Entscheidungsdatum
18.05.2021Norm
AuslBG §12aSpruch
L517 2241887-1/7E
L517 2241889-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und den fachkundigen Laienrichtern Dr. Lorenz HUBER MBL und Mag. Dr. Klaus MAYR LL.M als Beisitzer über die Beschwerde des Arbeitgebers XXXX vertreten durch URBANEK & RUDOLPH Rechtsanwälte und den Arbeitnehmer XXXX , StA XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom XXXX , ABB-Nr. XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A.)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idgF iVm § 12a Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) idgF stattgegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
20.01.2021 – Vorlage des Antrags des Arbeitnehmers XXXX , geb. XXXX (in Folge beschwerdeführende Partei 2 bzw. „bP2“) durch den Arbeitgeber bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot Karte“ Fachkraft im Mangelberuf (gem. § 12a AuslBG)
20.01.2021 - Zuweisung an das AMS XXXX (in Folge belangte Behörde oder „bB“) gem. § 20d Abs. 1 Z2 AuslBG
05.02.2021 - Aussendung eines Parteiengehörs durch die belangte Behörde an den Arbeitgeber XXXX (in Folge beschwerdeführende Partei 1 bzw. „bP1“): ergänzende Vorlage von Unterlagen; Stellungnahme bis 19.02.2021
08.02.2021 – Rückfrage der belangten Behörde beim ÖSD (österr. Sprachdiplom) hinsichtl. des vorgelegten Zertifikats
08.02.2021- Rückmeldung des ÖSD: Zertifikat ist echt
15.02.2021 – Fristerstreckungsantrag der rechtlichen Vertretung der bP1 bis 01.März 2021
01.03.2021 – weiterer Fristerstreckungsantrag der rechtlichen Vertretung der bP1
02.03.2021 – negatives Gutachtes der belangten Behörde (lediglich 10 Punkte für Sprachkenntnisse A2 vergeben)
08.03.2021 – Vorlage der angeforderten Unterlagen durch die rechtliche Vertretung der bP1
09.03.2021 – neues Gutachten der bB; Punkteanzahl wird nicht erreicht; Ausbildung kann nicht angerechnet werden; zur Vorlage im Regionalbeirat
11.03.2021 – Bescheid der belangten Behörde; Abweisung des Antrags auf Zulassung als Fachkraft im Mangelberuf; zugestellt am 22.03.2021
15.04.2021 - Beschwerde des Arbeitgebers bP1 gegen den Bescheid vom 11.03.2021
27.04.2021 – Beschwerdevorlage an das BVwG
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1.0. Feststellungen (Sachverhalt):
Am 20.01.2021 brachte die rechtliche Vertretung die bP1 (Fa. XXXX ) den Antrag des Arbeitnehmers (bP2) auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot Karte“ Fachkraft im Mangelberuf bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX in Vorlage.
Die bP2 besitzt die Staatsbürgerschaft XXXX . Er hat seinen Wohnsitz bisher noch nicht in Österreich begründet.
Mit der Übermittlung des Antrags wurde im Schriftsatz der rechtlichen Vertretung der bP1 ausgeführt, dass die bP1 beabsichtigt, die bP2 als Tischler gemäß § 12a AuslBG zu beschäftigen. Gemäß § 20d AuslBG sei der Arbeitgeber berechtigt den Antrag für den Ausländer bei der zuständigen Behörde einzubringen. Die beabsichtigte Wohnadresse der bP2 werde sich in XXXX befinden.
