TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/30 W154 2222260-1

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Veröffentlicht am 30.06.2021
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Entscheidungsdatum

30.06.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs1 Z3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §35

Spruch


W154 2222260-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. KRACHER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit China, vertreten durch RA Mag. Alfons Umschaden MBA, M.B.L., gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 7.8.2019, Zahl: IFA 1059889804 - 190807725 (SIM), zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 35 VwGVG iVm § 1 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.




Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Volksrepublik China und stellte am 9.4.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt oder belangte Behörde) vom 22.4.2015, Zl. 1059889804/150354816, hinsichtlich §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.8.2016, GZ W119 2107327-1/7E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005 sowie gemäß §§ 52 Abs. 2 Z 2 iVm Abs. 9 und 55 Abs. 1 FPG sowie §§ 55 und 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

2. Da die Beschwerdeführerin im Verfahren falsche Angaben hinsichtlich ihrer Identität gemacht hatte und aufgrund der zu ihrer Identität gemachten Angaben nicht identifiziert werden konnte, langte am 27.12.2017 eine negative Verbalnote aus China ein.

3. Am 19.4.2018 stellte die Beschwerdeführerin einen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz (Folgeantrag).

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.9.2018, Zl. 1059889804/180376480 EAST Ost, wurde dieser hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen sie gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG nach China zulässig sei (Spruchpunkt V.), wobei gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.).

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11.2.2019, GZ W119 2107327-2/9E, wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

4. Die Beschwerdeführerin stellte mit Schreiben vom 30.4.2019 ihre Identität richtig und gab ihre Personaldaten anhand einer Kopie ihres Reisepasses bekannt.

Am selben Tag brachte sie einen Antrag gemäß § 56 AsylG ein.

5. Am 17.5.2019 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde zur Regelung ihrer Ausreise und zu ihrem Antrag gem. § 56 AsylG niederschriftlich einvernommen.

Diese Einvernahme gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt:

„[…]

F: Sind Sie gesund und können Sie der Einvernahme folgen?

A: Ja. Ich habe nur die Beschwerden, die ich bereits bekannt gegeben habe.

F: Nehmen Sie derzeit Medikamente?

A: Ja. Ich nehme zwei Medikamente. Es handelt sich um zwei chinesische Medikamente gegen Schmerzen und Entzündungen. Ich habe diese Medikamente ohne Rezept bekommen. Ich nehme auch noch ein rezeptpflichtiges Medikament aus Österreich gegen Schmerzen. Ich nehme auch noch ab und zu Antidepressiva.

F: Wie oft nehmen Sie die Antidepressiva?

A: Täglich 1 Stück. Ich vergesse ab und zu darauf, nehme sie aber sonst regelmäßig. Ich nehme auch noch Medikamente gegen Bluthochdruck und Cholesterin.

F: Werden Sie rechtsfreundlich vertreten?

A: Ja. Durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter.

Belehrung: Die Rechtsvertretung wird über Ihre Rechte und Pflichten in der Einvernahme und über Ihre Stellung im Verfahren und der Einvernahme aufgeklärt!

Anmerkung: Die Rechtsvertretung gibt an, über die Bestimmungen in Kenntnis zu sein.

Ihr Antrag auf internationalen Schutz wurde durch das Bundesamt hinsichtlich §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG erlassen. Diese Entscheidung ist zweitinstanzlich in Rechtskraft erwachsen.

Es besteht seit 18.08.2016 eine zweitinstanzlich rechtskräftige Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG gegen Sie. Sie sind Ihrer Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen. Die Frist zur freiwilligen Ausreise ist mit 02.09.2016 abgelaufen. Sie sind rechtswidrig im Bundesgebiet verblieben und haben einen Asylfolgeantrag gestellt.

Ihr Folgeantrag auf internationalen Schutz wurde durch das Bundesamt hinsichtlich §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen und es wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG erlassen. Diese Entscheidung ist zweitinstanzlich in Rechtskraft erwachsen.

Es besteht seit 13.02.2019 eine zweitinstanzlich rechtskräftige Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG gegen Sie. Sie sind Ihrer Ausreiseverpflichtung bisher weiterhin nicht nachgekommen. Eine Frist zur Ausreise wurde im letzten Bescheid nicht mehr gewährt.

Sie haben in den bisherigen Verfahren falsche Angaben hinsichtlich Ihrer Identität gemacht und langte am 27.12.2017 eine negative Verbalnote aus China ein. Sie haben Ihre Identität mit Schreiben vom 30.04.2019 richtig gestellt und Ihre vermeintlich wahren Personaldaten bekannt gegeben.

