Entscheidungsdatum
26.01.2021Index
41/02 StaatsbürgerschaftNorm
StbG §27 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Frank über die Beschwerde der Frau A. B. gegen den Bescheid des Österreichischen Generalkonsulat C., vom 11.08.2020, GZ. …, mit welchem das eingeleitete Reisepassverfahren bis zum Abschluss des Feststellungsverfahrens der österreichischen Staatsbürgerschaft durch das Amt der Wiener Landesregierung ausgesetzt wird,
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin erklärte im hier zu Grunde liegenden Verfahren ausschließlich die österreichische Staatsbürgerschaft zu besitzen. Gleichwohl legte die Beschwerdeführerin dem österreichischen Generalkonsulat in C. einen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister des türkischen Generalkonsulats in C. vom 26.6.2020 vor, wonach diese die 1993 erworbene türkische Staatsbürgerschaft erst am 23.6.2020 verloren hätte.
In der Regel geht mit der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft die Verpflichtung einher, alle erforderlichen Schritte zum Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband zu setzen. Durch die Vorlage des berufenen Auszuges aus dem Personenstandsregister bestehen dahingehend berechtigte Zweifel.
Rechtlich folgt daraus:
Nach § 27 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idgF verliert die österreichische Staatsbürgerschaft, wer auf Grund seines Antrages, seiner Erklärung oder seiner ausdrücklichen Zustimmung eine fremde Staatsangehörigkeit erwirbt, sofern ihm nicht vorher die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft bewilligt worden ist.
Da die Beibehaltung aufgrund vorheriger Bewilligung nicht einmal behauptet worden war, ist die Beschwerdeführerin bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 leg cit ex lege der österreichischen Staatsbürgerschaft verlustig gegangen. Begründete Bedenken dahingehend liegen jedenfalls vor.
Als Vorfrage zum Passverfahren ist noch zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin auf Grund der Beibehaltung oder des Wiedererwerbs der türkischen Staatsbürgerschaft die österreichische Staatsbürgerschaft verloren hat. Eine Feststellung dieser Rechtsposition steht der Beschwerdeführerin zu.
Die Beurteilung, ob die Beschwerdeführerin über die für die Ausstellung eines Reisepasses erforderliche österreichische Staatsbürgerschaft verfügt, obliegt jedoch dem Amt der Wiener Landesregierung, dessen diesbezüglicher Feststellungsbescheid abzuwarten ist, bevor das Passverfahren fortgesetzt werden kann. Das österreichische Generalkonsulat geht von einem dahingehend pendenten oder dahingehend einzuleitendem Verfahren aus, andernfalls eine Aussetzung ausgeschieden wäre.
Nach § 38 AVG ist die Behörde berechtigt, die hier vorliegende Rechtsfrage, ob die österr. Staatsbürgerschaft besteht, entweder selbst als Vorfrage zu beantworten, was wohl zu einer Versagung der Reisepässe geführt hätte, oder aber die zuständige Behörde mit der Rechtsfrage zu befassen und auf deren Entscheidung zu warten. Im zweiten Fall, hat die Behörde ihr Verfahren mit Bescheid auszusetzten.
Der Geschäftsträger in C. hat sich für die Aussetzung des bei ihm anhängigen Verfahrens auf Ausstellung eines Reisepasses für die Beschwerdeführerin entschieden und die zuständige Behörde mit der Rechtsfrage befasst. Die Landesregierung hat die Frage des Bestehens der österr. Staatsbürgerschaft als Hauptfrage zu beurteilen. Das österreichische Generalkonsulat in C. ist an die rechtskräftige Entscheidung der Landesregierung gebunden. Diese Entscheidung steht noch aus.
Wenn die Beschwerdeführerin vermeint, eine Wiederaufnahme eines Staatsbürgerschaftsverfahrens, mangels irriger Annahme von notwendigen Voraussetzungen zum Erlangen der Staatsbürgerschaft, wäre mit dem ex-lege Erlöschen selbiger gleichzuhalten, so irrt sie. Im ersten Fall müssen in einem administrativen Ermittlungsverfahren die Erteilungsvoraussetzungen geklärt werden, widrigenfalls die Staatsbürgerschaft aberkannt werden, im zweitem, dem hier zu beurteilenden Fall, ist die Staatsbürgerschaft, bei Bejahen des hier geschilderten Sachverhaltes, schon aus dem Gesetz erloschen. Somit hätte gegenwärtig die Beschwerdeführerin keine österreichische Staatsbürgerschaft mehr und damit auch nicht ein Recht auf Ausstellung des beantragten Reisedokuments.
Da alle Voraussetzungen für die Aussetzung nach § 38 AVG vorliegen, ist der Aussetzungsbescheid nicht zu beanstanden. Die Beschwerde war abzuweisen.
Einer Verhandlung stand die Notwendigkeit und die faktische Unmöglichkeit - s Mitteilung des Bundesminister für Äußeres vom 23.12.2020 zu den Sicherheitsbedenken einer Fernverhandlung am Generalkonsulat in C. und des Verbotes der Ausübung fremder Justiz auf französischem Boden - entgegen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Staatsbürgerschaft; Verlust; Reisepass; Aussetzung; VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.103.048.13932.2020Zuletzt aktualisiert am
16.08.2021