Entscheidungsdatum
23.03.2021Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W194 2233679-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 20.05.2020, GZ 0002038785, Teilnehmernummer: XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird dahingehend abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides nunmehr zu lauten hat:
„Ihr Antrag vom 19.02.2020 auf Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen wird zurückgewiesen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer beantragte mit am 19.02.2020 bei der belangten Behörde eingelangtem Formular die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für seine Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen.
Auf dem Antragsformular kreuzte der Beschwerdeführer unter der Rubrik „wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an“ die dort angegebene Auswahlmöglichkeit „Bezieher von Beihilfen aus dem Studienförderungsgesetz“ an. Weiters gab er an, dass keine weitere Person mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebe.
Dem Antrag waren ua. folgende Unterlagen beigeschlossen:
- eine Meldebestätigung,
- eine Lohn-Gehaltsabrechnung aus Jänner 2020,
- ein an den Beschwerdeführer adressierter Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 06.09.2019 über die Abweisung des Antrags auf Studienbeihilfe und die Gewährung eines Studienzuschusses als Rückvergütung des Studienbeitrages für das Wintersemester 2019 und das Sommersemester 2020 sowie
- eine Buchungsliste.
2. Am 13.03.2020 richtete die belangte Behörde an den Beschwerdeführer unter dem Titel „ERGEBNIS DER BEWEISAUFNAHME“ folgendes Schreiben:
„[…] danke für Ihren Antrag […] auf
? Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen
? Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen
geprüft und dabei festgestellt, dass
? Sie nicht anspruchsberechtigt sind, da Sie keine der im Gesetz genannten sozialen Leistungen beziehen und damit die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen (§ 47 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Fernmeldegebührenordnung).
? Ihr Haushaltseinkommen die für die Gebührenbefreiung bzw. Zuschussleistung zum Fernsprechentgelt maßgebliche Betragsgrenze übersteigt.
[…]
Um einen positiven Bescheid auf Ihren Antrag zu bewirken, können Sie zu dieser Feststellung innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung des Schreibens bei der GIS Gebühren Info Service GmbH, eine schriftliche Stellungnahme abgeben. […]
Sie können Ihre schriftliche Stellungnahme auf dem Postweg oder per Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise einbringen. Bitte beachten Sie, dass Sie als Absender das Risiko für Übertragungsfehler oder verloren gegangene Schriftstücke tragen.
Wir weisen Sie darauf hin, dass nicht oder verspätet eingebrachte Einwendungen keine Berücksichtigung finden können und wir Ihren Antrag in diesem Fall abweisen müssen.
[…]
BERECHNUNGSGRUNDLAGE (IN EURO)
[…]“
3. Hierauf übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde keine weiteren Unterlagen. In einer ergänzenden Stellungnahme führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass er XXXX einen monatlichen Betrag in der Höhe von XXXX Euro als Unterhaltszahlung erhalte, er aufgrund der „Corona-Krise“ keine Einkünfte erhalte und nicht nachvollziehbar sei, warum als Wohnaufwand nur ein Betrag in der Höhe von 140,00 Euro anerkannt werde.
4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 20.05.2020 wurde der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antrag „eingehend geprüft und festgestellt“ worden sei, dass „Sie nicht anspruchsberechtigt sind, da Sie keine der im Gesetz genannten sozialen Leistungen beziehen und damit die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen (§ 47 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Fernmeldegebührenordnung)“.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 02.06.2020, in welcher insbesondere ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer das Fernsehgerät in seiner Wohnung noch nie benutzt habe, zu keiner Zeit ein Anschluss bestanden habe, um überhaupt einen Sender empfangen zu können und der Beschwerdeführer mittlerweile sein Fernsehgerät aus der Wohnung entfernt habe.
6. Mit hg. am 04.08.2020 eingelangter Beschwerdevorlage übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Akten zum vorliegenden Verfahren.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2020 wurde der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund seines Vorbringens in der Beschwerde bezüglich seines Fernsehgerätes aufgefordert, seine Angaben entsprechend zu präzisieren. Zudem wurde er darauf hingewiesen, dass im Falle, dass er im verfahrensgegenständlichen Zeitraum kein Rundfunkempfangsgerät betriebsbereit gehalten oder betrieben habe, davon auszugehen sei, dass mangels Vorliegens einer Gebührenpflicht kein Anspruch auf Gebührenbefreiung bestehen könne. Dazu wurde dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Ferner wurde der Beschwerdeführer ua. aufgefordert, dem Bundesverwaltungsgericht den Bezug einer der in § 47 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung genannten sozialen Transferleistungen öffentlicher Hand bekanntzugeben und zu belegen (beispielsweise durch Vorlage eines Bescheides der Studienbeihilfenbehörde über die Zuerkennung von Studienbeihilfe, einer Rezeptgebührenbefreiung, eines Mindestsicherungsbescheides, einer Bezugsbestätigung des AMS etc.). Der Beschwerdeführer wurde darauf hingewiesen, dass nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zur Vorlage anspruchsbegründender Unterlagen der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerde zurückzuweisen sein werde.