Sie wurden für den heutigen Tag mittels Mitwirkungsbescheid vom 02.05.2019 geladen, um die bestehende Ausreiseentscheidung zu effektuieren. Des Weiteren wurde aufgrund Ihrer fehlenden Personaldokumente ein HRZ Verfahren mit Ihrer Vertretungsbehörde eingeleitet. Dieser Mitwirkungsbescheid wurde Ihrer Rechtsvertretung am 06.05.2019 nachweislich gegen Unterschriftsleistung zugestellt und ist seither durchsetzbar. Sie sind zur Mitwirkung an den erforderlichen Handlungen verpflichtet.

Sie haben weiters am 30.04.2019 einen Antrag gemäß § 56 AsylG eingebracht. Die heutige Einvernahme dient auch der Befragung hinsichtlich Ihres diesbezüglichen Antrages.

F: Möchten Sie sich dazu äußern?

A: Das stimmt soweit.

F: Warum haben Sie diesen Antrag gemäß § 56 AsylG am 30.04.2019 eingebracht?

A: Ich will nicht nach China zurück. In Österreich werden die Frauen- und Menschenrechte geachtet. Ich habe mich jetzt einen A1 Kurs angemeldet (Start: 20.05.2019) und will mich in die österreichische Gesellschaft integrieren.

F: Seit wann halten Sie sich in Österreich auf? Ist Ihr Aufenthalt seither durchgängig?

A: Ich bin seit August 2014 durchgehend in Österreich.

F: Warum haben Sie in Ihrem ersten Asylverfahren gesagt, dass Sie China am 02.04.2015 verlassen hätten und am 03.04.2015 in Österreich eingereist seien? Ihre jetzigen Angaben sind damit nicht glaubhaft! Wollen Sie sich dazu äußern?

A: Ich habe das damals so verstanden, dass ich gefragt wurde, wann ich in Wien eingereist bin. Ich war von August 2014 bis April 2015 als Kindermädchen in Innsbruck.

F: Waren Sie damals in Innsbruck behördlich gemeldet?

A: Nein. Ich war unangemeldet aufhältig und ohne Krankenversicherung für diesen Job.

F: Sie haben im ersten Asylverfahren gesagt, dass Sie am 02.04.2015 aus China schlepperunterstützt mit dem Flugzeug ausgereist seien! Sie haben also entweder im ersten Asylverfahren falsche Angaben gemacht oder machen nun falsche Angaben! Wollen Sie sich dazu äußern?

A: Meine heutigen Angaben stimmen. Ich hatte damals Angst. Mir wurde gesagt, dass man vor der Asylbehörde lügen muss, da man sonst abgeschoben wird.

F: Haben Sie Belege oder Nachweise dafür, dass Sie seit August 2014 in Österreich sind?

A: Nein. Ich kann das nicht belegen.

Anmerkung: Es wurde beim Antrag vom 30.04.2019 eine Kopie des Schengen-Visums vorgelegt, woraus ersichtlich ist, dass die Einreise am 02.08.2014 nach Italien erfolgte.

Belehrung: Sie haben am 09.04.2015 Ihren ersten Asylantrag eingebracht und haben dabei angegeben, dass Sie China am 02.04.2015 verlassen hätten und schlepperunterstützt am 03.04.2015 in Österreich eingereist seien.

Sie haben sich dann von 09.04.2015 bis 18.08.2016 aufgrund Ihres ersten Asylverfahrens legal in Österreich aufgehalten. Seit 18.08.2016 halten Sie sich illegal in Österreich auf (rechtskräftiger Abschluss des Asylverfahrens), da Sie zu Ihrem zweiten Asylverfahren nicht inhaltlich zugelassen wurden (Zurückweisung § 68 AVG) und damit kein Aufenthaltsrecht sondern nur faktischen Abschiebeschutz genossen.

Es muss somit festgestellt werden, dass Sie die Voraussetzungen des § 56 AsylG somit nicht erfüllen, da Sie zum einen nicht seit 5 Jahren durchgehend in Österreich sind (sondern erst etwa 4 Jahren) und sich zum anderen nicht mindestens die Hälfte davon bzw. mindestens 3 Jahre davon legal (sondern nur etwa 1 Jahr und 4 Monate) in Österreich aufgehalten haben. Sie werden somit darüber belehrt, dass Ihr Antrag gemäß § 56 AsylG zurückzuweisen sein wird.

Sie werden weiters darüber belehrt, dass Sie Ihren Antrag auf § 55 AsylG hinsichtlich Artikel 8 EMRK abändern können! Wie lautet Ihre Entscheidung?

A: Ich möchte das mit meiner Anwältin besprechen und erbitte Bedenkzeit.

