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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bachler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in Z, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. April 1995, Zl. 4.345.107/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. April 1995 wurde der am 5. September 1994 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation" albanischer Nationalität, der am 5. September 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist - in Erledigung seiner Berufung gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. September 1994 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausruck gebracht, daß die Erstbehörde in der Begründung ihres Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefaßt habe, sie sich den Ausführungen der Erstbehörde in deren Bescheid "vollinhaltlich" anschließe und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebe (vgl. zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise u.a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045). Demnach hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer sowohl deshalb, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 verneint hat, als auch aufgrund der Annahme, es sei bei ihm der Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben, kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt.
Der Beschwerdeführer hat bei seiner Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren hinsichtlich seiner Fluchtgründe im wesentlichen angegeben, er habe sich in seiner Heimat nie politisch engagiert und sei auch niemals Mitglied einer bewaffneten Gruppierung gewesen. Am 22. Februar 1994 sei ihm von zwei Polizisten eine Ladung ausgefolgt worden. Er sei noch am selben Tag am "Sekretariat für innere Angelegenheiten" vernommen worden. Er sei befragt worden, ob er Waffen besitze, was er wahrheitsgemäß verneint habe. Daraufhin sei er mit einem Gummiknüppel etwa dreißigmal auf jede Hand geschlagen worden. Nach einer kurzen Erholungspause sei er etwa fünf Minuten auf die Füße geschlagen worden; danach sei er acht Kilometer zu Fuß nach Hause gegangen. Über Aufforderung habe er sich bereits am nächsten Tag, dem 23. Februar 1994, neuerlich zu einer Einvernahme "zu denselben Polizisten" begeben. Er sei wieder nach Waffen befragt, jedoch nicht mehr geschlagen worden. Daraufhin habe er bis August 1994 "keinerlei Probleme" mehr gehabt. Am 15. August 1994 sei erneut die Polizei zu seinem Haus gekommen und habe seiner Frau eine Ladung ausgefolgt. Er habe dieser Ladung keine Folge geleistet, sondern sich in den nächsten Tagen im Wald versteckt. Während dieser Zeit habe die Polizei mehrmals bei seiner Gattin und auch bei den Nachbarn und "in der ganzen Stadt" nach ihm gefahndet. Er wisse nicht, aus welchem Grund diese neuerliche Ladung ausgestellt worden sei. Es handle sich dabei aber nicht um einen Einberufungsbefehl und auch nicht um eine neuerliche Aufforderung, Waffen abzuliefern. Da er vermutet habe, daß auch seine Frau bedroht worden sei, habe er diese zu sich geholt und sei dann mit ihr geflüchtet. Im August 1994 habe er der Ladung keine Folge geleistet, weil er gehört habe, "daß die Leute von der Polizei nicht mehr zurückkehren". Er habe von Freunden bei Gesprächen gehört, daß Leute in der Früh zur Polizei gegangen und nicht mehr zurückgekommen seien. Von diesen Leuten solle man ein Jahr lang nichts gehört haben. Ihm selber sei ein solcher Fall nicht persönlich bekannt.
Die Erstbehörde - und damit die belangte Behörde - hat dem Vorbringen des Beschwerdeführers primär keinen Glauben geschenkt, sie hat jedoch auch ausgeführt, daß diese Angaben - unabhängig von deren Glaubwürdigkeit - nicht geeignet seien, die Zuerkennung von Asyl zu rechtfertigen. Die Befragung durch die Polizisten am 23. Februar 1994 sei ohne Besonderheiten verlaufen und der Beschwerdeführer hätte bis August 1994 nach seinen eigenen Angaben keine weiteren Probleme gehabt. Den Vorfällen bei der Vernehmung vom 22. Februar 1994 fehle es am zeitlichen Konnex zur Ausreise. Seine Furcht vor dem "Verschwinden" habe der Beschwerdeführer in keiner Weise näher konkretisiert.
Der Beschwerdeführer wendet sich vor allem gegen die (wie dargestellt "vollinhaltlich" aus dem Bescheid der Erstbehörde übernommene) Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid, wonach das oben erwähnte Vorbringen insbesondere in bezug auf die Mißhandlungen im Februar 1994 und die Vorladung im August 1994 nicht glaubwürdig sei. Darauf braucht aber im vorliegenden Fall im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich zustehenden Prüfungsbefugnis (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1995, Zl. 85/02/0053) nicht eingegangen zu werden, wäre doch für den Standpunkt des Beschwerdeführers selbst dann nichts zu gewinnen, wenn seine oben wiedergegebene Darstellung bei der Erstvernehmung zur Gänze der Entscheidung zugrunde gelegt werden könnte.
Es fällt nämlich auf, daß der Beschwerdeführer mit keinem Wort einen Zusammenhang zwischen den gegen ihn ergriffenen Maßnahmen und einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) taxativ angeführten Verfolgungsgründe geltend gemacht hat. Ein eindeutiger Hinweis in dieser Richtung fehlt im übrigen auch in der Berufung und in der Beschwerde, in der auch ausdrücklich vorgebracht wird, daß dem Beschwerdeführer nicht bekannt sei, "aus welchen Gründen man mit mir unter Verletzung der Menschenrechte im Februar 1994 so verfahren ist" (vgl. zum Erfordernis, einen derartigen Zusammenhang vorzubringen, etwa das hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 95/01/0078).