In weiterer Folge erfolgte die Weiterleitung an die belangte Behörde als zuständige Behörde gem. § 20d Abs. 1 Z2 AuslBG. Mit dem Antrag wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
Kopie Reisepass Nr. XXXX ; Arbeitgebererklärung der XXXX mit dem Inhalt: Tätigkeit: „Tischler in der Vorfertigung“, Entlohnung: EUR 2.004,- brutto, Stundenausmaß: 38,5 Wochenstunden; weitere Unterlagen: Diplom über die Abschlussprüfung der Mittelschule Maschinenbautechnik; Dienstzeugnis Firma „ XXXX , Gewerbe für Möbel und Tischlereiherstellung“ (in XXXX ); Dienstzeugnis der Firma „ XXXX “ (in XXXX ); ÖSD Zertifikat A2;
Am 05.02.2021 erfolgte die Aussendung eines Parteiengehörs durch die belangte Behörde an den Arbeitgeber (bP1). Darin wurde ausgeführt, dass dieser gebeten werde, folgende Unterlagen nachzureichen:
Zur Beurteilung der Qualifikation sind einzelnen Jahreszeugnisse der Ausbildung des Arbeitsnehmers im Original und übersetzt in deutscher oder englischer Sprache nachzureichen.
Sprachzertifikate würden nur dann zur Punktevergabe herangezogen werden können, wenn diese nicht älter als 1 Jahr seien und von renommierten Sprachzentren ausgestellt sind, die nach dem Europäischen Referenzrahmen beurteilen. Für das A2 Diplom vom 29.07.2020 würden daher 10 Punkte angerechnet werden können.
Die vorgelegten Arbeitsbestätigungen würden erst nach Nachreichung und Überprüfung der entsprechenden Ausbildungsnachweise angerechnet werden können.
Praxisnachweise würden nur in vollen Jahren angerechnet werden können. Darüber hinaus können Praxisnachweise nur angerechnet werden, wenn die ausgeübte Tätigkeit adäquat zur beantragten beruflichen Tätigkeit passt.
Hinsichtlich des Alters würden an die bP2 mit 45 Jahren keine Punkte vergeben werden können. Somit könnten aktuell nur 10 Punkte von insgesamt 55 erforderlichen Mindestpunkten angerechnet werden.
Die bP1 habe die Möglichkeit die erforderlichen Unterlagen bis 19.02.2021 vorzulegen und zum dargelegten Sachverhalt Stellung zu nehmen.
Am 08.02.2021 wurde von der belangten Behörde eine Anfrage an das Institut für österreichische Sprachdiplome (ÖSD) gestellt ob es sich bei dem vorgelegten ÖSD Zertifikat der beantragten Person um ein echtes Zertifikat handle.
Noch am selben Tag wurde vom ÖSD zurückgemeldet, dass es sich beim Zertifikat mit der Nummer XXXX um ein Original handelt.
Am 15.02.2021 brachte die rechtliche Vertretung der bP1 einen Schriftsatz ein, darin wurde moniert, dass Unterlagen direkt an seinen Mandanten übermittelt worden seien. Es wurde auf das Vollmachtverhältnis verwiesen und festgehalten, dass in Zukunft alle Unterlagen direkt zu Handen der rechtlichen Vertretung zu übermitteln seien. Die erforderlichen Dokumente der bP2 hätte man noch nicht erhalten, weswegen um eine Fristerstreckung bis zum 01.03.2021 gebeten werde.
Am 01.03.2021 wurde ein weiterer Fristerstreckungsantrag der rechtlichen Vertretung der bP1 bis 08.03.2021 bei der belangten Behörde eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass die Jahreszeugnisse der bP2 noch in deutsche Sprache übersetzt werden würden. Dies würde voraussichtlich noch einige Tage in Anspruch nehmen.
Am 08.03.2021 erfolgte die Urkundenvorlage durch die rechtliche Vertretung der bP1. Vorgelegt wurden dabei ein Konvolut an Jahreszeugnissen 1989-1992; ein Diplom Abschluss Mittelschule; weiteres Konvolut an Jahreszeugnissen (Ergänzung) und ein Diplom Maschinenbautechniker. Dazu wurde ausgeführt, dass die bP2 die Mittelschule für Maschinenbau von 1989-1992 mit Spezialisierung für Motoren und Kraftfahrzeuge absolviert habe. Im Schuljahr 1995/1996 habe die bP2 Ergänzungsprüfungen für den Beruf Maschinenbautechniker erfolgreich abgelegt. Diesbezüglich werde auch das Diplom und die Zeugnisse vorgelegt.
