Entscheidungsdatum
12.01.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W194 2224893-1/23E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer als Vorsitzende sowie die Richter Dr. Christian Eisner und Mag. Eduard Hartwig Paulus als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch die Hule Bachmayr-Heyda Nordberg Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 19.08.2019, S 5/19-14 (weitere Verfahrenspartei: XXXX , vertreten durch die Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien), beschlossen:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei vertreibt XXXX und bewirbt sie auf der Webseite „ XXXX “. Die weitere Verfahrenspartei betreibt ein öffentliches Kommunikationsnetz im Sinne des TKG 2003 und erbringt Kommunikationsdienste einschließlich Internetzugangsdiensten.
2. Mit Schreiben vom 15.03.2019 forderte die beschwerdeführende Partei die weitere Verfahrenspartei auf, deren Kunden ab sofort keinen Zugang mehr zu der unter der Domain „ XXXX “ geführten Webseite zu vermitteln, wenn über diese Webseite eine Kopie und/oder Nachahmung von Teilen des Designs der Webseite „ XXXX “ zur Verfügung gestellt werde, da das Layout der Webseite „ XXXX “ als Gebrauchsgrafik urheberrechtlich geschützt sei.
3. Mit Schriftsatz vom 04.04.2019 stellte die weitere Verfahrenspartei bei der belangten Behörde den Antrag auf Feststellung, dass „die Unterlassung der Online-Verbindung in Form einer DNS-Sperre zur Webseite XXXX durch die [weitere Verfahrenspartei] gegen Art 3 Abs 3 UA 3 VO (EU) 2015/2120 verstoßen würde“. Diesen Antrag begründete die weitere Verfahrenspartei im Wesentlichen damit, dass es sich bei der Webseite XXXX um keine strukturell urheberrechtsverletzende Seite handle und § 81 Abs. 1a UrhG keine Rechtsgrundlage für eine Sperre der Webseite darstelle.
4. Die belangte Behörde leitete mit Beschluss vom 29.04.2019 ein Verfahren zur Feststellung der (Un-)Zulässigkeit der Einrichtung von Zugangssperren zur Webseite „ XXXX “ ein. Diesem zog sie die beschwerdeführende Partei bei.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.08.2019 sprach die belangte Behörde aus: „Auf Antrag der [weiteren Verfahrenspartei] wird festgestellt, dass die Ergreifung einer Verkehrsmanagementmaßnahme im Sinne des Art 3 Abs 3 UAbs 3 VO (EU) 2015/2120 idF VO (EU) 2018/1971 in Form einer DNS-Sperre durch die [weitere Verfahrenspartei] zur Unterbindung der Zugangsvermittlung ihrer Endnutzer zur Website unter dem Domainnamen ‚ XXXX auf Grund von Art 3 Abs 3 VO (EU) 2015/2120 idF VO (EU) 2018/1971 unzulässig ist.“
Im Rahmen der Begründung erachtete die belangte Behörde das Feststellungsbegehren der weiteren Verfahrenspartei für zulässig, verneinte hingegen in der Sache die Zulässigkeit der Webseitensperre und stellte die Unzulässigkeit der Verkehrsmanagementmaßnahme fest, da der beschwerdeführenden Partei kein Unterlassungsanspruch gemäß § 81 Abs. 1a UrhG gegen die weitere Verfahrenspartei zustehe.
6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der beschwerdeführenden Partei vom 13.09.2019.
7. Die belangte Behörde legte den Akt betreffend das vorliegende Verfahren mit Schriftsatz vom 28.10.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vor.
8. Mit Schreiben vom 29.01.2020 übermittelte die belangte Behörde folgende drei Aktenvermerke:
Laut einem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 07.11.2019 habe die Website „ XXXX “ am 07.11.2019 nicht abgerufen werden können. Daher werde die Abteilung Technik der RTR-GmbH ersucht, die technischen Ursachen für die fehlende Erreichbarkeit der Website zu ermitteln.
