TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/28 W203 2227057-1

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Veröffentlicht am 28.05.2021
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Entscheidungsdatum

28.05.2021

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §53

Spruch


W203 2227057-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen die Spruchpunkte I. – IV. und VII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019, Zl. 1159877201 - 190779395 zu Recht:

A)

Die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 22.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Mit Bescheid vom 06.12.2018 wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 06.12.2019 erteilt.

Begründet wurde die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten damit, dass Gründe für die Annahme bestanden hätten, dass der Beschwerdeführer im Falle der Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung zum damaligen Zeitpunkt keine ausreichende Lebenssicherheit aufgrund seiner Minderjährigkeit vorgefunden hätte bzw. er bei einer Rückkehr in eine andere als seine Heimatprovinz in eine ausweglose Lage geraten wäre. Die Heimatprovinz des Beschwerdeführers Paktia habe zu den unruhigen Gebieten Afghanistans gezählt. Im Falle des Beschwerdeführers lägen besondere Umstände vor, die einer Rückkehr nach Afghanistan entgegengestanden hätten. Die Mutter, die Geschwister und weitere Verwandte des Beschwerdeführers würden noch in Paktia leben, dennoch lasse alleine schon die Sicherheitslage in dieser Provinz eine Rückkehr dorthin als objektiv gefährlich erscheinen. Der Beschwerdeführer könne eine zweijährige Schulbildung aufweisen und eine Berufserfahrung als Landwirt. Aufgrund seines Alters und der fehlenden familiären Anknüpfungspunkte in einer relativ friedlichen Provinz wie Kabul, Herat oder Balkh bestünden subjektive Umstände, welche seitens der belangten Behörde gegen eine Rückkehr sprechen würden. Es hätten subjektive Umstände vorgelegen, aufgrund derer man nicht ausschließen könne, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Minderjährigkeit im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan - selbst wenn er sich in einer relativ sicheren Provinz niederlassen würde - in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten würde.

3.       Aus einem mit 01.08.2019 datierten Aktenvermerk der belangten Behörde geht hervor, dass aufgrund von Informationen betreffend einen Abschlussbericht des Stadtpolizeikommandos Linz davon auszugehen sei, dass der Beschwerdeführer ein Verbrechen begangen habe und von einer Verurteilung durch ein Gericht auszugehen sei.

4.       Am 08.10.2019 wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Wels wegen dem Verbrechen der geschlechtlichen Nötigung gemäß §§ 15 Abs. 1, 202 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Höhe von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt.

5.       Am 15.10.2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Im Zuge dieser Befragung gab der Beschwerdeführer zusammengefasst – und für den gegenständlichen Fall maßgeblich - wie folgt an:

Er sei gesund, nehme keine Medikamente und absolviere keine Therapien. Der Beschwerdeführer habe keinen Kontakt zu seiner Familie und könne deswegen auch keine Dokumente vorlegen. Nachgefragt gab er an, dass er auf der Reise in Bulgarien aufgehalten worden sei und dort sei ihm „alles“ abgenommen worden - auch sein Handy - und deswegen habe er keine Nummer mehr von seiner Familie und könne diese nicht anrufen um Dokumente anzufordern. Seine Tazkira befinde sich bei seiner Familie. Seine Mutter, zwei Schwestern und zwei Brüder befänden sich noch in Afghanistan, vermutlich in Paktia, aber er habe keinen Kontakt zur Familie. Der Vater sei bereits verstorben. Es würden auch noch Onkel und Tanten in Afghanistan leben, auch zu diesen bestünde aber kein Kontakt. Als der Beschwerdeführer noch in Afghanistan gewesen sei, hätten „alle“ in Paktia gelebt, wo sie jetzt leben würden, wisse er nicht. Er habe zuletzt in Afghanistan vor seiner Ausreise Kontakt zur Familie gehabt. Er habe zwar Freunde in Afghanistan gehabt, aber zu diesen bestünde auch kein Kontakt mehr. Wenn er nach Afghanistan zurückkehren müsse, wisse der Beschwerdeführer nicht, wohin er gehen solle. Befragt zur gegen ihn erhobenen Anklage wegen geschlechtlicher Nötigung gemäß § 202 StGB gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht wisse, was genau passiert sei. Er habe erst einige Monate nach dem Vorfall von der Anzeige erfahren. Er sei dann zu seinem Anwalt gegangen und der habe gemeint, dass der Beschwerdeführer sich in der Verhandlung beim Opfer entschuldigen solle und dann „passe alles“. Er habe einen Fehler gemacht und werde in Zukunft keine Fehler mehr begehen, aber er erinnere sich nicht an den Vorfall. Er sei vom Gericht verurteilt worden, er habe „sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren“ erhalten. Der Anwalt habe dem Beschwerdeführer gesagt, dass er den Vorfall zugeben und sich entschuldigen solle, damit er eine geringere Strafe erhalte. Deswegen habe der Beschwerdeführer sich so vor Gericht geäußert. Er sei damals unter dem Einfluss von Drogen gestanden und könne sich deswegen nicht erinnern. Der Anwalt habe gemeint, dass es stark danach aussehe, dass der Beschwerdeführer sowas getan habe, deshalb habe er es dann auch zugegeben. Wenn er es nicht zugegeben hätte, dann hätte er nicht freikommen können und dann hätte er keine bedingte, sondern eine unbedingte Strafe bekommen. Der Beschwerdeführer habe sich in der Verhandlung auch entschuldigt. Dies sei „die erste Sache“ gewesen, wegen der er vor Gericht habe müssen. Zwischen seinen Freunden und ihm seien schon öfters Sachen passiert, aber da habe er nie vor Gericht müssen. Ein Freund habe ihn angezeigt, dass er dreimal etwas gestohlen hätte. Einmal ein Handy, einmal ein T-Shirt und einmal eine Mütze. Dies seien aber falsche Anschuldigungen gewesen. Einmal sei der Beschwerdeführer wegen einer Schlägerei angezeigt worden, da sei er aber nicht beteiligt gewesen. Es sei ihm gesagt worden, dass er eine Strafe bekomme, dies sei bis jetzt aber nicht der Fall gewesen. Sonst habe es keine Vorfälle gegeben und der Beschwerdeführer gab an, „nichts mehr anstellen“ zu wollen. Er habe vor, sich eine Arbeit und eine Wohnung zu suchen und den Führerschein zu absolvieren. Er habe seinen Betreuer schon von diesen Plänen informiert und dieser werde ihn zum AMS begleiten, damit der Beschwerdeführer sich wegen einer Arbeit erkundigen könne. Er habe auch schon einen Kurs beim AMS besucht, diesen habe er allerdings nach zwei Monaten abgebrochen, jetzt wolle er es aber „durchziehen“ und eine Arbeit finden. Er habe den Kurs abgebrochen, da er damals noch jung gewesen sei und arbeiten habe wollen. Dieser Kurs sei vor vier bis fünf Monaten gewesen. Die Verurteilung habe dem Beschwerdeführer klargemacht, dass er sich und seine Zukunft „hier“ ändern wolle. Er sei auch einmal beim Schwarzfahren erwischt worden und er sei auch mehrfach „abgängig“ gewesen, aber er wolle sich jetzt ändern und keine Fehler mehr machen. Der Beschwerdeführer habe eine Freundin aus Bosnien, mit der er versuche, Deutsch zu lernen, er habe aber keine Beziehung mit ihr. Er habe auch noch einen afghanischen Freund, mit dem er sich manchmal treffe, sonst habe er keine Freunde. Er habe in Österreich ein Jahr lang die Schule besucht, er habe aber keinen Abschluss. Er habe es versucht, aber er habe sich nicht gut konzentrieren können. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Berufsausbildung absolviert und habe noch nie irgendwo gearbeitet oder ein Praktikum gemacht. Beworben habe er sich auch noch nicht.