Am 09.03.2021 wurde von der belangten Behörde ein internes Gutachten zur Vorlage an den Regionalbeirat erstellt. Darin wurde aufgelistet, dass gemäß des Kriterienkatalogs Anlage B AuslBG, welcher für die Beurteilung im Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für Fachkräfte im Mangelberuf gem. § 12a AuslBG heranzuziehen sei, für den beantragten Ausländer nur 10 Punkte aufgrund der nachgewiesenen Sprachkenntnisse angerechnet werden konnten. Der Abschluss als Maschinenbautechniker sei nicht anrechenbar, da die Rot-Weiß-Rot Karte für die Tätigkeit als Tischler beantragt worden sei. Auch die Berufserfahrung der bP2 könne folglich nicht berücksichtigt werden. Die Mindestpunkte würden nicht erreicht werden und werde deshalb die negative Entscheidung an den Regionalbeirat vorgelegt.
Am 11.03.2021 erging sodann auf dieser Grundlage der Bescheid der belangten Behörde mit welchem der Antrag der bP2 vom 20.01.2021 auf Zulassung als Fachkraft im Mangelberuf abgewiesen wurde. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass gemäß § 12a AuslBG Ausländer/innen in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13 AuslBG) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen werden, wenn sie eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können, die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B des AuslBG angeführten Kriterien erreichen, für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind.
Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass statt der erforderlichen Mindestpunkteanzahl von 55 nur 10 Punkte angerechnet werden konnten.
Für die Kriterien nach Anlage B wurden von der bB folgende Punkte vergeben:
Qualifikation: 0
Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 0
Sprachkenntnisse: 10
Alter 45 Jahre: 0
Der Antrag als Fachkraft im Mangelberuf gemäß § 12a AuslBG sei für einen Tischler in der Vorfertigung mit einer monatlichen Bruttoentlohnung von € 2004,- für 38,5 Wochenstunden, eingebracht worden. Der bP2 hätten auch nach der Dokumentenvorlage nur 10 Punkte angerechnet werden können, weil die Ausbildung als Maschinenbautechniker sowie die Praxis nicht gewertet hätten werden können.
Der Bescheid wurde der rechtlichen Vertretung der bP1 am 22.03.2021 rechtswirksam zugestellt.
Am 15.04.2021 erhob die bP1 durch Schriftsatz der rechtlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.03.2021.
Darin wurde ausgeführt, dass die bP2 am 29.07.2020 das ÖSD Zertifikat A2 erworben habe. In den Jahren 1989-1992 habe er erfolgreich die Berufsmittelschule für Maschinenbau für den Beruf Motoren und Kraftfahrzeuge abgeschlossen.
Im Jahr 1995/1996 habe er Ergänzungsprüfungen zu seinem Mittelschulabschluss für den Beruf des Maschinenbautechnikers abgelegt und am 28.11.1996 abgeschlossen. Im Herkunftsland der bP2 falle unter den Generalbegriff Maschinenbau auch die Ausbildung in der Holzindustrie.
Ab 1995/1996 sei die bP2 dann an der Universität XXXX an der Fakultät Maschinenbau, Abteilung Holzindustrie eingeschrieben gewesen. Er habe dieses Studium erfolgreich absolviert und sein Diplom als Ingenieur in der Holzindustrie erhalten.
Die bP2 habe sodann insgesamt 8 Jahre lang als Monteur für Möbel, bei der Firma XXXX , gearbeitet (01.08.2002 bis 27.11.2007 und 04.10.2013 bis 21.10.2016). Dazwischen habe er von 05.10.2009 bis 27.07.2013 als Monteur für Tischlereiprodukte und Einbauküchen und in der Fertigung bei der Firma XXXX gearbeitet und dort somit 3 Jahre Berufserfahrung erworben.
Die bP1 beabsichtige die bP2 als Tischler in seinem Betrieb anzustellen, gemäß der Fachkräfteverordnung handle es sich dabei um einen Mangelberuf. Der bP2 werde dafür das nach dem Gesetz, Verordnung und Kollektivvertrag gebührende Mindestentgelt gewährt.