Aus einem weiteren Aktenvermerk der belangten Behörde vom 18.11.2019 geht hervor, dass für die Domain „ XXXX “ kein „A-Record“ gesetzt sei. Eine WHOIS-Abfrage zeige, dass sich die Domain im Status „pendingDelete“ befinde, sodass eine Löschung der Domain innerhalb von etwa acht Wochen zu erwarten sei. Im Zeitraum von 10:00 Uhr am 12.11.2019 bis 17:00 am 18.11.2019 seien stündlich eine DNS-Abfrage nach dem A-Record und eine WHOIS-Abfrage durchgeführt worden; sämtliche der Abfragen hätten zum genannten Ergebnis geführt. Diese Beobachtung lasse darauf schließen, dass die Domain „ XXXX “ derzeit über keinen Inhalt verfüge und in den nächsten Wochen durch den österreichischen Registrar gelöscht werden würde.
Dem Aktenvermerk vom 15.01.2020 zufolge seien im Zeitraum von 11:00 Uhr am 12.11.2019 bis 08:00 Uhr am 15.01.2019 stündlich eine DNS-Abfrage nach dem A-Record und eine WHOIS-Abfrage durchgeführt worden. Sämtliche durchgeführte DNS-Abfragen hätten ergeben, dass für die Domain XXXX kein „A-Record“ gesetzt sei. Bis 07.01.2020 um 07:00 Uhr hätten die WHOIS-Abfragen ergeben, dass sich die Domain im Status „pendingDelete“ befinde und damit eine Löschung der Domain innerhalb von etwa acht Wochen erfolgen würde; ab 07.01.2020 um 08:00 Uhr hätten die WHOIS-Abfragen ergeben, dass die Domain nicht (mehr) registriert sei. Mittlerweile würden auch Domainhändler die Domain „ XXXX “ als frei zum Verkauf anzeigen. Aufgrund dieser Ergebnisse sei davon auszugehen, dass die Domain derzeit nicht registriert sei und über keinerlei Inhalt verfüge.
9. Das Bundesverwaltungsgericht übermittelte den Verfahrensparteien mit Schreiben vom 30.01.2020 die erwähnten Aktenvermerke und gab ihnen Gelegenheit, zur Frage, welche Auswirkungen die mittels der Aktenvermerke mitgeteilten Sachverhaltsentwicklungen auf die Prozessvoraussetzungen des Beschwerdeverfahrens haben, Stellung zu nehmen.
Die beschwerdeführende Partei verwies mit Schreiben vom 31.01.2020 darauf, dass im vorliegenden Verfahren die Vorfrage zu klären sei, ob die beschwerdeführende Partei gegen die weitere Verfahrenspartei einen Unterlassungsanspruch nach § 81 Abs. 1a UrhG habe. Für diesen Unterlassungsanspruch sei das Bestehen von Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr maßgeblich. Nach der Rechtsprechung des OGH falle die Wiederholungsgefahr auch nicht durch Löschung der zu beanstandenden Internetseite weg, weil solche technischen Vorgänge jederzeit wieder rückgängig gemacht werden könnten. Die vorgelegten Aktenvermerke seien daher ohne Relevanz für das Beschwerdeverfahren. Alle Anträge blieben aufrecht.
Die weitere Verfahrenspartei verwies mit Schreiben vom 17.02.2020 im Wesentlichen darauf, dass die Domain „ XXXX “ nunmehr frei verfügbar sei und von jedermann entgeltlich erworben werden könne. Die von der beschwerdeführenden Partei inkriminierten Inhalte seien nicht mehr abrufbar. Eine potentielle Rechtsverletzung könne somit nicht mehr vorliegen. Daher liege keine rechtliche Beschwer mehr vor, die die Zulässigkeit der Beschwerde begründen könnte. Es sei nicht zu erwarten, dass die ursprünglichen Inhalte der Seite wieder online gestellt werden, weil es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen würde, dass jemand eine Webseite betreibe, dann die Domain freigebe, um sie erst nach mehreren Monaten wieder zu erwerben, um sie mit Inhalten zu befüllen. Beantragt wird, die Beschwerde zurückzuweisen.
10. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2020, W219 2224893-1/9E, wurde der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid in folgender Weise abgeändert: „Der Antrag der weiteren Verfahrenspartei vom 04.04.2019, die belangte Behörde möge feststellen, „dass die Unterlassung der Online-Verbindung in Form einer DNS-Sperre zur Webseite XXXX durch die [weitere Verfahrenspartei] gegen Art 3 Abs 3 UA 3 VO (EU) 2015/2120 verstoßen würde“, wird als unzulässig zurückgewiesen.“ Des Weiteren wurde die Revision gegen diese Entscheidung für zulässig erklärt.
11. Gegen diese Entscheidung erhob die weitere Verfahrenspartei mit Schriftsatz vom 24.04.2020 (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
12. Des Weiteren erhob die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 12.05.2020 (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
13. Mit Erkenntnis vom 06.11.2020, Ro 2020/03/0015-3, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2020 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In der Begründung wurde insbesondere ausgeführt: „Der vorliegende Revisionsfall gleicht in den wesentlichen Gesichtspunkten jenem, über den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2020/03/0014, entschieden hat. Aus den in diesem Erkenntnis dargelegten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, war auch das hier angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die beschwerdeführende Partei hat ihren Sitz in XXXX und vertreibt XXXX Produkte der Marke „ XXXX “. Diese Produkte bewirbt sie auf der Webseite „ XXXX “.
Die weitere Verfahrenspartei betreibt ein öffentliches Kommunikationsnetz im Sinne des TKG 2003 und erbringt Kommunikationsdienste einschließlich Internetzugangsdienste.
Unter der verfahrensgegenständlichen Domain „ XXXX “ sind seit dem 07.11.2019 keine Webseiten mehr abrufbar. Die Domain verfügt seither – und zum Zeitpunkt dieser Entscheidung weiterhin – über keine Inhalte. Sie ist seit Jänner 2020 nicht mehr registriert und steht jedem zur Neuregistrierung offen.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.08.2019 stellte die belangte Behörde über Antrag der weiteren Verfahrenspartei fest, dass die Ergreifung von Verkehrsmanagementmaßnahmen im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 3 VO (EU) 2015/2120 in Form einer DNS-Sperre durch die weitere Verfahrenspartei zur Unterbindung der Zugangsvermittlung ihrer Endnutzer zur Website unter dem Domainnamen „ XXXX auf Grund von Art. 3 Abs. 3 VO (EU) 2015/2120 unzulässig sei.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2020 wurde der dagegen erhobenen Beschwerde der beschwerdeführenden Partei insoweit Folge gegeben, als der Bescheid dahin abgeändert wurde, dass der Antrag der weiteren Verfahrenspartei auf Feststellung, dass die Unterlassung der Online-Verbindung in Form einer DNS-Sperre zur Website XXXX durch die weitere Verfahrenspartei gegen Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 3 VO (EU) 2015/2120 verstoßen würde, als unzulässig zurückgewiesen wurde. Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis wurde für zulässig erklärt.
1.3. Mit Erkenntnis vom 06.11.2020, Ro 2020/03/0011-3, hob der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der von der belangten Behörde erhobenen Revision das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.04.2020 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf und verwies dazu auf die Begründung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 06.11.2020, Ro 2020/03/0014. Darin sprach der Verwaltungsgerichtshof insbesondere aus:
„[…]
60 Im vorliegenden Fall hatte die W die H aufgefordert, die Vermittlung zur unter der Domain „ XXXX “ abrufbaren Website zu unterlassen, weil auf dieser Website in Urheberrechte der W eingegriffen werde. Eine solche Sperre könnte nach Art. 3 Abs. 3 lit. a TSM-VO aber nur dann zulässig sein, wenn diese zur Entsprechung von unionsrechtlichen bzw. unionsrechtskonformen nationalen Rechtsvorschriften erforderlich wäre. Um über die Berechtigung einer Verkehrsmanagementmaßnahme wie der vorliegend begehrten entscheiden zu können, war es daher erforderlich, zuvor das Bestehen eines Unterlassungsanspruchs nach § 81 Abs. 1a UrhG zu klären. Da diese Rechtsfrage in einem zivilrechtlichen Unterlassungsverfahren nach § 81 Abs. 1a UrhG von den ordentlichen Gerichten als Hauptfrage zu entscheiden wäre, handelt es sich bei ihrer Beurteilung in einem Verfahren betreffend eine Verkehrsmanagementmaßnahme nach der TSM-VO um eine Vorfrage iSd § 38 AVG.
