Entscheidungsdatum
17.05.2021Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §4 Abs1 litaText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Schreiner über die Beschwerde des Herrn Ing. A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C. für die Bezirke ..., vom 08.03.2021, Zl. VStV/...1/2020, wegen Übertretung der StVO, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10.5.2021
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde zu den Spruchpunkten 1. und 2. abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis zu diesen Spruchpunkten mit der Maßgabe, dass die Übertretungsnormen 1. „§ 4 Abs. 5 StVO, BGBl. Nr. 159/1960 idF BGBl. I Nr. 37/2019“ und 2. „§ 4 Abs. 1 lit. c StVO, BGBl. Nr. 159/1960 idF BGBl. I Nr. 37/2019“ lauten, bestätigt. Die Der Kostenbeitrag zum verwaltungsbehördlichen Verfahren gemäß § 64 VStG zu 1. beträgt 10 Euro (Mindestkostenbeitrag), zu 2. 11 Euro (10% der verhängten Geldstrafe).
Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde zu Spruchpunkt 3. Folge gegeben, das Straferkenntnis zu diesem Spruchpunkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG wird dem Beschwerdeführer zu 1. und 2. ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in Höhe von 1. 20 Euro und 2. 22,20 Euro (das sind jeweils 20 % der zu 1. und 2. verhängten Geldstrafe) vorgeschrieben.
II. Die Revision ist unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 8.3.2021 wurde Herrn Ing. A. B. zur Last gelegt, er sei am 15.12.2020, 12:30 Uhr, in Wien, D., Parkplatz, mit dem PKW mit dem Kennzeichen: PL-... (A)
1) mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe nicht ohne unnötigen Verzug die nächste Polizeidienststelle verständigt, obwohl er und die Personen in deren Vermögen der Schaden eingetreten sei, einander ihre Namen und Anschriften nicht nachgewiesen hätten,
2) mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe nicht an der Sachverhaltsfeststellung mitgewirkt, da er es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht habe, seine körperliche und geistige Verfassung zum Unfallzeitpunkt festzustellen. Er habe den Unfallort zu einem anderen Zweck als zur unverzüglichen Meldung des Verkehrsunfalles bei der nächsten Polizeidienststelle verlassen,
3) mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und habe sein Fahrzeug nicht sofort angehalten.
Wegen Übertretung des
1. § 4 Abs. 5 StVO,
2. § 4 Abs. 1 lit. c StVO,
3. § 4 Abs. 1 lit. a StVO,
wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe zu
1. gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag 22 Stunden),
2. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag),
3. gemäß § 99 Abs. 2 lit. a StVO von 110 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag),
verhängt. Als Kosten für das verwaltungsbehördliche Verfahren wurden (pauschal) 32 Euro gemäß § 64 VStG vorgeschrieben.
Dagegen erhob der Beschuldigte frist- und formgerecht Beschwerde. Auf das Wesentlichste zusammengefasst führte er aus, es habe keine Berührung zwischen den Fahrzeugen gegeben, an seinem Fahrzeug sei kein Schaden entstanden, was durch Fotografien belegt würde. Seine Ehefrau sei dabei gewesen und habe ebenfalls keine Wahrnehmungen hinsichtlich der Entstehung eines Schadens. Er beantrage eine mündliche Verhandlung und einen Sachverständigen der Versicherung.
Das Straferkenntnis gründet auf einer Anzeige der LPD Wien vom 15.12.2020, danach gab der Zeuge E. an, sein ordnungsgemäß abgestelltes Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-... sei vom Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen PL-... (A) beim Einparken beschädigt worden.
Der Fahrer sei auf sein Fahrzeug aufgefahren. Aufgrund einer Nachschau gemeinsam mit dem Organ der LPD Wien sei festgestellt worden, dass der PKW mit dem Kennzeichen PL-... (A) die Stoßstange des PKW mit dem Kennzeichen W-... mittig berührte und in direktem Kontakt mit dem PKW stand. E. sei ca. 1 Meter retour gefahren, um feststellen zu können, ob Schaden entstanden sei. Es hätten Kratzer auf der Stoßstange durch den Zeugen E. und den Meldungsleger festgestellt werden können.
2. In der Beschwerdesache führte das Verwaltungsgericht Wien am 10.5.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der der Beschwerdeführer, die Zeugin F. B. und der Zeuge E. ladungsgemäß erschienen. Der Vertreter der belangten Behörde verzichtete auf die Teilnahme.
