TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/16 W198 2237587-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.06.2021
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Entscheidungsdatum

16.06.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §38
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W198 2237587-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN sowie Ing. Hermann ESCHBACHER als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 12.08.2020, VSNR XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 09.10.2020, GZ: XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 01.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Bei der am 10.07.2020 vor dem Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz (im Folgenden: AMS) wegen Nichtannahme bzw. Nichtzustandekommen der am 01.07.2020 als Wächter/Mitarbeiter Sicherheitsdienst mit einer Entlohnung von brutto laut Kollektivvertrag zugewiesenen Beschäftigung aufgenommenen Niederschrift gab XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) im Wesentlichen zu Protokoll, dass er immer wieder fallweise beschäftigt sei und den potentiellen Dienstgeber über seine fallweise Beschäftigung informiert habe. Eine Anstellung des Beschwerdeführers sei – unabhängig davon, dass der Beschwerdeführer überqualifiziert sei - seitens des Dienstgebers wegen der fallweisen Beschäftigung des Beschwerdeführers für eine andere Firma abgelehnt worden. Auch bei einer schriftlichen Bewerbung wäre dies der Grund für eine Absage seitens des Dienstgebers gewesen.

2. Mit Bescheid des AMS vom 12.08.2020, VSNR: XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum 03.07.2020 bis 13.08.2020 verloren hat. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Aufnahme einer Beschäftigung als Wächter bei der XXXX GmbH vereitelt habe, da er bei der Bewerbung angegeben habe, fallweise beschäftigt zu sein und somit eine vollversicherte Beschäftigung vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 24.08.2020 fristgerecht Beschwerde. Darin führte er zusammengefasst aus, dass er mit sofortigem Beginn bei der Firma XXXX zu arbeiten beginnen habe wollen; er hätte dann allerdings eine Woche für die Firma XXXX arbeiten wollen und danach wieder für die Firma XXXX . Er habe bereits eine Arbeitsvereinbarung mit der Firma XXXX getroffen und habe dies nicht absagen wollen. Der potentielle Dienstgeber habe ihm daraufhin mitgeteilt, dass er den Beschwerdeführer nicht einstellen könne, wenn er nebenbei für eine andere Firma tätig sei. Selbst wenn er bei der Firma XXXX zu arbeiten begonnen hätte, würde er nach den Diensten oder an Wochenenden zusätzlich auf Rennsportveranstaltungen arbeiten. Mit September sei außerdem geplant gewesen, sich vom AMS-Bezug abzumelden, weil er dann wieder wie gewohnt auf selbständiger Basis im Rennsport arbeiten würde.

4. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß
§ 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 09.10.2020 datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Annahme der zugewiesenen Beschäftigung dadurch vereitelt habe, dass er einen sofortigen Arbeitsantritt lediglich unter der Bedingung angeboten habe, zwischenzeitlich seiner vereinbarten geringfügigen tageweisen Beschäftigung bei einer anderen Firma nachgehen zu können.

5. Mit Schreiben vom 23.10.2020 stellte der Beschwerdeführer fristgerecht einen Antrag auf Vorlage. Darin führte er aus, dass nicht nur sein Hinweis, dass er nebenbei auch andere Beschäftigungen ausüben wolle, der Grund für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung gewesen sei. Beim Vorstellungsgespräch sei überdies die Überqualifikation des Beschwerdeführers besprochen worden und sei dies ein Mitgrund für das Nichtzustandekommen der Beschäftigung gewesen. Der Beschwerdeführer habe im Laufe des Gesprächs nachgefragt, ob man ihm auch eine Stelle anbieten könnte, die seiner Qualifikation entspreche, da er seit Jahren als Sicherheitsbeauftragter im Rennsport tätig sei. Er könne daher Qualifikationen vorweisen, die weit über den geforderten Fähigkeiten bei der Firma XXXX stehen. Keinesfalls sei es aber so, dass er die Stelle aus diesem Grund nicht annehmen habe wollen.

6. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 09.12.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

7. Am 18.05.2021 langte eine Stellungnahme des AMS beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde ausgeführt, dass nach telefonischer Rücksprache mit dem potentiellen Dienstgeber XXXX bekanntgegeben habe, dass sich der Beschwerdeführer mehrmals beim potentiellen Dienstgeber gemeldet habe und auch mit unterschiedlichen Personen gesprochen habe.