8. Mit Schreiben vom 10.11.2020 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass die belangte Behörde keine Stellungnahme abgebe.
9. Mit den Schreiben vom 15.11.2020 bzw. vom 06.01.2021 teilte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass er in seiner Wohnung am verfahrensgegenständlichen Standort zu keiner Zeit ein Radio- oder Fernsehgerät betrieben habe, er kein eigenes Radio betreibe und sein Fernsehgerät am 20.03.2020 aus seiner Wohnung entfernt habe.
10. Hierauf informierte die belangte Behörde das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 02.02.2021, hg. eingelangt am 03.02.2021, dahingehend, dass aufgrund der Entfernung des Fernsehgerätes am 20.03.2020 aus der Wohnung am verfahrensgegenständlichen Standort die gegenständliche Rundfunkmeldung per 31.03.2020 beendet worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt bestehe eine „Gebührenpflicht für Fernsehempfangseinrichtungen (inklusive Radio)“.
11. Mit Schreiben vom 15.02.2021 teilte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mit, dass es vor dem Hintergrund der Stellungnahme der belangten Behörde vom 02.02.2021 vorläufig davon ausgehe, dass sich der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers vom 19.02.2020 nur mehr auf den Monat März 2020 erstrecke und dieser – mangels erfolgter Vorlage eines Nachweises über den Bezug einer sozialen Transferleistung öffentlicher Hand durch den Beschwerdeführer – im Rahmen der Beschwerde zurückzuweisen sein werde. Dazu wurde dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
12. In seiner Stellungnahme vom 01.03.2021 führte der Beschwerdeführer zusammengefasst aus, dass es nicht darum gehe, „irgendwelche Nachweise über Studienbeihilfebezug vorzulegen oder sonstige soziale Leistungen“, sondern darum, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, für etwas zu bezahlen, das er nicht konsumiere. Es könne nicht sein, dass man einen alten Fernseher nicht einmal nach eigenem Belieben benützen könne, um beispielsweise eine Spielekonsole anzuschließen. Wenn er seinen Fernseher an die Steckdose angesteckt hätte, hätte der Beschwerdeführer kein „ORF-Programm“ nutzen können, da er „keinen Anschluss oder irgendeine Karte“ habe.
13. Mit Schreiben vom 04.03.2021 teilte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass sie sich dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.02.2021 vollinhaltlich anschließe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der im Beschwerdefall maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen unter I., welche hiermit festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Diese Ausführungen gründen sich auf die erwähnten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden gesetzlichen Grundlagen lauten (auszugsweise) wie folgt:
3.1.1. §§ 3 und 6 des Bundesgesetzes betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG):
„Rundfunkgebühren
§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für
Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro
Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16 Euro
monatlich
[…]
(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebühren-ordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.
Verfahren
§ 6 (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.
[…]“
3.1.2. §§ 47ff der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung, im Folgenden: FGO):
„§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung
– der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),
– der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG) zu befreien:
1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;
2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;
3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,
4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,
5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,
6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,
7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.
(2) Über Antrag sind ferner zu befreien:
1. Von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Blindenheime, Blindenvereine,
b) Pflegeheime für hilflose Personen,
wenn der Rundfunk- oder Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
2. Von der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen
a) Gehörlose und schwer hörbehinderte Personen;
b) Heime für solche Personen,
wenn der Fernsehempfang diesen Personen zugute kommt.
(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 71/2003)
[…]
§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:
1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von der Rundfunkgebühr beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,
2. der Antragsteller muss volljährig sein,
3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,
4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen gemäß § 47 Abs. 2 eingerichtete Gemeinschaftsräume gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.
§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:
1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,
2. im Falle der Gehörlosigkeit oder schweren Hörbehinderung durch eine ärztliche Bescheinigung oder durch einen vergleichbaren Nachweis über den Verlust des Gehörvermögens.
