Entscheidungsdatum
28.04.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I417 2205318-1/45E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Friedrich Johannes ZANIER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Mali, vertreten durch Legal Focus, Gudrunstraße 143/19, 1100 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.07.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 17.10.2018, 23.07.2019 und 22.02.2021 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise am 19.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, welchen er im Zuge seiner Erstbefragung am 20.10.2015 im Wesentlichen damit begründete, dass er aufgrund des in Mali herrschenden Krieges Angst um sein Leben habe.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) richtete am 27.10.2015 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien, woraufhin Italien mit Schreiben vom 09.11.2015 der Übernahme des Beschwerdeführers ausdrücklich zustimmte.
3. Nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme am 25.01.2016 erließ die belangte Behörde am 15.02.2016 einen Bescheid, mit welchem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz - ohne in die Sache einzutreten - gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen wurde, dass Italien für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge seine Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
4. Die gegen den Bescheid vom 15.02.2016 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.04.2016 gemäß § 5 AsylG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen. Da der konkrete Aufenthaltsort bzw. die Abgabestelle des Beschwerdeführers nicht bekannt gewesen seien und auch nicht ohne Schwierigkeiten ermittelt werden haben können, erfolgte die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch am 29.04.2016.
5. Die geplante Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien musste im Jahr 2016 mehrmals verschoben werden, da der Beschwerdeführer zunächst in Untersuchungshaft genommen wurde bzw. in weiterer Folge nicht mehr auffindbar war und wurde am 27.04.2016 um eine Verlängerung der Überstellungsfrist auf 18 Monate angesucht. Am selben Tag erließ die belangte Behörde betreffend den Beschwerdeführer einen Festnahmeauftrag an die LPD XXXX .
6. Am 19.03.2018 stellte der Beschwerdeführer erneut einen Antrag auf internationalen Schutz und führte in der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag an, er befinde sich seit Herbst 2015 in Österreich und habe das Land seitdem nicht verlassen. Er habe im Dezember im Flüchtlingscamp einen Abschiebungsbescheid erhalten und lebe seither auf der Straße bzw. derzeit bei Freunden, um einer Abschiebung zu entgehen. Er wollte in Österreich bleiben und nicht nach Italien gebracht werden. Sein Asylantrag wurde am 21.03.2018 zugelassen.
7. Am 26.06.2018 wurde der Beschwerdeführer zur Einvernahme bei der belangten Behörde am 09.07.2018 geladen und erfolgte die Zustellung der Ladung am 28.06.2018 an die für RSb-Briefe bevollmächtigte Rechtsvertretung des Beschwerdeführers.
8. Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer am 10.07.2018 ein Parteiengehör samt Einräumung einer Möglichkeit zur Stellungnahme, da er der Ladung zur Einvernahme nicht nachgekommen war. Am 12.07.2018 erfolgte die Zustellung abermals an seine bevollmächtigte Rechtsvertretung.
9. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 30.07.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Mali (Spruchpunkt II.) ab. Zudem wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel „Besonderer Schutz“ nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Mali zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es wurde weiters ausgesprochen, dass er sein Recht zum Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet ab dem 05.03.2016 verloren hat (Spruchpunkt VI.). Ihm wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Gegen ihn wurde weiters ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX.).
10. Am 31.07.2018 erreichte die belangte Behörde ein Schreiben der damals ausgewiesenen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, wonach er die Lebensbedingungen in seiner vorigen Unterkunft nicht ausgehalten habe und daher zu Freunden gezogen sei. Es wurde weiters ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer derzeit um einen Meldezettel bemühe und diesen bei Erhalt nachreichen werde. Es folgte ein Ersuchen um Anberaumung eines neuen Termins für die Einvernahme.
11. Gegen den Bescheid vom 30.07.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 28.08.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung. Begründend wurde in der Beschwerde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Gründe für seine Antragstellung - Verfolgung aus politischen Gründen bzw. Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - angegeben habe und dass er - wie in der polizeilichen Erstbefragung dargestellt - schweren Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe deutlich angegeben, worin die gegen ihn gerichtete Verfolgung bestehe und dass die malischen Behörden ihm Schutz verweigert hätten. Es sei weiters unverständlich, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid ohne eine Einvernahme des Beschwerdeführers erlassen habe. Dass der Beschwerdeführer aufgrund einer Verkettung unglücklicher Umstände seinen ursprünglichen Ladungstermin verabsäumt habe, stelle keine hinreichende Begründung dar.
12. Am 11.09.2018 langte die Beschwerde samt Bezug habenden Akt am Bundesverwaltungsgericht ein.
13. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.09.2018, GZ: I417 2205318-1/3Z, wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung bis zum Abschluss einer mündlichen Verhandlung zuerkannt.
14. Am 17.10.2018 erfolgte in Anwesenheit und unter Einvernahme des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht. Dabei wurde der belangten Behörde eine Frist von einem Monat eingeräumt, sich - wie beantragt – zur Thematik der Wehrdienstverweigerer in Mali zu äußern und eine ergänzende Stellungnahme beizulegen. Nach Zustellung dieses Schriftsatzes habe der Beschwerdeführer ebenso die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme. Zudem wurde der Beschwerdeführer beauftragt binnen zehn Tagen alles Notwendige zur Vorweisung einer gültigen Meldeadresse zu unternehmen.
15. Am 13.11.2018 langte beim erkennenden Gericht eine Stellungnahme der belangten Behörde samt Beilage einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Wehrdienst, Wehrersatzdienst Mali“ vom 09.11.2018 ein.
16. Die für 22.01.2019 anberaumte Verhandlung wurde aufgrund des E-Mails des Rechtberaters des Beschwerdeführers vom 21.01.2019, wonach der Beschwerdeführer aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes nicht erscheinen könne, kurzfristig am 22.01.2019 abberaumt.
17. Am 23.07.2019 fand eine weitere mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, zu welcher weder der ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführer noch sein Rechtsvertreter erschienen sind. Mit E-Mail vom 22.07.2019 wurde der Beschwerdeführer von seinem Rechtsvertreter hinsichtlich seiner Verhandlungsteilnahme wegen einer Sporterkrankung entschuldigt.
18. Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben des erkennenden Gerichtes vom 23.07.2019 zur Vorlage eines ärztlichen Attests, aus welchem hervorgeht, dass er aufgrund seiner Erkrankung/Verletzung an der Verhandlungsteilnahme bzw. Anreise zur Verhandlung verhindert war, binnen zehn Tagen aufgefordert.
19. Mit E-Mail der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers vom 05.08.2019 wurde um eine Fristverlängerung angesucht und wurde die Frist zur Vorlage entsprechender ärztlicher Dokumente mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.08.2019 bis spätestens 07.08.2019 verlängert.
20. Am 07.08.2019 langte beim erkennenden Gericht ein Laborbefund von „labors.at“, datiert mit 24.07.2019, ein.
21. Am 22.10.2019 übermittelte die belangte Behörde dem erkennenden Gericht eine Meldung der LPD XXXX vom 19.10.2019, wonach der Beschwerdeführer auf frischer Tat bei der Begehung eines Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG betreten worden sei.
22. Mit einer Verständigung von Ergebnis der Beweisaufnahme vom 05.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Mali zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme hinsichtlich der Beweisaufnahme und seiner privaten und familiären Verhältnisse in Österreich bzw. seinem Gesundheitszustand binnen 14 Tagen eingeräumt.
23. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.07.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren gemäß § 24 Abs. 1 und 2 AsylG eingestellt.
24. Mit E-Mail vom 16.09.2020 übermittelte die belangte Behörde einen Abtretungsbericht des LKA XXXX vom 16.08.2019, worin der Beschwerdeführer bei einer Betretung den einschreitenden Beamten seinen – nicht angemeldeten – Wohnsitz angegeben habe.
25. Am 12.01.2021 ging beim Bundesverwaltungsgericht die Meldung der belangten Behörde ein, dass der Beschwerdeführer am 11.01.2021 aufgrund eines Festnahmeauftrages der belangten Behörde festgenommen worden sei und sich im PAZ XXXX befinde.
26. Letztlich erfolgte am 22.02.2021 abschließend eine weitere mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, zu welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung abermals unentschuldigt nicht erschienen sind.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und dessen Ausführungen werden zu Feststellungen erhoben.
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Mali, gehört der Volksgruppe der Mandingo an und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben. Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und leidet an keinen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen. Darüber hinaus gehört er keiner Risikogruppe im Sinne der COVID 19-Pandemie an.
Der Beschwerdeführer reiste im April des Jahres 2012 von Mali nach Algerien und Libyen, wo er sich etwa zwei Jahre aufhielt. Anschließend gelangte er mit einem Boot nach Italien, wo er am 08.03.2014 einen Asylantrag unter Angabe eines anderen Geburtsdatums stellte. Er lebte letztlich bis Oktober 2015 in Italien und reiste anschließend selbständig mit einem Reisebus unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein.
Am 19.10.2015 stellte der Beschwerdeführer in Österreich seinen ersten Asylantrag. Die zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde samt Ausspruch der Zuständigkeit Italiens für das Asylverfahren und Anordnung der Außerlandesbringung nach Italien wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.04.2016, GZ: W153 2122308-1/13E, rechtskräftig bestätigt.
Er entzog sich allerdings der angeordneten Außerlandesbringung, indem er bereits mit 19.04.2016 über keine aufrechte Meldeadresse verfügte. Zwischen 01.07.2016 und 01.03.2017 war der Beschwerdeführer obdachlos gemeldet.
Der Beschwerdeführer hielt sich nach eigenen Angaben bis zu seiner abermaligen Asylantragstellung am 19.03.2018 durchgehend in Österreich auf. Er verfügte erst wieder zwischen 13.04.2018 und 26.04.2018 über eine kurzzeitige Wohnsitzmeldung im Flüchtlingsquartier in XXXX . Es liegt bereits seit dem 27.04.2018 keine Wohnsitzmeldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vor.
Der Beschwerdeführer verletzte im gegenständlichen Verfahren mehrmals die ihm zukommende Mitwirkungspflicht, indem er insgesamt drei Mal ohne ausreichende Entschuldigung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung fernblieb und sich trotz seiner zweiten Antragsstellung auf internationalen Schutz dem laufenden Verfahren entzog. Das gegenständliche Verfahren musste zudem temporär wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht gemäß § 24 Abs. 1 AsylG eingestellt werden.
Der Beschwerdeführer wurde in XXXX geboren. Er besuchte nach eigenen Angaben in Mali die Koranschule und absolvierte anschließend keine Berufsausbildung. Seinen Lebensunterhalt verdiente er sich mit unterschiedlichen Hilfstätigkeiten. Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer nach wie vor über Verwandte in Mali verfügt und in weiterer Folge Kontakt pflegt.
Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich sind zudem nicht vorhanden und verfügt er auch über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen in Österreich.
Der Beschwerdeführer besuchte in Österreich zu einem unbestimmten Zeitpunkt einen Deutschkurs, absolvierte jedoch keine Sprachprüfung. Er ist des Weiteren kein Mitglied in einem Verein und auch weder gemeinnützig noch ehrenamtlich tätig.
Er geht keiner erlaubten Erwerbstätigkeit in Österreich nach und bezog zuletzt bis 23.04.2018 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Berücksichtigungswürdige Integrationsmerkmale des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht liegen in Österreich nicht vor.
Der Beschwerdeführer weist in Österreich eine strafgerichtliche Verurteilung auf:
Er wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 15.04.2016 zu XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall SMG, § 15 StGB und §§ 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt, wobei die verhängte Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Von 05.03.2016 bis 15.04.2016 befand sich der Beschwerdeführer in Untersuchungshaft.
1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Mali aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde.
Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Mali mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.
1.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Zur vorherrschenden Situation in Mali wurden auf Basis des aktuellen Länderinformationsblattes folgende Feststellungen getroffen:
Politische Lage:
Mali ist ein Binnenstaat in Westafrika, die Hauptstadt ist Bamako. Auf einer Fläche von ca. 1,24 Mio. km² leben ca. 18,5 Mio. Menschen (CIA 23.10.2019; vgl. GIZ 6.2019b). Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt im Süden des Landes an der Grenze zu Burkina Faso (CIA 23.10.2019).