Die bP2 habe ein 4-jähriges Studium an der öffentlichen Universität in XXXX , Fakultät für Maschinenbau, Abteilung für Holzindustrie, absolviert und 2001 abgeschlossen. Der Unterrichtsplan sehe Fächer in der holzverarbeitenden Industrie vor, weshalb dieses Studium als einschlägige Fachausbildung für die Zulassung als Fachkraft im Mangelberuf Tischler/Zimmerer darstelle. Für die Qualifikation seien Herrn XXXX daher 30 Punkte anzurechnen. Für die insgesamt 12 vollen Jahren an Berufserfahrung im Ausland seien er bP2 gemäß der Anlage B ebenfalls die volle Punkteanzahl, somit 20 Punkte, anzurechnen. Somit würde die bP2 insgesamt 60 Punkte erreichen. Die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, dass die bP2 nur 10 Punkte erreicht habe, sei hingegen nicht richtig.
Ferner sei der erlassene Bescheid nur unzureichend begründet worden und habe die Behörde im Bescheid nach der Rechtsprechung des VwGH jene Gründe anzuführen, auf welche sich ihre Entscheidung stützen würde.
Die belangte Behörde habe die vorgelegten Nachweise scheinbar als nicht ausreichend erkannt und daher weder die abgeschlossene Berufsausbildung noch die Berufserfahrung anerkannt. Sie habe es unterlassen den bP mitzuteilen, weshalb sie die Nachweise für nicht ausreichend hält. Die bP1 sei nur einmal am 05.02.2021 zur Vorlage von Unterlagen aufgefordert worden. Bei Unklarheiten hätte die belangte Behörde der bP1 die Möglichkeit zur Stellungnahme geben müssen, da sie dies jedoch nicht getan habe, habe sie dadurch das Parteiengehör verletzt. Der bP1 sei somit vor Erlassung des Bescheides nicht bewusst gewesen, dass Ausbildung und Praxis nicht angerechnet werden würden. Die abweisende Entscheidung sei überdies für die bP überraschend.
Es wurde ua. (neben den bereits eingebrachten Unterlagen) ergänzend noch das Diplom und Abschlusszeugnis über das abgeschlossene Studium sowie der Beleg über die Beschwerdegebühr angehängt und die Einvernahme der bP2 als Zeuge beantragt. Ferner wurde beantragt eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen.
Am 27.04.2021 erfolgte die Beschwerdevorlage an das BVwG. In der Beschwerdevorlage wurde von der belangten Behörde ausgeführt, dass die Zeugnisse über den Studienabschluss erst in der Beschwerde vorgelegt wurden. Demnach habe die beantragte Person die Universität in XXXX an der technischen Fakultät für den Beruf Ingenieur/-in der Holzindustrie abgeschlossen. Nach Rechtsansicht des AMS sei eine derartige Ausbildung nicht vergleichbar mit der dreijährigen österreichischen Lehre für den Beruf als Tischler. Es würden daher für die Qualifikation 0 Punkte vergeben werden. Da das Studium nicht für die Qualifikation für den Beruf Tischler anerkannt wurde, seien auch für die Praxis keine Punkte vergeben worden. Auch wenn man der Rechtsmeinung des Beschwerdeführers folgen würde, dass für diese Qualifikation Punkte zu vergeben seien, würden für den Beruf Tischler maximal 20 Punkte vergeben werden können.
Laut Arbeitgebererklärung solle die bP2 in der Vorfertigung als Tischler eingesetzt werden. Für die Ausübung des Berufes Facharbeiter Tischler sei in Österreich eine abgeschlossene Lehre als Tischler Voraussetzung. Universitätsreife oder ein abgeschlossenes Studium mit drei Jahre Mindestdauer an einer tertiären Bildungseinrichtung sei für die Ausübung des Berufs als Tischler nicht erforderlich.