6.       Am 28.10.2019 langte eine Stellungnahme der gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers zu den Länderberichten ein. Ergänzend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Verhalten in Österreich „beteuert“ (gemeint wohl: bereut). Es seien in der Betreuung notwendige Schritte zu setzen, um die psychische Labilität und PTBS entsprechend behandeln zu können, um mit ihm die mangelnde Konfliktlösungsfähigkeit und Entwurzelung aufzuarbeiten.

7.       Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan unzulässig sei (Spruchpunkt V.) und es wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für die freiwillige Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt (Spruchpunkt VI.). Weiters wurde gegen den Beschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot in der Dauer von sechs Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.).

Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung gemäß § 202 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei. Es handele sich hierbei um ein schweres Verbrechen. Festgestellt wurde weiters, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan nicht zulässig sei.

Das verhängte Einreiseverbot betreffend wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer wegen eines Verbrechens zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt worden sei. Der Beschwerdeführer sei mehrmals polizeilich in Erscheinung getreten, ohne dass es aufgrund dieser Vorfälle zu einer strafgerichtlichen Verurteilung gekommen sei. Das Verhalten des Beschwerdeführers stelle eine massive Gefahr für die Ordnung und Sicherheit dar. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass er in Zukunft keine weiteren strafbaren Handlungen bzw. Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung begehen werde. Hinsichtlich des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich lägen keine Umstände vor, die gegen die Erlassung eines Einreiseverbotes sprechen würden.

8.       Am 03.12.2019 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. – IV. und VII. des angefochtenen Bescheides und führte in dieser im Wesentlichen aus, die belangte Behörde habe keine hinreichende Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers und keine hinreichende Abwägung der Gründe der Strafzumessung in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers vorgenommen. Die belangte Behörde habe „natürlich recht“, dass die sexuelle Integrität ein hohes Rechtsgut und dieses vom minderjährigen Beschwerdeführer verletzt worden sei, jedoch seien weder das sehr junge Alter des Beschwerdeführers, die bedingte Haftstrafe und dass es beim Versuch geblieben und die erste Verurteilung gewesen sei, noch der seither einwandfreie Lebenswandel in die Zukunftsprognose miteinbezogen worden. Der Beschwerdeführer beginne „langsam zu erkennen“, dass er einiges in seinem jungen Leben falsch gemacht habe und er sich ändern/bessern müsse. Die Gründe die zur Aberkennung des subsidiären Schutzes geführt hätten, seien deswegen nicht mehr gegeben. Die Rückkehrentscheidung betreffend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer Integrationsbemühungen getätigt habe. Er habe ein Jahr lang die Schule besucht und wolle auch einen Deutschkurs absolvieren. Die Rückkehrentscheidung hätte deswegen für dauerhaft unzulässig erklärt werden müssen. Das Einreiseverbot betreffend wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer zwar verurteilt worden sei, er aber keine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die österreichische Gesellschaft darstelle. Der Beschwerdeführer sei noch sehr jung und habe unter Alkoholeinfluss ein Verbrechen begangen, welches jedoch beim Versuch geblieben sei. Er sei zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt worden, womit das Strafgericht zu erkennen gegeben habe, dass aus spezialpräventiven Gründen die Verbüßung der Strafe im Gefängnis nicht indiziert gewesen sei. „Schon langsam“ komme der Beschwerdeführer zu der Einsicht, dass er einiges in seinem jungen Leben falsch gemacht habe und er wolle sich in Zukunft von allen berauschenden Substanzen fernhalten, Deutsch lernen und ein produktives, rechtstreues Leben in Österreich führen.