Ende März 2012 fand ein Militärputsch statt. Militärs unter Führung von Hauptmann Amadou Sanogo stürmten den Präsidentenpalast und setzten die Regierung ab. Anfang April 2012 trat der gestürzte Präsident Touré offiziell zurück, um die Machtübergabe an eine Übergangsregierung zu ermöglichen, und floh nach Senegal. Der bisherige Parlamentspräsident Dioncounda Traoré wurde zum Übergangspräsident vereidigt. In der von den Militärs eingesetzten Regierung waren neben zahlreichen Zivilisten auch den Putschisten nahestehende hochrangige Militärs vertreten (GIZ 6.2019a).
Die politische Lage Malis ist nach wie vor geprägt von den Auswirkungen der islamistischen Besetzung des Nordens im Jahre 2013. Nach wie vor ist die staatliche Ordnung im Norden nicht wiederhergestellt. Auch in den zentralen Landesteilen (Regionen Mopti, in Teilen von Ségou und Koulikoro) ist die staatliche Ordnung teilweise zusammengebrochen. Im Norden und Zentrum erschweren islamistische Terroristen, bewaffnete Gruppen, intra- und inter-kommunitäre Konflikte und organisierte Kriminalität die Ausübung der Staatsgewalt und Errichtung einer staatlichen Ordnung, einschließlich rudimentärer sozialer Staatsfunktionen (AA 27.8.2019).
Am 29. Juli und 12. August 2018 fanden Präsidentschaftswahlen statt, die Amtsinhaber Ibrahim Boubacar Keïta gewann. Er begann damit seine zweite und letzte fünfjährige Amtsperiode (AA 20.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Bei den Wahlen kam es zu Unregelmäßigkeiten und gewalttätigen Zwischenfällen (USDOS 13.3.2019; vgl. WZ 30.7.2018), vor allem im Norden des Landes (WZ 30.7.2019, DW 16.8.2018). Der unterlegene Kandidat, der ehemalige Finanzminister Soumaïla Cissé, sprach von Wahlbetrug und kündigte an, das Ergebnis nicht zu akzeptieren (Zeit 14.8.2018; vgl. DW 16.8.2018, FH 4.2.2019). Dennoch sprachen internationale Beobachter davon, dass die Wahlen verhältnismäßig gut durchgeführt wurden (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).
Bei den Parlamentswahlen zur Bestimmung von 147 Abgeordneten im Dezember 2013 (AA 20.2.2019) hat die Partei von Präsident Keïta deutlich das Rennen gemacht. Seine RPM (Vereinigung für Mali, Rassemblement pour le Mali) hatte 60 der insgesamt 147 Sitze erhalten (Standard 18.12.2013; vgl. JA 18.12.2013). Nach mehreren Verschiebungen konnten am 20.11.2016 Kommunalwahlen in großen Teilen des Landes durchgeführt werden (AA 20.2.2019).
Seit April 2019 wird das Amt des Premierministers vom Parteilosen Boubou Cissé eingenommen (GIZ 6.2019a). Die nächsten Parlamentswahlen waren ursprünglich für Oktober 2018 geplant und wurden mehrmals verschoben, nunmehr aufgrund der politischen Lage und der Sicherheitslage bis Mai 2020 (Bloomberg 8.6.2019).
Am 15.5.2015 wurde in Bamako durch die Regierung und einen Teil der bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen unterzeichnet. Weitere Gruppen unterzeichneten das Abkommen im Juni 2015. Ein bei der letzten Regierungsbildung neu geschaffenes Ministerium für sozialen Zusammenhalt, Frieden und Versöhnung bemüht sich um Versöhnung zwischen allen Bevölkerungsgruppen des Landes und soll die Umsetzung des Friedensvertrages von Algier bündeln und vorantreiben. Wichtige Elemente des Friedensvertrags, Übergangsverwaltungen zum Zweck der Rückkehr staatlicher Ordnung in den Norden und gemeinsame Patrouillen der Konfliktparteien, konnten seitdem auf den Weg gebracht werden. Eine Verfassungsreform scheiterte vorerst im August 2017 wegen des Widerstandes der Zivilgesellschaft (AA 20.2.2019) und es gibt weiterhin keine Fortschritte. Ein erneutes Referendum zur Verfassungsreform, das für Juni 2019 geplant war, hat nicht stattgefunden (CC 16.9.2019).
