TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/2 W198 2228908-1

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Veröffentlicht am 02.07.2021
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Entscheidungsdatum

02.07.2021

Norm

AlVG §10
AlVG §9
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W198 2228908-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Josef HERMANN sowie Mag. Rudolf NORTH als Beisitzer in der Beschwerdesache von XXXX , XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice St. Pölten vom 06.12.2019, VSNR XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 06.02.2019 (offensichtlich gemeint: 06.02.2020), GZ: XXXX , nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 18.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Bei der am 05.11.2019 vor dem Arbeitsmarktservice St. Pölten (im Folgenden: AMS) wegen Nichtannahme bzw. Nichtzustandekommen der am 04.09.2019 als Restaurantleiter mit einer Entlohnung von brutto laut Kollektivvertrag zugewiesenen Beschäftigung aufgenommenen Niederschrift gab XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) im Wesentlichen zu Protokoll, dass es sich bei der Stelle um sehr viel körperliche Arbeit gehandelt hätte, er dies aber körperlich nicht schaffe. Er lege einen Befund eines Neurologen vor, welcher auch einen Reha-Antrag für den Beschwerdeführer gestellt habe. Er habe eine Zusage von der PVA für eine vierwöchige Reha, aber noch keinen Termin. Des Weiteren führte der Beschwerdeführer aus, dass er ein Telefonat mit dem potentiellen Dienstgeber geführt habe, im Zuge dessen sie übereinstimmend zu dem Schluss gekommen seien, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen nicht der richtige Mann für die Stelle sei.

2. Mit Bescheid des AMS vom 06.12.2019, VSNR XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 10 AlVG für den Zeitraum 15.12.2019 bis 25.01.2020 verloren hat. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer die Arbeitsaufnahme beim Dienstgeber XXXX mit möglichem Arbeitsantritt am 15.12.2019 vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen lägen nicht vor bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11.12.2019 fristgerecht Beschwerde. Darin führte er zusammengefasst aus, dass die Kommunikation mit dem Hotelbetreiber zuerst per Email und dann ausschließlich per Telefon erfolgt sei. Im Zuge des Telefonats sei ihm ausdrücklich gesagt worden, dass er für die Stelle nicht geeignet sei, eine Arbeitsaufnahme nicht in Frage komme und daher auch kein Vorstellungsgespräch erwünscht sei. Der Beschwerdeführer habe daher die Stelle nicht vereitelt.

4. Im Verfahren über die Beschwerde erließ das AMS als belangte Behörde gemäß
§ 14 VwGVG iVm § 56 AlVG eine mit 06.02.2019 (offensichtlich gemeint: 06.02.2020) datierte Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Zuge eines mit dem potentiellen Dienstgeber geführten Telefonats seine gesundheitlichen Einschränkungen in den Vordergrund gestellt und somit den Dienstgeber von seiner Einstellung abgehalten habe. Der Tatbestand der Vereitelung sei verwirklicht, da auch die nachträgliche Überprüfung der Zumutbarkeit der Stelle ergeben habe, dass die Stelle trotz der gesundheitlichen Einschränkungen des Beschwerdeführers zumutbar gewesen sei.

5. Mit Schreiben vom 18.02.2020 stellte die damalige Rechtsvertretung des Beschwerdeführers fristgerecht einen Antrag auf Vorlage. Darin wurde vorgebracht, dass die Ausführungen der belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung unrichtig seien. Tatsächlich sei es so gewesen, dass der Beschwerdeführer das genaue Tätigkeitsfeld der angebotenen Stelle in Erfahrung bringen habe wollen. Den Erfahrungen des Beschwerdeführers zufolge würden als Restaurantleiter ausgeschriebene Stellen in Wahrheit oft zu einem hohen Ausmaß körperlich anspruchsvollere Tätigkeiten, die eher dem Stellenprofil eines einfachen Kellners entsprechen, beinhalten. Es sei daher nachvollziehbar und verständlich, dass der Beschwerdeführer nach dem genauen Tätigkeitsbereich nachgefragt habe. Dass dadurch der Fokus des Gesprächs in Richtung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers gelenkt worden sei, könne ihm daher nicht angelastet werden. Jedenfalls könne nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer seine gesundheitlichen Einschränkungen in den Vordergrund gestellt hätte.