Anmerkung: Es wird eine Frist von 1 Woche gewährt, um mitzuteilen, ob der Antrag gemäß § 56 AsylG aufrechterhalten wird oder eine Abänderung hinsichtlich § 55 AsylG erfolgt.

F: Welche Änderungen haben sich an Ihrer persönlichen Situation seit Rechtskraft der letzten Rückkehrentscheidung am 13.02.2019 ergeben?

A: Keine Änderungen.

F: Welche Integrationsbemühungen haben Sie seit Rechtskraft der letzten Rückkehrentscheidung am 13.02.2019 angestrengt? Welche Integrationsschritte haben Sie seither konkret gesetzt (z.B. Deutschkurse, Arbeit, Kurse, usw.)?

A: Ich habe mich für den A1 Kurs angemeldet. Es gibt zwei Menschenrechtsorganisationen im 16. Bezirk und am Naschmarkt, wo ich bei Veranstaltungen ab und zu hingehe.

F: Warum sollte die Behörde Ihrer Ansicht nach einen Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 56 AsylG erteilen?

A: Ich will Deutsch lernen und will mich in die österr. Gesellschaft integrieren. Ich will in Österreich bleiben.

Wie hat sich Ihre gesundheitliche Situation seit der Rechtskraft der letzten Rückkehrentscheidung am 13.02.2019 dargestellt? Haben sich Veränderungen ergeben?

A: Ich wurde am 04.10.2018 operiert und wurde mir die Gebärmutter und die Eierleiter entfernt. Ich habe in den letzten 3 Monaten folgende Symptome: Schwitzen, ab und zu Harnverlust, unerklärliche Stimmungsschwankungen und aufgeregt sein. Ich habe auch ein schlechteres Gedächtnis.

F: Was steht Ihrer Ansicht nach einer Rückkehr in die Heimat entgegen?

A: Ich will nicht nach China zurück. Ich möchte hier bleiben.

Belehrung: Sie haben zwei unbegründete Asylanträge gestellt und konnten in den Verfahren erst- und zweitinstanzlich keine verfolgungsrelevanten Fluchtgründe festgestellt werden. Es besteht gegen Sie eine effektuierbare Ausreiseentscheidung. Sie werden weiters darüber belehrt, dass Sie in Österreich niemals ein Aufenthaltsrecht erhalten werden, sofern Sie nicht nun freiwillig ausreisen. Eine Niederlassung in Österreich kann nur über die Schiene des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erfolgen. Haben Sie das verstanden?

A: Ich habe verstanden.

F: Welche Angehörigen haben Sie in Österreich?

A: Keine. Ich habe nur Bekannte hier.

F: Wo befinden sich Ihre Angehörigen?

A: In der Heimat. Dort befinden sich meine Eltern, mein Mann, eine Tochter, eine Adoptivtochter und andere Angehörige (Onkel, Tanten, Cousins).

F: Wie stellt sich der Kontakt mit den Angehörigen in der Heimat dar?

A: Ich habe Kontakt. Ich habe wöchentlich 2 Mal Kontakt via Telefon.

F: Haben Sie in einem Mitgliedstaat oder einem anderen Land dieser Welt ein Aufenthaltsrecht (Visum, Aufenthaltstitel, ...)?

A: Nein.

F: Warum sind Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen und illegal in Österreich verblieben?

A: Ich will in Österreich bleiben und will nicht nach China zurück.

F: Sind Sie im Besitz von Reisedokumenten oder anderen Personaldokumenten?

A: Nein. Ich habe nur Kopien davon, diese habe ich vorgelegt.

F: Wo befinden sich Ihre chinesischen Dokumente?

A: Jemand hat diese nach China zurück gebracht.

F: Was haben Sie bisher unternommen, um wieder neue Personaldokumente insbesondere einen neuen Reisepass zu bekommen?

A: Nichts. Ich war nicht bei meiner Botschaft.

Belehrung: Da Sie über keine reisefähigen Dokumente verfügen, muss bei Ihrer Vertretungsbehörde um ein Ersatzreisedokument angesucht werden. Dafür sind die vorgeschriebenen Formblätter vollständig und korrekt auszufüllen. Sie sind zur Mitwirkung im HRZ Verfahren verpflichtet und wurde Ihnen diese Mitwirkung auch mit Bescheid vom 02.05.2019 auferlegt. Wenn Sie nicht im erforderlichen Ausmaß mitwirken, haben Sie mit dem Mittel der Beugehaft von 14 Tagen zu rechnen und werden in Haft gesetzt. Sie haben nun die Möglichkeit die erforderlichen Formblätter selbst auszufüllen. Sind Sie dazu bereit?

A: Ja, ich fülle die Blätter aus.

