Entscheidungsdatum
24.03.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W193 2155743-1/567E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER-REISENBERGER über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21.02.2017, Zl. XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umwelt-verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, den Beschluss:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
I.1. Mit Schreiben vom 04.04.2017 erhob die im Spruch genannte Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) gemeinsam mit einer Vielzahl an weiteren Personen, vertreten durch Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung als UVP-Behörde vom 21.02.2017, Zl. XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
I.2. Nach Behebung der diesbezüglich ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungs-gerichts vom 29.11.2017, W193 2155743-1/14E, durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/05/0013-17) wurde das Verfahren neuerlich am Bundesverwaltungsgericht anhängig.
I.3. Mit Schreiben vom 01.07.2020 teilte die Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG mit, dass die Mandatsverhältnisse im gegenständlichen Beschwerdeverfahren beendet wurden.
I.4. Aufgrund der Vollmachtsbeendigung und der dadurch geänderten Zustellverhältnisse führte das Bundesverwaltungsgericht Ermittlungen zum Wohnsitz der BF durch. Dabei wurde festgestellt, dass sich der Wohnsitz der BF seit der Beschwerdeerhebung nach außerhalb des Vorhabensgebietes verlagert hat.
I.5. In weiterer Folge informierte das Bundesverwaltungsgericht die BF von den geänderten Vertretungsverhältnissen und über die Ergebnisse der Wohnsitzermittlungen. Unter Hinweis darauf, dass der nachträgliche Wegfall der Nachbareigenschaft zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens führen kann, wurde der BF die Möglichkeit eingeräumt zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen.
I.6. Eine Stellungnahme der BF zu den Ermittlungsergebnissen erfolgte nicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die im Spruch genannte BF erhob gemeinsam mit einer Vielzahl an weiteren Personen, vertreten durch Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung als UVP-Behörde vom 21.02.2017, Zl. XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
Die Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG teilte dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 01.07.2020 mit, dass die Mandatsverhältnisse im gegenständlichen Beschwerdeverfahren beendet wurden.
In Folge der Auflösung der Vertretungsverhältnisse hat das Bundesverwaltungsgericht Ermittlungen zu den Wohnsitzangaben der BF durchgeführt. Zu den durchgeführten Ermittlungen wird festgestellt:
Die BF hat ihren Wohnsitz nach Einbringung der Bescheidbeschwerde verändert. Die BF ist seit 15.01.2020 im 21. Wiener Gemeindebezirk gemeldet. Ihr gewöhnlicher Aufenthalt liegt außerhalb des Vorhabensgebiets; eine (denkmögliche) Betroffenheit durch das Vorhaben besteht nicht mehr. Eine Gefährdung oder Belästigung der BF durch das Vorhaben bzw. eine Beeinträchtigung dinglicher Rechte kommt nicht weiter in Betracht.
Der BF wurden die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.08.2020 zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme erfolgte nicht.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungs- und des Beschwerdeverfahrens und blieb sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren unbestritten. Der gewöhnliche Aufenthalt der BF außerhalb des Vorhabensgebiets ergibt sich dabei insbesondere aus den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen aus den amtlichen Datenbanken (ZMR).
3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:
Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 i.d.F. BGBl. I Nr. 95/2013 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt im Feststellungsverfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG geregelt (§ 1). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, oder wenn es dies für erforderlich, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt – ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
II.3.2. Zu A)
Eine Einstellung eines Verfahrens ist dann vorzunehmen, wenn ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren gegangen ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 28 VwGVG, Rz 18 ff). Dies liegt unter anderem dann vor, wenn der Beschwerdeführer (wegen des Wegfalls der Beschwer) klaglos gestellt ist.
Die Einstellung des Verfahrens kommt dabei (in analoger Anwendung des § 33 VwGG) sowohl bei formeller Klaglosstellung wegen Beseitigung des für den Beschwerdeführer belastenden Abspruchs (etwa durch die Verwaltungsbehörde bzw. sachliche Oberbehörde gemäß § 68 AVG) als auch bei materieller Klaglosstellung wegen Wegfall des Rechtsschutzinteresses in Betracht (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2015/11/0027; 31.01.2018, Ra 2018/10/0022; Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2, § 28 VwGVG, Anm. 5).
Gemäß § 3 Abs. 9 UVP-G 2000 sind ua. Nachbarn iSd § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 berechtigt Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, wenn die Behörde gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 feststellt, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Die Eigenschaft als Nachbar/Nachbarin bildet daher maßgebliche Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation. Gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 gelten als Nachbarn/Nachbarinnen Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind.
Bei seiner Beurteilung hat das Verwaltungsgericht dabei die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt zu berücksichtigen. Ob jemandem Parteistellung im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht zukommt, ist somit nach der im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses bzw. des Beschlusses geltenden Sach- und Rechtslage zu beurteilen (vgl. VwGH 10.12.2013, 2010/05/0145 hinsichtlich der Parteistellung des Nachbarn im Bauverfahren).
Im Anlassfall hat die BF nach Erhebung der Beschwerde ihren Wohnsitz verlagert. Ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat die BF nicht mehr im Vorhabensgebiet, weshalb eine Gefährdung oder Belästigung der BF durch die Errichtung oder den Betrieb des Vorhabens nicht weiter in Betracht kommt. Auch eine mögliche Beeinträchtigung dinglicher Rechte der BF ist im Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen und wurde ein solche auch nicht behauptet.
Da die BF im Zeitpunkt der hiergerichtlichen Entscheidung nicht mehr Nachbarin des verfahrensgegenständlichen Vorhabens ist, ist sie durch den bekämpften UVP-Feststellungsbescheid nicht mehr rechtlich beschwert. Mangels Nachbareigenschaft fehlt es ihr nunmehr am rechtlichen Interesse hinsichtlich des in Beschwerde gezogenen UVP-Feststellungsbescheides. Durch den Wegfall der Nachbareigenschaft ist die BF nicht mehr Partei des Beschwerdeverfahrens; ihre Beschwerdelegitimation gegen den UVP-Feststellungsbescheid ist nachträglich weggefallen.
Aufgrund des Wegfalls des Rechtsschutzinteresses war das Beschwerdeverfahren der BF daher mit Beschluss einzustellen.
II.3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die oben zitierte Judikatur des VwGH; insbesondere VwGH 28.01.2016, Ra 2015/11/0027; 31.01.2018, Ra 2018/10/0022; 10.12.2013, 2010/05/0145) noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Beschwerdelegimitation Beschwerderecht Betroffenheit Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Klaglosstellung mangelnde Beschwer Nachbarrechte Parteistellung Umweltverträglichkeitsprüfung Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtschutzinteresses Wegfall rechtliches Interesse WohnsitzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W193.2155743.1.06Im RIS seit
18.08.2021Zuletzt aktualisiert am
18.08.2021