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.2.2019): Mali: Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mali-node/innenpolitik/208288, Zugriff 17.10.2019
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•Bloomberg (8.6.2019): Mali Extends Parliament's Mandate as Legislative Vote Delayed, https://www.bloomberg.com/news/articles/2019-06-08/mali-extends-parliament-s-mandate-as-legislative-vote-delayed, Zugriff 17.10.2019
•CC – Carter Center (16.9.2019): Report of the Independent Observer - Observations on the Implementation of the Agreement on Peace and Reconciliation in Mali, Emanating from the Algiers Process, https://reliefweb.int/report/mali/report-independent-observer-observations-implementation-agreement-peace-and-0, Zugriff 17.10.2019
•CIA – Central Intelligence Agency (23.10.2019): The World Factbook – Mali, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ml.html, Zugriff 30.10.2019
•DW – Deutsche Welle (16.8.2018): Amtsinhaber Keita gewinnt Präsidentenwahl in Mali mit 67 Prozent, https://www.dw.com/de/amtsinhaber-keita-gewinnt-pr%C3%A4sidentenwahl-in-mali-mit-67-prozent/a-45104315, Zugriff 18.10.2019
•FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Mali, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/mali, Zugriff 18.10.2019
•GIZ – Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2019a): LIPortal Mali – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/mali/geschichte-staat/, Zugriff 17.10.2019
•GIZ – Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2019b): LIPortal Mali – Überblick, https://www.liportal.de/mali/ueberblick/, Zugriff 18.10.2019
•JA – Jeune Afrique (18.12.2013): Large victoire du parti d'IBK et de ses alliés aux élections législatives maliennes, http://www.jeuneafrique.com/Article/ARTJAWEB20131218081422/mali-ibrahim-boubacar-keita-adema-assemblee-nationale-mali-large-victoire-du-parti-d-ibk-et-de-ses-allies-aux-elections-legislatives-maliennes.html, Zugriff 17.10.2019
•Standard, der (18.12.2013): Präsidentenpartei gewinnt Mali-Wahl, verfehlt aber Absolute, http://derstandard.at/1385171459572/Praesidentenpartei-und-Verbuendete-gewannen-Parlamentswahl, Zugriff 17.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
•WZ – Wiener Zeitung (30.7.2018): Gewalt überschattet Wahlen in Mali, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt-europa/weltpolitik/979916_Gewalt-ueberschattet-Wahlen-in-Mali.html, Zugriff 18.10.2019
•Zeit Online, die (14.8.2018): Opposition in Mali will Wahlergebnis nicht anerkennen, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-08/praesidentschaftswahl-mali-stichwahl-opposition-widerstand, Zugriff 18.10.2019
Sicherheitslage:
Insbesondere im Norden und im Zentrum Malis (Region Mopti) kommt es regelmäßig zu Anschlägen und militärischen Kampfhandlungen. In den nord-östlichen und zentralen Landesteilen sind Terrorgruppen aktiv (AA 6.9.2019). Der im November 2015 ausgerufene Ausnahmezustand gilt landesweit fort (AA 6.9.2019; vgl. Standard 15.10.2019).
Im Norden des Landes konkurrieren bewaffnete Gruppierungen und islamistische Terroristen mit dem Staat um die Gebietsgewalt; der Staat hat die effektive Gebietsgewalt eingebüßt. Im Rahmen eines Friedensprozesses soll diese Konkurrenz zumindest im Verhältnis zu den bewaffneten Gruppierungen beendet werden. Die Staatsgewalt kehrt nur sehr langsam zurück (AA 27.8.2019; vgl. Standard 15.10.2019). Im Sicherheitsvakuum kommt es zu ausufernder Kriminalität (HRW 17.1.2019; vgl. FH 4.2.2019) und im Zuge von lokalen Konflikten wurden zahlreiche Zivilisten vertrieben und getötet (FH 4.2.2019).
Obwohl die terroristisch-islamistischen Kräfte Gruppen v.a. durch französisches Engagement geschwächt wurden, stellen sie weiterhin eine - wenn auch asymmetrische – Bedrohung dar. Insbesondere die UN-Mission MINUSMA ermöglicht den Zugang des Staates und humanitärer Organisationen in den Norden des Landes. MINUSMA, die französische Mission Barkhane, wie auch malisches Militär und Zivilisten werden immer wieder Ziel von terroristischen Anschlägen (AA 20.2.2019; vgl. Standard 2.11.2019, Standard 8.11.2019, TASS 1.11.2019). Es kommt im Norden weiterhin zu Gewalt, jedoch versuchen islamistische Terrorgruppen – darunter auch ISGS (Islamic State in Greater Sahara) – Kämpfe zu vermeiden und sich stattdessen auf ihr Kerngeschäft, den Schmuggel, zu konzentrieren (SP 11.10.2019).
Während das Land darum gekämpft hat, die Krise im Norden zu lösen, hat sich die Gewalt im Land in das Zentrum verlagert, wo die kommunale Gewalt, auch Gewalt gegen Zivilisten, in der Region Mopti seit 2015 stetig zugenommen hat (ACLED 6.6.2019; vgl. HRW 17.1.2019, SP 11.10.2019). Staatliche Anti-Terror-Operationen führten in dutzenden Fällen zu Massenhinrichtungen und Misshandlungen. Die Gewalt, die ethnisch ausgerichtete Selbstverteidigungsgruppen gegen Dorfgemeinschaften einsetzen, die beschuldigt wurden, islamistische bewaffnete Gruppen zu unterstützen, führte zur Plünderung und Zerstörung von Dutzenden von Dörfern und zur Vertreibung von Zehntausenden Menschen (HRW 17.1.2019).
Trotz der Unzulänglichkeiten bei der Umsetzung des Friedensabkommens wird der Anstieg der Gewalt seit 2017 nicht in erster Linie von bewaffneten Gruppen getragen, die den Vereinbarungen von Algier beigetreten sind, sondern durch einen Anstieg der Aktivitäten zwischen Jama'a Nusrat ul-Islam wa al-Muslimin (JNIM) und dem Islamischen Staat in der Greater Sahara (ISGS) verursacht. Im Jahr 2017 gab es mehr als 50 Vorfälle mit Beteiligung des JNIM; im Jahr 2018 fast 80 mit JNIM und mehr als 60 mit ISGS. Mehr als 100 dieser Ereignisse waren insgesamt Kämpfe zwischen diesen Rebellengruppen und ausländischen Streitkräften. Diese Gruppen verüben zunehmend Gewalttaten gegen Zivilisten. Es gab nur 5 Fälle von Gewalt gegen Zivilisten, die diesen Gruppen im Jahr 2017 zugeschrieben wurden, im Jahr 2018 erhöhte sich die Zahl dieser Ereignisse auf 35 (14 davon wurden JNIM zugeschrieben und 21 ISGS) (ACLED 6.6.2019).
Der Konflikt zwischen den sesshaften Dogon und halbnomadischen Fulani begann vor einigen Jahren und eskalierte im ersten Halbjahr 2019 (SP 11.10.2019) und wird durch extremistische Kräfte instrumentalisiert (Standard 15.10.2019). Gewalt in Mopti wird oft als "kommunale Gewalt" beschrieben und durch Konflikte um die Landnutzung und Spiralen der Vergeltung angeheizt (ACLED 6.6.2019; vgl. AJ 26.8.2019).