Der Beschwerdeführer verwies zusammengefasst auf sein bisheriges Vorbringen, er habe von einem Zusammenstoß nichts mitbekommen, es sei nicht zu einem Schaden gekommen, es müsse sich um einen Versicherungsbetrug handeln, jenes Foto, das seinen Wagen eng am Wagen des Geschädigten stehend zeige, habe für sich keinen Beweiswert, dieses sei „gestellt“. Der Schaden an der Stoßstange des Zeugen könne auch vor dem Parken am 15.12.2020, 12:30 Uhr, entstanden sein.
Die Zeugin F. B., Ehefrau des Beschwerdeführers, sagte zusammengefasst aus, sie habe überhaupt keine Wahrnehmungen dazu, dass es hier zu einem Schaden gekommen wäre, es sei ihr auch nicht aufgefallen, dass sie knapp gestanden seien, es habe überhaupt keinen Schaden am Fahrzeug des Beschwerdeführers gegeben, von der Sachverhaltsfeststellung durch den Polizeibeamten habe sie nichts mitbekommen.
Der Zeuge E. sagte zusammengefasst aus, er erinnere sich nicht mehr genau, ob ein anderes Fahrzeug unmittelbar nach Abstellen seines Fahrzeuges vis a vis gestanden sei. Dass das Fahrzeug des Beschwerdeführers so knapp an der Stoßstange seines Fahrzeuges gestanden ist, sei ihm aber aufgefallen, als er zu seinem Wagen zurückkam. Da habe er dann Fotografien angefertigt, er habe auch seinen und den Parkschein des Beschwerdeführers fotografiert. Er sei dann zur Polizeistation gegangen und habe mit dem Beamten die Parksituation begutachtet, der Beamte habe gesagt, er solle ein paar Meter zurückfahren, damit man einen allfälligen Schaden sehe. Da habe sich dann gezeigt, dass die Stoßstange seines Wagens etwas „zurückgedrängt“ wurde und dass es einen Schaden gebe. Er selbst könne ausschließen, dass diese Kratzer vor dem 15.12.2020, 12:30 Uhr, an der Stoßstange vorhanden waren. Er gehe fast schon automatisch regelmäßig vor Fahrtantritt um das Auto herum und begutachte es, er wisse, dass Parkschäden sofort gemeldet werden müssen. Es sei noch zu keiner Schadensregulierung gekommen, die Grazer Wechselseitige hätte ihn unter Mitteilung einer Schadensnummer betreffend den Beschwerdeführer angeschrieben. In das Schreiben wurde Einsicht genommen.
Die Anzeige vom 15.12.2020 wurde mit Zustimmung des Beschwerdeführers verlesen.
3. Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:
3.1. Folgender Sachverhalt steht fest:
Herr Ing. A. B. hat am 15.12.2020, 12:30 Uhr, in Wien, D., Parkplatz, seinen PKW mit dem Kennzeichen: PL-... (A) beim Einparken unmittelbar an die Front des bereits geparkten Fahrzeuges mit dem Kennzeichen W-... des Zeugen E. abgestellt, sodass sich die Stoßstangen der Wägen mittig berührten. Während dieses Parkvorganges kam es zu einem Anstoß an die Stoßstange des Wagens mit dem Kennzeichen W-..., diese wurde dadurch leicht eingedrückt und es entstanden jedenfalls Kratzer. Die solchermaßen entstandene Parksituation und der an der Stoßstange entstandene Schaden wurden infolge der beim nahe gelegenen PI W … PK C. erstatteten Anzeige, welche zu einer Sachverhaltsfeststellung durch den Meldungsleger führte, festgestellt. E. stieß auf Geheiß des Beamten ein paar Meter mit seinem Wagen zurück und es waren die Kratzer an der Stoßstange zu erkennen.
Der Beschwerdeführer bemerkte weder das unmittelbare Anparken an das Fahrzeug des Zeugen E., noch nahm er ein Anstoßgeräusch oder eine Erschütterung wahr. Er bekam von dem „Parkunfall“ überhaupt nichts mit. Er verließ sein Fahrzeug mit seiner Ehefrau, welche Beifahrerin war, um das nahe gelegene G. aufzusuchen. Nach ca. einer Stunde kehrten beide zum Parkplatz zurück und verließen den Tatort. Meldung an die nächste Polizeidienststelle erfolgte keine, zumal weder der Beschwerdeführer noch die Zeugin F. B. etwas von dem Unfall mitbekommen hatten.