9.       Am 23.12.2019 wurde die gegenständliche Beschwerde – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt, wo diese am 30.12.2019 einlangte.

10.      Am 17.02.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen § 28a Abs. 2 SMG in Untersuchungshaft genommen.

11.      Am 16.06.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall und 2. Fall SMG unter Anwendung des § 19 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt, wobei sechs Monate unter Setzung einer Probezeit bedingt nachgesehen wurden.

12.      Am 28.08.2020 wurde durch die Staatsanwaltschaft Linz mitgeteilt, dass ein eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen § 83 StGB gegen den Beschwerdeführer eingestellt worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht auf Grundlage der Einvernahme des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie durch ein Organ der belangten Behörde sowie der Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt, das Zentrale Melderegister, das Fremdeninformationssystem, das Strafregister sowie das Grundversorgungs-Informationssystem fest. Aus den diesbezüglichen Angaben und Informationen werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, trägt den im Spruch angeführten Namen und ist an dem dort angegebenen Datum geboren. Er gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und bekennt sich zum sunnitischen Islam.

Der Beschwerdeführer ist volljährig.

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Paktia, Afghanistan, geboren, wo er auch aufwuchs und bis zu seiner Ausreise lebte.

Im Juli 2017 reiste der Beschwerdeführer in Österreich ein und stellte am 22.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz

Die gesamte Kernfamilie des Beschwerdeführers befindet sich noch in Afghanistan.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner regelmäßigen Arbeit nach und besucht auch keine Kurse oder Schulen. Einen Kurs beim AMS hat er abgebrochen.

Es liegt keine Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers vor.

Der Beschwerdeführer hat keine familiären Bindungen in Österreich. Er hat auch keine Lebensgefährtin bzw. einen Lebensgefährten. Der Beschwerdeführer hat eine aus Bosnien stammende Freundin, mit der er Deutsch lernt, und einen afghanischen Freund.

Der Beschwerdeführer wurde bereits mehrfach – zumindest 15x – als abgängig gemeldet, kehrte aber meist freiwillig wieder in seine damalige Unterkunft zurück.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimalig strafrechtlich – einmal wegen eines Verbrechens und einmal wegen einem Verbrechen sowie einem Vergehen - verurteilt.

Mir Urteil des Landesgerichtes Wels als Jugendschöffengericht vom 08.10.2019 wurde der Beschwerdeführer gemäß §§ 15 Abs. 1, 202 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Der Beschwerdeführer wurde für schuldig erkannt, am 22.02.2019 in Linz eine näher bezeichnete männliche Person mit Gewalt zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung genötigt zu haben, indem er diese mit beiden Armen festhielt, diese, nachdem sie sich losgerissen hatte, zurückhielt, ihr zweimal ins Gesicht schlug und neuerlich festhielt, sodann küsste und die Person aufforderte, auf seinen Penis zu greifen und dann dessen Hand zu seinem Penis führte, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist. Dass sich der Beschwerdeführer in der Verhandlung geständig verantwortete, bisher unbescholten war und der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, wurden mildernd gewertet. Erschwerend wurde kein Umstand erkannt. Der Beschwerdeführer gab diesbezüglich an, sich an nichts erinnern zu können, da er unter Drogeneinfluss gestanden sei und er habe nur gestanden, da ihm sein Anwalt dazu geraten habe. Eine Diversion kam aufgrund des Gesinnungsunwertes (Verwerflichkeit der inneren Einstellung des Beschwerdeführers) sowie des Umstandes, dass die ganzheitliche Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände fallbezogen bereits eine schwere Schuld begründete, nicht in Frage. Weiters standen einer Diversion fallbezogene spezialpräventive Überlegungen entgegen, da der Angeklagte/Beschwerdeführer die Tendenz zur unangebrachten Bagatellisierung der Tat erkennen ließ. Es wurde weiters für die Dauer der Probezeit eine Bewährungshilfe angeordnet.

Der Beschwerdeführer sieht den Unrechtsgehalt des von ihm begangenen Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nicht ein.

Am 14.02.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen § 28a Abs. 2 SMG in Untersuchungshaft genommen.

Mir Urteil des Landesgerichtes Linz vom 16.06.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG sowie des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten verurteilt. Ein Teil von sechs Monaten wurde gemäß § 43a Abs. 3 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der Beschwerdeführer wurde schuldig erkannt, in Linz und anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen durch gewinnbringenden Verkauf überlassen zu haben und zwar

a) im Zeitraum Anfang 2019 bis 12.12.2019 (Zeitpunkt der Festnahme einer abgesondert verfolgten Person) in wiederholten Teilverkäufen zumindest 4.800 Gramm Cannabiskraut zum Preis von € 100,- bis € 140,- je 25 Gramm sowie zumindest 600 Stück Ecstasy-Tabletten zum Stückpreis zwischen € 3,20 und € 3,60 an eine abgesondert verfolgte Person,

b) von Februar 2019 bis Juni 2019 in zwei Übergaben insgesamt 25 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von € 10,- an eine näher bezeichnete Person,

c) im Oktober 2019 2 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von € 10 sowie kurz darauf eine unbekannte Menge Cannabiskraut kostenlos zum gemeinsamen Konsum an eine nähere bezeichnete Person und

d) am 13.11.2019 2 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von € 10 an eine näher bezeichnete Person.

