Entscheidungsdatum
16.04.2021Norm
AMG §20Spruch
W147 2240632-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Stephan KANHÄUSER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX in XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) vom 19. Jänner 2021, Grundzahl: 922990, Verfahren: 6792701, betreffend den Antrag auf Verlängerung der Zulassung von „ XXXX “, Z.-Nr.: XXXX , gemäß § 20 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes 1983,
A) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/201, mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides nunmehr zu lauten hat:
„Der Antrag vom 3.1.2011 auf Verlängerung der Zulassung von XXXX , Z.-Nr.: XXXX , wird gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG, BGBl. Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, iVm § 94c Abs. 11 Arzneimittelgesetzes 1983 AMG, BGBl. Nr. 185 in der Fassung BGBl. I Nr. 143/2009, und § 20 Abs. 2 AMG, BGBl. Nr. 185 in der Fassung BGBl. I Nr. 162/2013, zurückgewiesen.“
B) beschlossen:
Der Antrag auf Zuerkennung einer Übergangsfrist bis zur Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel wird gemäß § 28 VwGVG iVm § 31 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, zurückgewiesen.
C) Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung 22/2018, nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit am 3. Januar 2011 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben beantragte die beschwerdeführende Partei als Zulassungsinhaberin die Verlängerung der Zulassung für die verfahrensgegenständliche Arzneispezialität und weitere Arzneispezialitäten gemäß § 20 Abs. 2 AMG.
2. Mit Aufforderung zur Stellungnahme bzw. Unterlagenvorlage der belangten Behörde vom 11. Dezember 2019 wurde die beschwerdeführende Partei – nach mehrmals gewährter Fristverlängerung zur Urkundenvorlage vom 7. August 2017, vom 17. Oktober 2017 sowie 19. Dezember 2017, letztmalig aufgefordert, bis zum 31. Januar 2020 folgende ergänzenden bzw. korrigierten Unterlagen vorzulegen, widrigenfalls nach fruchtlosem Ablauf der Frist die vorliegende Sachlage als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen sei und die Verlängerung der Zulassung zu versagen wäre:
„1. Für alle genannten Arzneispezialitäten sind Unterlagen zur Qualität der Wirkstoffe und des Fertigproduktes in jenem Umfang und jener Datenqualität nachzureichen, wie sie in den allgemein formulierten Nachforderungsschreiben vom Frühjahr 2015 und den speziellen Nachforderungsschreiben zu […] vom 6.6.2018 und 6.6.2019 definiert wurden.
2. Für alle genannten Arzneispezialitäten ist, da es sich um zugelassene Arzneispezialitäten handelt, der Nachweis der klinischen Wirksamkeit auf Basis leitlinienkonformer klinischer Prüfungen zu belegen. Dieser Nachweis kann auch auf bibliographischer Basis erbracht werden.“
3. Am 31. Januar 2020 langten Unterlagen zur verfahrensgegenständlichen Arzneispezialität bei der belangten Behörde ein, aus denen jedoch keine Daten aus kontrollierten klinischen Prüfungen oder bibliographischen Daten zu entnehmen sind.
4. Ein von der belangten Behörde zur verfahrensgegenständlichen Arzneispezialität verfasstes „Gutachten“ merkt an, dass aus gutachterlicher Sicht in Ermangelung der Vorlage von Daten zum Beleg der Wirksamkeit nach dem Stand der Wissenschaft die klinische Wirksamkeit der Arzneispezialität nicht belegt werden könne. Eine Verlängerung der Zulassung könne aus medizinischer Sicht nicht empfohlen werden.
5. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom 3. Januar 2011 auf Verlängerung für die Zulassung der verfahrensgegenständlichen Arzneispezialität gemäß § 20 Abs. 2 des Arzneimittelgesetzes 1983 (AMG) idgF ab. Die belangte Behörde stützte ihre Bescheidbegründung auf den unvollständigen Antrag der beschwerdeführenden Partei. Trotz mehrfacher Aufforderung durch die belangte Behörde sei dieser Antrag im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht verbessert worden.
6. Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2021 erhob die beschwerdeführende Partei fristgerecht verfahrensgegenständliche Beschwerde und monierte im Wesentlichen, dass das Arzneimittelgesetz klinische Daten bei einer Zulassungsverlängerung nicht fordere. Die beschwerdeführende Partei habe alle relevanten Daten für eine Verlängerung der Zulassung übermittelt. Die beschwerdeführende Partei führte im weiteren aus, dass diese eine Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittels gemäß § 12 AMG parallel eingereicht habe. Sollte die Beschwerde abgewiesen werden, beantrage die beschwerdeführende Partei eine Übergangsfrist des jetzigen Produktes bis zur Registrierung als traditionelles pflanzliches Arzneimittel.
7. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom 22. Dezember 2020 und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am 23. Dezember 2020 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die verfahrensgegenständliche Arzneispezialität „ XXXX “ wurde am 11. Oktober 1962 gemäß der damals geltenden Rechtslage zugelassen (Z.-Nr.: XXXX ).
Mit Eingabe vom 3. Januar 2011 beantragte die beschwerdeführende Partei als Zulassungsinhaberin die Verlängerung der Zulassung für die verfahrensgegenständliche Arzneispezialität.
Diesem verfahrenseinleitenden (Verlängerungs-)Antrag waren nicht alle Unterlagen beigeschlossen, die für eine inhaltliche Entscheidung notwendig gewesen wären. Trotz mehrfacher Aufforderung und Fristverlängerung durch die belangte Behörde erbrachte die beschwerdeführende Partei binnen der gesetzten Frist und bis zur Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides die geforderten Nachweise nicht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde sowie den von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Unterlagen.
Die beschwerdeführende Partei hat es unterlassen, im verwaltungsbehördlichen Verfahren die notwendigen Unterlagen für die Verlängerung der Zulassung vorzulegen.
Dass der beschwerdeführenden Partei wiederholt Fristverlängerungen nach erfolgter Aufforderung zur Stellungnahme bzw. Unterlagenvorlage betreffend den Verlängerungsantrag seitens der belangten Behörde gewährt wurde, ergibt sich aus dem vorgelegten E-Mail-Verkehr zwischen der belangten Behörde und der beschwerdeführenden Partei. Aus diesem E-Mail-Verkehr ist insbesondere zu entnehmen, dass der beschwerdeführenden Partei Fristverlängerungen von der ursprünglichen Frist von 13. September 2017 bis 13. November 2017, bis 13. Januar 2018 und bis 13. März 2018 (sohin von gesamt sechs Monaten) gewährt wurden.
Den am 31. Januar 2020 von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Datenblättern sind keine Daten aus kontrollierten klinischen Prüfungen oder bibliographischen Daten zu entnehmen und wird dies auch durch die beschwerdeführende Partei in ihrer Rechtsmittelschrift nicht bestritten. Die beschwerdeführende Partei hat daher im verwaltungsbehördlichen Verfahren keine Unterlagen vorgelegt, aus denen zu ermitteln wäre, ob die Zulassungs- bzw. Registrierungsvoraussetzungen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaften gegeben sind.
Die Fristsetzung zur Behebung des Formgebrechens dient ausschließlich dem Zweck, bereits vorhandene Unterlagen vorzulegen, die entsprechend der gesetzlichen Grundlagen bereits mit der Antragstellung vorzulegen sind.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1 Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Artikel 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 und des IV. Teiles, sowie im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
§ 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG lauten wortwörtlich:
"(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist."
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Grundlage des vorliegenden Verfahrens ist das Arzneimittelgesetz - AMG, BGBl Nr. 185/1983 in der Fassung BGBl. I Nr. 162/2013. Es enthält keine Sonderbestimmungen für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, sodass im gegenständlichen Verfahren Einzelrichterzuständigkeit vorliegt.
