TE Lvwg Erkenntnis 2021/6/21 405-16/142/1/14-2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.06.2021
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Entscheidungsdatum

21.06.2021

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

3. COVID-19-NotMV §12 Abs2
3. COVID-19-NotMV §12 Abs1 Z2
EpidemieG §40 Abs2
EpidemieG §15 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike Seidel über die Beschwerde von AB AA, AD, CA, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg (belangte Behörde) vom 16.03.2021, Zahl xx-2021,

zu R e c h t:

I.     Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II.    Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von € 20,- zu leisten.

III.   Die ordentliche Revision der belangten Behörde ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis: Eine (ordentliche und außerordentliche) Revision des Beschwerdeführers ist aufgrund des gesetzlichen Strafrahmens (Geldstrafe von bis zu € 750, keine primäre Freiheitsstrafe) und der Höhe der verhängten Geldstrafe (bis zu € 400) kraft Gesetzes ausgeschlossen und damit nicht zulässig (§ 25a Abs 4 VwGG).

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Verfahrensgang:

1.1.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird Herrn AB AA zur Last gelegt, dass er am 31.01.2021 um 14:50 Uhr in 5020 Salzburg, Franz-Josef-Kai auf Höhe Müllner Steg an einer von der zuständigen Behörde (Landespolizeidirektion Salzburg) als Veranstaltung gemäß § 12 Abs 1 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung eingestufte Kundgebung (Versammlung nach dem Versammlungsgesetz 1953) teilgenommen habe. Es sei von Exekutivorganen vor Ort festgestellt worden, dass der Beschuldigte dabei keine den Mund- und Nasenbereich abdeckend und enganliegende mechanische Schutzvorrichtung getragen habe.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 40 Abs 2 iVm § 15 Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 2 Epidemiegesetz im Zusammenhang mit § 12 Abs 1 Z 2 und Abs 2 zweiter Satz 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung begangen und wurde nach § 40 Abs 2 Epidemiegesetz eine Geldstrafe in der Höhe von € 100,- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) zuzüglich Verfahrenskosten in der Höhe von € 10,- somit gesamt € 110,- verhängt.

In der Begründung wurde auf die Anzeige der Polizeiinspektion Salzburg-Alpenstraße vom 01.02.2021 und auf den erhobenen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 12.02.2021 verwiesen. Nach Darlegung der Rechtsgrundlagen wurde zusammengefasst ausgeführt, dass am 31.01.2021 beginnend ab 14:00 Uhr sich am Mozartplatz mehrere Personen versammelt hätten, um einen gemeinsamen „Sonntagsspaziergang“ über die Marschroute Mozartplatz – Mozartsteg – Giselakai – Elisabethkai - Müllner Steg – Franz Josef Kai – Ferdinand Hanusch Platz – Rudolfskai – Mozartplatz zu unternehmen. Die zunächst angemeldete Kundgebung/Versammlung von den Gegnern der derzeit geltenden COVID-19-Maßnahmen unter dem Motto „Es ist Zeit Gesicht zu zeigen“ sei am 09.01.2021 offiziell abgesagt worden. Die Zusammenkunft der Personen sei von einem Behördenvertreter der LPD Salzburg aufgrund der offenkundigen gemeinsamen Zielsetzung eindeutig als Versammlung nach dem Versammlungsgesetz gewertet worden. Dies sei ab 14:00 Uhr mittels Außensprechanlage klar und deutlich bekannt gegeben und auf die geltenden Rechtsbestimmungen hingewiesen worden. Die Durchsage sei im Zuge der weiteren Fortsetzung des Spazierganges mehrfach wiederholt worden. Durch spezielle Kommunikationsteams vor Ort sei persönliche Aufklärungsarbeit im Hinblick auf die geltende MNS- sowie Abstandspflicht im Rahmen einer Versammlung hingewiesen worden.

Aus der Anzeige ergibt sich, dass der Beschuldigte durch Beamte „Taurus 263“ aufgrund des fehlenden MNS kontrolliert und zur Anzeigenerstattung an „Limes 512“ zugeführt worden sei. Er habe kein ärztliches Attest gehabt und eine Musikbox und ein Plakat mit sich geführt. Bei der Strafbemessung wurde von grober Fahrlässigkeit ausgegangen, die Unbescholtenheit des Beschuldigten wurde mildernd gewertet.

1.2.

Mit Schreiben vom 15.04.2021 erhob Herr AB AA Beschwerde und brachte zusammengefasst vor, dass man mit einer Zigarre keine Maske tragen könne und das Rauchen einer Zigarre nicht verboten gewesen sei. Zur potentiellen Schädlichkeit/Wirkungslosigkeit von Masken und „lock downs“ wurde auf Studien auf der Internetseite MM und sonstige sowie auf DD GG verwiesen. Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

1.3.

Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 26.04.2021 dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde sowie den Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vor und teilte in einem mit, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf eine Teilnahme an dieser verzichtet wird.

Am 09.06.2021 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der Beschwerdeführer sowie der amtshandelnde Polizeibeamte, welcher zeugenschaftlich einvernommen wurde, teilnahmen.

Der Beschwerdeführer bestätigte seine Teilnahme an dem Corona-Spaziergang und auch, dass er keinen Mund-Nasen-Schutz getragen habe, da er während der ganzen Zeit eine Zigarre geraucht habe, auch bei der Anhaltung durch die Polizeibeamten. Dieser konnte sich diesbezüglich nicht mehr daran erinnern, allerdings daran, dass der Beschwerdeführer ohne Maske aber mit einer Musikbox an der Versammlung teilgenommen habe.

Der Zuschauer CB CD gab ungefragt an, dass es von ihm aufgenommene Videoaufnahmen gäbe, welche auf youtube unter dem Magazin CE abrufbar seien. Auf richterliche Frage an den Beschwerdeführer, warum er dieses Beweismittel nicht vorgelegt habe, erachtete der Beschwerdeführer dies als nicht notwendig, da für ihn klar gewesen sei, dass er eine Zigarre geraucht habe.

Vom Vertreter der belangten Behörde wurde klargelegt, dass aus Sicht der Behörde, während der Versammlung das Rauchen aufgrund der bestehenden Maskenpflicht nicht erlaubt gewesen sei.

Nach der mündlichen Verhandlung übermittelte der bei der Verhandlung anwesend gewesene Zuschauer CB CD mit Email vom 10.06.2021 einen für das Landesverwaltungsgericht zusammengestellten Videobeitrag in zwei Teilen (zwei Links) mit Erläuterungen. Auf Ersuchen des Landesverwaltungsgerichts um Vorlage einer schriftlichen Bevollmächtigung durch den Beschwerdeführer wurde diese vom Beschwerdeführer am 18.06.2021 vorgelegt.

Von der Richterin wurde Einschau mittels der beiden Links genommen:

https://CF

https://CG

2.       Nachstehender

S a c h v e r h a l t

wird als erwiesen festgestellt und der nachfolgenden Entscheidung zu Grunde gelegt:

Am 31.01.2021 (Sonntag) fand ab 14:00 Uhr Start Mozartplatz eine von einem leitenden Vertreter der Landespolizeidirektion Salzburg als gemäß Versammlungsgesetz qualifizierte Versammlung von mindestens 50 Gegner der Corona-Maßnahmen („Corona-Spaziergang“ der am 09.01.2021 abgesagten Versammlung mit dem Motto „Es ist Zeit Gesicht zu zeigen“) statt, welche einen Spaziergang mit Plakaten durch die Stadt Salzburg unternahmen, um gegen die Corona-Maßnahmen zu protestieren.

Der Beschwerdeführer nahm am 31.01.2021 an dieser Versammlung teil und trug dabei, insbesondere auch nicht bei der polizeilichen Kontrolle um 14:50 Uhr eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und enganliegende mechanische Schutzvorrichtung. Dies deshalb, weil er während des Spazierganges eine Zigarre rauchte, wobei nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, ob er diese zur vorgeworfenen Tatzeit auch geraucht hat oder nicht.

Der Beschwerdeführer ist verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten, machte im Beschwerdeverfahren jedoch keine Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen.

Zur

B e w e i s w ü r d i g u n g

ist auszuführen, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus der Aktenlage sowie dem Ergebnis der Beschwerdeverhandlung ergibt.

Widersprüche bei der Feststellung des Sachverhaltes ergaben sich nicht, da der Beschwerdeführer weder die Teilnahme an der Versammlung noch das Nicht-Tragen des Mund-Nasenschutzes bestritt. Es ergaben sich hinsichtlich der Aussagen des Beschwerdeführers und des als Zeugen einvernommenen Polizeibeamten keine Widersprüche bei den wesentlichen Sachverhaltselementen. Feststellungen, ob er bei der polizeilichen Anhaltung am vorgeworfenen Tatort tatsächlich eine Zigarre geraucht hat oder nicht, konnte aufgrund der nachstehenden rechtlichen Beurteilung unterbleiben.

Die Einsichtnahme in die vom bevollmächtigen Vertreter übermittelten Videoaufnahmen haben zwar ergeben, dass der Beschwerdeführer immer wieder mit einer Zigarre in der Hand auf den Filmaufnahmen erkennbar ist, jedoch stammen die Aufnahmen nicht vom 31.01.2021, sondern von anderen Versammlungs- bzw. Marschtagen. Aufnahmen bei der Anhaltung durch die Polizeibeamten zur verfahrensgegenständlichen Tatzeit und am Tattag liegen nicht vor.