2018 gab es mehr als 430 gemeldete Todesopfer in Mopti im Zusammenhang mit Gewalt gegen Zivilisten, was einem Anstieg von mehr als 600 % gegenüber 2017 entspricht, als es weniger als 60 gemeldete Todesopfer durch Gewalt gegen Zivilisten gab (ACLED 6.6.2019; vgl. HRW 17.1.2019). Selbstverteidigungsgruppen auf beiden Seiten werden für Angriffe auf Zivilisten verantwortlich gemacht (AA 27.8.2019). Die Verteidigungsmilizen, die zur Gewährleistung der Sicherheit mobilisiert wurden, sind selbst zu Quellen der Instabilität geworden (ACLED 6.6.2019).
Gemäß Angaben der UN kam es allein im Zeitraum Jänner bis Juni 2019 zu 92 Zwischenfällen, die den Spannungen zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen zuzuschreiben seien (Standard 13.6.2019). Etwa 200.000 Menschen flüchteten im ersten Halbjahr 2019 primär in Folge dieses Konfliktes aus Zentralmali (SP 11.10.2019).
Durch die in diesem Bereich zu Anti-Terroreinsätzen eingesetzten malischen Streitkräfte ist es zu Übergriffen auf Gruppen von Fulani gekommen, da sie pauschal mit dschihadistisch-terroristischen Kämpfern in Verbindung gebracht wurden. Der Staat ist in den zentralen Landesteilen derzeit nicht in der Lage, die öffentliche Ordnung zu garantieren und Übergriffe der Selbstschutzmilizen zu verhindern (AA 27.8.2019).
Als Reaktion auf die anhaltende Gewalt startete die Regierung im Dezember 2018 ein "beschleunigtes" Programm zur Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung (DDR) für das Zentrum des Landes. Sowohl dieser Prozess als auch eine Reihe von lokalen Friedensabkommen waren unzureichend, um die Gewalt zu unterdrücken (ACLED 6.6.2019). Im Juli 2019 wurde zwischen einem Dutzend bewaffneter Gruppierungen der Fulani und Dogon in den Regionen Mopti und Segou eine Übereinkunft zur Beendigung der gegenseitigen Feindseligkeiten unterzeichnet (F24 6.8.2019). Das Übereinkommen wird Stand Oktober 2019 eingehalten. Der langfristige Erfolg des Friedensabkommens ist jedoch abhängig davon, ob die weiterhin bestehenden zugrunde liegenden Konflikte um Wasser und Land friedlich gelöst werden können (SP 11.10.2019).
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.2.2019): Mali: Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mali-node/innenpolitik/208288, Zugriff 17.10.2019
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (6.9.2019): Mali: Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mali-node/malisicherheit/208258, Zugriff 21.10.2019
•ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (6.6.2019): Democracy Delayed: Parliamentary Elections and Insecurity in Mali, https://www.acleddata.com/2019/06/06/democracy-delayed-parliamentary-elections-and-insecurity-in-mali/, Zugriff 22.10.2019
•AJ – Al Jazeera (26.8.2019): Mali in crisis: The fight between the Dogon and Fulani, https://www.aljazeera.com/programmes/talktojazeera/inthefield/2019/08/mali-crisis-fight-dogon-fulani-190822125317990.html, Zugriff 22.10.2019
•F24 – France 24 (6.8.2019): Feuding ethnic groups in Central Mali sign ceasefire accord during PM's visit, https://www.france24.com/en/20190806-mali-ceasefire-accord-boubou-cisse-fulani-dogon, Zugriff 22.10.2019
•FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Mali, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/mali, Zugriff 18.10.2019
•HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Mali, https://www.ecoi.net/en/document/2002180.html, Zugriff 18.10.2019
•SP – Strategy Page (11.10.2019): Mali: Nothing Religious, Just Business, https://www.strategypage.com/qnd/mali/articles/20191011.aspx, Zugriff 22.10.2019
•Standard, der (13.6.2019): Das Massaker in Sobame Da sprengt in Mali die Grenzen des Erträglichen, https://www.derstandard.at/story/2000104739764/das-massaker-in-sobame-da-sprengt-in-mali-die-grenzen, Zugriff 22.10.2019
•Standard, der (15.10.2019): Tausende UN-Soldaten können Gewalt in Mali nicht stoppen, https://www.derstandard.at/story/2000109904504/internationales-engagement-in-mali-als-zweischneidiges-schwert?ref=article, Zugriff 22.10.2019
•Standard, der (2.11.2019): Islamisten töten in Mali 53 Soldaten und einen Zivilisten, https://www.derstandard.at/story/2000110609931/islamisten-toeten-in-mali-53-soldaten-und-einen-zivilisten, Zugriff 8.11.2019
•Standard, der (23.3.2019): Angriff auf Dorf in Mali: Mehr als 130 Zivilsten tot, https://www.derstandard.at/story/2000100102431/angriff-auf-dorf-in-mali-mehr-als-130-zivilsten-getoetet, Zugriff 22.10.2019
•Standard, der (8.11.2019): Westafrika wird wieder von Terror überzogen, https://www.derstandard.at/story/2000110798235/westafrika-wird-wieder-von-terror-ueberzogen, Zugriff 8.11.2019
•TASS – Russländische Nachrichtenagentur (ITAR-TASS) (1.11.2019): ? ???? 15 ?????? ????????????????? ????? ????? ? ???? ????????? ????????, https://tass.ru/mezhdunarodnaya-panorama/7073008, Zugriff 8.11.2019
Rechtsschutz / Justizwesen:
Die Verfassung und das Gesetz gewährleisten eine unabhängige Justiz, die Exekutive übt jedoch weiterhin Einfluss auf das Justizsystem aus (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019). Richter werden vom Präsidenten ernannt und der Justizminister überwacht die Sicherheitskräfte sowie Justizorgane.
Die Justizgrundrechte werden weitgehend gewährt (AA 27.8.2019; vgl. FH 4.2.2019). Die Verfassung gewährleistet ein faires Verfahren und die Justiz setzt diese Vorgabe zumeist um. Vor allem in ländlichen Gegenden ist der prompte Zugang zur Justiz aufgrund von administrativem Rückstau bzw. Mangel an Anwälten jedoch nicht immer gegeben. Gegen Urteile kann beim Berufungsgericht sowie beim Obersten Gerichtshof berufen werden (USDOS 13.3.2019).