Gemäß § 6a Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH errichtet und das Bundesamt für Ernährungssicherheit sowie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen eingerichtet werden (Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz - GESG), BGBl. I Nr. 63/2002 in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2017, obliegt dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen die Vollziehung derjenigen Aufgaben, die ihm in den nachfolgenden Bundesgesetzen zugewiesen sind: Z 1 Arzneimittelgesetz, BGBl. Nr. 185/1983.
3.2. Anzuwendendes Recht:
§ 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl Nr. 51 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, lautet:
„(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 2. März 1983 über die Herstellung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz – AMG), lauten wie folgt:
„Gültigkeit der Zulassung und Registrierung
§ 20. (1) Eine Zulassung einer Arzneispezialität und eine Registrierung einer traditionellen pflanzlichen, homöopathischen oder apothekeneigenen Arzneispezialität sind grundsätzlich fünf Jahre gültig.
(2) Der Zulassungsinhaber einer Humanarzneispezialität bzw. der Registrierungsinhaber einer traditionellen pflanzlichen, homöopathischen oder apothekeneigenen Arzneispezialität kann beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen frühestens vier Jahre nach Rechtskraft des Zulassungs- bzw. Registrierungsbescheides bis spätestens neun Monate vor Ablauf von fünf Jahren nach Rechtskraft des Zulassungs- bzw. Registrierungsbescheides den Antrag auf Verlängerung der Zulassung bzw. Registrierung stellen, wenn die Zulassungs- bzw. Registrierungsvoraussetzungen nach dem Stand der Wissenschaften gegeben sind. Zu diesem Zweck hat der Zulassungs- bzw. Registrierungsinhaber eine konsolidierte Fassung der Zulassungs- bzw. Registrierungsunterlagen in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit vorzulegen, in der alle seit Erteilung der Zulassung bzw. Registrierung vorgenommenen Änderungen berücksichtigt wurden. Darin sind auch die Bewertungen von Daten aus den Berichten über vermutete Nebenwirkungen und den regelmäßigen aktualisierten Berichten über die Unbedenklichkeit von Arzneimitteln zu berücksichtigen. Wird eine konsolidierte Fassung dieser Unterlagen rechtzeitig und vollständig vorgelegt, so bleibt die Zulassung bzw. Registrierung bis zur Entscheidung des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen über die Verlängerung der Zulassung bzw. Registrierung gültig.
(3) Der Zulassungsinhaber einer Tierarzneispezialität bzw. der Registrierungsinhaber einer homöopathischen Arzneispezialität kann beim Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen frühestens vier Jahre nach Rechtskraft des Zulassungs- bzw. Registrierungsbescheides bis spätestens sechs Monate vor Ablauf von fünf Jahren nach Rechtskraft des Zulassungs- bzw. Registrierungsbescheides den Antrag auf Verlängerung der Zulassung bzw. Registrierung stellen, wenn die Zulassungs- bzw. Registrierungsvoraussetzungen nach dem letzten Stand der Wissenschaften gegeben sind. Zu diesem Zweck hat der Zulassungsinhaber eine konsolidierte Liste aller übermittelten Unterlagen in Bezug auf Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit vorzulegen, in der alle seit Erteilung der Zulassung vorgenommenen Änderungen berücksichtigt wurden. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen kann den Zulassungsinhaber jederzeit auffordern, die aufgelisteten Unterlagen vorzulegen. Wird eine konsolidierte Liste dieser Unterlagen rechtzeitig vorgelegt, so bleibt die Zulassung bis zur Entscheidung des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen über die Verlängerung der Zulassung gültig.
(3a) Der Zulassungsinhaber bzw. Registrierungsinhaber kann die Änderung des in Abs. 2 und 3 vorgesehenen Zeitraums beantragen, was der Zustimmung des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen bedarf.