Daher ist das AMS der Ansicht, dass für die Qualifikation maximal 20 Punkte vergeben werden könnten; keinesfalls jedoch 25 oder 30 Punkte. Somit würde die beantragte Person auch unter Anrechnung von Qualifikation und Praxis maximal 50 Punkte erreichen: 20 Punkte für die Qualifikation (Begründung siehe oben), 20 Punkt für die Praxis und 10 Punkte für die Deutschkenntnisse. Daraus ergebe sich in Summe 50 Punkte von - für die Erteilung- erforderlichen 55 Punkten.
2.0. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.
2.3. Die bP2 als Antragsteller für eine Rot-Weiß-Rot Karte als Fachkraft im Mangelberuf gem. § 12a AuslBG ist Staatsbürger XXXX . Er hat 1992 die Berufsschule für Maschinenbau in XXXX abgeschlossen und den Beruf Mechaniker für Motoren und Kraftfahrzeuge erworben. Im Jahr 1995/1996 hat die bP2 Ergänzungsprüfungen für alle 4 Schulstufen der Maschinenbauschule in XXXX für den Beruf des Maschinenbautechnikers abgelegt und am 28.11.1996 mit dem Diplom Maschinenbautechniker abgeschlossen. Am 24.04.2001 hat die bP sodann ein Studium an der Universität XXXX , technische Fakultät, Abteilung für Holzindustrie abgeschlossen und wurde ihm damit die Berufsbezeichnung Ingenieur der Holzindustrie, Fachrichtung Technologie, verliehen. Ferner wurde ein ÖSD-Zertifikat auf dem Niveau A2 vom 29.07.2020 vorgelegt.
Anzumerken ist, dass das Diplom und Abschlusszeugnis der Universität XXXX als Ingenieur der Holzindustrie erst im Beschwerdeverfahren durch die rechtliche der bP1 vorgelegt wurde und dieses folglich bei der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde am 11.03.2021 noch nicht als Grundlage herangezogen werden konnte.
Am 20.01.2021 wurde der Antrag der bP2 auf Ausstellung einer „Rot Weiß Rot Karte“ Fachkraft im Mangelberuf für die berufliche Tätigkeit als „Tischler in der Vorfertigung“ im Betrieb der bP1 mit einem Stundenausmaß von 38,5 Wochenstunden und einer Entlohnung von EUR 2.004,- brutto monatlich, durch den Dienstgeber (bP1) bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX eingebracht.
In weiterer Folge erfolgte die Weiterleitung an die belangte Behörde zur Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen gem. § 12a AuslBG.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.03.2021 stellte diese fest, dass die Zulassungsvoraussetzungen nicht vorliegen würden, weil die Ausbildung als Maschinenbautechniker sowie die nachgewiesene Praxis nicht gewertet werden können. Folglich hätten insgesamt nur 10 Punkte für die nachgewiesenen Deutschkenntnisse angerechnet werden können.
Das BVwG folgt den Ausführungen in der Beschwerde und kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der mit der Beschwerde vorgelegten Nachweise, die von der Behörde ohne ihr Verschulden nicht berücksichtigt werden konnten, die Voraussetzung für die Zulassung der bP2 vorliegen.
Die bP2 hat einen Lehrabschluss in Maschinenbau (Mechaniker) aus dem Jahr 1992. Durch Ergänzungsprüfungen in allen vier Schulstufen hat er am 28.11.1996 den Abschluss einer höheren Schule (Maschinenbauschule) als Maschinenbautechniker, erlangt. Auf Basis dieser Unterlagen wurden der bP1 von der belangten Behörde 0 Punkte für die Qualifikation nach Anlage B des AuslBG vergeben.
Mit der Beschwerde wurde von der bP1 (Arbeitgeber) weitere Zeugnisse der bP2 vorgelegt. Demnach hat die beantragte Person am 24.04.2001 sein Studium an der technischen Universität in XXXX mit der Fachrichtung „Technologie, Ingenieur der Holzindustrie“ mit Diplom abgeschlossen. Es handelt sich gemäß der vorgelegten Unterlage um ein Diplomstudium.