Die Effizienz des Justizsystems ist mangelhaft (FH 4.2.2019). Die Justiz ist von Vernachlässigung und Misswirtschaft geplagt (HRW 17.1.2019). Hunderte von Häftlingen sind wegen der Unfähigkeit der Gerichte, Fälle angemessen zu bearbeiten, längere Zeit in Untersuchungshaft (HRW 17.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Die Justiz bemühte sich jedoch um eine Verbesserung ihres Fallmanagementsystems, erhöhte Anhörungen in Konfliktgebieten und verbesserte Haftbedingungen (HRW 17.1.2019). Angriffe auf Gerichtsbedienstete veranlasste einzelne Justizbedienstete, ihre Posten aufzugeben (FH 4.2.2019; vgl. HRW 17.1.2019).
Die Vertreter des Justizsystems sehen sich in der Öffentlichkeit allerdings vielfach Vorwürfen der Bestechlichkeit und der Günstlingswirtschaft ausgesetzt. Das Vertrauen vieler Bürger in die Polizei und Justiz ist als eher gering zu bewerten (GIZ 6.2019a). Aufgrund der weit verbreiteten Korruption kann Strafverfolgung und Strafzumessung von der eigenen wirtschaftlichen Fähigkeit zur Zahlung entsprechender Bestechungsgelder abhängen. Sippenhaft wird nicht praktiziert (AA 27.8.2019).
In den von bewaffneten Gruppierungen kontrollierten Landesteilen ist davon auszugehen, dass die Justizgrundrechte nicht gewahrt werden (AA 27.8.2019). Traditionelle Behörden wie Dorfchefs und von der Regierung ernannte Friedensrichter entscheiden im Großteil der Streitfälle in ländlichen Gegenden. Friedensrichter üben untersuchende, staatsanwaltliche und richterliche Funktionen aus. In der Praxis gewährleistet dieses System nicht dieselben Rechte wie zivile oder Strafgerichte (USDOS 13.3.2019).
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Mali, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/mali, Zugriff 18.10.2019
•GIZ – Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2019a): LIPortal Mali – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/mali/geschichte-staat/, Zugriff 17.10.2019
•HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Mali, https://www.ecoi.net/en/document/2002180.html, Zugriff 18.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
Sicherheitsbehörden:
Die Sicherheitsbehörden umfassen die nationale Polizei, die Armee (FAMA), die Nationale Gendarmerie, die Nationalgarde, und die Generaldirektion für Staatssicherheit (DGSE). Armee, Gendarmerie und Nationalgarde unterstehen dem Verteidigungsministerium, jedoch wird die operative Kontrolle von Gendarmerie und Nationalgarde mit dem Ministerium für Inneres und Bürgerschutz geteilt. Die Polizei ist für Gesetzesvollzug und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung in Städten verantwortlich, die Gendarmerie in ländlichen Gebieten (USDOS 13.3.2019). Staatsschutz und Polizei sind getrennt und arbeiten im Wesentlichen nur bei der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus zusammen (AA 27.8.2019).
Das Mandat der UN-Mission MINUSMA ist es, Sicherheit zu gewährleisten, Zivilisten zu schützen, Regierungskontrolle wiederherzustellen und den Sicherheitssektor wieder aufzubauen. Unter anderem werden weitreichende Patrouillen in den nördlichen Landesteilen durchgeführt. Im Rahmen der französischen Militäroperation Barkhane führen etwa 2.500 Soldaten gemeinsam mit der malischen Armee Anti-Terror-Operationen in Nordmali durch (USDOS 13.3.2019).
Der nationalen Polizei mangelt es an Ressourcen und Ausbildung (USDOS 13.3.2019). Korruption ist ein Problem, vor allem auch bei der Verkehrspolizei (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 27.8.2019). Zivilen Behörden mangelt es zeitweise an effektiver Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 13.3.2019). Vor allem in den zentralen Landesteilen gibt es viele Berichte über Fälle von Straffreiheit betreffend Angehörige der Sicherheitskräfte (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019), insbesondere bei vermehrt registrierten Menschenrechtsverletzungen im Zuge von Anti-Terror-Operationen (HRW 17.1.2019). Mechanismen zur Untersuchung von Fällen von Misshandlung durch oder Korruption von Sicherheitskräften sind üblicherweise ineffizient (USDOS 13.3.2019). Das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei ist gering (GIZ 6.2019a). Allerdings gibt es einen Trend zur Professionalisierung der Sicherheitskräfte und Militärpolizei ist vermehrt bei Militäroperationen anwesend, um Zivilisten zu schützen (HRW 17.1.2019)
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•GIZ – Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2019a): LIPortal Mali – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/mali/geschichte-staat/, Zugriff 17.10.2019
•HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Mali, https://www.ecoi.net/en/document/2002180.html, Zugriff 18.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
Folter und unmenschliche Behandlung:
Laut Verfassung sind Folter oder unmenschliche Behandlung verboten (USDOS 13.3.2019), es gibt jedoch Berichte, dass das Militär diese gegen Personen anwendet, die im Verdacht stehen, Verbindungen zur Ansar al-Dine, al-Murabitoun und der Macina Liberation Front zu haben (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019, HRW 17.1.2019, AA 27.8.2019). Ein Strafprozesssystem, das im Wesentlichen nur das Geständnis als Beweismittel kennt, lässt vermuten, dass die Sicherheitskräfte Praktiken anwenden, die nach modernem Menschenrechtsverständnis als Folter anzusehen sind (AA 27.8.2019).
Die malischen Sicherheitskräfte erhalten aufgrund der fragilen Sicherheitslage im Land verstärkt Ausbildungsunterstützung durch die internationale Gemeinschaft. Dabei spielen auch der Schutz der Grundrechte und das Verbot der Folter eine große Rolle (AA 27.8.2019).