Weiters hat der Beschwerdeführer ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eine unbekannte Menge Cannabiskraut besessen und gekauft.

Es kann den vom Beschwerdeführer nach der ersten Verurteilung im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde vorgebrachten Beteuerungen, dass er „einen Fehler begangen habe“ und sich nunmehr wohlverhalten wolle, nicht gefolgt werden, zumal dieser erneut straffällig geworden ist und mit Urteil des Landesgerichtes Linz zu einer neuerlichen Freiheitsstrafe, diesmal teilbedingt, verurteilt wurde. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass er sich in Zukunft wohl verhält und keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen wird.

1.2. Zur Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten:

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.12.2018 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 06.12.2019 erteilt.

Am 15.10.2019 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich einvernommen. In dieser Befragung gab er im Wesentlichen und für den gegenständlichen Fall maßgeblich an, dass er über die gegen ihn erhobene Anklage wegen § 202 StGB Bescheid wisse. Er wisse nicht mehr was bei dem Vorfall passiert sei, er habe erst einige Monate später von der Anzeige erfahren. Er sei dann zu seinem Anwalt gegangen und dieser habe gesagt, dass der Beschwerdeführer sich bei der Verhandlung beim Opfer entschuldigen solle und „dass das dann passe“. Deshalb habe er sich vor Gericht so geäußert. Der Beschwerdeführer sei damals unter Drogeneinfluss gestanden und könne sich deshalb nicht an das Geschehene erinnern. Er sei sehr jung gewesen und habe keine Erfahrung gehabt. Jetzt wisse er wie es läuft, er werde keine Probleme mehr machen. Abschließend gab der Beschwerdeführer an, dass er nur sagen könne, dass er einen Fehler gemacht habe und dass er nie wieder in der Zukunft diesen Fehler begehen werde.

Einer Stellungnahme vom 28.10.2019 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer „sein Verhalten sehr beteuert (wohl gemeint: bereut)“.

Am 08.11.2019 wurde dem Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und ihm die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und es wurde gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) Es wurde festgestellt, dass eine Abschiebung nach Afghanistan unzulässig sei (Spruchpunkt V.) und es wurde dem Beschwerdeführer eine Frist zur freiwilligen Ausreise in der Dauer von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gesetzt (Spruchpunkt VI.). Gegen den Beschwerdeführer wurde ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt VII.). Begründet wurde die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten damit, dass der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der versuchten geschlechtlichen Nötigung gemäß § 202 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, bedingt nachgesehen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden sei. Es handele sich bei der vom Beschwerdeführer verübten Tat um ein schweres Verbrechen. Rechtlich wurde ausgeführt, dass der gewaltvolle Eingriff des Beschwerdeführers in die sexuelle Integrität des Opfers als besonders verwerflich zu werten sei. Die vom Beschwerdeführer gesetzte Straftat richte sich massiv gegen das objektiv besonders wichtige Rechtsgut der sexuellen Integrität und Selbstbestimmung. Es handele sich daher ohne Zweifel um ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer sei in keiner Weise bereit gewesen, auf die berechtigten Interessen des anderen einzugehen, sondern sei zur Durchsetzung seiner eigenen Interessen nicht einmal davor zurückgeschreckt Gewalt gegen andere anzuwenden. Es sei erwiesen, dass derartige Übergriffe oftmals mit schweren psychischen Dauer- bzw. Spätfolgen für die Opfer einhergehen würden. Derartige psychische Folgen würden oft auch dazu führen, dass sich das Leben der Betroffenen schlagartig und nachhaltig ändere. Angesichts der durch die Handlungen des Beschwerdeführers verwirklichte Gefährdung und psychische Beeinträchtigung des Opfers seien die von diesem gesetzten Handlungen in Hinblick auf das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft als besonders schwerwiegend anzusehen. Aus dem Verhalten des Beschwerdeführers manifestiere sich eine erhebliche Gefahr für die körperliche und sexuelle Selbstbestimmung. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers sei schwer zu gewichten, da dessen Bereitschaft, mit Gewalt in die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung eines anderen Menschen einzugreifen und seine eigenen Interessen durchzusetzen, auf eine hohe kriminelle Energie und eine beachtliche Herabsetzung der inneren Hemmschwelle hinweise. Festzuhalten bleibe auch, dass der Beschwerdeführer lediglich von seinem Opfer abgelassen habe, da dieses sich losreißen und flüchten habe können. Festgehalten wurde weiters, dass der Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise einen reumütigen oder schuldbewussten Eindruck erwecken habe können. Er habe bei den Vernehmungen durch die Polizei die Tat noch vehement bestritten und auch, dass er das Opfer kenne. In der Einvernahme vor der belangten Behörde habe der Beschwerdeführer ausgeführt, dass er sich nicht an die Tat erinnern könne und dass ihm sein Anwalt zu einem Geständnis geraten habe um eine geringere Strafe zu erhalten. Er habe sich rein aus verfahrenstaktischen Gründen in der Verhandlung schuldig bekannt und nicht um tatsächlich die Verantwortung für seine Tat zu übernehmen. Dies spiegele sich auch im Urteil wieder, mit dem ein diversionelles Vorgehen aufgrund der Verwerflichkeit der inneren Einstellung des Beschwerdeführers und des Umstandes, dass dieser eine Tendenz einer unangebrachten Bagatellisierung der Tat erkennen lassen habe, ausgeschlossen worden sei. Die belangte Behörde verkenne nicht, dass der Beschwerdeführer zu einer vergleichsweise geringen Freiheitsstrafe in der Höhe von sechs Monaten bedingt verurteilt worden sei, es sei hier aber zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG verurteilt worden sei, wonach das Höchstmaß aller angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafen auf die Hälfte herabgesetzt werde und ein Mindestmaß entfalle. Auch im Urteil sei ausgeführt worden, dass im Falle des Beschwerdeführers eine schwere Schuld bestehe.