61 Die TKK hatte also – mangels Vorliegens einer Entscheidung über den urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch durch die ordentlichen Gerichte – diese Frage selbst (als Vorfrage) zu beantworten. Damit wurde die Rechtsfrage betreffend das Bestehen eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs zwar für das Verfahren vor der TKK von dieser selbst beantwortet, nicht aber mit darüber hinausgehender Bindungswirkung und in einer der Rechtskraft fähigen Weise entschieden. Selbst wenn also der Feststellungsbescheid der TKK in Rechtskraft erwüchse, könnte dieser einer allfälligen urheberrechtlichen Unterlassungsklage schon deshalb nicht entgegenstehen, weil die ordentlichen Gerichte diesbezüglich nicht an die Rechtsanschauung der TKK gebunden wären. Die ordentlichen Gerichte hätten im Falle der Erhebung einer Unterlassungsklage vielmehr selbständig – als Hauptfrage – zu beurteilen, ob ein Unterlassungsanspruch nach § 81 Abs. 1a UrhG besteht oder nicht.
62 Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kann ein – ungeachtet der Löschung der Domain weiter bestehendes – rechtliches Interesse der W an der Beseitigung des von ihr angefochtenen Feststellungsbescheids daher nicht mit dessen Auswirkungen auf ein (allenfalls zu führendes) Unterlassungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten begründet werden.
[…]
70 Ausgehend von den konkreten Umständen des Revisionsfalls – unter der Domain „ XXXX “ ist seit 7. November 2019 keine Website mehr abrufbar, die Domain ist jedenfalls seit 7. Jänner 2020 nicht mehr registriert und steht seit diesem Zeitpunkt jedem zur Neuregistrierung offen – ist eine Wiederholung der Rechtsverletzung wenn schon nicht ausgeschlossen, so doch zumindest äußerst unwahrscheinlich: Anders als die Kündigung eines Telefonanschlusses, die leicht wieder rückgängig gemacht werden kann (der der vom Verwaltungsgericht berufenen Entscheidung des OGH 16.3.2004, 4 Ob 30/04x, zu Grunde liegende Sachverhalt), führt die Kündigung einer .at-Domain nämlich (nach Ablauf einer bestimmten Sperrfrist) zu deren Löschung, was wiederum zur Folge hat, dass diese Domain unter den allgemeinen Geschäfts- und Registrierungsbedingungen von jeder Person neuerlich registriert werden kann. Ein früherer Domaininhaber verliert infolge der Kündigung also jegliche Verfügungsgewalt über diese Domain und nimmt damit insbesondere in Kauf, dass diese nach erfolgter Löschung von einem Dritten erworben und zu anderen Zwecken verwendet wird. Eine Wiederholung der als rechtswidrig gerügten Handlung – also die Zugangsvermittlung des Access-Providers zur unter der Domain „ XXXX “ abrufbaren Website – wäre sohin nur dann möglich, wenn dieselbe Domain neuerlich registriert und auf der unter dieser Domain abrufbaren Website die beanstandeten Rechtsverletzungen neuerlich begangen würden. Dies ist zwar denkbar, scheint aber aufgrund der skizzierten Folgen der Löschung einer Domain doch „äußerst unwahrscheinlich“ im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.
71 Nach dem Gesagten erweisen sich die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum weiteren Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses aufgrund des Bestehens eines urheberrechtlichen Unterlassungsanspruchs als verfehlt.