Anmerkung: Die Partei füllt die Formblätter freiwillig selbst aus. Die Partei füllt die Formblätter in Chinesisch aus, der Dolmetscher ergänzt die deutsche Übersetzung.

F: Haben Sie die Formblätter korrekt, vollständig und wahrheitsgemäß ausgefüllt?

A: Ja, das habe ich.

Belehrung: Sie werden darüber belehrt, dass im Falle von unrichtigen oder unvollständigen Angaben Ihre Mitwirkung als ungenügend anzusehen ist und Sie dann mit der angedrohten Zwangsmaßnahme der Beugehaft zu rechnen haben. Bleiben Sie dabei, dass Sie alles korrekt ausgefüllt haben?

A: Ja, ich habe alles richtig ausgefüllt. Ich möchte keine Korrekturen vornehmen.

F: Warum haben Sie in den bisherigen Verfahren eine falsche Identität benutzt und die Behörden damit getäuscht?

A: Mir wurde das damals so gesagt.

F: Sind Sie bereit freiwillig auszureisen und in die Heimat zurückzukehren?

A: Ich will nicht ausreisen. Ich will hier bleiben.

Belehrung: Sie werden darüber belehrt, dass Sie zur Ausreise verpflichtet sind. Es wird Ihnen dringend angeraten dieser Verpflichtung nachzukommen. Sie werden darüber belehrt, dass Sie ansonsten abgeschoben werden, sobald dies faktisch möglich ist. Haben Sie das verstanden?

A: Ja. Ich habe verstanden.

F: Wie bestreiten Sie derzeit Ihren Unterhalt im Bundesgebiet?

A: Ich arbeite als Prostituierte und verdiene ca. € 1.600.- netto im Monat. Ich bin selbstständig tätig.

Belehrung: Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet ist rechtswidrig und gibt es keine rechtliche Grundlage mehr für eine Beschäftigungsaufnahme. Sie dürfen in Österreich keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen! Bisher aufgrund Ihres Status als Asylwerber ausgestellte Gewerbeberechtigungen sind erloschen und nicht mehr gültig! Wollen Sie sich dazu äußern?

A: Ich weiß das. Ich muss aber leben und Geld verdienen.

F: Haben Sie bereits einmal ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch genommen?

A: Nein.

F: Wollen Sie ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch nehmen?

A: Nein.

F: Warum wollen Sie kein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch nehmen?

A: Ich will nicht nach China zurück.

Belehrung: Es wird Ihnen aufgetragen ein Rückkehrberatungsgespräch bis zum festgesetzten Termin wahrzunehmen. Sie erhalten die diesbezügliche Verfahrensanordnung im Anschluss an diese Einvernahme durch persönliche Übergabe. Die Frist dieses Rückkehrberatungsgespräches ist in der Verfahrensanordnung festgelegt. Wenn Sie dieses nicht wahrnehmen, dann geschieht dies zu Ihrem eigenen Nachteil.

A: Ich habe verstanden.

F: Wo nehmen Sie derzeit Unterkunft?

A:[…]. Nachgefragt gebe ich an, dass ich keinen Umzug plane.

Entscheidung: Sie wurden nun über alle Verpflichtungen aufgeklärt und informiert. Sie wissen nun, dass Sie umgehend ausreisen müssen und widrigenfalls abgeschoben werden. Sie können auch durch die Caritas oder den VMÖ Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen und können im Falle der freiwilligen Rückkehr eine finanzielle Unterstützungsleistung erhalten. Sie erhalten diesbezüglich die Informationen über die Verpflichtung zur Ausreise, in welchen auch die Adressen des VMÖ und der Caritas verzeichnet sind. Die Entscheidung bezüglich Ihres Antrages gemäß §§ 55 oder 56 AsylG vom 30.04.2019 erhalten Sie gesondert in schriftlicher Form. Alle Zustellungen werden derzeit an Ihre rechtliche Vertretung vorgenommen werden.

Sie werden darauf hingewiesen, dass Sie gemäß § 8 Zustellgesetz jede Änderung Ihrer Zustelladresse der Behörde unverzüglich mitzuteilen haben. Sollten Sie diese Mitteilung unterlassen, so ist die Zustellung weiterer Schriftstücke durch Hinterlegung bei der Behörde ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen, falls eine Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden kann (§ 8 Abs. 2 Zustellgesetz).

Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle Schriftstücke an Sie oder Ihren Zustellbevollmächtigten zugestellt werden. Sollte dies nicht möglich sein, werden die Schriftstücke im Akt hinterlegt und gelten dadurch als ordnungsgemäß zugestellt.

F: Haben Sie alles verstanden?

A: Ja.

F: Haben Sie noch etwas zu sagen bzw. Fragen?

A: Nein.

Anmerkung: Die Rechtsvertretung hat auch keine Fragen mehr.

[…]“

6. Mit Bescheid vom 24.5.2019, Zl. IFA 1059889804 – 190436935 (ATB), wurde der Antrag vom 30.4.2019 gemäß § 56 AsylG abgewiesen, wogegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben wurde.

7. Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens meldete sich die Beschwerdeführerin mit 17.6.2019 behördlich ab. Eine neue Adresse wurde nicht bekannt gegeben.

8. Am 25.6.2019 wurde die Beschwerdeführerin durch die chinesischen Behörden positiv identifiziert und ein Ersatzreisedokument für Ihre Ausreise (Abschiebung) ausgestellt.

Es wurde ein Flug für die unbegleitete Abschiebung nach China für den 17.7.2019 gebucht und die Abschiebung organisiert.

Auch wurde am 11.7.2019 ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BVA-VG gegen die Beschwerdeführerin erlassen. Es wurde versucht, den Festnahmeauftrag an ihrer bis Juni 2019 gültigen Meldeadresse zu vollziehen. Mit Bericht der LPD Wien vom 15.7.2019 teilte diese den negativen Status des Festnahmeversuchs mit. Die LPD konnte anhand der Wohnungsmieter ermitteln, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich dort nicht mehr wohnhaft und untergetaucht war. Die aktuellen Mieter wussten nichts über ihren weiteren Verbleib.

Daher wurde am 16.7.2019 ein neuer Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG gegen die Beschwerdeführerin erlassen und allgemein ausgeschrieben.

8. Nachdem die Beschwerdeführerin bei einer Personenkontrolle aufgegriffen wurde, wurde sie am 7.8.2019 um 11:05 Uhr von Beamten der LPD Wien gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 Z 3 BFA-VG festgenommen und in Verwaltungsverwahrungshaft eingeliefert.

9. Mit dem gegenständlichen im Spruch genannten Mandatsbescheid des Bundesamtes wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin halte sich rechtswidrig in Österreich auf und habe ihre Ausreiseverpflichtung bisher beharrlich missachtet. Nach der negativen Entscheidung ihres ersten Asylverfahrens sei sie seit 18.8.2016 zur Ausreise verpflichtet gewesen, habe diese Verpflichtung ignoriert und einen weiteren Asylantrag gestellt. Nach dessen negativer Entscheidung sei sie seit 13.2.2019 wieder zur Ausreise verpflichtet gewesen, auch dieser Verpflichtung nicht nachgekommen und habe einen unbegründeten Antrag gemäß § 56 Asylgesetz eingebracht.

Die Beschwerdeführerin habe absichtlich eine falsche Identität verwendet, um nicht abgeschoben werden zu können, was sie in der Einvernahme am 17.5.2019 selbst eingestanden habe. Erst nach vielen Jahren habe sie diese falsche Identität berichtigt. In dieser Einvernahme habe die Beschwerdeführerin auch angegeben, nicht ausreisewillig zu sein und nicht freiwillig das Land verlassen zu wollen.

Kurz nach der Einvernahme am 17.5.2019 sei die Beschwerdeführerin untergetaucht und habe keine Meldeadresse mehr aufgewiesen, seit 17.6.2019 sei das zentrale Melderegister negativ.

Eine für den 17.7.2019 organisierte Abschiebung habe wieder storniert werden müssen, da die Beschwerdeführerin an ihrer alten Unterkunftsadresse nicht mehr habe aufgegriffen werden können.

Durch ihr unkooperatives und verweigerndes Verhalten habe die Beschwerdeführerin gezeigt, dass sie ihre Außerlandesbringung mit allen Mitteln verhindern wolle. Es sei ausgeschlossen, dass sie dieses Verhalten plötzlich aufgeben würde. In Ihrem Fall bestehe eine erhebliche Fluchtgefahr, sodass eine Abschiebung nur unter Anwendung der Schubhaft erfolgen könne. Die Beschwerdeführerin habe sich in der letzten Zeit erfolgreich vor der Behörde versteckt und sich deren Zugriff entzogen. Zudem sei sie in Österreich ebenfalls in keinster Weise integriert, ungebunden und könne ihren Aufenthaltsort nach Belieben rasch verändern. Die Beschwerdeführerin habe in Österreich keine relevanten Bindungen und Anknüpfungspunkte.

Im Bundesgebiet habe die Beschwerdeführerin keine Angehörigen, sei weder legal beruflich, noch familiär noch ausreichend sozial integriert. Ihre Angehörigen befänden sich überwiegend in der Heimat.