8. In der gegenständlichen Rechtssache wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht am 01.06.2021 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt, an der Beschwerdeführer sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Im Zuge der Verhandlung wurde XXXX , Assistentin der Geschäftsführung bei der XXXX GmbH, als Zeugin einvernommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht seit 26.06.2018 – mit regelmäßigen Unterbrechungen durch kurze Beschäftigungsverhältnisse zumeist beim Dienstgeber „ XXXX “ - im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Laut der zwischen dem AMS und dem Beschwerdeführer abgeschlossenen Betreuungsvereinbarung vom 29.11.2019 wird der Beschwerdeführer vom AMS bei der Suche nach einer Stelle als Wächter im gewünschten Arbeitsort Wien im Vollzeitausmaß unterstützt. Der Beschwerdeführer hat sich verpflichtet, sich auf Stellenangebote, die ihm das AMS zuweist, umgehend zu bewerben und innerhalb von acht Tagen dem AMS über die Bewerbung Rückmeldung zu geben.

Am 01.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Stelle als Wächter beim Dienstgeber XXXX GmbH zugewiesen. In dem Vermittlungsvorschlag wurde ausgeführt, dass eine Bewerbung per Email zu erfolgen hat.

Der Beschwerdeführer hat sich am 02.07.2020 telefonisch beim potentiellen Dienstgeber gemeldet. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer lediglich mit der in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht als Zeugin einvernommenen XXXX , Assistentin der Geschäftsführung beim potentiellen Dienstgeber, oder auch mit Herrn XXXX , Einsatzleiter beim potentiellen Dienstgeber, oder sonstigen Personen des potentiellen Dienstgebers, gesprochen hat.

Im Zuge des Telefonats mit dem potentiellen Dienstgeber am 02.07.2020 hat der Beschwerdeführer gesagt, dass er in der Formel E arbeite und viel mit der Formel E unterwegs wäre. Überdies gab er im Zuge des Telefongesprächs an, dass er nebenbei gelegentlich noch in einer anderen Sicherheitsfirma arbeite. Er hat einen sofortigen Arbeitsantritt unter der Bedingung angeboten, dass er zwischenzeitlich – neben seiner Beschäftigung beim potentiellen Dienstgeber – seiner vereinbarten geringfügigen tageweisen Beschäftigung bei einer in Konkurrenz zum potentiellen Dienstgeber stehenden Sicherheitsfirma nachgehen könne.

Eine – wie im Vermittlungsvorschlag geforderte - Bewerbung per Email erfolgte nicht.

Die Beschäftigung als Wächter wäre dem Beschwerdeführer objektiv zumutbar gewesen. Er wäre daher verpflichtet gewesen, sich in geeigneter Weise auf den zugewiesenen zumutbaren Vermittlungsvorschlag zu bewerben.

Festgestellt wird weiters, dass der Beschwerdeführer einerseits dadurch, dass die Bewerbung nicht in der geforderten Form erfolgte, sowie andererseits durch seine Äußerungen im Zuge des Telefonats am 02.07.2020 das Zustandekommen einer vom AMS angebotenen, kollektivvertraglichen Beschäftigung kausal vereitelt hat. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer wurde während seines Leistungsbezuges vom AMS über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG informiert.

2. Beweiswürdigung:

Die Betreuungsvereinbarung vom 29.11.2019 liegt im Akt ein.

Die Feststellungen hinsichtlich des Vermittlungsvorschlags als Wächter ergeben sich aus dem vorliegenden Stellenangebot.

Dass am 02.07.2020 ein Telefonat zwischen dem Beschwerdeführer und dem potentiellen Dienstgeber stattgefunden hat, ist unstrittig.

Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, ob der Beschwerdeführer nur mit XXXX oder auch mit Herrn XXXX oder sonstigen Personen des potentiellen Dienstgebers gesprochen hat, ergibt sich daraus, dass die diesbezüglich widersprüchlichen Angaben nicht aufgeklärt werden konnten. So führte der Beschwerdeführer bereits in seiner Stellungnahme vom 09.07.2020 aus, dass er mit einem Herrn XXXX telefoniert habe und blieb er auch in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bei dieser Aussage. Er konnte allerdings nicht angeben, ob er von XXXX zu Herrn XXXX weiterverbunden wurde oder ob er von Herrn XXXX zurückgerufen worden sei. XXXX schloss in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hingegen aus, dass der Beschwerdeführer mit Herrn XXXX gesprochen habe. Im Zuge der Verhandlung hat XXXX Herrn XXXX angerufen und ihn bezüglich eines allfälligen Telefonats mit dem Beschwerdeführer gefragt. Herr XXXX gab an, dass er sich an kein Telefonat mit dem Beschwerdeführer erinnern könne. Aus der Stellungnahme des AMS vom 18.05.2021 geht hervor, dass nach telefonischer Rücksprache mit dem potentiellen Dienstgeber XXXX bekanntgegeben habe, dass sich der Beschwerdeführer mehrmals beim potentiellen Dienstgeber gemeldet habe und auch mit unterschiedlichen Personen gesprochen habe; es ergibt sich daraus jedoch nicht, mit wem konkret der Beschwerdeführer gesprochen hat. Der Umstand, ob der Beschwerdeführer auch mit Herrn XXXX gesprochen hat oder nicht, konnte daher nicht geklärt werden. Es ist diesbezüglich jedoch festzuhalten, dass dieser Umstand nicht entscheidungswesentlich ist, zumal der Beschwerdeführer im Zuge eines Telefonats jedenfalls Erklärungen gegenüber dem potentiellen Dienstgeber XXXX GmbH gemacht hat und jedenfalls sowohl XXXX als auch Herr XXXX befugt waren, für das Unternehmen zu sprechen.