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat hiezu erwogen:

I.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat gemäß § 50 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF, das Verwaltungsgericht gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, … und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zum Tatzeitpunkt 31.01.2021 war die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 3. COVID-19-NotMV), BGBl II 27/2021 in Kraft (25.01.2021 bis 03.02.2021). Diese Verordnung wurde (ua) auf der gesetzlichen Basis des § 15 Epidemiegesetz 1950, BGBl Nr. 186/1950 idF BGBl I Nr 23/2021 erlassen.

Gemäß § 12 Abs 1 der genannten Verordnung galt zum damaligen Zeitpunkt, dass das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs zum Zweck der Teilnahme an Veranstaltungen ua für die Teilnahme an Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl Nr 98/1953 (§ 12 Abs 1 Z 2) zulässig war.

Gemäß § 12 Abs 2 der Verordnung war jedoch beim Betreten von Orten zum Zwecke der Teilnahme an Veranstaltungen gemäß Abs 1 Z 1, 2, 4 bis 7 und 9 gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens zwei Metern einzuhalten. Zusätzlich war bei Veranstaltungen gemäß Abs 1 Z 1, 2, 4 bis 7 und 9 eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und enganliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.

Die in § 12 der Verordnung getroffenen Regelungen für Veranstaltungen stellen detailliertere und konkretisierte Festlegungen auf Basis der Bestimmung des § 15 Epidemiegesetz dar, wonach gemäß § 15 Abs 1 Z 2 Epidemiegesetz Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer Menschenmengen mit sich bringen, an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen oder Auflagen gebunden werden konnten. Gemäß Abs 2 leg cit können Voraussetzungen oder Auflagen gemäß Abs 1 je nach epidemiologischen Erfordernissen ua die Verpflichtung zum Tragen einer mechanischen Mund-Nasen-Schutzvorrichtung sein (Z 2).

Dem Beschwerdeführer wurde zur Last gelegt, dass er als Teilnehmer an der am 31.01.2021 ab 14:00 Uhr stattgefundenen Versammlung keinen Mund-Nasen-Schutz getragen hat. Der Beschwerdeführer rechtfertigt dies damit, dass er beim Rauchen einer Zigarre keinen Mund-Nasen-Schutz zu tragen hatte.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Versammlung im Sinne des Versammlungsgesetzes eine Zusammenkunft mehrerer Menschen, die in der Absicht veranstaltet wurde, die Anwesenden zu einem gemeinsamen Wirken (Debatte, Diskussion, Manifestation usw.) zu bringen, sodass eine gewisse Assoziation der Zusammengekommenen entsteht, zu verstehen. Im Falle einer nicht angezeigten Zusammenkunft ist für das Vorliegen einer Versammlung jenes Bild maßgeblich, das sich den einschreitenden Organen an Ort und Stelle bietet (VwGH 22.03.2018, Ra 2017/01/0359 vgl. VwGH 29.3.2004, 98/01/0213, und 18.5.2009, 2009/17/0047, jeweils unter Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes; vgl. allgemein zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit VwGH 15.10.2009, 2007/09/0307).

Für das Landesverwaltungsgericht steht durch die polizeilichen Angaben in der Anzeige bzw. die Aussage des Polizeibeamten fest und wurde dies vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten, dass es sich bei dem am 31.01.2021 ab 14:00 Uhr stattgefundenen „Corona-Spaziergang“ um eine Versammlung iS des Versammlungsgesetzes gehandelt hat. Die Teilnahme an dieser Versammlung war daher ua an die Auflage geknüpft, dass ein entsprechender Mund-Nasen-Schutz getragen wird.

Im gegenständlichen Fall sind als Veranstaltungsort diejenigen Stadtbereiche links und rechts der Salzach zu sehen, in welchen sich der Versammlungszug bewegt hat. Der Beschwerdeführer hat von ihm selbst unbestritten an dieser Versammlung teilgenommen und damit den Veranstaltungsort betreten.

Gemäß § 15 Abs 3 der 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung galt die Pflicht zum Tragen einer … den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden Schutzvorrichtung nicht während der Konsumation von Speisen und Getränken.

Für das Landesverwaltungsgericht fällt das Rauchen einer Zigarre, mit einer Rauchdauer von generell 30 Minuten oder länger, nicht unter den Ausnahmetatbestand, da es sich dabei unbestritten weder um ein Getränk noch um eine Speise handelt.

Der Beschwerdeführer hätte daher für die Dauer des Konsums seiner Zigarre die Veranstaltung/Versammlung verlassen müssen. Bei der Teilnahme galt jedoch die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, den der Beschwerdeführer jedenfalls nicht getragen hat.