72 Im Übrigen wurde nicht dargetan und ist auch nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (W) aus sonstigen Gründen noch ein rechtliches Interesse an der Beseitigung des verwaltungsbehördlichen Bescheids hatte. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einem Beschwerdeführer kein Anspruch auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit des von ihm angefochtenen Bescheids zu, sondern nur ein Anspruch auf Aufhebung dieses Bescheids, wenn dadurch gesetzwidrig und aktuell in seine Rechtssphäre eingegriffen wird (vgl. VwGH 9.9.2009, 2004/10/0012).
73 Da die von W inkriminierte Website während des Beschwerdeverfahrens entfernt und auch die dafür verwendete Domain gelöscht wurde, konnte die W durch die weitere, allerdings nunmehr ins Leere laufende Zugangsvermittlung durch die H in ihren behaupteten Rechten nicht (mehr) verletzt werden. Ausgehend davon ist aber nicht erkennbar, dass die W im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts noch ein objektives Interesse an der Beseitigung des angefochtenen Feststellungsbescheids hatte. Die dessen ungeachtet vom Verwaltungsgericht getroffene inhaltliche Entscheidung – anstelle einer Einstellung des Beschwerdeverfahrens – belastet das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
74 Unberechtigt ist die Revision allerdings insoweit, als sie die Auffassung vertritt, entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichts sei die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens zu bejahen:
[…]
80 Das Verwaltungsgericht hat die Zulässigkeit des beschwerdegegenständlichen Feststellungsbescheids daher zu Recht verneint.
[…]“
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen sind im Verfahren unstrittig und den zitierten Schriftsätzen und Entscheidungen zu entnehmen, die allesamt Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten sind.
Insbesondere beruhen die Feststellungen zur Domain „ XXXX “ auf den zitierten Aktenvermerken der belangten Behörde. Die darin dokumentierten Erhebungsergebnisse der belangten Behörde zur (Nicht-)Abrufbarkeit von Webseiten unter der Domain wurden durch die übrigen Verfahrensparteien nicht bestritten. Sie wurden ebenfalls den verfahrensgegenständlichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde gelegt. Dass unter dieser Domain weiterhin keine Webseiten abgerufen werden können, zeigte eine Einsichtnahme des Bundesverwaltungsgerichtes am 07.01.2021, welche ua. folgende Meldung ergab: „Die Webseite existiert nicht.“
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. Bezogen auf nach dem AVG geführte Berufungsverfahren ist davon auszugehen, dass – auch ohne diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung – eine Verfahrenseinstellung (ua.) dann vorzunehmen ist, wenn die Berufung rechtswirksam zurückgezogen wurde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes hat diese Auffassung auch für das von Verwaltungsgerichten geführte Beschwerdeverfahren Platz zu greifen (vgl. VwGH 29.04.2015, Fr 2014/20/0047, mwN; siehe auch VwGH 09.09.2016, Ra 2016/02/0137, wonach sich die in § 28 Abs. 1 VwGVG angesprochene, durch Beschluss vorzunehmende Einstellung des Verfahrens auf das [Beschwerde-]Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, etwa im Fall einer Zurückziehung der Beschwerde, bezieht).
Neben der rechtswirksamen Zurückziehung der Beschwerde (oder dem Untergang des Beschwerdeführers) müsste – nach in der Literatur vertretener Auffassung – die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zudem bei Wegfall von Prozessvoraussetzungen (erst) während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich sein, wobei es sich dabei sowohl um eine formelle Klaglosstellung durch Beseitigung des belastenden Abspruchs während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens handeln kann, als auch um eine Gegenstandslosigkeit der Beschwerde, weil durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers an der Entscheidung wegfällt (materielle Klaglosstellung), einer Sachentscheidung durch das Verwaltungsgericht also praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukäme (siehe dazu Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG § 28 VwGVG Rz 29ff mwN [Stand 15.02.2017, rdb.at]).
