TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/25 96/04/0236

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.02.1997
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des G in V, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 27. August 1996, Zl. Gew-1266/5/96, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren nach § 79 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. Juli 1996 wies der Bürgermeister der Stadt Villach drei Anträge des Beschwerdeführers betreffend die Vorschreibung zusätzlicher Auflagen für eine Betriebsanlage gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 als unzulässig zurück. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 5. Juli 1996 zugestellt. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde am 17. Juli 1996 zur Post gegeben und war an den Landeshauptmann von Kärnten adressiert. Dieser leitete sie mit Begleitschreiben vom 7. August 1996 an die Erstbehörde weiter.

Mit dem Bescheid vom 27. August 1996 wies der Landeshauptmann von Kärnten neben anderen Berufungen auch die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als verspätet zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die zweiwöchige Berufungsfrist habe für den Beschwerdeführer am Montag, den 21. Juli 1996 geendet. Die Berufung sei fälschlich an den Landeshauptmann von Kärnten adressiert gewesen und sei der Erstbehörde als zuständige Behörde zur Einbringung der Berufung am 8. August 1996 zugeleitet worden. Damit sei sie als verspätet eingebracht anzusehen und habe zurückgewiesen werden müssen. Dabei sei es irrelevant, daß die Berufung beim Amt der Kärntner Landesregierung bereits am 18. Juli 1996 eingelangt war. Der Verfassungsgerichtshof habe nämlich jene Gesetzesstelle des § 63 Abs. 5 AVG aufgehoben, wonach Berufungen auch bei jener Behörde eingebracht werden können, die über die Berufung zu entscheiden habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf meritorische Erledigung seiner Berufung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht er geltend, die Feststellung der belangten Behörde, der Verfassungsgerichtshof habe mit Rechtsgültigkeit in diesem Verfahren die Bestimmung des § 63 Abs. 5 AVG in der Fassung der Verwaltungsverfahrensnovelle 1995 aufgehoben, sei nicht nachvollziehbar und verletze wesentlich die Begründungspflicht. Die Berufung sei auch dann nicht verspätet, wenn dem so sein sollte. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien auch dann die Tage des Postlaufes in die Frist nicht einzurechnen, wenn eine Behörde mangels Zuständigkeit einen Berufungsantrag an die richtige Stelle weiterleite und sich hiebei der Post bediene. Wohl seien diesfalls die Tage des Postlaufes vom Antragsteller an die unzuständige Behörde in die Frist einzurechnen. Im Gegenstand sei die Berufungsschrift von der Berufungsbehörde aber an die zuständige Einbringungsbehörde solange nicht weitergeleitet worden, bis der angefochtene Bescheid dort nach Aktenlage in Rechtskraft erwachsen gewesen sei. Diese Vorgangsweise könne nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen. Der Postlauf von Villach nach Klagenfurt habe die Frist von vier Tagen nicht überschritten, weshalb die Berufung als rechtzeitig zu behandeln gewesen wäre.

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. Wird eine Berufung innerhalb dieser Frist bei der Berufungsbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; die Berufungsbehörde hat die bei ihr eingebrachte Berufung unverzüglich an die Behörde erster Instanz weiterzuleiten.

Die belangte Behörde bestreitet in ihrer Gegenschrift im Hinblick auf die Verfahrensdaten und die durch die Novelle BGBl. Nr. 471/1995 geänderte Fassung des § 63 Abs. 5 AVG nicht mehr die Rechtzeitigkeit der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstbehördlichen Bescheid, meint aber, es seien durch die Zurückweisung seiner Berufung subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt worden. Denn der Beschwerdeführer sei zur Stellung der mit dem erstbehördlichen Bescheid zurückgewiesenen Anträge (aus näher dargestellten Gründen) nicht legitimiert gewesen.

Dieser Rechtsansicht vermag sich der Verwaltungsgerichtshof deshalb nicht anzuschließen, weil nach seiner ständigen Rechtsprechung im Streit um die Parteistellung jedermann, der sie in Anspruch genommen hat und dem sie nicht zuerkannt wurde, beschwerdeberechtigt ist (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 15. Jänner 1949, Slg. N. F. Nr. 658/A, und vom 24. Juni 1969, Slg. N. F. Nr. 7610/A). Da mit dem erstbehördlichen Bescheid die Anträge des Beschwerdeführers mangels Antragslegitimation zurückgewiesen wurden, war Gegenstand des Berufungsverfahrens die Frage, ob dem Beschwerdeführer in der fraglichen Angelegenheit Antragslegitimation und damit Parteistellung zukommt. Durch die, wie auch die belangte Behörde nicht bestreitet, rechtswidrige Zurückweisung der Berufung als verspätet wurde somit das subjektive Recht des Beschwerdeführers auf meritorische Erledigung seiner zur Klärung seiner Parteistellung erhobenen Berufung verletzt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Gewerberecht Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040236.X00

Im RIS seit

24.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten