Entscheidungsdatum
16.06.2021Norm
AsylG 2005 §55Spruch
W148 2193600-3/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. KEZNICKL als Einzelrichter über die Beschwerde vom 20.05.2021 von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Michael-Thomas REICHENVATER in 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2021, XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31.01.2019, GZ. W 187 2193600-1/17E, wurde das Asylverfahren des Beschwerdeführers (im Folgenden „BF“) rechtskräftig in allen Punkten abweisend entschieden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde abgelehnt und die abgetretene Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde zurückgewiesen.
2. Am 27.03.2020 stellte der Beschwerdeführer (BF) durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter einen „Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK – ‚Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens‘“ mittels Formblatt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA; auch: „belangte Behörde“). Mit dem Antragsformular legte der Beschwerdeführer ein Deutschzertifikat Niveau B2, eine Schulbesuchsbestätigung, Empfehlungsschreiben und Lichtbilder vor.
Mit als „Verbesserungsauftrag“ bezeichnetem Schreiben vom 08.06.2020 trug das BFA dem Beschwerdeführer auf, binnen zweier Wochen den Antrag persönlich beim BFA zu stellen und die in § 8 Abs. 1 AsylG-DV 2005 aufgezählte Urkunden innerhalb einer Frist von zwei Wochen vorzulegen, widrigenfalls anhand der Aktenlage zu entscheiden wäre bzw. gem. § 13 Abs. 3 und 4 AVG zurückzuweisen wäre.
Mit Schreiben vom 24.06.2020 legte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter zwar eine weitere Urkunde (Arbeitsvorvertrag) vor, ist jedoch dem Verbesserungsauftrag (persönliches Erscheinen mit persönlicher Einreichung des Erstantrages und Vorlage der anderen in § 8 Abs. 1 AsylG-DV 2005 genannten Urkunden) nicht nachgekommen.
3. Die belangte Behörde wies daraufhin mit Bescheid vom 07.07.2020 den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 gemäß § 13 AVG als unzulässig zurück. Begründend führte sie im Wesentlichen an, dass dem zwingenden gesetzlichen Erfordernis (persönliches Erscheinen und Vorlage der Urkunden nach § 8 Abs. 1 AsylG-DV 2005) trotz eines Verbesserungsauftrages nicht nachgekommen worden sei.
4. Die dagegen erhobene Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 04.12.2020, GZ. W202 2193600-2/3E, rechtskräftig abgewiesen. Begründend führte es an, dass es sich beim Erfordernis des persönlichen Erscheinens zwecks Erstantragstellung (§ 58 Abs. 5 AsylG 2005) um eine zwingende Bestimmung handle, von der es keine gesetzliche Ausnahme gebe. Dagegen wurde keine Revision erhoben.
5. Mit ausgefülltem Formular vom 19.01.2021, vom BF persönlich eingebracht am 20.01.2021, stellte der BF, vertreten durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter, einen dem vorliegenden Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden neuerlichen Antrag beim BFA, Regionaldirektion XXXX Außenstelle XXXX , auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 („Aufenthaltsberechtigung plus“). Dem Antrag war das ausgefüllte Antragsformular, ein Schriftsatz, ein Lichtbild (beides im Original) sowie Kopien folgender Urkunden angeschlossen: Jahreszeugnis für die 8. Schuldstufe (Schuljahr 2019/20) der Freien Waldorfschule XXXX (vom 07.07.2020) samt Kommentar zum Jahreszeugnis (vom 23.10.2020), ein mit 18.07.2020 datiertes Schreiben der Babtistengemeinde XXXX sowie eine Taufbestätigung 11.10.2020 der internationalen Babtistengemeinde XXXX über die am selben Tag erfolgte Taufe des BF. Der Antrag wurde damit begründet, dass sich die soziale Integration des BF verbessert habe, er inzwischen über das Sprachniveau (Deutsch) B1 verfüge und die 8. Schulstufe positiv abgeschlossen habe. Der BF sei als finanziell abgesichert anzusehen und er verfüge über einen aufrechte Krankenversicherungsschutz. Ausdrücklich angeführt wurde auch, dass der vorherige Erstantrag zur Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus dem Grund des nicht persönlichen Erscheinens vor der belangten Behörde zurückgewiesen worden sei. Mit Eingabe vom 28.01.2021 erfolgte eine weitere Urkundenvorlage (Schreiben des Pfarramtes XXXX vom 18.021.2021).
6. Diesen Antrag hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid (gem. § 13 Abs. 3 AVG) zurückgewiesen und begründend ausgeführt, dass „die erforderlichen Dokumente erneut nicht vorgelegt“ (§ 8 Abs. 1 AsylG-DV) worden seien. Es sei bereits im Vorverfahren ein Verbesserungsauftrag zur Vorlage von zwingend erforderlichen Dokumenten gemäß § 8 AsylG-DV (Reisedokument und Geburtsurkunde) erteilt worden; diesem Verbesserungsauftrag sei der rechtsfreundlich vertretene BF damals nicht nachgekommen, weshalb der Antrag zurückgewiesen worden sei. Auch diesmal habe der – wiederum durch den selben Rechtsanwalt vertretene - BF weder die nach § 8 AsylG-DV erforderlichen Urkunden vorgelegt noch einen Heilungsantrag nach § § 4 Abs. 1 AsylG-DV gestellt. Die belangte Behörde sei nicht nochmals zur Erteilung eines Verbesserungsauftrages verpflichtet; der Antragsteller im Verfahren nach § 55 AsylG 2005 habe eine Mitwirkungspflicht.
7. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 20.05.2021 an das Bundesverwaltungsgericht, die mit 28.05.2021 vorgelegt wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass der belangten Behörde hinlänglich bekannt sei, dass der BF weder im Besitz eines nationalen Reisedokumentes noch einer Geburtsurkunde sei. Gründe für die Nichtvorlage der Urkunden wurden keine vorgebracht, es wurde lediglich moniert, dass die belangte Behörde ihre „amtswegige Ermittlungspflicht“ verletzt habe und eine antizipierende Beweiswürdigung vorgenommen habe. Weiters wurde auf die gute Integrität des BF, seine Konversion und seine Schulabschlüsse hingewiesen. Bei richtiger rechtlicher Würdigung hätte dem BF ein Aufenthaltstitel erteilt werden müssen. Weitere Urkunden wurden nicht vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages (2019) stellte, der BF am 27.03.2020 (Eingangsstampiglie) einen „Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK ? ‚Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens‘“.
2. Mit Schreiben vom 08.06.2020 wurde dem rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer ein „Verbesserungsauftrag“ erteilt, in welchem er ersucht wurde, 1. den Antrag persönlich beim BFA zu stellen und 2. einen unbedenklichen nationalen Identitätsnachweis (Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde etc.) nach § 8 Abs. 1 Asylgesetz-Durchführungsverordnung (AsylG-DV) vorzulegen. Es wurde dem Beschwerdeführer in diesem Schreiben mitgeteilt, dass, falls er dieser Aufforderung nicht nachkomme, sein Antrag als unzulässig zurückgewiesen werde. Nachdem der BF zwar persönlich erschienen ist und einen Arbeitsvorvertrag, jedoch keine der verpflichtenden Urkunden vorgelegt hatte und auch keinen Heilungsantrag nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 gestellt hatte, ist sein Antrag rechtskräftig zurückgewiesen worden. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde rechtskräftig vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 04.12.2020, GZ. W202 2193600-2/3E, als unbegründet abgewiesen.
3. Der BF hat nunmehr neuerlich einen– durch den selben Rechtsanwalt eingebrachten - Antrag nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 eingebracht; dieser liegt dem angefochtenen Bescheid zugrunde. Der BF ist zwar persönlich mit seinem Rechtsanwalt vor der belangten Behörde erschienen, hat jedoch wiederum die zwingend erforderlichen Urkunden nach § 8 Abs. 1 AsylG-DV 2005 (Reisedokument, Geburtsurkunde) ohne Begründung nicht vorgelegt. Er hat auch keinen Heilungsantrag nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 gestellt. Die Behörde hat daraufhin den angefochtenen Zurückweisungsbescheid erlassen und begründend ausgeführt, dass „die erforderlichen Dokumente erneut nicht vorgelegt“ (§ 8 Abs. 1 AsylG-DV 2005) worden seien. Es sei bereits im Vorverfahren ein Verbesserungsauftrag zur Vorlage der zwingend erforderlichen Dokumente gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG-DV (Reisedokument und Geburtsurkunde) erteilt worden; diesem Verbesserungsauftrag sei der rechtsfreundlich vertretene BF damals nicht nachgekommen, weshalb der Antrag zurückgewiesen worden sei. Die belangte Behörde sei nicht nochmals zur Erteilung eines Verbesserungsauftrages verpflichtet; der Antragsteller im Verfahren nach § 55 AsylG 2005 habe eine Mitwirkungspflicht.
Der BF ist im gesamten Verfahren, auch im Vorverfahren, durch einen berufsmäßigen Rechtsanwalt vertreten.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem gegenständlichen Verwaltungs- und Gerichtsakt (auch in den Vorakt zu GZ. W202 2193600-2), der unstrittig ist. Es haben sich auch sonst keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der vorgelegten Akten und Urkunden ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf ein Verwaltungsgericht aufgrund einer gegen eine Zurückweisung erhobenen Beschwerde nur über die Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides, nicht hingegen über den zugrundeliegenden Antrag selbst entscheiden (vgl. etwa VwGH 12.10.2015, Ra 2015/22/0115 mit Verweis auf VwGH 29.04.2015, 2013/08/0136). Die Beschwerdeinstanz kann und darf demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist. Es ist ihr aber verwehrt, über diesen Rahmen hinaus unter Überspringung der Vorinstanz mit einer Entscheidung über den Gegenstand des Verfahrens vorzugehen, würde doch dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen (VwGH 12.12.1989, 89/04/0151). „Sache“ im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG und demnach Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht ist im vorliegenden Fall, die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.
Die für das gegenständliche Verfahren maßgebliche Bestimmung(en) des AVG, des AsylG 2005 und der Asylgesetz-Durchführungsverordnung (AsylG-DV) lauten:
§ 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. 51/1991 idF BGBl. I 57/2018, lautet:
„Anbringen
§ 13. […]
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
[…]“
§ 55 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 68/2017, lautet:
„Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus‘ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung‘ zu erteilen.“
§§ 4 und 8 Asylgesetz-Durchführungsverordnung (AsylG-DV), BGBl. I Nr. II Nr. 448/2005, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 492/2013 bzw. BGBl. II Nr. 230/2017, lauten:
„Verfahren
§ 4. (1) Die Behörde kann auf begründeten Antrag von Drittstaatsangehörigen die Heilung eines Mangels nach § 8 und § 58 Abs. 5, 6 und 12 AsylG 2005 zulassen:
1.
im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen zur Wahrung des Kindeswohls,
2.
zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK oder
3.
im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(2) Beabsichtigt die Behörde den Antrag nach Abs. 1 zurück- oder abzuweisen, so hat die Behörde darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.“
„Urkunden und Nachweis für Aufenthaltstitel
§ 8 (1) Folgende Urkunden und Nachweise sind – unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Abs. 2 und 3 – im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 3) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (§ 3) anzuschließen:
1.
gültiges Reisedokument (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG);
2.
Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument;
3.
Lichtbild des Antragstellers gemäß § 5;
4.
erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde.
(2) Zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Urkunden und Nachweisen sind dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen:
1.
Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandsrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise;
2.
Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht;
3.
Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung.
(3) Ein Nachweis über die Duldung ist zusätzlich zu den in Abs. 1 genannten Urkunden und Nachweisen dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 anzuschließen.
(4) Beruft sich der Antragsteller betreffend Abs. 2 Z 1, 2 oder 3 auf Leistungen oder die Leistungsfähigkeit eines verpflichteten Dritten, so ist darüber jeweils ein Nachweis anzuschließen.
(5) Das Erfordernis der Vorlage des gültigen Reisedokumentes (Abs. 1 Z 1) entfällt bei einem Kind binnen sechs Monaten nach der Geburt, sofern das Kind noch nicht über ein gültiges Reisedokument verfügt (§ 2 Abs. 1 Z 2 und 3 NAG).“
In der Sache
Das BVwG kann laut Judikatur nicht inhaltlich über die Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 entscheiden, weil es damit die Sache des Beschwerdeführers überschritten hätte (vgl. VwGH vom 17.11.20216, Ra 2016/21/0314, Rz 17). Das BVwG hat sich auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des zurückweisenden Bescheides zu beschränken.