(2) Der Antragsteller hat anlässlich seines Antrages Angaben zum Namen, Vornamen und Geburtsdatum aller in seinem Haushalt lebenden Personen zu machen. Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist, sofern der Antragsteller und alle in seinem Haushalt lebenden Personen dem schriftlich zugestimmt haben, berechtigt, diese Angaben im Wege des ZMR auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen, wobei die Anschrift als Auswahlkriterium vorgesehen werden kann.
[…]
(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.
[…]
§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.
[…]“
3.2. Die FGO enthält demnach die Verpflichtung des Antragstellers den Bezug einer in § 47 Abs. 1 FGO genannten Leistung nachzuweisen (§ 50 Abs. 1 FGO). Die erforderlichen Nachweise sind gemäß § 51 Abs. 1 FGO dem Antrag anzuschließen.
Gemäß § 50 Abs. 4 FGO ist die GIS Gebühren Info Service GmbH berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.
3.3. „Sache“ des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht im Falle einer Beschwerde gegen einen zurückweisenden Bescheid der Behörde ist ausschließlich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch die belangte Behörde (vgl. VwGH 22.08.2018, Ra 2018/15/0004).
Es ist daher im vorliegenden Fall allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der gemäß § 50 Abs. 4 FGO geforderten Nachweise zu Recht erfolgte (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation auch VwGH 22.08.2018, Ra 2018/15/0004).
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
3.4. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Beschwerde aus den folgenden Gründen nicht im Recht:
3.4.1. Zum verfahrensgegenständlichen Zeitraum
Mit am 19.02.2020 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung einer Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für seine Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen.
Die belangte Behörde teilte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 02.02.2021 mit, dass aufgrund der Entfernung des Fernsehgerätes am 20.03.2020 aus der Wohnung am verfahrensgegenständlichen Standort die gegenständliche Rundfunkmeldung per 31.03.2020 beendet worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt bestehe eine „Gebührenpflicht für Fernsehempfangseinrichtungen (inklusive Radio)“.
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass sich (auch mangels gegenteiliger Stellungnahmen des Beschwerdeführers und der belangten Behörde) der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers vom 19.02.2020 nur mehr auf den Monat März 2020 erstreckt.
3.4.2. Zum Bestehen einer Gebührenpflicht im März 2020
Hinsichtlich der Ausführungen des Beschwerdeführers, dass er nicht gewillt sei, für etwas zu bezahlen, das er nicht konsumiere, und er kein „ORF-Programm“ nutzen hätte können, da er „keinen Anschluss oder irgendeine Karte“ habe, ist ihm mit Blick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Frage der Gebührenpflicht vor Beantwortung der Frage, ob ein Anspruch auf Gebührenbefreiung besteht, zu klären ist (vgl. VwGH 29.05.2006, 2005/17/0242), Folgendes zu entgegnen:
§ 2 Abs. 1 RGG lautet: „Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten.“
Entscheidend für die Entrichtung der Gebühren ist somit, ob eine Rundfunkempfangseinrichtung am Standort des Rundfunkteilnehmers betrieben wird oder doch zumindest betriebsbereit gehalten wird (vgl. VwGH 08.09.2009, 2009/17/0098).
Bei der dem Betrieb gleichzuhaltenden Betriebsbereitschaft wird es darauf ankommen, inwieweit durch geringfügigen Aufwand ein Rundfunkempfang ermöglicht werden kann. Darunter fallen etwa der Anschluss einer (Behelfs-)Antenne oder das Herstellen der Stromversorgung des Gerätes. Nicht gebührenpflichtig sind Geräte, die sich noch in der ungeöffneten Originalverpackung befinden (vgl. Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4 944).
Der Verwaltungsgerichtshof sprach hinsichtlich des Bestehens einer Gebührenpflicht Folgendes aus (vgl. VwGH 27.11.2014, Ro 2014/15/0040):
„Der Revisionswerber betreibt am Standort – nach seinem eigenen Vorbringen – einen alten ‚Röhren‘-Fernseher und empfängt im Wege einer digitalen Satellitenanlage Fernsehprogramme (aber nicht solche, die vom Versorgungsauftrag des ORF umfasst würden). Damit betreibt der Revisionswerber eine Rundfunkempfangseinrichtung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, 2009/17/0016: unabhängig davon, ob es sich bei den Darbietungen um solche des ORF handelt; vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 2006, G 85/05 u.a., VfSlg. 17.807) und ist sohin Rundfunkteilnehmer im Sinne des RGG.“
Im vorliegenden Fall verfügte der Beschwerdeführer am verfahrensgegenständlichen Standort unbestrittener Weise im März 2020 über eine Rundfunkempfangseinrichtung für Fernsehen (jedenfalls bis 20.03.2020). Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Rundfunkempfangseinrichtung in diesem Zeitraum zumindest betriebsbereit gehalten wurde, dh. durch geringfügigen Aufwand ein Rundfunkempfang (nicht notwendigerweise von Programmen des ORF) ermöglicht werden konnte, zumal der Beschwerdeführer die Möglichkeit des Anschlusses einer Spielekonsole ansprach und überdies in seinem verfahrenseinleitenden Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren ausdrücklich ankreuzte, dass er die Befreiung für Radio- und Fernseheinrichtungen beantrage.
Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im März 2020 Rundfunkteilnehmer im Sinne des RGG war und der Verpflichtung zur Entrichtung der Rundfunkgebühren unterlag.
Hinzu kommt Folgendes:
Gemäß § 31 Abs. 10 ORF-Gesetz (ORF-G) ist das Programmentgelt unabhängig von der Häufigkeit und der Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (§ 2 Abs. 1 RGG) an seinem Standort mit den Programmen des ORF gemäß § 3 Abs. 1 RGG terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird.
Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich dazu (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2015/15/0018), dass das Programmentgelt entsprechend dem Gesetzeswortlaut (und den bei der Interpretation berücksichtigten Erläuterungen des Initiativantrags) – anders als nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl I Nr. 126/2011 – keine Gegenleistung mehr für den Empfang der Programme des ORF, sondern für die Bereitstellung der Programme durch den ORF, also für die Versorgung des Standortes mit diesen Programmen darstellt. Damit kehrte der Gesetzgeber zur ursprünglichen Konzeption des Programmentgeltes zurück, wonach schon die Möglichkeit des Empfanges von ORF-Programmen (nunmehr unter der weiteren Voraussetzung, dass sich die Empfangsmöglichkeit der ORF-Programme ohne größeren Aufwand – beispielsweise mit der Anschaffung einer ORF-Karte – herstellen lasse) die Pflicht zur Leistung des Programmentgeltes begründet.
Zu berücksichtigen ist, dass – sobald keine Versorgung des Standortes eines Rundfunkteilnehmers gegeben ist (§ 31 Abs. 10 ORF-G) – auch keine Verpflichtung zur Entrichtung des Programmentgeltes besteht. Es gibt daher Konstellationen, in denen (infolge des Betriebes oder der Betriebsbereitschaft einer Rundfunkempfangseinrichtung) zwar der Tatbestand des Rundfunkteilnehmers nach dem RGG erfüllt ist (vgl. § 2 Abs. 1 RGG), jedoch keine „Programmteilnehmereigenschaft" gemäß § 31 ORF-G vorliegt. Diese wäre zB der Fall, wenn der Standort durch den ORF überhaupt nicht mit terrestrischen Signalen versorgt wird.
Dass der verfahrensgegenständliche Standort mit den Programmen des ORF gar nicht versorgt worden wäre bzw. werden würde, kam im Verfahren nicht hervor.
Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer im März 2020 Rundfunkteilnehmer im Sinne des RGG war und davon auszugehen ist, dass der verfahrensgegenständliche Standort mit den Hörfunk- und Fernsehprogrammen terrestrisch versorgt war bzw. wird, unterlag der Beschwerdeführer im März 2020 (auch) der Verpflichtung zur Entrichtung des Programmentgeltes für Radio und Fernsehen.
3.4.3. Zur fehlenden Anspruchsgrundlage des Beschwerdeführers im März 2020
Aus der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 18.06.2014, G5/2014) ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht in jenem Falle, dass der Sachentscheidung der Verwaltungsbehörde res judicata entgegenstand oder eine sonstige Prozessvoraussetzung fehlte, keine prozessuale, sondern eine meritorische und (grundsätzlich auch) reformatorische Entscheidung in Form eines Erkenntnisses zu treffen hat. Das Verwaltungsgericht hat dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag zurückzuweisen (vgl. VwGH 24.01.2018, Ra 2016/01/0127, mit Verweis auf VfGH 18.06.2014, G5/2014, wonach § 28 VwGVG dem Verwaltungsgericht gebietet, bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 130 Abs. 4 B-VG die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags zum Inhalt seiner Sachentscheidung zu machen, wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hervorkommt, dass es schon bei Bescheiderlassung durch die belangte Behörde an einer Prozessvoraussetzung mangelte).
