TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/25 96/04/0239

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Veröffentlicht am 25.02.1997
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §75 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des JL in W, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. T in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. Mai 1996, Zl. 317.738/3-III/A/2a/96, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einem Verfahren gemäß § 77 GewO 1973 (mitbeteiligte Partei: H-Gesellschaft m.b.H. in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde der mitbeteiligten Partei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 17. November 1994 im Instanzenzug die gewerbebehördliche Genehmigung für ihre Betriebsanlage im Standort Wien, S-Platz 5, gemäß §§ 74 und 77 GewO 1973 unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen erteilt. Gleichzeitig wurden Abweichungen von den §§ 22 Abs. 2 und 85 Abs. 3 AAV für zulässig erklärt.

Gegen diesen Bescheid erhoben der Beschwerdeführer und LL Berufung.

Mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 15. Mai 1996 wurden diese Berufungen gemäß § 359 Abs. 4 in Verbindung mit § 356 Abs. 3 GewO 1973 zurückgewiesen. Nach der Begründung dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer in der über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Genehmigung der in Rede stehenden Betriebsanlage abgehaltenen mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz folgende Einwendungen:

"Durch den Betrieb der gegenständlichen Pizzeria treten Geruchsbelästigungen auf, die für die Nachbarn unzumutbar sind. Weiters gibt es einen Pizzazustelldienst, wodurch es zu wiederholten An- und Ablieferungen durch PKW und infolgedessen zu einer unzumutbaren Lärmbelästigung kommt. Dies wird vor allem dadurch verursacht, daß keine Kundenparkplätze für diesen Zustelldienst zur Verfügung stehen. Für den Fall einer Genehmigung der Betriebsanlage müßte durch entsprechende Maßnahmen ausreichend Sorge getragen werden, daß Abfälle aus der Betriebsanlage ordnungsgemäß entsorgt werden, da die Entsorgung bereits jetzt zu Schwierigkeiten führt."

Dazu führte der Bundesminister, soweit dies für das verwaltungsgerichtliche Verfahren von Bedeutung ist, aus, ein Viertel des Hauses S-Platz 5 gehöre dem Beschwerdeführer. Die Wohnung mit der Adresse Wien, S-Platz 5, top 5 und 6, sei von Frau LL als Vermieterin an die Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung, dieses vertreten durch die Universitätsdirektor der Wirtschaftsuniversität Wien, seit Juli 1989 vermietet. Die Wohnung werde ausschließlich für universitäre Bürozwecke verwendet. Als Vertragsdauer sei im Mietvertrag der Beginn mit 1. Juli 1989 und das Ende mit frühestens 30. Juni 1992 festgesetzt, jedoch nur dann, wenn sechs Monate vorher schriftlich eine Kündigung erfolge, ansonsten sich das Mietverhältnis um jeweils ein halbes Jahr verlängere. Die Universitätsdirektion der Wirtschaftsuniversität habe mitgeteilt, das Mietverhältnis habe seit Abschluß des Mietvertrages ungekündigt fortbestanden und es bestehe auch die Absicht, es weiter aufrechtzuerhalten. Die Familie L wohne tatsächlich in X. Bei diesem Sachverhalt sei ein auch nur vorübergehender Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner Frau im Nahbereich der Betriebsanlage nicht möglich. Der die Person betreffende Nachbarschutz im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1973 könne daher vom Beschwerdeführer und seiner Frau nicht unter Berufung auf Sachverhaltsumstände geltend gemacht werden, die den Eintritt einer persönlichen Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt im Nahbereich der Betriebsanlage überhaupt möglich erscheinen ließen. Dem Hinweis des Beschwerdeführers und seiner Frau, im Prinzip in der in Rede stehenden Wohnung wohnen zu können, komme keine rechtliche Bedeutung zu, da für die hier vorzunehmende Beurteilung die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehende Sachlage maßgebend sei. Darüber hinaus genieße ein Eigentümer und sonstiger dinglich Berechtigter in der Nachbarschaft den das Eigentum und die sonstigen dinglichen Rechte betreffenden Nachbarschutz unabhängig von einer bestimmten Aufenthaltsdauer. Eine Einwendung in diesem Sinn sei vom Beschwerdeführer aber erst im Rahmen der nunmehr vorliegenden Berufung unter dem Berufungspunkt Feuergefahr erhoben worden. Hinsichtlich dieser Einwendung sei daher Präklusion eingetreten, sodaß der Beschwerdeführer auch diesbezüglich keine Parteistellung erworben habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf meritorische Erledigung seiner Berufung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht er geltend, er habe in der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorgebracht, die gegenständliche Betriebsanlage verursache unzumutbare Geruchs- und Lärmbelästigungen sowie Gefährdungen durch die nicht ordnungsgemäße Entsorgung der Abfälle. Zu Unrecht habe die belangte Behörde aus dem Umstand, daß er derzeit in X wohne, seine mangelnde Parteistellung verneint. Er habe dort nur seinen Zweitwohnsitz und sei in der in Rede stehenden Wohnung in Wien, S-Platz 5, polizeilich gemeldet. Diese Wohnung sei nur vorübergehend an die Wirtschaftsuniversität Wien vermietet und er könne sie jederzeit kurzfristig wieder zu Wohnzwecken nutzen, was er auch in absehbarer Zeit beabsichtige. Aber auch die Auffassung der belangten Behörde, er habe die Einwendung der Feuergefahr verspätet erhoben, beruhe auf einem zu engen Verständnis des Umfanges der durch die Erhebung von Einwendungen erworbenen Parteistellung. Richtig sei, daß er erstmals in der Berufung vorgebracht habe, seines Erachtens werde durch die Bevorratung der Verpackungsgebinde eine Feuergefährdung verursacht. Auf eine Gefährdung durch die verwendeten Gebinde habe er aber bereits durch seine Einwände in der mündlichen Verhandlung erster Instanz hingewiesen. Dort habe er auf die Probleme der Entsorgung der Abfälle aus der Betriebsanlage hingewiesen. Mit diesem Vorbringen habe er zweifellos nicht nur auf die Probleme der Abfallwirtschaft hinweisen wollen, sondern vielmehr auch darauf, daß durch eine mangelhafte Entsorgung der Abfälle Gefährdungen der Nachbarn entstünden. Der Sinn dieser Erklärung sei darin gelegen, sein Eigentum vor Gefährdungen zu schützen, wie insbesondere vor der durch eine nicht ordnungsgemäße Entsorgung der Abfälle hervorgerufenen Feuergefahr.