Es ist daher die Erfüllung des objektiven Tatbestands der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erwiesen. Als Verschulden ist ihm Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Zum Beschwerdevorbringen, dass Masken wirkungslos bzw sogar schädlich sind, ist nicht näher einzugehen, da sich diese Frage bei der Beurteilung der Erfüllung des Straftatbestandes nicht stellt.

Zur Strafbemessung

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (objektive Strafzumessungsgründe).

Nach Abs. 2 leg cit sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die „Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten“ des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (subjektive Strafzumessungsgründe).

Gemäß § 40 Abs 2 Epidemiegesetz begeht eine Verwaltungsübertretung wer einen Veranstaltungsort gemäß § 15 entgegen den festgelegten Voraussetzungen oder Auflagen betritt und ist mit einer Geldstrafe von bis zu € 500,- im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche, zu bestrafen.

Zur Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts ist festzuhalten, dass die übertretene Norm das öffentliche Interesse verfolgte, die Bevölkerung vor einer (weiteren) Ausbreitung des COVID-19-Virus zu schützen. Der Nichteinhaltung der verfahrensgegenständlichen Rechtsnorm kommt daher ein nicht unerheblicher Unrechtsgehalt zu, da gerade die Einhaltung des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes bei einer größeren Menschenmenge wie bei der gegenständlichen Versammlung, selbst wenn diese im Freien stattgefunden hat, eine wesentliche Bedeutung zur Verhinderung der Übertragung des Virus und zur Verhinderung der Bildung von neuen Clustern zukam bzw zukommt. Zum Zeitpunkt Ende Jänner lag die 7-Tage-Corona-Inzidenzzahl im Bundesland Salzburg noch bei 169 und war noch eine angespannte Lage bei der Auslastung der Intensivbetten gegeben (siehe https://www.salzburg.gv.at/gesundheit_/Seiten/corona-virus-tickeralt.aspx).

Die belangte Behörde hat durch die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von € 100,- 20 % der möglichen Höchststrafe (von € 500,-) verhängt, wobei der Milderungsgrund der Unbescholtenheit berücksichtigt wurde.

Im Beschwerdeverfahren wurden die persönlichen Verhältnisse und Einkommensverhältnisse nicht bekanntgegeben, sodass von durchschnittlichen Verhältnissen auszugehen war.

Als Verschulden ist dem Beschwerdeführer Fahrlässigkeit anzulasten.

Bei der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamkeitsdelikt. Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs 1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebots dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungs-übertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Von der belangten Behörde wurde grobe Fahrlässigkeit mit der Begründung angenommen, dass der Beschwerdeführer aufgrund der medialen Information und den Vorort-Hinweisen durch die Polizei von der Rechtslage informiert gewesen sein musste.

Grob fahrlässig ist ein Verhalten, wenn der Fehler einem ordentlichen Menschen in derselben Situation keinesfalls unterlaufen würde.

Auch das Landesverwaltungsgericht kann zu keiner anderen Beurteilung kommen, da der Beschwerdeführer im Wissen um die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes diesen nicht getragen hat. Dass auch der rechtlich vorgesehene Ausnahmegrund für die Maskenpflicht nicht greift, wenn der Beschwerdeführer eine Zigarre raucht, liegt auf der Hand, da es sich – wie schon ausgeführt – bei einer Zigarre um kein Getränk und keine Speise handelt.

Im Ergebnis ist festzustellen, dass die belangte Behörde bei der Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von € 100,- von ihrem Ermessen iS § 19 VStG Gebrauch gemacht hat und die verhängte Strafe ohnedies im untersten Bereich liegt. Auch im Sinne der Spezialprävention, um den Beschwerdeführer von gleichartigen Straftaten abzuhalten, als auch im Sinne der Generalprävention, um der Allgemeinheit die Notwendigkeit der Einhaltung der gegenständlichen Normen vor Augen zu führen, ist die Höhe der Strafe schuld- und tatangemessen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichts, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß Abs 2 leg cit ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,- zu bemessen.

III. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (§ 25a Abs 4 VwGG):

Die ordentliche Revision der belangten Behörde ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegt zwar noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 12 Abs 2 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung idF BGBl II Nr. 27/2021 iVm § 15 Epidemiegesetz idF BGBl I Nr 136/2020 vor, jedoch war aufgrund der anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen eine klare rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes durch das Landesverwaltungsgericht möglich und ergaben sich keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage.

Schlagworte

COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, Epidemiegesetz, Zigarrenrauchen, Ausnahmegrund, Maskenpflicht, Versammlung, Sonntagsspaziergang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2021:405.16.142.1.14.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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