Entscheidungsdatum
06.05.2021Norm
AVG §69Spruch
W228 2242142-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , SVNR: XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion Oberösterreich vom 09.04.2021, Zl. XXXX , gem. § 69 AVG zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
Mit Bescheid der Bildungsdirektion Oberösterreich vom 23.05.2019, Zl. XXXX , wurden aufgrund des Antrags vom 14.05.2019 gem. § 53 Abs. 2 lit. h PG 1965 iVm § 56 Abs. 3b PG 1965 10 Monate und 16 Tage nachträglich als Ruhegenussvordienstzeit angerechnet, sodass das Ausmaß der angerechneten Ruhegenussvordienstzeit nunmehr 14 Jahre und 5 Monate betrage. Es wurde dem Beschwerdeführer ein besonderer Pensionsbeitrag von € 12.536,35 vorgeschrieben.
Mit Eingabe vom 30.03.2021 stellte der BF einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 AVG. Begründend wurde ausgeführt, dass der Antrag auf Nachkauf von Beitragszeiten zwecks Antritts der Korridorpension per 30.09.2020 gestellt worden sei. Er übe jedoch seine Tätigkeit mangels Nachfolgers länger aus. Die Unabkömmlichkeit werde mit Schreiben der Schulleitung vom 17.03.2021 bestätigt. Außerdem fehle die Anrechnung von Zeiten, welche mit Schreiben vom 12.07.2020 beantragt wurde.
Mit Bescheid der Bildungsdirektion Oberösterreich vom 09.04.2021, Zl. XXXX , wurde der Wiederaufnahmeantrag abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Mangel eines Nachfolgers und die dringend notwendige weitere Tätigkeit und Unabkömmlichkeit des BF sowie die persönliche und freiwillige Entscheidung des Beschwerdeführers, keinen Ruhestandsversetzungsantrag gemäß den Bestimmungen der Korridorpension zu stellen, keinen Wiederaufnahmegrund darstellten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.04.2021 fristgerecht Beschwerde. Darin führte dieser grundsätzlich wie bisher aus und ergänzte, dass ohne Antrag vom 14.05.2019 er nicht ausreichend ruhegenussfähige Vordienstzeiten für eine Korridorpension hätte. Aus dem Bescheid vom 23.05.2019 sei ihm ein rechtlich, jedoch nutzloser Vorteil entstanden. Zum Zeitpunkt dieses Bescheides war die Frist zur Inanspruchnahme der Korridorpension noch offen, weshalb Rechtsmittel damals nicht sinnvoll gewesen seien. Da weder dem Dienstgeber noch ihm Vorteile entstanden seien, lägen die Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme vor. Dies gelte auch dann, wenn dem Antrag auf Wiederaufnahme nicht Folge geleistet werde.
Die Bildungsdirektion Oberösterreich legte die Beschwerde sowie den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Diese langten am 04.05.2021 ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Mit Bescheid der Bildungsdirektion Oberösterreich vom 23.05.2019, Zl. XXXX , wurden aufgrund des Antrags vom 14.05.2019 gem. § 53 Abs. 2 lit. h PG 1965 iVm § 56 Abs. 3b PG 1965 10 Monate und 16 Tage nachträglich als Ruhegenussvordienstzeit angerechnet, sodass das Ausmaß der angerechneten Ruhegenussvordienstzeit nunmehr 14 Jahre und 5 Monate beträgt. Es wurde ein besonderer Pensionsbeitrag von € 12.536,35 vorgeschrieben. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer hat keinen Ruhestandsversetzungsantrag gemäß den Bestimmungen der Korridorpension per 30.09.2020 gestellt. Er befindet sich weiterhin im aktiven Dienststand.
Der Beschwerdeführer hat eine weitere Anrechnung von Zeiten mit Schreiben vom 12.07.2020 beantragt.
2. Beweiswürdigung:
Die oben angeführten Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.
Der Bescheidinhalt ergibt sich aus dem Akt. Die Rechtskraft wurde seitens des Beschwerdeführers nicht bestritten und ergibt sich überdies aus dem dazu gestellten Wiederaufnahmeantrag des Beschwerdeführers.
Das Fehlen des Ruhestandsversetzungsantrages gemäß den Bestimmungen der Korridorpension per 30.09.2020 ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren, ebenso wie die Ausführungen zum Antrag vom 12.07.2020.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Somit liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Zum Verfahrensgegenstand:
Der VwGH führt in seiner Entscheidung vom 06.05.2020, Zl. Ra 2019/08/0114, aus: „Zur Sache des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht und dem äußersten Rahmen seiner Prüfbefugnis hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt, dass es sich dabei jedenfalls nur um jene Angelegenheit handelt, die den Inhalt des Spruchs des Ausgangsbescheides gebildet hat (vgl. etwa VwGH 9.9.2015, Ro 2015/03/0031-0032).“
Der verfahrensgegenständliche Bescheid hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des, mit Bescheid der Bildungsdirektion Oberösterreich vom 23.05.2019, Zl. XXXX , abgeschlossenen, Verfahrens gestellt. Die belangte Behörde hat darüber mit Bescheid vom 23.05.2019, Zl. XXXX , gem. § 69 AVG abgesprochen. Dieser Spruch bildet daher die Sache des Verfahrens. Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 68 AVG sind im Bescheid nicht enthalten und ergeben sich auch keine Anhaltspunkte aus dem Akt, das eine Anwendung seitens der Behörde angedacht war.