3.2. Diese Feststellungen gründen sich beweiswürdigend auf die unbedenkliche Aktenlage und die in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien unmittelbar aufgenommenen Beweise.
So hat der Zeuge E. unter Wahrheitspflicht den Unfall, die Dokumentation der Parksituation, die Schadensdokumentation und die Sachverhaltsfeststellung durch das Organ der LPD Wien auf Befragen aus seiner klaren Erinnerung heraus detailliert geschildert. Aus der einen Bestandteil des Aktes bildenden Kopie des Parkscheines des Zeugen E. geht hervor, dass sich dieser am Tattag um 12:00 Uhr mit einer Dauer von einer halben Stunde am Tatort eingeparkt hat. Unbestritten steht fest und geht dies auch aus dem Parkschein des Beschwerdeführers hervor, dass sich der Beschwerdeführer am Tattag um 12:30 Uhr für eine Stunde eingeparkt hat. Daraus folgt, dass sich das Fahrzeug des Zeugen E. mit dem Kennzeichen W-... vor Eintreffen des Beschwerdeführers und dessen Einparken bereits am Tatort befunden hat und geparkt war. Der Zeuge hat weiters schlüssig, lebensnah und glaubhaft angegeben, er habe erst als er zum Parkplatz zurückgekommen sei, bemerkt, dass der Wagen des Beschwerdeführers so nah an dem seinen gestanden ist und dass er sich im Ergebnis gewundert hat, dass jemand ihm reingefahren sei und immer noch dort stehe („Ich kann mich an den Vorfall noch gut erinnern, es kommt nicht oft vor, dass einem einer reinfährt und dann noch dort steht.“). Dass der Wagen des Beschwerdeführers tatsächlich unmittelbar an den Wagen des Zeugen E. geparkt war und sich die Stoßstangen mittig berührten, ergibt sich aus der aktenkundigen Fotografie (AS 28) und der in der Anzeige des Organs der LPD vom 15.12.2020 aufgenommenen Tatbeschreibung, die in der Verhandlung verlesen wurde.
Zwar hat der Beschwerdeführer zu dieser Dokumentation (AS 28) ausgeführt, daraus ergebe sich kein Schaden und sei diese Fotografie im Nachhinein „gestellt“. Dass der Zeuge E. diese Szene aber quasi „gestellt“ hat, ist jedoch nicht anzunehmen. Zum einen machte der Zeuge E. dem persönlichen Eindruck der Verhandlungsleiterin nach einen sehr strukturierten, authentischen Eindruck. Er schilderte den Vorfall von Beginn seiner Rückkehr zum Parkplatz einschließlich der Sachverhaltsfeststellung durch das Organ der LPD Wien sowie die Begutachtung seines Fahrzeuges (bzw. des Fahrzeuges seiner Frau) vor jedem Fahrantritt in allen Einzelheiten aus der klaren Erinnerung heraus ohne einen einzigen Widerspruch. Seine Beschreibung findet nicht nur im aktenkundigen Bildmaterial, sondern eben auch in der Tatbeschreibung des Meldungslegers Deckung. Weiters hat der Zeuge ebenso glaubwürdig darauf verwiesen, dass er versichert sei, dass er wisse, dass Parkschäden sofort gemeldet werden müssen und zur Untermauerung dieses Vorbringens ein Schreiben der Versicherung des Beschwerdeführers, der H. vom 4.1.2021 auf seinem Handy aufgerufen, welches seine Angaben stützt. Darin ist bezogen auf den Beschwerdeführer eine Schadensnummer vermerkt und wurde die Versicherung des Zeugen E., die I., angeschrieben.
Zwar haben auch der Beschwerdeführer sowie seine als Zeugin einvernommene Ehefrau einen authentischen und glaubwürdigen Eindruck anlässlich ihrer Einvernahme hinterlassen. Es ist beiden dahingehend Glauben zu schenken, dass sie vom Unfall tatsächlich nichts mitbekommen haben. Diese Wertung wird auch durch die Tatsache gestützt, dass diese nach Parken ihres Wagens und Verursachung des Unfalles den Tatort verlassen haben, um eine Stunde lang im G. den Adventmarkt aufzusuchen. Dass der Beschwerdeführer den Unfall nicht bemerkt hat, erklärt sich aus Sicht der Verhandlungsleiterin nicht zuletzt auch damit, dass er – seinem eigenen Hinweis zufolge – ein Hörgerät benützt und auch die Verhandlung mit dem Beschwerdeführer nur durch besonderes lautes und langsames Sprechen der Verhandlungsleiterin durchführbar war.