10. Am 7.8.2019 wurde die Beschwerdeführerin um 15:20 Uhr in Schubhaft genommen.

11. Am 9.82019 langte beim Bundesverwaltungsgericht die gegenständliche Beschwerde gegen den Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 7.8.2019 „seinem gesamten Umfang und Inhalt nach“ ein.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin die aufenthaltsbeende Maßnahme nicht sabotiert habe und derzeit beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen den Bescheid vom 24.5.2019 anhängig sei, welcher einen Antrag auf Anerkennung einer Aufenthaltsberechtigung Plus gemäß § 56 Asylgesetz behandle.

Die Beschwerdeführerin verfüge über soziale Kontakte Österreich, übe ihre Erwerbstätigkeit zwar ohne Gewerbeberechtigung aus, dies allerdings gewissenhaft. So sei die Beschwerdeführerin wegen ihres für ihr Gewerbe notwendigen Tests bei der MA 15 aufgegriffen worden. Die Existenzmittel genügten für ihren eigenen Erhalt und auch der Wohnsitz sei gesichert.

Die Beschwerdeführerin erklärte sich bereit, an einer Abschiebung mitzuwirken, sobald ihr Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sei. Ein Aufhalten in den vom Bundesamt bestimmten Räumen gemäß § 77 Abs. 3 Z 1 FPG würde nicht dermaßen massiv in die persönliche Freiheit der Beschwerdeführerin eingreifen, sei als gelinderes Mittel gerechtfertigt und genüge, um die Zwecke einer Schubhaft zu erfüllen.

Auch habe die belangte Behörde keine Erhebungen zu den Angaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer sozialen Verankerungen angestellt und wäre dies für eine Abwägung gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG notwendig gewesen.

Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge

?        eine mündliche Verhandlung durchführen,

?        gemäß § 28 Abs. 6 VwGVG den angefochtenen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls-und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklären und aufheben,

?        stattdessen ein gelinderes Mitglied gemäß § 77 Abs. 3 FPG anordnen,

?        der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen der Beschwerdeführerin gemäß § 35 VwGVG im gesetzlichen Ausmaß zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution auferlegen

?        gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

12. Im Rahmen seiner Beschwerdevorlage nahm das Bundesamt am 12.8.2019 dazu im Wesentlichen dahingehend Stellung, dass die Beschwerdeführerin am 2.8.2014 mit einem Schengenvisum von Italien kommend nach Österreich eingereist sei und am 9.4.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, welcher vom Bundesamt hinsichtlich §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen, wobei gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen worden sei. Diese Entscheidung sei am 18.8.2016 in zweiter Instanz in Rechtskraft erwachsen, die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 2.9.2016 abgelaufen.

Die Beschwerdeführerin sei ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, rechtswidrig im Bundesgebiet verblieben und habe am 19.4.2018 einen Folgeantrag gestellt, welcher ebenfalls durch das Bundesamt unter gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung abgewiesen worden sei. Diese sei am 13.2.2019 in Rechtskraft erwachsen.

Die Beschwerdeführerin habe in den bisherigen Verfahren falsche Angaben hinsichtlich ihrer Identität gemacht, sodass am 27.12.2017 eine negative Verbalnote aus China eingelangt sei. Mit Schreiben vom 30.4.2019 habe die Beschwerdeführerin ihre Identität richtiggestellt und am 30.4.2019 einen Antrag gemäß § 56 Asylgesetz eingebracht, welcher mit Bescheid vom 24.5.2019 abgewiesen worden sei. Dieses Verfahren befinde sich im Stande der Beschwerde.

Während des anhängigen Beschwerdeverfahrens sei die Beschwerdeführerin untergetaucht und habe sich mit 17.6.2019 behördlich abgemeldet. Eine neue Adresse sei nicht bekannt gegeben worden.

Nach einem erfolglosen Festnahmeversuch, bei dem die Landespolizeidirektion durch die Wohnungsmieter habe ermitteln können, dass die Beschwerdeführerin an ihrer Adresse nicht mehr wohnhaft und untergetaucht ist, sei ein neuer Festnahmeauftrag erlassen und allgemein ausgeschrieben worden. Im Zuge eines zufälligen Aufgriffs sei die Beschwerdeführerin bei einer Personenkontrolle festgenommen und mit Bescheid vom 7.8.2019 die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt worden.