Wie die belangte Behörde bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend dargelegt hat, steht gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1973 in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstbehördlichen Bescheides vor dem 1. Juli 1993 hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechts-Novelle 1992 das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind. Parteien im Verfahren betreffend die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage sind gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1973 nur jene Nachbarn, die - soweit nicht der hier nicht in Betracht kommende Fall des § 356 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. gegeben ist - spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Gemäß § 75 Abs. 1 leg. cit. ist unter Gefährdung des Eigentums im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorigen Satzes dinglich berechtigt sind.

Eigentümer und sonstige dinglich Berechtigte haben das im § 75 Abs. 2 zweiter Satz, erster Satzteil, leg. cit. aufgestellte Erfordernis des nicht (bloß) vorübergehenden Aufenthaltes im Nahbereich der Betriebsanlage zwar nicht zu erfüllen. Der Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte kann aber den seine Person betreffenden Nachbarschutz nur bei Zutreffen der im § 75 Abs. 2 erster Satz, erster Satzteil, leg. cit. enthaltenen Merkmale und daher jedenfalls nur unter Berufung auf Sachverhaltsumstände geltend machen, die den Eintritt einer - persönlichen - Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden, Aufenthalt überhaupt möglich erscheinen lassen (vgl. zum Ganzen z.B. das hg. Erkenntnis vom 14. November 1989, Zl. 87/04/0076, und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).

Von dieser Rechtslage ausgehend vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe mit Rücksicht darauf, daß er seine in der Nachbarschaft der gegenständlichen Betriebsanlage liegende Wohnung seit Jahren vermietet habe und nicht bewohne, durch die auf eine Gefährdung durch Lärm und Geruch abgestellte Einwendung in der mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz Parteistellung nicht erworben, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken. Auch hat die belangte Behörde zutreffend darauf verwiesen, daß sie ihrer Entscheidung die Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zugrunde zu legen hatte (vgl. den hg. Beschluß vom 28. Jänner 1997, Zl. 96/04/0158). Das in keiner Weise substantiierte Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe die Absicht, "in absehbarer Zeit" wieder in der in Rede stehenden Wohnung zu wohnen, vermag daran nichts zu ändern.

Als frei von Rechtsirrtum erweist sich schließlich auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe auch durch den Hinweis in seinem Vorbringen in der mündlichen Augenscheinsverhandlung erster Instanz auf Probleme bei der Abfallentsorgung Parteistellung nicht erworben. Diesem Vorbringen kann auch bei weitherzigster Interpretation die Geltendmachung einer die Substanz des im Miteigentum des Beschwerdeführers stehenden Hauses bedrohenden Gefährdung nicht entnommen werden.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040239.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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