Dass nun – wie vom Beschwerdeführer im Ergebnis behauptet - der Zeuge E. seinen Wagen im Nachhinein so an den Wagen des Beschwerdeführers angeparkt hat, dass sich die Stoßstangen heftig berührten, anschließend die Polizeistation aufgesucht und mit dem Beamten eine Sachverhaltsfeststellung durchgeführt hat, dies zum Zweck eines Versicherungsbetruges, ist bereits aus der festgestellten zeitlichen Abfolge (der Wagen des Zeugen war bereits geparkt, als der Beschwerdeführer eintraf), der Tatsache, dass der Zeuge versichert ist sowie dem persönlichen Eindruck, den der Zeuge hinterlassen hat, nicht anzunehmen.
Ebenso wenig ist aus der Tatsache, dass der Zeuge E. seinen Wagen wenige Zentimeter über die Bodenmarkierung in den gegenüber liegenden Parkplatz ragend abgestellt hat, für den Beschwerdeführer, nichts zu gewinnen. Wie bereits ausgeführt, wurde das von E. gelenkte Fahrzeug ca. eine halbe Stunde vor Eintreffen des Beschwerdeführers abgestellt und hätte der Beschwerdeführer in Wahrnehmung der Abstellweise von E. sein Fahrzeug allenfalls etwas weiter zurück in Distanz zum gegenüberliegenden Fahrzeug abstellen können. Dass der Zeuge den ihm zur Verfügung stehenden Parkplatz geringfügig überschritten hat, schließt das für den Schaden als kausal zu wertende Parkmanöver des Beschwerdeführers nicht aus.
Dass ein Schaden an der Stoßstange des Wagens des Zeugen E. durch das Parkmanöver entstanden ist, ergibt sich einerseits aus dem aktenkundigen Bildmaterial (AS 24), der glaubwürdigen Beschreibung des Zeugen, wonach er sein Auto vor Fahrtantritt stets begutachtet und eben auf Geheiß des Beamten infolge der Sachverhaltsfeststellung ein paar Meter zurückfuhr und sich dann eben zeigte, dass die Stoßstange zerkratzt war sowie aus der Anzeige vom 15.12.2020, in welcher Letzteres übereinstimmend dokumentiert wurde.
Daran vermag auch nichts zu ändern, dass der Beschwerdeführer (pauschal) darauf verweist, es habe keinen Schaden an der Stoßstange seines Wagens gegeben, zumal diese Behauptung für sich gesehen nicht geeignet ist, die Entstehung eines Schadens an der gegenüberliegenden Stoßstange auszuschließen. Mit anderen Worten, nur weil an der Stoßstange des Wagens des Beschwerdeführers kein Schaden entstanden sein mag, schließt dies (auch technisch gesehen) das Entstehen von Kratzern an der Stoßstange des Wagens des Zeugen nicht aus. In diesem Sinn war auch von der Einholung eines Sachverständigengutachtens abzusehen, zumal der Sachverhalt aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens mit der erforderlichen Sicherheit feststeht und der Beschwerdeführer dieses Ergebnis über diese Angabe hinaus und das Vorbringen, es müsse sich um Versicherungsbetrug handeln, nicht konkret bestritten hat. Er hat nicht konkret dargelegt, was durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens im Detail be- oder widerlegt werden soll (vgl. VwGH vom 30.1.2020, Ra 2019/16/0215).
3. 3. Rechtlich folgt daraus:
Die Bestimmungen der StVO in deren maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr.37/2019 bzw. BGBl. I Nr. 39/2013 lauten:
„§ 4 Abs. 1 StVO: Alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, haben
a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten,
c) an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
§ 4 Abs. 5 StVO: Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs. 1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
§ 99 Abs. 3 lit. b StVO: Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs. 2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere die Herbeiholung einer Hilfe nicht ermöglicht, den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Sachschaden nicht meldet oder als Zeuge eines Verkehrsunfalles nicht Hilfe leistet.