Aus der ebenfalls übermittelten Bescheinigung über abgelegte Prüfungen im Studium geht hervor, dass ua. positive Prüfungen abgelegt wurden in den Fachrichtungen: Technologie der Produktion von Holzprodukten für Bauwesen, Konstruktion von Holzprodukten, Technologie der Möbelproduktion, Werkzeugmaschinen für Holz, Hydrothermische Holzverarbeitung, Holzwissenschaften, Primäre mechanische Technologie für Holzverarbeitung.
Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann die beantragte Person (bP2) aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmungen mit einer Tischlerlehre in Österreich, beispielsweise: Produktion von Holzprodukten und Möbelproduktion, Werkzeugkunde, Technologie der Produktion von Holzprodukten, eine einschlägige Qualifikation für den im Antrag festgelegten Beruf eines „Tischlers in der Vorfertigung“ nachweisen. Da die bP2 über eine abgeschlossene Lehre und zusätzlich über eine abgeschlossene Ausbildung an der Universität als diplomierter Holzingenieur verfügt, ist ihm für die Qualifikation die Maximalpunkteanzahl von 30 Punkten (Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer) gemäß nach der Anlage B des AuslBG, anzurechnen.
Für die Beurteilung der „adäquaten Berufserfahrung“ sind sämtliche Zeiträume zu berücksichtigen, in denen der Antragsteller nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss in der beantragten Tätigkeit beschäftigt war.
Für jedes Jahr an erworbener Berufserfahrung (im Ausland) sind nach § 12a AuslBG Anlage B, 2 Punkte anzurechnen. Die Punkte sind dabei pro vollem Jahr zu vergeben. Halbe Punkte (zB. für ein halbes Jahr Berufserfahrung) können nicht vergeben werden.
Gemäß den vorgelegten Dienstzeugnissen hat die bP im Zeitraum 01.08.2002 bis 27.11.2007, sowie vom 04.10.2013 bis 21.10.2016 bei der Firma „ XXXX “ als Monteur für Möbel und Innenausstattung gearbeitet.
Im Zeitraum von 05.10.2009 bis 27.07.2013 hat die bP bei der Firma „ XXXX “-Gewerbe für Möbel und Tischlereiherstellung gearbeitet.
Der bP können folglich nach erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung im Jahr 2001, 9 volle Jahre an Berufserfahrung im Ausland in der Tischlereibranche angerechnet werden. Gemäß der Anlage B de AuslBG ergibt sich für die beantragte Person im Bereich ausbildungsadäquate Berufserfahrung eine Punkteanzahl von 18.
Unter Berücksichtigung der restlichen Punkte für deutsche Sprachkenntnisse iHv 10 Punkten, erreicht die bP2 nun die nach Anlage B AuslBG geforderte Mindestpunkteanzahl von insgesamt 55.
3.0. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:
- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG, BGBl Nr. 51/1991 idgF
- Ausländerbeschäftigungsgesetzes AuslBG, BGBl Nr 218/1975 idgF
- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl Nr 1/1930 idgF
- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl I Nr 10/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF
- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl Nr 10/1985 idgF
- Fachkräfteverordnung 2020, BGBl II Nr 421/2019
Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.
3.2. Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; (…)
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.
In Anwendung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 20g AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.
Gemäß § 20g Abs 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.
3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.
Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.
Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.
Gemäß § 21 AuslBG kommt einem Ausländer Parteistellung im Verfahren nur dann zu, wenn seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind. In den Urteilen vom 27.7.2006, Jurisic und Collegium Mererau gegen Österreich (Appl 62539/00) und Coorplan-Jenni GmbH und Hascic gegen Österreich (Appl 10523/00) kommt der EGMR aber zum Ergebnis, dass das Verfahren zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung – entgegen der ständigen Rsp des VfGH und VwGH sowie zu § 21 – eine Angelegenheit ist, die zivilrechtliche Ansprüche iSv Art 6 Abs 1 EMRK betrifft. Deshalb müsse auch für Ausländer stets und nicht nur – wie es § 21 vorsieht – bei Maßgeblichkeit der persönlichen Umstände der Zugang zu einem Gericht iSd Art 6 Abs 1 EMRK gewährleistet und für sämtliche Antragsteller eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt werden.