Der Sicherungsbedarf begründe sich auf mehrere Punkte gemäß § 76 Abs. 3:

Die Beschwerdeführerin sei bis dato ihrer Ausreiseverpflichtung aufgrund einer erlassenen Rückkehrentscheidung nicht nachgekommen und im Bundesgebiet untergetaucht. Ihr Aufenthalt sei unbekannt und die Beschwerdeführerin für die Behörde nicht greifbar gewesen. Ein Festnahmeauftrag zur Effektuierung der Abschiebung konnte nicht vollzogen werden, der tatsächliche Aufenthalt der Beschwerdeführerin sei der Behörde nicht bekannt gewesen. Die Beschwerdeführerin habe in Österreich zwei unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Sie habe sich nicht um die Ausstellung eines Reisedokumentes bemüht und keinen Kontakt zu einer Rückkehrorganisation aufgenommen, um ihre Ausreise vorzubereiten. Ihre Ausreiseverpflichtung habe sie permanent missachtet. Bezüglich ihrer Identität habe die Beschwerdeführerin im Asylverfahren bewusst falsche Angaben gemacht und dies erst nach langjährigem Aufenthalt im Zuge einer Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels richtiggestellt. Zudem habe sie ihren Unwillen, in ihr Heimatland zurückzukehren, eindeutig bekannt gegeben. Ziffer 9 treffe in vollem Umfang zu (keine soziale Verankerung, kein gesicherter Wohnsitz, keine behördliche Meldung, keine legale Erwerbstätigkeit, keine ausreichenden Existenzmittel).

Im Zuge ihrer niederschriftlichen Einvernahme habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass sie sich nicht um die Ausstellung eines Reisedokumentes bemühe und keinen Kontakt zu einer Rückkehrorganisation aufgenommen habe, um ihre Ausreise vorzubereiten. Sie habe bestätigt, nicht bereit zu sein, in ihr Heimatland zurückzukehren. Es sei nicht zu erwarten, dass die Beschwerdeführerin freiwillig den unrechtmäßigen Aufenthalt beenden werde.

Die Beschwerdeführerin verfüge über keine ausreichenden Barmittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes, sei in Österreich weder beruflich noch sozial verankert, habe keinen ordentlichen Wohnsitz begründet, keine Familienangehörigen im Bundesgebiet und gehe keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Sie verfüge hier weder über familiäre noch sonstige soziale Bindungen. Selbst nach fünfjährigem Aufenthalt verfüge sie nur über sehr spärliche Kenntnisse der deutschen Sprache.

Es bestehe der begründete Verdacht, dass sich die Beschwerdeführerin auf freiem Fuß belassen dem folgenden fremdenrechtlichen Verfahren und somit der Abschiebung zu entziehen suchen werde. Eine Entlassung aus der Schubhaft in ein gelinderes Mittel mit Anordnung einer Unterkunft samt einer periodischen Meldeverpflichtung sei aus diesen Aspekten und aufgrund der bevorstehenden Außerlandesbringung als nicht verfahrenssichernd erschienen. Wegen der Wohn- und Familiensituation der Beschwerdeführerin, der fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund ihres bisherigen Verhaltens könne geschlossen werden, dass wiederum ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliege. Die Beschwerdeführerin zeige durch ihr unkooperatives und verweigerndes Verhalten, dass sie bestrebt sei, ihre Außerlandesbringung mit allen Mitteln zu verhindern.

Anzumerken sei, dass eine Antragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels kein Aufenthaltsrecht begründe und einer Effektuierung nicht entgegenstehe.

Die Beschwerdeführerin werde am 13.8.2019 um 22:55 Uhr in ihr Heimatland abgeschoben.

Beantragt wurde, das Bundesverwaltungsgericht möge

?        die Beschwerde als unbegründet abweisen,

?        gemäß § 22a BFAVG feststellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen,

?        die Beschwerdeführerin zum Ersatz des Vorlageaufwandes und Schriftsatzaufwandes der belangten Behörde verpflichten.

13. Am 13.8.2019 wurde die Beschwerdeführerin um 23:11 Uhr auf dem Luftweg in die Volksrepublik China abgeschoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Volksrepublik China und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.

Zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft und der Anhaltung bestand gegen die Beschwerdeführerin eine rechtskräftige und durchsetzbare Rückkehrentscheidung:

Sie hatte am 9.4.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet gestellt, welcher vom Bundesamt hinsichtlich §§ 3 und 8 AsylG abgewiesen, wobei gleichzeitig eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen worden war. Diese Entscheidung war am 18.8.2016 in zweiter Instanz in Rechtskraft erwachsen, die Frist zur freiwilligen Ausreise war mit 2.9.2016 abgelaufen.

Die Beschwerdeführerin kam ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, verblieb rechtswidrig im Bundesgebiet und stellte am 19.4.2018 einen Folgeantrag, welcher ebenfalls durch das Bundesamt unter gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung am 13.9.2018 negativ entschieden wurde. Diese erwuchs am 13.2.2019 in zweiter Instanz in Rechtskraft, eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde nicht mehr gewährt. Trotzdem verblieb die Beschwerdeführerin weiterhin illegal im Bundesgebiet.