6. Der Vorlageantrag und die Beschwerde wurden gemäß § 15 Abs. 2 letzter Satz VwGVG unter Anschluss der Akten des Verfahrens am 25.02.2020 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

7. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde in der gegenständlichen Rechtssache am 18.06.2021 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Beschwerdeführer sowie eine Vertreterin der belangten Behörde persönlich teilnahmen. Im Zuge der Verhandlung wurde XXXX als Zeuge via Zoom einvernommen.

8. Am 22.06.2021 hat das AMS Aktenteile an das Bundesverwaltungsgericht nachgereicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer stand seit 23.07.2019 im Arbeitslosengeldbezug.

Mit Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 07.03.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Invaliditätspension abgewiesen.

Laut Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 01.06.2019 liegt beim Beschwerdeführer ein Grad der Behinderung von 20% aufgrund einer degenerativen Wirbelsäulenveränderung ohne neurologische Ausfälle vor.

Laut der zwischen dem AMS und dem Beschwerdeführer abgeschlossenen Betreuungsvereinbarung vom 07.08.2019 wird der Beschwerdeführer vom AMS bei der Suche nach einer Stelle als Restaurantleiter im gewünschten Arbeitsort Österreich im Vollzeitausmaß unterstützt. Der Beschwerdeführer hat sich verpflichtet, sich auf Stellenangebote, die ihm das AMS zuweist, umgehend zu bewerben und innerhalb von acht Tagen dem AMS über die Bewerbung Rückmeldung zu geben. In der Betreuungsvereinbarung ist weiters festgehalten, dass der Beschwerdeführer gesundheitliche Einschränkungen hat, die bei der Stellensuche berücksichtigt werden müssen sowie, dass sein Pensionsantrag abgelehnt wurde, weil er seinen erlernten Beruf als Kellner noch ausüben kann.

Am 04.09.2019 wurde dem Beschwerdeführer die verfahrensgegenständliche Stelle als Restaurantleiter beim Dienstgeber XXXX zugewiesen. In dem Vermittlungsvorschlag wurde ausgeführt, dass unter anderem auch die Mitarbeit im operativen Geschäft zu den Hauptaufgaben zählt.

Der Beschwerdeführer hat sich per Email für die zugewiesene Stelle beworben. In der Folge hat Herr XXXX , Assistent der Geschäftsführung beim potentiellen Dienstgeber, den Beschwerdeführer telefonisch kontaktiert. Das Telefonat hat ca. acht Minuten gedauert. Im Zuge des Telefonats hat der Beschwerdeführer von sich aus seine gesundheitlichen Probleme angesprochen noch bevor über das genaue Tätigkeitsfeld bzw. über die konkreten Tätigkeiten, die der Beschwerdeführer verrichten müsste, gesprochen wurde. Herr XXXX hat den Beschwerdeführer aufgrund seiner im Zuge des Telefonats getätigten Ausführungen nicht eingestellt.

Die Beschäftigung als Restaurantleiter wäre dem Beschwerdeführer objektiv zumutbar gewesen. Er wäre daher verpflichtet gewesen, sich in geeigneter Weise auf den zugewiesenen zumutbaren Vermittlungsvorschlag zu bewerben.

Festgestellt wird weiters, dass der Beschwerdeführer durch seine Äußerungen im Zuge des Telefonats mit Herrn XXXX das Zustandekommen einer vom AMS angebotenen, kollektivvertraglichen Beschäftigung kausal vereitelt hat. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer wurde während seines Leistungsbezuges vom AMS über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG informiert.

2. Beweiswürdigung:

Die Betreuungsvereinbarung vom 07.08.2019, das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 07.03.2019 sowie das Sachverständigengutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 01.06.2019 liegen im Akt ein.

Die Feststellungen hinsichtlich des Vermittlungsvorschlags als Restaurantleiter ergeben sich aus dem vorliegenden Stellenangebot.

Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer per Email für verfahrensgegenständliche Stelle beworben hat, ist unstrittig.