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Mali, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/mali, Zugriff 18.10.2019
•HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Mali, https://www.ecoi.net/en/document/2002180.html, Zugriff 18.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
NGOs und Menschenrechtsaktivisten:
Im Süden des Landes werden politische Freiheiten nicht eingeschränkt, die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsverteidiger können sich frei artikulieren (AA 27.8.2019). Eine Reihe von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen agieren im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersuchen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 27.8.2019, FH 4.2.2019). Regierungsbeamte sind im Allgemeinen kooperativ und reagieren auf ihre Ansichten (USDOS 13.3.2019). Jedoch können große etablierte NGOs, die Verbindungen zur politischen Elite unterhalten, aufgrund ihres Einflusses kleinere und innovativere Gruppierungen im Wettbewerb um die Finanzierung verdrängen (FH 4.2.2019).
Im Norden und zunehmend auch in der Zentralregion Malis ist die freie Ausübung von zivilgesellschaftlichen Tätigkeiten durch terroristische und dschihadistische Gruppen stark eingeschränkt (AA 27.8.2019; vgl. FH 4.2.2019).
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Mali, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/mali, Zugriff 18.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
Ombudsmann:
Die Institution des Ombudsmannes wurde im Jahre 1997 gegründet. Der Ombudsmann wird vom Präsidenten für eine einmalige, nicht verlängerbare Amtszeit von sieben Jahren ernannt und hat als unabhängige Behörde das Mandat, Bürger bei Problemen mit der öffentlichen Verwaltung oder anderen Einrichtungen öffentlichen Rechts vermittelnd zu unterstützen (Dembele o.D.).
Die Nationale Menschenrechtskommission (Commission nationale des droits de l'homme - CNDH) ist eine unabhängige Institution, die vom Justizministerium finanziert wird. Andere Menschenrechtsorganisationen kritisierten die CNDH als ineffektiv und unautorisiert, da ihrer Meinung nach das Justizministerium zu viel Kontrolle über den CNDH-Haushalt habe und die große Mitgliederzahl der Kommission, zu der auch mehrere staatliche Vertreter gehörten, ihre Fähigkeit, ehrliche Kritik an der Regierung zu äußern, beeinträchtige (USDOS 13.3.2019).
Es gibt keine spezialisierte Ombudsstelle für Haftanstalten, Häftlinge können Beschwerden über die Nationale Menschenrechtskommission einbringen (USDOS 13.3.2019).
Quellen:
•Dembele, Boulaye (o.D.): The Ombudsman System in Mali: mediator of republic, https://www.academia.edu/38734945/The_Ombudsman_System_in_Mali, Zugriff 22.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
Wehrdienst und Rekrutierungen:
Die Streitkräfte Malis bestehen aus der Armee (Armée de Terre), der Luftwaffe (Force Aérienne de la République du Mali, FARM) und der Nationalgarde (Garde national du Mali). Das Mindestalter für den zwei Jahre dauernden Wehrdienst beträgt 18 Jahre (CIA 23.10.2019).
Gemäß Auswärtigem Amt ist die malische Armee eine Berufsarmee; Wehrpflicht besteht nicht (AA 27.8.2019). Gemäß CIA World Factbook wird der verpflichtende Wehrdienst selektiv angewandt (CIA 23.10.2019).
Militärdienst gilt vor dem Hintergrund der großen Arbeitslosigkeit als attraktiv. Zwangsrekrutierungen erfolgen bei der malischen Armee nicht. Fahnenflucht ist unter Strafe gestellt, bei Vorliegen besonderer Qualifikationsmerkmale („im Angesicht des Feindes“) mit dem Tode zu bestrafen. De facto findet in der Regel jedoch keine Strafverfolgung statt. Insbesondere Fahnenflüchtige, die sich bewaffneten Gruppierungen angeschlossen hatten, wurden in der Vergangenheit im Rahmen von Friedensprozessen regelmäßig wieder in die Armee aufgenommen, zuletzt mit einer größeren Reintegrationsankündigung für Deserteure im Frühjahr 2019 (AA 27.8.2019).
Es gibt Berichte über rechtswidrige Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten durch nicht staatliche bewaffnete Gruppen, von denen einige von der Regierung unterstützt werden (USDOS 13.3.2019).
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•CIA – Central Intelligence Agency (23.10.2019): The World Factbook – Mali, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ml.html, Zugriff 30.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
Allgemeine Menschenrechtslage:
Der Schutz der Menschenrechte ist in der malischen Verfassung verankert (AA 27.8.2019). Generell wurde Mali vor der aktuellen Krise die Achtung der Menschenrechte unter den Gegebenheiten der Armut bescheinigt. Presse- und Versammlungsfreiheit sind gewahrt. Gelegentlich kommt es zu Übergriffen der Polizei. Die Situation in den Gefängnissen ist infolge der Unterentwicklung des Landes problematisch. Ein Problem stellt der grenzüberschreitende Kinderhandel und die in Teilen Malis noch verbreitete vorkommende Sklaverei (“esclavage par ascendance”) dar (AA 20.2.2019).
Zu den Menschenrechtsproblemen gehören Berichte über rechtswidrige oder willkürliche Morde sowohl durch staatliche als auch durch nicht staatliche Akteure, das erzwungene Verschwinden durch Regierungskräfte, Folterungen durch Regierungskräfte, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, willkürliche Inhaftierung durch Regierungskräfte, rechtswidrige Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten durch nicht staatliche bewaffnete Gruppen, von denen einige von der Regierung unterstützt werden, strafrechtliche Verleumdung, Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung, Gewalt gegen Frauen und Kinder, die nur selten untersucht wird, und Menschenhandel. Behörden und Arbeitgeber missachten oft die Rechte der Arbeitnehmer, und ausbeuterische Arbeit, einschließlich Kinderarbeit, ist üblich. Die Regierung unternimmt wenig bis gar keine Anstrengungen, um Beamte zu ermitteln, zu verfolgen oder zu bestrafen, die Verstöße begangen haben, sei es in den Sicherheitskräften oder anderswo in der Verwaltung, und Straflosigkeit ist ein Problem (USDOS 13.3.2019).