1.3. Zu einer Rückkehrmöglichkeit des Beschwerdeführers nach Afghanistan:

Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan wurde im angefochtenen Bescheid als unzulässig erklärt und dieser Spruchpunkt wurde auch nicht angefochten, weswegen sich ein weiteres Eingehen auf diesen Punkt erübrigt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zum Namen, Geburtsdatum, zur Herkunft, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und zur familiären Situation des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen plausiblen, während des gesamten Verfahrens gleichlautenden und deshalb als glaubhaft anzusprechenden Angaben sowie aus der eingebrachten Beschwerde.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Geburt und seinem Aufenthalt bis zur Ausreise nach Österreich in Afghanistan und zu seinen Familienangehörigen sind stringent und vor dem Hintergrund der in Afghanistan bestehenden Strukturen sowie der Länderfeststellungen und der vorgelegten Unterlagen plausibel. Die Angaben des Beschwerdeführers hierzu waren im Wesentlichen während des gesamten Verfahrens gleichbleibend und widerspruchsfrei, was schließlich auch zur Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten durch die belangte Behörde führte.

Die Feststellungen zur Straffälligkeit des Beschwerdeführers und den erfolgten Verurteilungen ergeben sich aus den diesbezüglichen Strafurteilen.

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Afghanistan sowie in Österreich ergeben sich aus seinen eigenen Angaben.

Dass der Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt des von ihm begangenen Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nicht einsieht bzw. nicht erkennt, ergibt sich daraus, dass er im Verfahren durchgängig angab, sich nicht an den Vorfall erinnern zu können und dass er nur deswegen ein Geständnis abgelegt habe, da ihm sein Anwalt dazu geraten habe, um eine höhere Strafe zu vermeiden.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde vor der zweiten erfolgten Verurteilung und auch in einer diesbezüglichen Stellungnahme vorbringt, dass er sich ab diesem Zeitpunkt wohlverhalten wolle, seine Fehler einsehe und seine Tat bereue, so ist dem entgegen zu halten, dass der Beschwerdeführer erneut straffällig und auch verurteilt wurde. Es kann somit, wie festgestellt, nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr wohlverhalten und keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen wird.

2.2. Der festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglichen Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. – IV. sowie VII. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1 Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides) sowie dem Entzug der befristeten Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.1. Gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ist einem subsidiär Schutzberechtigten – wenn dies nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 leg. cit. zu erfolgen hat – dieser Status abzuerkennen, wenn dieser gemäß Abs. 2 Z 3 leg. cit. von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten – wie mit Bescheid der belangten Behörde erfolgt – mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine realer Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRL oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

Gemäß § 9 Abs. 3 AsylG 2005 ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigen jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden.

3.2.1.2. Umstände, die maßgeblich für eine amtswegige Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach § 9 Abs. 1 AsylG 2005 sprechen würden, liegen nicht vor.

3.2.1.3. Die belangte Behörde ging aufgrund der erstmaligen Verurteilung – die zweite Verurteilung des Beschwerdeführers erfolgte nach Erlassung des Aberkennungsbescheides – des Beschwerdeführers davon aus, dass dieser aufgrund dieser Verurteilung eine Gefahr für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich darstelle und damit der Aberkennungsgrund des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 verwirklicht worden sei.

3.2.1.4. Ein Verbrechen gemäß § 17 StGB liegt dann vor, wenn eine vorsätzlich begangene strafbare Handlung mit einer mindestens dreijährigen Freiheitsstrafe bedroht ist. Der Gesetzgeber stellt dabei ausschließlich auf die erfolgte Verurteilung und die Höhe der Strafdrohung ab.

3.2.1.5. Der VwGH hat jedoch in seiner Entscheidung vom 06.11.2018, Ra 2018/18/0295 festgestellt, dass vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH vom 13.09.2018, C-360/17, Ahmed, die bisherige Rechtsprechung, wonach bei Vorliegen einer dementsprechenden rechtskräftigen Verurteilung zwingend und ohne nähere Prüfung eine Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 stattzufinden hat, nicht weiter aufrecht zu erhalten ist. Vielmehr ist eine Einzelfallprüfung durchzuführen, ob eine „schwere Straftat“ im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie vorliegt. Dabei ist die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen und eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Der EuGH hat jedoch dem Strafmaß eine besondere Bedeutung zugemessen. Somit stellt die Verurteilung des Fremden wegen eines Verbrechens zweifelsfrei ein gewichtiges Indiz für die Aberkennung dar, dieses Kriterium alleine reicht jedoch nach den unionsrechtlichen Vorgaben alleine für eine Aberkennung nicht aus.