3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Erfordernis des Bestehens eines Rechtsschutzinteresses im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Folgendes ausgesprochen (VwGH 27.07.2017, Ra 2017/07/0014):
„19 2.2. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lasse, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. die hg. Beschlüsse vom 30. Jänner 2013, 2011/03/0228, vom 23. Oktober 2013, 2013/03/0111, und vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0028).
20 Der Verwaltungsgerichtshof hat ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass diese Überlegungen über das Bestehen eines Rechtsschutzinteresses als Voraussetzung für eine zulässige Beschwerdeerhebung auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/11/0027).
21 2.3. Die Grundsätze dieser auch für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten relevanten Rechtsprechung zum Begriff des Rechtsschutzinteresses lauten:
22 Das Rechtsschutzinteresse besteht bei einer Bescheidbeschwerde im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. den hg. Beschluss vom 29. September 2010, 2008/10/0029, mwN, und – in einer dem hier vorliegenden Fall vergleichbaren Konstellation – den hg. Beschluss vom 24. Jänner 1995, 93/04/0204).
23 Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird – wie dargestellt – immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung eines Revisionswerbers keinen Unterschied macht, ob das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. die hg. Beschlüsse vom 16. Dezember 2010, 2008/20/0502, und vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0088, jeweils mwN).
24 2.4. Daraus folgt, dass ein Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht keinen Anspruch auf die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides hat; das Verwaltungsgericht ist ebenfalls nicht berufen, eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann.“
3.3. Im Beschwerdefall hat der Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst ausgesprochen (vgl. VwGH 06.11.2020, Ro 2020/03/0011, unter Hinweis auf die Entscheidungsgründe in VwGH 06.11.2020, Ro 2020/03/0014, siehe insbesondere Rz 73), dass – vor dem Hintergrund, dass die von der beschwerdeführenden Partei inkriminierte Webseite während des Beschwerdeverfahrens entfernt und auch die dafür verwendete Domain gelöscht worden sei, weswegen die beschwerdeführende Partei durch die weitere, allerdings nunmehr ins Leere laufende Zugangsvermittlung durch die weitere Verfahrenspartei in ihren behaupteten Rechten nicht (mehr) verletzt werden könne – nicht erkennbar sei, dass die beschwerdeführende Partei im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichtes noch ein objektives Interesse an der Beseitigung des angefochtenen Feststellungsbescheides gehabt habe, weswegen das Verwaltungsgericht (anstelle eine inhaltliche Entscheidung zu treffen) das Beschwerdeverfahren hätte einstellen müssen.
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war demgemäß – infolge des vom Verwaltungsgerichtshof aufgezeigten Wegfallens des Rechtsschutzinteresses der beschwerdeführenden Partei nach Einbringung der Beschwerde – mit Beschluss einzustellen.
Nur ergänzend ist anzumerken, dass § 28 Abs. 1 VwGVG – anders als § 33 Abs. 1 VwGG, demnach die Revision „als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen“ ist – anordnet, dass „das Verfahren einzustellen ist“, was deutlich macht, dass sich der Spruch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach dem Willen des Gesetzgebers darauf beschränken soll, dass das Verfahren „eingestellt“ wird (siehe neuerlich Leeb, aaO, § 28 VwGVG Rz 19).
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Revision ist nicht zulässig.
Es liegt weder einer der vorgenannten Fälle, noch liegen sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Rechtslage ist eindeutig, und die vorliegende Entscheidung folgt dem verfahrensgegenständlich ergangenen zitierten Erkenntnis Verwaltungsgerichtshofes iVm mit der unter II.3. weiters angeführten Judikatur.
Schlagworte
Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Ersatzentscheidung Gegenstandslosigkeit Kommunikationseinrichtung mangelnde Beschwer Online - Angebot Prozessvoraussetzung Rechtsschutzinteresse Rechtsverletzungsmöglichkeit Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtschutzinteresses ZulässigkeitsvoraussetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W194.2224893.1.00Im RIS seit
18.08.2021Zuletzt aktualisiert am
18.08.2021