Die Feststellungen betreffend den Inhalt des am 02.07.2020 geführten Telefonats ergeben sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit den Ausführungen der als Zeugin einvernommenen XXXX . So gab der Beschwerdeführer auf Vorhalt der Aussage von XXXX , wonach der Beschwerdeführer beim Telefonat gesagt habe, dass er in der Formel E arbeite und immer unterwegs sei und es aus diesem Grund nicht ginge, dass er zu arbeiten beginne, an: „Es kann vielleicht sein, dass sie mich gefragt hat, was ich für Qualifikation habe und dass ich gesagt habe, dass ich nebenbei bei Formel 1 und Formel E tätig bin.“ Der Beschwerdeführer bestätigte sohin, im Zuge des Telefonats seine Tätigkeit in der Formel 1 und der Formel E erwähnt zu haben.

Zu der Bedingung, welche der Beschwerdeführer im Zuge des Telefonats gestellt hat, ist beweiswürdigend auszuführen, dass er in der Verhandlung auf diesbezüglichen Vorhalt dazu wie folgt ausführte: „Bei dem Anruf habe ich schon ein paar Tage später einen Einsatz gehabt bei der Firma XXXX . Ich habe dem Herrn XXXX wortwörtlich gesagt, dass ich gerne beginnen würde zu arbeiten und ich habe die Frage gestellt, ob es möglich wäre, dass ich diesen Tag, den ich schon mit der Firma XXXX vereinbart habe, frei zu bekommen, bevor ich diesen Termin absagen müsste.“ Etwas später bestätigte er nochmals, dass er „den Herrn XXXX gefragt habe, ob er diese anderen Termine beibehalten kann ohne sie stornieren zu müssen.“

In diesem Zusammenhang ist überdies zu erwähnen, dass sich aus dem Akteninhalt (AH 84, 89 und 90 des Verwaltungsaktes) ergibt, dass der Beschwerdeführer am 02.07.2020 noch nicht gewusst hat, wann genau er Dienste bei der Firma XXXX haben werde, da er noch keinen Vertrag unterschrieben habe. Offensichtlich hat der Beschwerdeführer am 02.07.2020 sohin noch nicht gewusst, wann er bei der Firma XXXX geringfügig beschäftigt werden würde und hat trotzdem am 02.07.2020 schon der XXXX GmbH bekanntgegeben, dass er vereinbarte Dienste bei einer anderen Firma hätte. Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Beschwerdeführer, wenn er am 02.07.2020 noch keinen Vertrag bei der Firma XXXX unterschrieben hatte und noch keine konkreten Dienste vereinbart waren, dennoch eine tageweise Beschäftigung bei einer anderen Firma gegenüber der XXXX GmbH erwähnt hat.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der Verhandlung, wonach er dem potentiellen Dienstgeber angeboten habe, in der Firma vorbeizukommen, kann nicht gefolgt werden, zumal der Beschwerdeführer diesen Umstand völlig neu vorbrachte und im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde mit keinem Wort erwähnte.

Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer ein Telefongespräch mit dem potentiellen Dienstgeber geführt hat, aber keine – wie im Stellenangebot geforderte - schriftliche Bewerbung per Email erfolgt ist. Ein Telefonat stellt jedenfalls nicht die geforderte Form der Bewerbung dar. Im Vermittlungsvorschlag war festgehalten, dass eine Bewerbung per Email erwünscht ist. Ein Telefonanruf hat nicht den Vorgaben des Dienstgebers entsprochen. Wenn der potentielle Dienstgeber eine bestimmte Form der Bewerbung auswählt und diese für die konkrete Stellenausschreibung vorschreibt, hat sich die arbeitsuchende Person nach diesen Vorgaben zu bewerben. Die vom Beschwerdeführer per Telefon getätigte Bewerbung kann daher nicht als taugliches Bemühen um die vermittelte Stelle angesehen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS
Wien Esteplatz.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. (vgl. zB VwGH 19.09.2007, 2006/08/0157, mwN und jüngst VwGH 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005)

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden. (vgl. VwGH 18.01.2012, Zl. 2008/08/0243 und jüngst VwGH: 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005 sowie 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042)

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin. (vgl. VwGH 18.11.2009, Zl. 2009/08/0228; 26.10.2010, Zl. 2008/08/0244 sowie jüngst VwGH 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042)

Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht. Wenn ein Arbeitsloser somit eine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 9 AlVG nicht annimmt bzw. die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so führt dies gemäß § 10 AlVG zum temporären Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe.