Daher erübrigt sich ein Eingehen auf das Vorbringen in der Beschwerde, dass weder dem Dienstgeber noch ihm Vorteile entstanden seien und die Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme vorlägen, da dies nicht Sache des Verfahrens ist.
Zur Sache:
Der verfahrensgegenständliche Antrag zielt darauf ab, das, mit Bescheid vom 23.05.2019, rechtskräftig abgeschlossene, vorangegangene Verfahren des Beschwerdeführers wiederaufzunehmen.
„Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 69 Abs 1 Z 2 AVG und § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG (zur Übereinstimmung der Tatbestände vgl VwGH 8. 9. 2015, Ra 2014/18/0089) setzt voraus, dass neue Tatsachen oder Beweise hervorgekommen sind, die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bzw des Erkenntnisses (Beschlusses) des VwG bereits bestanden, aber nicht bekannt waren und im Verfahren ohne Verschulden der Partei oder der Behörde bzw des VwG (vgl Rz 36 ff) nicht „geltend gemacht“ werden konnten. Es muss sich um Tatsachen oder Beweise handeln, die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl Hengstschläger/Leeb6 Rz 583; Kolonovits/Muzak/Stöger11 Rz 597; Reisner in Götzl et al2 VwGVG § 32 Rz 19; Schulev-Steindl6 Rz 342).
§ 69 Abs 1 Z 2 AVG und § 32 Abs 1 Z 2 VwGVG stellen auf die sog „nova reperta“ ab (VwSlg 7721 A/1970; VwGH 20. 2. 1992, 91/09/0196; 17. 2. 2006, 2006/18/0031; 26. 2. 2013, 2010/15/0064), deren Verwertung der Partei – ohne ihr Verschulden – erst nachträglich möglich wurde (VwGH 4. 7. 2000, 2000/05/0105; 19. 10. 2005, 2005/09/0140) bzw die der Behörde bzw dem VwG im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht zugänglich waren (VwGH 28. 3. 1990, 89/03/0283; 19. 1. 1999, 97/05/0115). Keinen Wiederaufnahmegrund bildet die neue Darstellung bereits bekannt gewesener Tatsachen oder die geänderte Würdigung bereits aufgenommener Beweise (vgl VwGH 13. 9. 1974, 1735/73). […]
Tatsachen, die erst nach Abschluss des Verfahrens entstanden sind, sog „nova causa superveniens“ oder „nova producta“, stellen, weil sie von der Rechtskraft des Bescheides bzw des Erkenntnisses des VwG nicht umfasst sind, keinen Grund für eine Wiederaufnahme des Verfahrens dar (VwGH 13. 10. 1980, 3073/80; 20. 2. 1992, 91/09/0196; 17. 2. 2006, 2006/18/0031; vgl auch Antoniolli/Koja 809; Hellbling 455; Hengstschläger/Leeb6 Rz 583; Kolonovits/Muzak/Stöger11 Rz 597; Schulev-Steindl6 Rz 342; Walter/Thienel AVG § 69 Anm 12). Tritt durch die neu entstandenen Tatsachen eine wesentliche Änderung der Sachlage ein, kann von der Behörde – auf Antrag oder von Amts wegen – eine neue Entscheidung getroffen werden, weil mangels Identität der Sache und res iudicata weder dem auf der Basis des geänderten Sachverhalts gestellten Antrag noch der neuen Entscheidung die Rechtskraft des Vorbescheides/Vorerkenntnisses im Wege steht (§ 68 Rz 23 ff; VwGH 24. 8. 2004, 2003/01/0431; 8. 9. 2015, Ra 2014/18/0089; 31. 3. 2016, 2013/07/0156; 9. 5. 2018, Ra 2018/12/0014). Dies gilt auch für eine neu entstandene Rechtslage. Rechtsänderungen sind keine neu entstandenen Tatsachen, sondern in einer Vielzahl von Fällen Grundlage für eine darauf beruhende neue Entscheidung (vgl VwGH 25. 7. 2007, 2006/11/0147; näher dazu § 68 Rz 32 ff). […]“ (Hengstschläger/Leeb, AVG § 69, Rz 28).
Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG setzt voraus, dass neue Tatsachen oder Beweise hervorgekommen sind, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits bestanden haben, aber nicht bekannt waren und im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht „geltend gemacht“ werden konnten. Es muss sich um Tatsachen oder Beweise handeln, die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, aber erst danach hervorgekommen sind.
Der Beschwerdeführer hat, wie den Feststellungen zu entnehmen ist, Umstände angeführt, die nach dem 23.05.2019 vorgefallen sind, nämlich die Nichtstellung des Ruhestandsversetzungsantrages gemäß den Bestimmungen der Korridorpension per 30.09.2020 sowie einen Antrag vom 12.07.2020. Daher kann es sich jedenfalls um keine „nova reperta“ handeln, die aber Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 69 AVG sind.
Auch sonst ergibt sich kein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines anderen Wiederaufnahmegrundes des § 69 AVG.
Der Bescheid der belangten Behörde war daher zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Kommentarliteratur, die sich auf Judikatur des VwGH stützt, zeigt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
nova producta Ruhegenussvordienstzeiten Ruhestandsversetzung WiederaufnahmeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W228.2242142.1.00Im RIS seit
18.08.2021Zuletzt aktualisiert am
18.08.2021