Es ist daher zusätzlich zu dem notwendigen Kriterium der rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens eine umfassende Prüfung sämtlicher Umstände des konkreten Einzelfalles vorzunehmen und anhand dieser Prüfung abschließend zu beurteilen, ob dem Beschwerdeführer deshalb der zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen war bzw. ist.

3.2.1.6. Der hier – ebenfalls – relevante EASO-Bericht „Ausschluss: Artikel 12 und 17 der Anerkennungsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU)“, welcher empfiehlt, dass „die Schwere der Straftat, aufgrund derer eine Person vom subsidiären Schutz ausgeschlossen werden könne, anhand einer Vielzahl von Kriterien, wie u.a. der Art der Straftat, der verursachten Schäden, der Form des zur Verfolgung herangezogenen Verfahrens, der Art der Strafmaßnahme und der Berücksichtigung der Frage beurteilt werden solle, ob die fragliche Straftat in den anderen Rechtsordnungen ebenfalls überwiegend als schwere Straftat angesehen werde“ (EuGH vom 13.09.2018, Ahmed, C-360/17 und VwGH vom 06.11.2018, Ra 2018/18/0295).

Als Beispiele für schwere Straftaten sind im EASO-Leitfaden „Ausschluss“ z.B. folgende Straftaten angeführt:

?        Mord

?        Mordversuch

?        Vergewaltigung

?        bewaffneter Raub, Folter

?        gefährliche Körperverletzung

?        Menschenhandel

?        Entführung

?        schwere Brandstiftung

?        Drogenhandel und Verschwörung zum Zweck der Förderung terroristischer Gewalt

?        schwere Wirtschaftsverbrechen mit erheblichen Verlusten (Unterschlagung)

3.2.1.7. Der Beschwerdeführer wurde unstrittig wegen der – nach der österreichischen Rechtsordnung als solche geltenden - Verbrechen der versuchten geschlechtlichen Nötigung gemäß § 202 StGB sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG verurteilt. Die Verurteilung wegen eines Verbrechens stellt nach der jüngsten Rechtsprechung des VwGH ein gewichtiges Indiz für die Möglichkeit einer Aberkennung nach § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 dar. Dies ist aber alleine nicht entscheidend, ob eine „schwere Straftat“ vorliegt, die im Ergebnis zur Aberkennung des Schutzstatus führen kann bzw. muss.

Als Beispiele für schwere Straftaten sind im zitierten EASO-Leitfaden Drogenhandel und auch Vergewaltigung angeführt. Bei der vom Beschwerdeführer begangenen Tat der versuchten geschlechtlichen Nötigung handelt es sich zwar nicht um eine Vergewaltigung per se, es handelt sich aber durchaus um eine Tat, der die gleiche schädliche Neigung zu Grunde liegt und die auch einen Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers darstellt. Weiters wurde der Beschwerdeführer auch wegen des Verbrechens des Drogenhandels strafgerichtlich verurteilt.

Auch Art. 83 AEUV ist zu entnehmen, dass illegaler Drogenhandel unter „besonders schwere Kriminalität“ zu subsumieren ist. Dies verdeutlicht, dass das Delikt des Drogenhandels, weswegen der Beschwerdeführer bereits verurteilt wurde, unionsweit als „schwere Straftat“ angesehen wird. Auch wenn die Strafrahmen in den entsprechenden Rechtsordnungen variieren, ist bemerkbar, dass Mitgliedsstaaten das obere Strafmaß meist höher ansetzen, wie dieses im Rahmenbeschluss 2004/757/JI des Rates der Europäischen Union vom 25.10.2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels ausgeführt ist.

Zusammengefasst ergibt sich, dass die vom Beschwerdeführer begangene Straftat des „Suchtgifthandels“ unionsweit als schwere Straftat angesehen und entsprechend strafgerichtlich verfolgt wird. Auch in der österreichischen Rechtsordnung wird die vom Beschwerdeführer begangene Tat als „Verbrechen“ angesprochen.

Hinzu tritt beim Beschwerdeführer die bereits angeführte begangene Tat der versuchten geschlechtlichen Nötigung. Wie bereits ausgeführt ist auch diese Straftat als Verbrechen anzusprechen. Dass der Strafrahmen aufgrund des Alters des Beschwerdeführers um die Hälfte herabgesetzt war, ist hier nicht maßgeblich.

3.2.1.8. Die Höhe der über den Beschwerdeführer verhängten Freiheitsstrafe bei der ersten Verurteilung wegen der versuchten geschlechtlichen Nötigung in der Dauer von sechs Monaten, wobei diese Strafe bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren ausgesprochen wurde, orientiert sich bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren im untersten Bereich des Strafrahmens. Hier ist nochmalig darauf hinzuweisen, dass diese Verurteilung unter Anwendung des § 5 Z 4 JGG erfolgte, d.h. dass aufgrund des Alters des Beschwerdeführers das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe auf die Hälfte herabgesetzt wurde. Zum Zeitpunkt der damaligen Verurteilung wurden nur mildernde Umstände berücksichtigt, und zwar die bisherige Unbescholtenheit, die geständige Verantwortung sowie der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist.