Zu den Feststellungen zum Inhalt des Telefonats zwischen dem Beschwerdeführer und Herrn XXXX ist beweiswürdigend wie folgt auszuführen: Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer und Herr XXXX in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übereinstimmend aussagten, dass das Telefonat ca. acht Minuten gedauert habe. Herr XXXX gab glaubhaft an, dass der Beschwerdeführer im Zuge des Telefonats bereits nach ein paar Worten gesagt habe, dass er gesundheitliche Probleme habe. Herr XXXX machte in der Verhandlung einen glaubwürdigen Eindruck und ist kein Grund hervorgekommen, seine Aussage in Zweifel zu ziehen. Er gab an, dass er dringend einen Mitarbeiter gesucht habe und deshalb enttäuscht gewesen sei, dass der Beschwerdeführer gleich seine gesundheitlichen Probleme angesprochen habe. Der Beschwerdeführer hat im Zuge der Verhandlung nicht bestritten, dass er von sich aus seine körperlichen Probleme angesprochen habe. So gab er an: „Es kann durchaus sein, dass das von meiner Seite gekommen ist, dass ich gesagt habe, dass ich körperlich nicht mehr der bin, der ich früher gewesen bin.“ Die nochmalige Nachfrage, ob er dabei bleibe, dass er von sich aus seine körperlichen Probleme im Telefonat mit Herrn XXXX genannt habe, hat der Beschwerdeführer dezidiert bejaht.

Des Weiteren führte Herr XXXX glaubhaft aus, dass das Gespräch gar nicht so weit gekommen sei, dass über die konkreten Tätigkeiten des Beschwerdeführers bzw. was „Mitarbeit im operativen Bereich“ konkret bedeuten würden, gesprochen worden wäre, eben deshalb, weil der Beschwerdeführer gleich seine gesundheitlichen Probleme angesprochen habe. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung selbst an, dass er sich an die Details des Gesprächs nicht mehr genau erinnern könne, er jedoch wisse, dass die konkreten Tätigkeiten, die er zu erwarten gehabt hätte, im Zuge des Telefonats nicht beschrieben worden seien. Auf die Frage, ob bezüglich seiner gesundheitlichen Probleme in Zusammenhang mit den zu erwartenden Tätigkeiten etwas besprochen worden sei, gab er an: „Nein, da ist ausführlicher nichts mehr besprochen worden.“

In einer Gesamtschau wird daher den Ausführungen des Herrn XXXX , wonach der Beschwerdeführer gleich seine gesundheitlichen Einschränkungen angesprochen habe, Glauben geschenkt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat – vorliegend sohin das AMS
St. Pölten.

§ 56 Abs. 2 AlVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des AMS.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I. Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung des § 56 Abs. 2 AlVG normiert ist, dass über Beschwerden gegen Bescheide der Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer angehören, zu entscheiden ist, liegt im vorliegenden Fall Senatszuständigkeit mit Laienrichterbeteiligung vor.

Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein. (vgl. zB VwGH 19.09.2007, 2006/08/0157, mwN und jüngst VwGH 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005)

Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potentiellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht. Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Es ist dabei nicht Voraussetzung, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre. Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden. (vgl. VwGH 18.01.2012, Zl. 2008/08/0243 und jüngst VwGH: 08.09.2014, Zl. 2013/08/0005 sowie 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042)

Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin. (vgl. VwGH 18.11.2009, Zl. 2009/08/0228; 26.10.2010, Zl. 2008/08/0244 sowie jüngst VwGH 15.10.2015, Zl. Ro 2014/08/0042)

Während § 9 AlVG den Begriff der Arbeitswilligkeit definiert und Kriterien für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer durch das Arbeitsmarktservice bzw. einen von diesem beauftragten Arbeitsvermittler vermittelten Beschäftigung bzw. Nach(Um)schulung oder Wiedereingliederungsmaßnahme enthält, sanktioniert § 10 AlVG durch befristeten Leistungsausschluss das Verhalten desjenigen, der die Beendigung des Zustandes der Arbeitslosigkeit schuldhaft zu vereiteln sucht. Wenn ein Arbeitsloser somit eine zumutbare Beschäftigung im Sinne des § 9 AlVG nicht annimmt bzw. die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, so führt dies gemäß § 10 AlVG zum temporären Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe.

Der Beschwerdeführer wurde seitens des AMS über die Rechtsfolgen gemäß § 10 AlVG informiert.

Die Beschäftigung als Restaurantleiter war zumutbar im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen, zumal die zugewiesene Beschäftigung sämtlichen Bestimmungen gemäß § 9 Abs. 2 AlVG entsprochen hat. Er wäre kollektivvertraglich entlohnt worden.