Der Beschwerdeführer wurde seitens des AMS über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG informiert.

Die Beschäftigung als Wächter war zumutbar im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen, zumal die zugewiesene Beschäftigung sämtlichen Bestimmungen gemäß § 9 Abs. 2 AlVG entsprochen hat. Er wäre kollektivvertraglich entlohnt worden. In einer Gesamtschau ist sohin davon auszugehen, dass die dem Beschwerdeführer angebotene und folglich ordnungsgemäß zugewiesene Beschäftigung nicht evident unzumutbar war.

Den Feststellungen folgend hat sich der Beschwerdeführer nicht in der geforderten Form beworben. Anstelle einer Bewerbung per Email hat er den potentiellen Dienstgeber angerufen. Eine taugliche Bewerbung kann nur auf die im Vermittlungsvorschlag verlangte Art und Weise erfolgen (vgl. VwGH vom 18.06.2014, Zl. 2012/08/0187). Dadurch, dass der Beschwerdeführer keine Bewerbung in der vorgeschriebenen Form gemacht hat, hat er eine Vereitelungshandlung iSd § 10 AlVG gesetzt.

Überdies hat der Beschwerdeführer durch seine im Zuge des Telefonats am 02.07.2020 dem potentiellen Dienstgeber gegenüber getätigten Äußerungen sowie aufgrund des Umstandes, dass er sich nur unter einer Bedingung, nämlich, dass er seiner vereinbarten geringfügigen tageweisen Beschäftigung bei einer in Konkurrenz zum potentiellen Dienstgeber stehenden Sicherheitsfirma nachgehen könne, bewerben wollte, eine Vereitelungshandlung gesetzt.

Das geringfügige Dienstverhältnis des Beschwerdeführers bei der Firma XXXX stellt keinen Grund dar, ein konkret angebotenes vollversichertes Dienstverhältnis abzulehnen. Es kommt dabei auch nicht darauf an, ob und zu welchem genauen Zeitpunkt der Beschwerdeführer seine geringfügige Beschäftigung vertragskonform auflösen hätte können, da der Beschwerdeführer schon beim Eingehen einer geringfügigen Beschäftigung auf die kurzfristige Lösbarkeit hätte Bedacht nehmen müssen, um eine angebotene zumutbare Beschäftigung ab dem ehestmöglichen Zeitpunkt (vgl. dazu VwGH vom 07.09.2011, Zl. 2008/08/0085) annehmen zu können.

In einer Gesamtschau ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf diese Stelle nicht arbeitswillig war.

Wenn die belangte Behörde daher bei Würdigung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers von einer Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 AIVG ausgegangen ist, ist dem nicht entgegenzutreten.

Zur Kausalität ist auszuführen, dass hierbei nicht Voraussetzung ist, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre (vgl. VwGH 20.9.2006, Zl. 2005/08/0106). Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 15.10.2014, Zl. Ro 2014/08/0042), was im gegenständlichen Fall als gegeben anzusehen ist. Es ist auch bedingter Vorsatz im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung gegeben, zumal es dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein muss, dass eine telefonische Bewerbung - obwohl eine Bewerbung per Email gefordert war - zu keinem Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses führt; überdies musste dem Beschwerdeführer bewusst sein, dass seine im Zuge des Telefonats getätigten Äußerungen zu keinem Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses führen. Jedenfalls hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zumindest in Kauf genommen.

Bei dieser Sachlage konnte die belangte Behörde als Ergebnis ihrer nachvollziehbaren Begründung zu Recht die Erfüllung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 AlVG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht bejahen.

Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (vgl. VwGH 26.01.2010, 2008/08/0018; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/08/0236). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0234, mwN) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an (wie etwa Sorgepflichten, vgl. VwGH 16.05.1995, 94/08/0150, 04.09.2013, 2011/08/0201; 20.10.2010, 2007/08/0231, 12.09.2012, 2009/08/0247). Weder der festgestellte Sachverhalt noch der vorgelegte Verwaltungsakt (insbesondere auch die Beschwerde/der Vorlageantrag des Beschwerdeführers) bieten Anhaltspunkte für das Vorliegen von Nachsichtsgründen im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Anspruchsverlust Bewerbung Kausalität Notstandshilfe Vereitelung zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W198.2237587.1.00

Im RIS seit

18.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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