Bei der Beurteilung, ob es sich hier um eine „schwere Straftat“ im Sinne der Rechtsprechung des EuGH handelt, schlägt zum Nachteil des Beschwerdeführers aus, dass sich dieser nur deswegen geständig verantwortete, da sein Anwalt ihm dazu geraten habe, um eine mildere Strafe herbeizuführen. Noch bei der Befragung durch die belangte Behörde gab der Beschwerdeführer mehrfach an, dass er sich an die Tat nicht erinnere. Es liegt somit keine ehrlich gemeinte Reue vor. Wenn der Beschwerdeführer in der – durch die belangte Behörde erfolgten – Befragung angibt, dass ihm „das alles“ leidtue und er nunmehr einen rechtskonformen Lebenswandel führen und sich von „Drogen“ fernhalten wolle, so ist auf die zweite – nachstehend angeführte – Verurteilung des Beschwerdeführers zu verweisen.

Diese Verurteilung alleine betrachtet vermag zwar hinsichtlich der verhängten Strafe noch keine schwere Straftat darstellen, aber der Beschwerdeführer beging noch während der aufrechten Probezeit weitere Straftaten und wurde wegen dieser auch erneut strafgerichtlich zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von neun Monaten unter Anwendung des § 19 JGG nach §28a Abs. 1 5. Fall SMG sowie § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 verurteilt. Ein Teil von sechs Monaten wurde unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Mildernd wurde das Geständnis des Beschwerdeführers gewertet. Als erschwerend wurde das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen angesprochen.

Die Verurteilung wegen des Verbrechens des Drogenhandels zeigt eindeutig, dass der Beschwerdeführer auch hier ein „schweres Verbrechen“ begangen hat.

3.2.1.9. Aus dem – bereits angeführten – EASO-Leitfaden ergibt sich, dass auch das Verhalten der Person nach den Straftaten zu prüfen und dann zu entscheiden ist, ob sie des Schutzes „würdig“ ist. Zitiert wird wie folgt: „Unbeschadet früheren Fehlverhaltens kann das Verstreichen eines gewissen Zeitraumes in Kombination mit Zeichen der Reue, Wiedergutmachung und Übernahme von Verantwortung für frühere Taten den Befund rechtfertigen, dass ein Ausschluss nicht länger gerechtfertigt ist“.

Der Beschwerdeführer zeigt durch sein Verhalten – vorgebliche Nichterinnerung an die erste Tat, Geständnis nur auf Anraten des Anwalts, nachfolgende Begehung eines weiteren Verbrechens („Suchtmittelhandel“) innerhalb der offenen Probezeit trotz gegenteiliger Beteuerung – nicht, dass er in Österreich ein rechtskonformes Leben führen will und gewillt ist, sich an die Rechtsordnung zu halten.

3.2.1.10. Die Aberkennung des subsidiären Schutzes durch die belangte Behörde erfolgte somit zu Recht, weswegen die diesbezüglich erhobene Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

3.2.1.11. Da die Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten zu bestätigen war, wurde dem Beschwerdeführer auch zu Recht – entsprechend dem Wortlaut des § 9 Abs. 4 AsylG 2005 - die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides).

3.2.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.):

3.2.2.1. Die maßgebliche Bestimmung aus dem AsylG 2005 lautet wie folgt:

„§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können“.

3.2.2.2. Da keine der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen vorliegen, war dem Beschwerdeführer kein solcher zu erteilen und die diesbezügliche Beschwerde abzuweisen.

3.2.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

3.2.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z5 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück FPG zu verbinden, wenn einem fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und von Amtswegen ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

3.2.3.2. Gemäß § 52 FPG hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn einem Drittstaatsangehörigen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und diesem kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

3.2.3.3. Dem Beschwerdeführer wurde der Status eines subsidiär Schutzberechtigten – wie vorgängig ausgeführt – zu Recht aberkannt und es wurde ihm kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 von Amts wegen erteilt. Auch handelt es sich beim Beschwerdeführer um keinen begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt diesem kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

3.2.3.4. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung, ob im Fall der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (siehe VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0265, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings auch bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (VwGH 06.09.2017, Ra 2017/20/0209; zuletzt VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187). Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Ausweisung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 22.09.2011, 2007/18/0864 bis 0865, mwN). Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

3.2.3.5. Vom Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.03.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; ebenso VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423, sowie VwGH 26.01.2006, 2002/20/0235, wonach das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Der Beschwerdeführer berichtet darüber, keine Familienangehörigen im Bundesgebiet zu haben und auch keine Beziehung zu führen oder Kinder zu haben.

3.2.3.6. Da der Beschwerdeführer – wie bereits ausgeführt – über kein derartiges Familienleben verfügt, dass ein Eingriff in ein solches unverhältnismäßig wäre, könnte die erlassene Rückkehrentscheidung – allenfalls – in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Der Beschwerdeführer ist zumindest seit Juli 2017 - somit knapp vier Jahre - durchgehend im österreichischen Bundesgebiet aufhältig.

Der Beschwerdeführer hat es innerhalb dieses Zeitraumes nicht geschafft, sich besonders zu integrieren. Er hat ein Jahr eine Schule in Linz besucht, aber keinen Abschluss gemacht, da er sich „nicht gut konzentrieren“ habe können. Weiters hat er beim BFI einen Alphabetisierungskurs besucht, auch diesen hat der Beschwerdeführer nicht abgeschlossen. Er besuchte zwar kurzfristig einen Kurs beim AMS, diesen brach er aber ab. Einer Erwerbstätigkeit ging er in Österreich nicht nach. Der Beschwerdeführer wurde mittlerweile – wie bereits ausgeführt - zweimal straffällig. Er saß auch bereits in Untersuchungshaft und wurde auch zu einer teilbedingten Strafe verurteilt. Im Rahmen der Befragung durch die belangte Behörde gab der Beschwerdeführer an, dass er zwar Deutsch verstehen und auch sprechen könne, dass er sich aber in der Einvernahme nicht traue, dies zu zeigen. Er ist kein Mitglied in einem Verein und geht keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach.