(4) Wird die Zulassung bzw. Registrierung gemäß Abs. 2 und 3 vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen verlängert, so gilt diese ohne zeitliche Begrenzung, sofern nicht das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen aus Gründen der Pharmakovigilanz, einschließlich einer zu geringen Anzahl an Personen, bei denen die betreffende Arzneispezialität angewendet wird, eine weitere Befristung von fünf Jahren festsetzt.
Übergangsregelungen zur Novelle BGBl. I Nr. 153/2005
§ 94c.
(1) […]
(11) Für die in § 94a Abs. 2 genannten Arzneispezialitäten, deren Vorlage nicht durch Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Frauen angeordnet wurde, muss bei sonstigem Erlöschen der Zulassung bis spätestens 1. Jänner 2011 der Antrag auf Verlängerung der Zulassung unter Vorlage der in § 20 Abs. 2 und 3 genannten Unterlagen beantragt werden. Der Zeitpunkt der Antragstellung berechnet sich aus einem Vielfachen von fünf Jahren ab dem Datum der Zulassung. Wird zu diesem Zeitpunkt kein Antrag auf Verlängerung der Zulassung gestellt, so kann die Arzneispezialität bis 1. Jänner 2011 zwar weiter in Verkehr gebracht werden, eine Verlängerung der Zulassung gemäß § 20 ist aber nicht mehr möglich.
[…]“
3.4. Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde:
1. In Bezug auf den Beschwerdefall enthält das AMG für den Zulassungsinhaber die Verpflichtung gemäß § 94c Abs. 11 AMG bis spätestens 1. Jänner 2011 den Antrag auf Verlängerung der Zulassung unter Vorlage der in § 20 Abs. 2 und 3 genannten Unterlagen zu beantragen.
Voraussetzung für eine Verlängerung ist grundsätzlich, dass die Zulassungs- bzw. Registrierungsvoraussetzungen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaften gegeben sind. Der Zulassungsinhaber hat gemäß § 20 Abs. 2 AMG eine konsolidierte Fassung der Zulassungsunterlagen in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit vorzulegen, in der alle seit Erteilung der Zulassung bzw. Registrierung vorgenommenen Änderungen berücksichtigt wurden. Darin sind auch die Bewertungen von Daten aus den Berichten über vermutete Nebenwirkungen und den regelmäßigen aktualisierten Berichten über die Unbedenklichkeit von Arzneimitteln zu berücksichtigen. Wird eine konsolidierte Fassung dieser Unterlagen rechtzeitig und vollständig vorgelegt, so bleibt die Zulassung bzw. Registrierung bis zur Entscheidung des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen über die Verlängerung der Zulassung bzw. Registrierung gültig.
2. Von der beschwerdeführenden Partei wurden im Zeitpunkt ihrer Antragstellung die erforderlichen Unterlagen gemäß § 20 Abs. 2 AMG nicht erbracht, um zu eruieren, ob die Zulassungs- bzw. Registrierungsvoraussetzungen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaften zu diesem Zeitpunkt gegeben sind.
3. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2020 wurde die beschwerdeführende Partei von der belangten Behörde (nach drei gewährten Fristverlängerungen) letztmalig zur Stellungnahme bzw. Unterlagenvorlage bis zum 31. Januar 2020 aufgefordert, widrigenfalls nach fruchtlosem Ablauf der Frist aufgrund der vorliegenden Sachlage die Verlängerung der Zulassung zu versagen wäre.
4. Die beschwerdeführende Partei übermittelte hierauf unvollständige Unterlagen.
5. Da von der beschwerdeführenden Partei bis zur Bescheiderlassung die geforderten Nachweise nicht erbracht wurden, wies die belangte Behörde in der Folge ihren Antrag auf Verlängerung gemäß § 20 Abs. 2 AMG für die Zulassung der verfahrensgegenständlichen Arzneispezialität ab.