§ 99 Abs. 2 StVO: Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2 180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen,
a) der Lenker eines Fahrzeuges, dessen Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, sofern er den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, insbesondere nicht anhält, nicht Hilfe leistet oder herbeiholt oder nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt,“
In rechtlicher Hinsicht folgt aus den Sachverhaltsfeststellungen, dass der Beschwerdeführer die ihm zu den Spruchpunkten 1. und 2. angelasteten Taten in objektiver Hinsicht verwirklicht hat. Weder hat er hinsichtlich der Verursachung der Kollision, die zu einem Sachschaden führte, an der Sachverhaltsfeststellung mitgewirkt, noch hat er dem Geschädigten E. Namen und Anschrift nachgewiesen und auch nicht die nächste Polizeidienststelle verständigt.
In subjektiver Hinsicht ist aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c und Abs. 5 StVO zumindest Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist. Es ist dem Beschwerdeführer zwar keinesfalls zu unterstellen, dass er im Wissen um den Unfall die Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung und die Identitätsfeststellung unterlassen hat. Wie bereits ausgeführt, ist dem Beschwerdeführer dahingehend Glauben zu schenken, dass er von dem Parkunfall nichts mitbekommen hat.
Bei dem direkten Anparken an ein anderes Fahrzeug, bei welchem es zu einer Berührung der Stoßstangen kommt, handelt es sich jedoch um ein riskantes Fahrmanöver, welches dem Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätte kommen müssen (vgl. VwGH vom 7.11.2014, 2012/02/0237). Der Beschwerdeführer hätte den Anstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit bemerken müssen, spätestens aber nach Verlassen des Fahrzeuges hätte ihm als sorgfältigem Fahrer auffallen müssen, dass die Stoßstange seines Wagens die Stoßstange des Wagens des Zeugen E. berührt und sein fahr- bzw. Parkmanöver ursächlich für einen Unfall auch mit Sachschaden sein konnte. Insofern entbindet die Feststellung, dass der Beschwerdeführer den Unfall tatsächlich nicht mitbekommen hat, diesen nicht vom Vorwurf des Verschuldens.
Die von der belangten Behörde jeweils verhängte Geldstrafe iHv 1. EUR 100,– bzw. 2. EUR 110,- erscheint – bei einem Strafrahmen von 1. bis zu 726,-- EUR und 2. bis zu EUR 2.180,–- im Hinblick auf die Schuld des Beschwerdeführers als schuld- und tatangemessen und keinesfalls überhöht und ist deren Verhängung sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Gründen geboten. Eine Herabsetzung der Geldstrafe kommt angesichts der bis zuletzt gezeigten Uneinsichtigkeit des Beschwerdeführers auch bei anzunehmenden durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen daher nicht in Betracht.
Die im angefochtenen Straferkenntnis verhängten Ersatzfreiheitsstrafen sind den Strafzumessungskriterien angemessen und zur Geldstrafe jeweils verhältnismäßig.
Zu 3. Hinsichtlich des Tatvorwurfes, der Beschwerdeführer habe sein Fahrzeug nach dem Unfall nicht sofort angehalten, war der Beschwerde Folge zu geben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen. Im Hinblick darauf, dass der Unfall gerade im Zuge eines Parkmanövers, sohin im Zuge des Beendens einer Fahrt und des Anhaltens erfolgte, wurde ein wesentliches Tatbestandselement des § 4 Abs. 1 lit. a StVO nicht erfüllt. Da der Beschwerdeführer die ihm angelastete Tat sohin nicht verwirklich hat, war spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet auf der im Spruch angeführten zwingenden gesetzlichen Bestimmung.
Die Spruchabänderung diente der Konkretisierung der Rechtsgrundlagen sowie der Zuordnung der Kosten für das verwaltungsbehördliche Verfahren, zumal diese von der belangten Behörde ohne Zuordnung zum Spruchpunkt pauschal verhängt wurden.
4. Die Revision für den Beschwerdeführer zu 1. absolut unzulässig. Da in der vorliegenden Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu € 726,-- und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und tatsächlich Geldstrafen in der Höhe von € 100 verhängt wurden, ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a Abs. 4 VwGG unzulässig. Für die belangte Behörde besteht die Möglichkeit der Erhebung der außerordentlichen Revision.
Zu 2. und 3. ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Verkehrsunfall; Mitwirkungspflicht; Dokumentation; Verständigung der nächsten PolizeidienststelleEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.061.4287.2021Zuletzt aktualisiert am
11.08.2021