In den ersten beiden Verfahren hatte die Beschwerdeführerin falsche Angaben hinsichtlich ihrer Identität gemacht, sodass am 27.12.2017 eine negative Verbalnote aus China einlangte. Erst im Zuge ihres Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 AsylG am 30.4.2019 stellte die Beschwerdeführerin ihre Identität richtig.

Dieser Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 56 AsylG wurde mit Bescheid vom 24.5.2019 abgewiesen, während des anhängigen Beschwerdeverfahrens meldete sich die Beschwerdeführerin mit 17.6.2019 behördlich ab und tauchte unter. Eine neue Adresse wurde nicht bekannt gegeben, ein erster Festnahmeversuch verlief wegen des Untertauchens der Beschwerdeführerin erfolglos, sodass die erste Rückführung storniert werden musste.

Im Rahmen ihrer Einvernahme vor der Behörde am 17.5.2019 erklärte die Beschwerdeführerin mehrfach ausdrücklich, nicht in die Heimat zurück zu wollen. Sie sei nicht bei ihrer Botschaft gewesen, ihre Dokumente habe jemand nach China zurückgebracht und sie wolle an keinem Rückkehrberatungsgespräch teilnehmen. Somit verhielt sich die Beschwerdeführerin eindeutig unkooperativ.

Die Beschwerdeführerin führte im Bundesgebiet kein Familienleben, ihre Familie befand sich in der Heimat. Sie hatte nur sehr schwache Deutschkenntnisse und noch keinen Kurs besucht. Zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft verdiente sie sich ihren Unterhalt illegal als Prostituierte, einer legalen Beschäftigung durfte sie wegen ihres illegalen Aufenthaltes nicht mehr nachgehen. Die Beschwerdeführerin war untergetaucht und verfügte über keinen gesicherten ordentlichen Wohnsitz.

2.       Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes, der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, der Einsichtnahme in die Anhaltedatei- Vollzugsverwaltung und das Zentrale Melderegister sowie aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.5.2019.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht mehr aufzunehmen. Von der Durchführung einer Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

3.       Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit

Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) idgF erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;

2. gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;

3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde;

4. gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

§ 7 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr 87/2012 idgF, lautet:

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über

1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes,

2. Beschwerden gegen Bescheide der Vertretungsbehörden gemäß dem 11. Hauptstück des FPG,

3. Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gemäß dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG,

4. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes und

5. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministers für Inneres in Verfahren gemäß §§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 6 und 4 Abs. 1 Z 1 und 2

Gemäß § 7 Abs. 2 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision oder der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß Abs. 1 stattgegeben hat.

Für das gegenständliche Verfahren ist sohin das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. (Schubhaftbescheid):

3.2.1. §22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

[…]“

§22a BFA-VG bildet sohin im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage.

3.2.2. Materielle Rechtsgrundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:


„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Hinsichtlich der Anwendung eines gelinderen Mittels ist § 77 FPG maßgeblich:

§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. […]

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

3.2.3. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, „dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig“ (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527). Bereits im Erkenntnis des VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595, wurde dazu klargestellt, dass der Schubhaft nicht der Charakter einer Straf- oder Beugehaft zu kommt, „weshalb ohne besondere Anhaltspunkte für eine absehbare Änderung der Einstellung des Fremden die Haft nicht allein im Hinblick darauf aufrechterhalten werden darf, diese ’Einstellungsänderung’ durch Haftdauer zu erwirken. (Hier: Der Fremde hatte, nachdem er nach zwei Monaten nicht aus der Schubhaft entlassen worden war, seine vorgetäuschte Mitwirkungsbereitschaft aufgegeben und zu erkennen gegeben, dass er nicht in den Kamerun zurückkehren wolle und auch nicht an einer Identitätsfestellung mitwirken werde. Die mangelnde Kooperation des Fremden gipfelte schließlich in der Verweigerung jeglicher Angaben. Die belangte Behörde hat in Folge bis zu einem neuerlichen Einvernahmeversuch zugewartet ohne zwischenzeitig auf Basis der vorhandenen Daten zwecks Erstellung eines Heimreisezertifikates an die Botschaft von Kamerun heranzutreten oder sonst erkennbare Schritte in Richtung Bewerkstelligung einer Abschiebung zu setzen. In diesem Verhalten der belangten Behörde ist eine unangemessne Verzögerung zu erblicken).“ (VwGH vom 27.01.2011, Zl. 2008/21/0595; vgl. dazu etwa auch VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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