Richtigerweise hätte der Antrag jedoch zurückgewiesen werden müssen. Ein bloßes Vergreifen im Ausdruck durch die Behörde, die statt zurück- abgewiesen hat, macht einen Bescheid aber nicht rechtswidrig, wenn aus der Begründung der Zurückweisungswille hervorgeht (VwGH 26.04.1996, 94/17/0378, mHa VfGH 30.06.1994, B 1219/93).
Da sich die belangte Behörde im bekämpften Bescheid ausschließlich mit der Frage der Zulässigkeit des Antrags auseinandergesetzt hat und eine inhaltliche Überprüfung in Ermangelung des Vorliegens aller notwendigen Unterlagen nicht eingetreten ist, ist im vorliegenden Fall der Zurückweisungswille der bescheiderlassenden Behörde klar erkennbar.
6. Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückweist, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115; 18.12.2014, Ra 2014/07/0002).
Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags durch die belangte Behörde wegen der Nichterbringung der in § 20 Abs. 2 AMG geforderten Nachweise zu Recht erfolgt ist.
Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
7. Unter Zugrundelegung der vorgenannten Judikatur lag im Beschwerdefall ein Mangel des verfahrenseinleitenden Antrags vor, weshalb auch der Verbesserungsauftrag der belangten Behörde erforderlich war. Die gesetzte Frist zur Vorlage der Unterlagen war angemessen. Die beschwerdeführende Partei erfüllte diesen Verbesserungsauftrag trotz hinreichend konkreter Aufforderung nicht.
In der vorliegenden, rechtzeitig eingebrachten und zulässigen Beschwerde macht die beschwerdeführende Partei nicht geltend, dass sie die geforderten Unterlagen innerhalb der von der belangten Behörde gesetzten Frist zur Nachreichung von Unterlagen vollständig nachgereicht habe.
Es ist sohin unstrittig, dass die beschwerdeführende Partei im Verfahren vor der belangten Behörde, trotz hinreichend konkreter Aufforderung durch die belangte Behörde, die gemäß § 20 Abs. 2 AMG erforderlichen Unterlagen trotz mehrfacher Fristverlängerung nicht innerhalb der von der belangten Behörde gesetzten Frist erbracht hat.
8. Da die Zurückweisung (fälschlicherweise als "Abweisung" bezeichnet) daher zu Recht erfolgte, war die Beschwerde mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides auf "Zurückweisung" abgeändert wurde, als unbegründet abzuweisen (VfGH 18.06.2014, G 5/2014).
3.5. Zu Spruchteil B:
Wie dargetan ist Sache ausschließlich die Frage, ob die Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der mit Verbesserungsauftrag aufgetragenen Nachweise zu Recht erfolgt ist, Beschwerdegegenstand. Aufgrund dieses eingeschränkten Beschwerdegegenstandes ist dem Bundesverwaltungsgericht ein Eintreten zur Frage der Zuständigkeit des Antrages auf Gewährung einer Übergangsfrist und eine inhaltliche Entscheidung verwehrt und der Antrag zurückzuweisen.
3.6. Absehen vom Durchführen einer mündlichen Verhandlung:
Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist im vorliegenden Fall geklärt.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall von einer mündlichen Verhandlung absehen, weil die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
4. Zu Spruchteil C) Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren war die Rechtsfrage zu klären, ob die Zurückweisung des Verlängerungsantrages der Zulassungsinhaberin durch die belangte Behörde wegen Nichterbringung der mit Verbesserungsauftrag aufgetragenen Nachweise zu Recht erfolgte.
Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
angemessene Frist Arzneimittel Fristverlängerung Gutachten Mängelbehebung Mängelbeseitigung mangelhafter Antrag Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Prüfung Registrierung Übergangsfrist Unvollständigkeit unzulässiger Antrag Unzuständigkeit BVwG Verbesserungsauftrag Verlängerungsantrag Vorlagepflicht Zulassung ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W147.2240632.1.00Im RIS seit
18.08.2021Zuletzt aktualisiert am
18.08.2021