Mit am 19.02.2020 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte der Beschwerdeführer die Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für seine Fernseh- und Radioempfangseinrichtungen. Dem verfahrenseinleitenden Antrag des Beschwerdeführers war ein an den Beschwerdeführer adressierter Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 06.09.2019 über die Abweisung des Antrags auf Studienbeihilfe und die Gewährung eines Studienzuschusses als Rückvergütung des Studienbeitrages für das Wintersemester 2019 und das Sommersemester 2020 beigelegt.
Vor dem Hintergrund, dass in dem vorgelegten Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 06.09.2019 dem Beschwerdeführer keine Studienbeihilfe zuerkannt wurde und die Gewährung eines Studienzuschusses gemäß § 52c Studienförderungsgesetz 1992 nicht das Vorliegen von sozialer Bedürftigkeit gemäß § 6 Z 1 Studienförderungsgesetz 1992 voraussetzt (vgl. § 52c Abs. 3 Studienförderungsgesetz 1992), vermag dieser Bescheid der Studienbeihilfenbehörde dem Beschwerdeführer keinen Nachweis über einen (im Zeitpunkt der Antragstellung bzw. im März 2020 aufrechten) Bezug einer sozialen Transferleistung der öffentlichen Hand zu vermitteln.
Mit diesem vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Bescheid wurde dem verfahrenseinleitenden Antrag daher kein tauglicher Nachweis hinsichtlich des Vorliegens eines Befreiungsgrundes angeschlossen.
An dieser Stelle ist der Beschwerdeführerin grundsätzlich auf Folgendes hinzuweisen:
Für die Gewährung einer Rundfunkgebührenbefreiung sieht die FGO – zusätzlich zum Nachweis des Bezugs einer anspruchsbegründenden Leistung – als Voraussetzung vor, dass das Haushalts-Nettoeinkommen aller mit dem Antragsteller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen die maßgebliche gesetzliche Betragsgrenze gemäß § 48 FGO nicht überschreitet und dass ferner die Voraussetzungen des § 49 FGO für eine Gebührenbefreiung vorliegen (vgl. VwGH 20.11.2019, Ro 2018/15/0016).
Folglich setzt die Zuerkennung der Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren zunächst den Bezug einer sozialen Transferleistung der öffentlichen Hand im Sinne des § 47 Abs. 1 FGO voraus; eine schlechte bzw. schwierige finanzielle Lage allein kann daher nicht unmittelbar zur Zuerkennung einer Gebührenbefreiung führen (vgl. zB BVwG 14.09.2020, W194 2232264-1; 18.07.2019, W120 2220143-1; 25.07.2017, W219 2159681-1).
Trotz nicht erfolgter Vorlage eines Nachweises über den Bezug einer sozialen Transferleistung öffentlicher Hand im Zuge der verfahrensgegenständlichen Antragstellung wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde kein expliziter Mängelbehebungsauftrag erteilt.
Vor diesem Hintergrund wurde der Beschwerdeführer mit den Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.10.2020 und vom 15.02.2021 aufgefordert, diesem den Bezug einer der in § 47 Abs. 1 FGO genannten sozialen Transferleistungen öffentlicher Hand bekanntzugeben und nachzuweisen (beispielsweise durch Vorlage eines Bescheides der Studienbeihilfenbehörde über die Zuerkennung von Studienbeihilfe, einer Rezeptgebührenbefreiung, eines Mindestsicherungsbescheides, einer Bezugsbestätigung des AMS etc.).
Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer diese Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht erfüllte bzw. in seiner Stellungnahme ausdrücklich festhielt, dass es nicht darum gehe, „irgendwelche Nachweise über Studienbeihilfebezug vorzulegen oder sonstige soziale Leistungen“, und somit im gegenständlichen Verfahren die entsprechenden Prozessvoraussetzungen fehlten, ist die Beschwerde betreffend den Antrag auf Gewährung einer Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren dahingehend abzuweisen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides auf Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags vom 19.02.2020 abzuändern ist (vgl. zu dieser Vorgehensweise VfGH 18.06.2014, G5/2014).
3.5. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall (auch mangels eines Parteienantrags) gemäß § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG abgesehen werden.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 27.08.2019, Ra 2018/08/0188).
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung ergeht aufgrund einer eindeutigen Rechtslage und folgt der zitierten Judikatur.
Schlagworte
angemessene Frist Berechnung Einkommensnachweis Gebührenpflicht Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Nettoeinkommen neuerliche Antragstellung Rundfunkempfang Rundfunkgebührenbefreiung Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W194.2233679.1.00Im RIS seit
18.08.2021Zuletzt aktualisiert am
18.08.2021