbstätig im Sinne des § 12 Abs. 6 AlVG gewesen sein sollte.
Der Widerruf des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 01.01.2018 bis 31.01.2018 erfolgte daher zu Recht.
3. Bei einem Widerruf einer Leistung ist der Empfänger zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat, oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Der Beschwerdeführer hat die Einbeziehung in die Pensionsversicherung nach dem GSVG dem AMS nicht gemeldet und somit ein verpöntes Verhalten gesetzt.
Die Verpflichtung des Beschwerdeführers zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes erfolgte daher zu Recht.
4. Entfall der mündlichen Verhandlung:
Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Eine mündliche Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer auch nicht beantragt.
Zu A) II. Zurückweisung des Antrags auf Kostenersatz:
Soweit der Beschwerdeführer den Zuspruch von insgesamt € 480, (acht Stundensätze zu je € 60,) für den Aufwand, den die „Bearbeitung“ der Bescheide verursacht habe, beantragt, konnte dem nicht gefolgt werden.
Gemäß § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Gemäß § 74 Abs. 2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Nach keiner im vorliegenden Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschrift ist ein derartiger Kostenersatzanspruch vorgesehen. Demnach gilt § 74 Abs. 1 AVG, dass jeder Beteiligte, also auch der Beschwerdeführer, die ihm im Verfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat (VwGH vom 24.07.2008, 2007/07/0100).
Ein Kostenzuspruch durch das Bundesverwaltungsgericht kommt daher nicht in Betracht, der Antrag auf Kostenersatz ist zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.
Schlagworte
Arbeitslosengeld Kostenersatz Meldepflicht Pflichtversicherung Rückforderung selbstständig Erwerbstätiger WiderrufEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L524.2226659.1.00Im RIS seit
19.08.2021Zuletzt aktualisiert am
19.08.2021