Dieser Judikatur folgend werden Ausländer daher auch in allen übrigen Verfahren, die seine Zulassung zu einer Beschäftigung bzw. deren Widerruf zum Gegenstand haben, Parteistellung haben (Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz 2018, zu § 20 Rz 9 ff, § 21 Rz 2). Einer Partei kommen alle nach dem AVG zustehenden Rechte, wie Akteneinsicht, Parteiengehör, Kenntnis des Bescheides sowie die Beschwerdelegitimation zu.
Der ausländische Arbeitnehmer hat im Verfahren um Zulassung zu einer Beschäftigung als Fachkraft Parteistellung.
Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt 3.1. im Generellen und die unter Pkt 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.
3.5. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung BGBl Nr 218/1975 idgF lauten:
Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler
§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2. als Fachkraft gemäß § 12a,
[…] Z3 bis 6
erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.
[…]
Fachkräfte in Mangelberufen
§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie
1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,
2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,
3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und
sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
Fachkräfteverordnung
§ 13. (1) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz legt im Falle eines längerfristigen Arbeitskräftebedarfs, der aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden kann, zur Sicherung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr Mangelberufe fest, in denen Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet oder in bestimmten Bundesländern zugelassen werden können. Als Mangelberufe kommen Berufe in Betracht, für die bundesweit oder in bestimmten Bundesländern pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitsuchende vorgemerkt (Stellenandrangsziffer) sind. Berufe mit einer Stellenandrangsziffer bis zu 1,8 können berücksichtigt werden, wenn weitere objektivierbare Mangelindikatoren, insbesondere eine erhöhte Ausbildungsaktivität der Betriebe festgestellt werden oder der betreffende Beschäftigungszweig eine überdurchschnittlich steigende Lohnentwicklung aufweist. Die von Arbeitskräfteüberlassern gemäß § 3 Abs. 2 AÜG gemeldeten offenen Stellen sind bei der Ermittlung der Stellenandrangsziffer gesondert auszuweisen.
[…] Abs 2 bis 4
Gemäß § 1 der Fachkräfteverordnung BGBl. II Nr. 595/2020 werden für das Jahr 2021 folgende Mangelberufe, in denen AusländerInnen als Fachkräfte gemäß § 12a AuslBG zugelassen werden können, für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet festgelegt:
[…]
Z 20 Zimmerer/innen
Z 39 Bau- und Möbeltischler/innen
[…]
Anlage B
Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a
Kriterien
Punkte
Qualifikation
maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf
20
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120
25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer
30
ausbildungsadäquate Berufserfahrung
maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr)
Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)
2
4
Sprachkenntnisse Deutsch
maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)
Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5
10
15
Sprachkenntnisse Englisch
maximal anrechenbare Punkte: 10
Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5
10
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 15
bis 30 Jahre
bis 40 Jahre
15
10
Summe der maximal anrechenbaren Punkte
90
erforderliche Mindestpunkteanzahl
55
Bei der beantragten Tätigkeit als „Tischler“ handelt es sich um einen in der Fachkräfteverordnung 2021 angeführten Mangelberuf.
Wie den Erläuterungen in der Regierungsvorlage (1077 dB 24 GP.) zur Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes BGBl I Nr 25/2011, mit der das kriteriengeleitete Zuwanderungsmodell eingeführt wurde, klar zu entnehmen ist, soll Fachkräften aus Drittstaaten bei Erfüllung personenbezogener und nach Punkten bewerteter Kriterien und klar definierter arbeitsmarktpolitischer Voraussetzungen nur eine qualifizierte Beschäftigung in Österreich ermöglicht werden. Eine Tätigkeit die im überwiegenden Ausmaß in Hilfsarbeitertätigkeiten oder einfachen angelernten Tätigkeiten besteht, soll davon nicht erfasst werden.
Daraus ergibt sich, dass, wenn auch eine formale Gleichstellung der im Ausland absolvierten Ausbildung mit einer inländischen Ausbildung nicht erforderlich ist, doch eine inhaltlich der österreichischen Lehre vergleichbare Qualifikation vorliegen muss.