Aber auch wenn man demgegenüber der Ansicht wäre, daß im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung erwähnte Zugehörigkeit zur albanischen Nationalität in Verbindung mit der allgemein bekannten politischen Situation im Kosovo eine andere Betrachtungsweise geboten wäre, könnte der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneint hat. Daß dem Beschwerdeführer bei der Vernehmung, zu der er im August 1994 vorgeladen wurde, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung drohte - und nicht nur die entfernte Möglichkeit dazu bestand -, kann schon im Hinblick darauf nicht angenommen werden, daß sich der Beschwerdeführer am Tag nach den Vorfällen bei der Vernehmung vom 22. Februar 1994 aus eigenem wieder zu "denselben Polizisten" begab und dabei unbehelligt gelassen wurde, sowie daß er danach bis August 1994 "keinerlei Probleme" mehr hatte. Überdies bringt der Beschwerdeführer selbst vor, nicht politisch in Erscheinung getreten zu sein. Bei seiner Befürchtung, nicht mehr zurückzukehren, falls er der neuerlichen Ladung Folge leiste, handelt es sich somit nur um eine vage Vermutung, zumal diese Ladung nach den Angaben des Beschwerdeführers nicht wegen des Vorwurfes des Besitzes von Waffen erging. Daher ist auch der Umstand, daß nach dem Beschwerdeführer aufgrund der Nichtbefolgung dieser Ladung gefahndet wurde, nicht asylrelevant.
Es kommt somit nur den Vorfällen bei der Vernehmung vom 22. Februar 1994 für die Frage der Flüchtlingseigenschaft Bedeutung zu. Diesen Vorfällen fehlt es aber - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - am zeitlichen Konnex zu der erst im September 1994 erfolgten Ausreise des Beschwerdeführers.
Anhaltspunkte dafür, daß der Beschwerdeführer außerdem noch andere Maßnahmen zu erwarten gehabt hätte, fanden sich in seinen niederschriftlichen Angaben nicht. Im Hinblick darauf, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zentrale Entscheidungsgrundlage des Asylverfahrens das Vorbringen des Asylwerbers ist und es diesem obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen, war demnach das Ermittlungsverfahren nicht mangelhaft, weshalb auch für die belangte Behörde keine Veranlassung bestand, gemäß § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 (in der bereinigten Fassung nach der Kundmachung BGBl. Nr. 610/1994) dessen Ergänzung oder Wiederholung anzuordnen.
Der Beschwerdeführer hat in der Berufung vorgebracht, kein Vertrauen zu der von der Erstbehörde beigezogenen Dolmetscherin gehabt zu haben. Eine unrichtige Übersetzung bringt er jedoch nur insoweit vor, als er ausführt, bei seiner Vernehmung nicht gesagt zu haben, daß es sich bei der Ladung vom August 1994 um keinen Einberufungsbefehl gehandelt habe. Er halte es sogar für wahrscheinlich, daß es sich hiebei um eine "Einberufung zum Fronteinsatz" gehandelt habe. Da der Beschwerdeführer aber weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde einen asylrelevanten Zusammenhang zwischen dieser angeblichen Einberufung und seiner Zugehörigkeit zur albanischen Bevölkerungsgruppe hergestellt hat (vgl. zum Erfordernis eines derartigen Zusammenhangs das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377, Slg. Nr. 14.089/A), kommt einer allfälligen unrichtigen Übersetzung in diesem Punkt keine Relevanz zu. Dieses Berufungsvorbringen zeigt somit keinen entscheidungsrelevanten Mangel des Ermittlungsverfahrens erster Instanz auf.
Die belangte Behörde hatte daher gemäß § 20 Abs. 1 leg. cit. ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen und ist zu Recht auf das Berufungsvorbringen nicht mehr eingangen. Im übrigen ergibt sich auch aus dem Berufungsvorbringen kein konkreter Hinweis auf Umstände, aus denen die Furcht des Beschwerdeführers, bei Kontaktaufnahme mit der Polizei zu "verschwinden", objektiv gerechtfertigt erschiene.
Da die belangte Behörde somit schon aus diesem Grund dem Beschwerdeführer zu Recht kein Asyl gewährt hat, ist eine Auseinandersetzung damit entbehrlich, ob (die Erstbehörde und damit auch) die belangte Behörde überdies zu Recht vom Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht hat.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht, daß der "Anregung" des Beschwerdeführers "auf Bewilligung des befristeten Aufenthaltes" gemäß § 8 Asylgesetz 1991 nicht entsprochen worden sei, da die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht vorlägen. Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, ist ihm zu entgegnen, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zl. 93/01/0545) das Fehlen eines solchen Abspruches im angefochtenen Bescheid diesen nicht mit Rechtswidrigkeit belastet und daher auch keinen Eingriff in Rechte des Beschwerdeführers darstellt.
Durch die in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretene Ansicht, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung könne mangels direkter Einreise nicht bescheinigt werden, wird der Beschwerdeführer ebenfalls nicht in Rechten verletzt, weil damit ein Abspruch über den im Berufungsschriftsatz gestellten Antrag auf "Gewährung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung" - wofür die belangte Behörde mangels entsprechenden Abspruches der Erstbehörde gar nicht zuständig gewesen wäre - nicht erfolgte.
Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995010370.X00Im RIS seit
20.11.2000