Laut ärztlichem Gesamtgutachten gemäß § 8 AlVG vom 13.11.2019 ist beim Beschwerdeführer Arbeitsfähigkeit gegeben. Am 02.12.2019 wurde dem Beschwerdeführer dieses Gutachten des Kompetenzzentrums Begutachtung der Pensionsversicherungsanstalt vom 13.11.2019 zur Kenntnis gebracht und hat der Beschwerdeführer niederschriftlich erklärt, dass er darüber informiert wurde, dass die im Zuge der Untersuchung festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen vom AMS bei der Vermittlung berücksichtigt werden. Weiters hat er ausgesagt: „Ich erkläre mich für arbeitsfähig und bereit, der Arbeitsvermittlung unter Berücksichtigung der im Gutachten festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen zur Verfügung zu stehen.“ Aufgrund des Gutachtens ergibt sich sohin, dass die zugewiesene Stelle als Restaurantleiter dem Beschwerdeführer zumutbar war und sie seinen körperlichen Fähigkeiten entsprochen hat.

Den Feststellungen folgend hat der Beschwerdeführer im Zuge des Telefonats mit Herrn XXXX von sich aus seine gesundheitlichen Probleme angesprochen noch bevor über das genaue Tätigkeitsfeld bzw. über die konkreten Tätigkeiten, die der Beschwerdeführer verrichten müsste, gesprochen wurde. Er hat durch seine Äußerungen im Zuge des Telefonats seinen Unwillen, die angebotene Beschäftigung anzutreten, deutlich zum Ausdruck gebracht und hat er sich in Bezug auf die konkret angebotene Beschäftigung nicht arbeitswillig gezeigt. Die Verhängung der Sperrfrist erfolgt schon aus dem Grund, weil der Beschwerdeführer kein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln entfaltet hat. Durch seine Äußerungen im Zuge des Telefonats hat er eine Vereitelungshandlung iSd § 10 AlVG gesetzt.

Wenn die belangte Behörde daher bei Würdigung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers von einer Vereitelung im Sinn des § 10 Abs. 1 AIVG ausgegangen ist, ist dem nicht entgegenzutreten.

Zur Kausalität ist auszuführen, dass hierbei nicht Voraussetzung ist, dass das Beschäftigungsverhältnis ohne die Vereitelungshandlung in jedem Fall zustande gekommen wäre (vgl. VwGH 20.9.2006, Zl. 2005/08/0106). Vielmehr ist Kausalität dann gegeben, wenn die Chancen für das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses aufgrund der Vereitelungshandlung jedenfalls verringert wurden (vgl. VwGH 15.10.2014, Zl. Ro 2014/08/0042), was im gegenständlichen Fall als gegeben anzusehen ist. Es ist auch bedingter Vorsatz im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung gegeben, zumal es dem Beschwerdeführer bewusst gewesen sein muss, dass seine im Zuge des Telefonats getätigten Äußerungen zu keinem Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses führen. Jedenfalls hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zumindest in Kauf genommen.

Bei dieser Sachlage konnte die belangte Behörde als Ergebnis ihrer nachvollziehbaren Begründung zu Recht die Erfüllung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 AlVG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht bejahen.

Nach § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

Berücksichtigungswürdig im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gründe, die dazu führen, dass der Ausschluss vom Bezug der Leistung den Arbeitslosen aus bestimmten Gründen unverhältnismäßig härter träfe, als dies sonst allgemein der Fall ist (vgl. VwGH 26.01.2010, 2008/08/0018; 15.05.2013, 2010/08/0257; 25.06.2013, 2012/08/0236). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 02.04.2008, 2007/08/0234, mwN) kann ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG nur dann vorliegen, wenn der Arbeitslose in der Folge entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potenziellen Schaden ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihm sein Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann. Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an (wie etwa Sorgepflichten, vgl. VwGH 16.05.1995, 94/08/0150, 04.09.2013, 2011/08/0201; 20.10.2010, 2007/08/0231, 12.09.2012, 2009/08/0247). Weder der festgestellte Sachverhalt noch der vorgelegte Verwaltungsakt (insbesondere auch die Beschwerde/der Vorlageantrag des Beschwerdeführers) bieten Anhaltspunkte für das Vorliegen von Nachsichtsgründen im Sinn des § 10 Abs. 3 AIVG.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Anspruchsverlust Arbeitslosengeld Bewerbung Kausalität Vereitelung zumutbare Beschäftigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W198.2228908.1.00

Im RIS seit

18.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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