Der Nachweis kann etwa durch Beibringung des Curriculums, Jahreszeugnisse, Umschulungsbestätigungen sowie durch Praxisbelege während der Ausbildungszeit erbracht werden.
Von der bP1 wurde mit der Beschwerde das Diplom der bP2 von der Universität XXXX über den Abschluss des Diplomstudiums als „Ingenieur der Holzindustrie“ vorgelegt und somit die einschlägige Berufserfahrung im beantragten Beruf als Tischler nachgewiesen. Davor hat die bP eine Lehre als Maschinenbautechniker absolviert. Der bP werden für die Qualifikation folglich 30 Punkte angerechnet. Für die 9 vollen Jahre an berufsadäquater Berufserfahrung im Ausland in der Holzindustrie nach der abgeschlossenen Ausbildung im Jahr 2001 werden der bP2 18 Punkte angerechnet. Für die nachgewiesenen Deutschkenntnisse durch das ÖSD-Zertifikat auf dem Niveau A2, werden der bP2 10 Punkte angerechnet. Die bP2 hat folglich insgesamt 58 Punkte der Anlage B als Fachkraft im Mangelberuf erreicht; er erfüllt damit die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten für die in Anlage B angeführten Kriterien. Die für die Tätigkeit vorgesehene Entlohnung entspricht den gesetzlichen Voraussetzungen; geplant ist eine Bezahlung nach Kollektivvertrag. Aus Sicht des erkennenden Gerichts sind auch die Voraussetzungen des § 4 Absatz 1 AuslBG sinngemäß erfüllt, gegenteilige Anhaltspunkte haben sich nicht ergeben. Die Zulassungsvoraussetzungen des § 12a AuslBG liegen daher vor.
3.6. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen.
In der gegenständlichen Beschwerde wurde moniert, die belangte Behörde habe das Parteiengehör der bP verletzt, indem es ihnen nicht bereits vor der Bescheiderlassung mitgeteilt habe, dass sie beabsichtigt die Ausbildung nicht anzurechnen. Da es sich dabei jedoch um die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde handelt über welche sie mit Bescheid abzusprechen hat, sind diese Einwände nicht nachvollziehbar. Eine Möglichkeit zur Stellungnahme wurde den bP1 mit Parteiengehör vom 05.02.2021 eingeräumt.
3.7. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, da der maßgebliche Sachverhalt gegenständlich hinreichend durch die Aktenlage geklärt werden konnte und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten ist.
Des Weiteren ist in Ergänzung des eben Ausgeführten auch darauf hinzuweisen, dass aufgrund der bestehende Corona-Pandemie die Durchführung einer Verhandlung ein Gesundheitsrisiko für alle Verhandlungsteilnehmer darstellt. Zwar ist gemäß § 2 Abs 1 Z 6 und § 16 Abs 1 Z 3 der 3. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung die Verwaltung und die Justiz von der angeordneten Ausgangsbeschränkung ausgenommen und können unaufschiebbare behördliche und gerichtliche Wege, einschließlich der Teilnahme an mündlichen Verhandlungen der Gerichte, von der Bevölkerung wahrgenommen werden, jedoch steht für das erkennende Gericht der entscheidungserhebliche Sachverhalt fest und bedarf dieser keine Ergänzungen mehr, weshalb das Gericht auch im Hinblick auf das erhöhte Infektionsrisiko bei Verhandlungen von der Durchführung einer solchen Abstand nimmt.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.
Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.
Die grundsätzliche Bestimmung betreffend Ausstellung der Rot-Weiß-Rot Karte – Fachkraft im Mangelberuf erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht gegeben waren.
Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Berufsausbildung Berufserfahrung Deutschkenntnisse Fachkräfteverordnung Punktevergabe Qualifikation Rot-Weiß-Rot-KarteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L517.2241889.1.00Im RIS seit
19.08.2021Zuletzt aktualisiert am
19.08.2021