Zunächst ist begründend festzuhalten, dass es sich gegenständlich um ein Antragsverfahren nach § 55 Abs. 1 AsylG 2005 (Erteilung eines Aufenthaltstitels „Aufenthaltsberechtigung plus“) handelt und nicht um ein amtswegiges Verfahren (vgl. § 58 AsylG 2005). In diesen Verfahren sind, neben anderen Erfordernissen, die in § 8 Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG-DV 2005 angeführten Urkunden zwingend vorzulegen. Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der BF weder ein gültiges Reisedokument (§ 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV 2005) noch eine Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (§ 8 Abs. Z 2 AsylG-DV 2005) vorgelegt hat. Bereits im Verfahren zu GZ. W202 2193600-2 hat der BF – dort nach Verbesserungsauftrag und Belehrung durch die belangte Behörde– diese Urkunden nicht vorgelegt, weshalb seiner Beschwerde gegen den zurückweisenden Bescheid nicht gefolgt worden war. Sowohl in dem damaligen Verfahren als auch im vorliegenden war der BF durch einen berufsmäßigen Rechtsanwalt vertreten. Weiters hat der BF im vorliegenden Verfahren weder eine Begründung gebracht, warum er die Urkunden nicht vorlegen kann noch hat er einen Heilungsantrag nach § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 gestellt.
Der VwGH hat in einem Fall wie dem Vorliegenden entschieden (VwGH vom 21.9.2017, Ra 2017/22/0128, Rz 15): „Dem Vorbringen des Revisionswerbers ist zunächst entgegenzuhalten, dass die Nichtvorlage eines gültigen Reisedokuments bei Unterbleiben einer Antragstellung nach § 4 Abs. 1 Z 3 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG-DV 2005 grundsätzlich eine auf § 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 gestützte zurückweisende Entscheidung rechtfertigt (vgl. den hg. Beschluss vom 17. Mai 2017, Ra 2017/22/0059; vgl. zu einem Antrag gemäß § 57 AsylG 2005 das hg. Erkenntnis vom 14. April 2016, Ra 2016/21/0077).“ Es gibt im Verfahren nach § 55 AsylG 2005 auch eine Mitwirkungspflicht des Antragstellers. Der rechtsfreundlich vertretene BF hätte also erstens eine Begründung liefern müssen, warum er die verpflichtenden Urkunden nicht beischaffen konnte und zweitens hätte er einen begründeten Heilungsantrag nach § 4 AsylG-DV 2005 stellen können.
Zur Verbesserung von Anbringen nach § 13 Abs. 3 AVG ist zunächst festzuhalten, dass eine Verbesserung im Beschwerdeverfahren nicht mehr nachgeholt werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I (2. Auflage), § 13 Rz 30 mwN). Im Übrigen ist im Hinblick auf § 13a AVG (Manuduktionspflicht der Behörde) iVm § 13 Abs. 3 AVG festzuhalten, dass bereits im vorangehenden Antragsverfahren ein hinreichend klarer Verbesserungsauftrag an den rechtsfreundlich vertretenen BF erteilt worden war; schon damals ist dem Verbesserungsauftrag trotz anwaltlicher Vertretung nicht entsprochen worden. Vor dem Hintergrund, dass nun auch in diesem Verfahren, der BF war durch den selben Rechtsanwalt vertreten, wiederum weder die erforderlichen Unterlagen vorgelegt wurden noch ein Antrag auf Nachsicht nach § 4 Abs. 1 AsylG-GV gestellt wurde, wird davon ausgegangen, dass die belangte Behörde zurecht davon ausgegangen ist, dass der Antrag mit verfahrensabschließendem Bescheid zurückzuweisen war (vgl. § 4 Abs. 2 AsylG-DV). Dabei spielt auch der Umstand eine maßgebliche Rolle, dass der BF trotz Möglichkeiten keinerlei Begründung für die Nichtvorlage der erforderlichen Unterlagen gegeben hat.
Die von der belangten Behörde vorgenommene Zurückweisung kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Es wird in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass im angefochtenen Bescheid ausdrücklich der Hinweis enthalten ist, dass es dem BF jederzeit frei steht einen neuen Antrag zu stellen.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
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Der guten Ordnung halber wird festgehalten, dass die Beschwerde gegen den Parallelbescheid über die Verhängung einer Mutwillensstrafe nicht in die Zuständigkeit der Gerichtsabteilung W148 fällt, sondern unter der GZ. W195 2242861-1 geführt wird.
Absehen von der mündlichen Verhandlung
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, dass aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist.
Zu B ? Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Punkten in der Begründung von Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK Mitwirkungspflicht VerbesserungsauftragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W148.2193600.3.00Im RIS seit
18.08.2021Zuletzt aktualisiert am
18.08.2021