Der Beschwerdeführer gab an, eine Freundin aus Bosnien zu haben, mit der er Deutsch lerne. Eine Beziehung führe er nicht mit ihr. Er hat auch einen afghanischen Freund, mit dem er sich hin und wieder trifft, sonst hat er keine Freunde in Österreich.

Aufgrund der vorgängigen Ausführungen ist nicht von einer umfangreichen Integration des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft auszugehen, sondern trifft Gegenteiliges zu, wie auch aus den festgestellten Verurteilungen – wegen „Suchtgifthandels“, versuchter geschlechtlicher Nötigung und dem unerlaubten Umgang mit Suchtgiften – ableitbar ist.

Aus Sicht des erkennenden Richters ist aufgrund der nicht erfolgten integrativen Leistungen des Beschwerdeführers ein überwiegendes Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich zu verneinen.

Es kann gegenständlich davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer die in Österreich verbrachte Zeit nicht genützt hat, um sich sozial zu integrieren und sich weiterzubilden. Das Verhalten des Beschwerdeführers legt nahe, dass von einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch ihn auszugehen ist. Gerade Delikte wie der unerlaubte Umgang mit Suchmitteln bzw. eine versuchte geschlechtliche Nötigung sprechen nicht dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung akzeptiert bzw. gewillt ist, sich an die Regeln der österreichischen Gesellschaft zu halten.

Berücksichtigt man all diese Aspekte, so überwiegen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt die aus den erwähnten Umständen in ihrer Gesamtheit erwachsenden privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im österreichischen Bundesgebiet nicht die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens.

3.2.3.7. Es ist kein Eingriff in ein – mögliches – Privatleben des Beschwerdeführers feststellbar und somit war die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als geboten anzusprechen. Eine solche Rückkehrentscheidung erweist sich nicht als unverhältnismäßig im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK.

3.2.4. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

3.2.4.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung durch die belangte Behörde ein Einreiseverbot erlassen werden. Ein Einreiseverbot ist die Anweisung an einen Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und/oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Höhe des Einreiseverbotes neben den anderen in Art, 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist (Z5).

Gemäß § 35 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

3.2.4.2. Bei der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwenden Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. VwGH vom 20.10.2016, Ra 2016/21/0289; 24.03.2015, Ra 2014/21/0049). Abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Fremden ist auch darauf abzustellen, wie lange die vom Fremden ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist (VwGH vom 15.12.2011, 2011/21/0237).

3.2.4.3. Wie bereits zur Frage nach der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung geprüft und festgestellt, sind die familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich nicht derart ausgestaltet, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme verletzt im gegenständlichen Fall nicht die in Art. 8 EMRK geschützten Rechte. Es muss daher unter Berücksichtigung des in § 53 Abs. 3 Z 5 FPG genannten Tatbestandes ebenso davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich überwiegt.

3.2.4.4. Es ist daher der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn diese im gegenständlichen Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht. Das von der Behörde angeordnete Einreiseverbot erweist sich somit dem Grunde nach als gerechtfertigt.

Gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 FPG ist es möglich, gegenüber einem Fremden ein Einreiseverbot in der Höhe von zehn Jahren zu verhängen, wenn dieser von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden ist, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist. Dies ist beim Beschwerdeführer – wie bereits mehrfach ausgeführt - der Fall. Das erkennende Gericht geht aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bei den meisten erfolgten Verurteilungen aufgrund seines Alters noch nach Jugendstrafrecht verurteilt wurde, davon aus, dass ein Einreiseverbot in der Dauer von sechs Jahren als angemessen anzusprechen ist.

3.2.4.5. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Verhängung eines Einreiseverbotes – abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Fremden – eine Abwägung zu treffen, wie lange die vom Fremden ausgehende Gefährdung zu erwarten ist (vgl. VwGH vom 15.12.2011, 2011/21/0237). Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (VwGH vom 16.10.2014, Ra 2014/21/0039).

Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen ist nach wie vor davon auszugehen, dass vom Beschwerdeführer eine Gefährdung für die Gemeinschaft sowie die Sicherheit und Ordnung in Österreich ausgeht und zum momentanen Zeitpunkt keine positive Zukunftsprognose abgegeben werden kann. Dies nicht zuletzt, da für die Annahme eines Wegfalls der sich durch das bisherige Fehlverhalten des Beschwerdeführers manifestierenden Gefährlichkeit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich ist. Da sich der Zeitraum, in dem sich der Beschwerdeführer wieder in Freiheit befindet, als sehr kurz präsentiert, kann bezüglich des Verhaltens des Beschwerdeführers in Freiheit noch keine positive Prognose abgeben werden. Negativ anzuführen ist die Tatsache, dass der Beschwerdeführer – trotz seiner Beteuerungen in der Befragung durch die belangte Behörde, welche nach der ersten Verurteilung erfolgte, dass er „keine Fehler mehr machen und sich von Drogen fernhalten wolle“ - sehr rasch nach der ersten Verurteilung erneut strafrechtlich auffällig wurde. Hinzuweisen ist hier besonders darauf, dass es sich bei der zweiten Verurteilung um eine Verurteilung wegen „Suchtgifthandels“ und unerlaubtem Umgang mit Suchtgift handelt.

3.2.4.6. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochten

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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