Nach dem Putsch 2012 und der separatistischen Rebellion von Tuareg, mit einer Unabhängigkeitserklärung des Nordens, kam es insbesondere dort zu schweren Menschenrechtsverletzungen, wie Steinigungen oder das Abtrennen von Gliedmaßen in angeblicher Ausübung der Scharia-Rechtsprechung durch islamistisch-terroristische Gruppen, die den Norden Malis besetzten. Nach der Rückeroberung der Städte im Norden kam es zu vereinzelten Racheakten durch die malische Armee an Tuareg. In Folge der militärischen Auseinandersetzung zwischen bewaffneten Gruppen und malischen Sicherheitskräften in Kidal verübten Kämpfer der bewaffneten Gruppen im Mai 2014 schwere Menschenrechtsverstöße an Mitgliedern der zivilen Verwaltung in Kidal. Malische Medien berichten in jüngerer Zeit von verstärktem Vorgehen der malischen Sicherheitsbehörden gegen Vertreter der Volksgruppe der Fulani/Peulh im Zuge der Bekämpfung des Terrorismus in Zentralmali (AA 20.2.2019).
Trotz des Friedensabkommens von 2015 begehen Gruppen innerhalb und außerhalb der Friedensplattform schwere Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Massenhinrichtungen, Folter und Rekrutierung und Einsatz von Kindersoldaten. Extremistische Gruppen, darunter Mitglieder des islamischen Staates im Großraum Sahelzone und des Al-Kaida-Zweiges JNIM, entführen und töten Zivilisten und Militärangehörige, einschließlich Friedenstruppen. Die Regierung führt in Zusammenarbeit mit den französischen Streitkräften Anti-Terror-Operationen in Nord- und Zentralmali durch, um extremistische und bewaffnete Gruppenmitglieder festzunehmen, die der Begehung von Verbrechen beschuldigt wurden (USDOS 13.3.2019, vgl. HRW 17.1.2019).
Es gibt zahlreiche Berichte, wonach im Zuge des Konfliktes staatliche oder staatstreue Akteure willkürliche oder ungesetzliche Tötungen, Verschwindenlassen, Folter und willkürliche Verhaftungen durchgeführt hatten (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019).
Der Sicherheitsrat und der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, die Afrikanische Union und die Regionalorganisation ECOWAS haben Menschenrechtsbeobachter nach Mali entsandt. Der Internationale Strafgerichtshof führt nach Anrufung durch die der malischen Regierung aufgrund möglicher Völkerrechtsverbrechen sogenannte Vorermittlungen durch. Menschenrechte sind auch ein Teil der Ausbildung durch die Ausbildungsmission der für die malische Armee, EUTM Mali, sowie der zivilen Ausbildungsmission EUCAP Sahel Mali (AA 20.2.2019).
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (20.2.2019): Mali: Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/mali-node/innenpolitik/208288, Zugriff 17.10.2019
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Mali, https://www.ecoi.net/en/document/2002180.html, Zugriff 18.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
Haftbedingungen:
Die Haftbedingungen sind hart und lebensbedrohlich aufgrund von Überbelegung und unzureichenden hygienischen und medizinischen Bedingungen. Die Ernährung ist sowohl qualitativ als auch quantitativ unzureichend (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019). Nicht alle Gefangenen haben Zugang zu Trinkwasser. Stand Juli 2018 wurden 2.217 Gefangene in einer Einrichtung festgehalten, die für 400 Personen ausgelegt ist (USDOS 13.3.2019). Ein neues Gefängnis in Kenioroba, das für 2.500 Häftlinge nach internationalen Standards konzipiert wurde, ist in Bau (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019).
Die Häftlinge werden nach Geschlecht getrennt. Die Haftbedingungen sind in Frauengefängnissen besser als in denen für Männer. Die Behörden inhaftieren Untersuchungshäftlinge gemeinsam mit verurteilten Straftätern und können verhaftete Personen bis zu 72 Stunden lang in Polizeistationen festhalten, in denen es keinen separaten Aufenthaltsbereich für Männer, Frauen oder Kinder gibt (USDOS 13.3.2019).
Es gibt keine Ombudsperson für Haftanstalten. Die Behörden erlauben den Häftlingen jedoch, Beschwerden direkt oder über das Büro des Bürgerbeauftragten der Republik ohne Zensur an die Justizbehörden zu richten, um die Untersuchung glaubhafter Anschuldigungen wegen unmenschlicher Bedingungen zu beantragen. Wegen Analphabetismus und der Angst vor Vergeltung wird diese Möglichkeit jedoch nur selten wahrgenommen. Die Regierung erlaubt Besuche von Menschenrechtsbeobachtern und Menschenrechtsorganisationen in Haftanstalten. Die Regierung hat Maßnahmen ergriffen, um die Ausbildung der Mitarbeiter zu verbessern (USDOS 13.3.2019) und die Haftbedingungen haben sich im Jahr 2018 verbessert (HRW 17.1.2019; vgl. FH 4.2.2019).
Quellen:
•FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Mali, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/mali, Zugriff 18.10.2019
•HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Mali, https://www.ecoi.net/en/document/2002180.html, Zugriff 18.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
Todesstrafe:
Die Todesstrafe wird jährlich in mehreren Fällen verhängt (AA 27.8.2919; vgl. AI 4.2019). Sie kann verhängt werden bei Tötungsdelikten, Brandstiftung, Entführung, Hochverrat und Spionage. Seit über 30 Jahren wurde die Todesstrafe jedoch nicht mehr vollstreckt (AA 27.8.2019; vgl. AI 4.2019). Die letzte Exekution wurde 1980 durchgeführt (JA 20.10.2016). Verurteilte verbleiben in der Regel lebenslang in Haft. In Einzelfällen wurden sie auch vom Präsidenten begnadigt. Trotz des andauernden Moratoriums lehnen die Regierung und das Parlament die endgültige Abschaffung der Todesstrafe ab (AA 27.8.2019).
Quellen
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•AI – Amnesty International (4.2019): Death Sentences and Executions 2018, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5098702019ENGLISH.PDF, Zugriff 21.10.2019
•JA – Jeune Afrique (20.10.2016): Peine de mort au Mali: un châtiment applaudi dans les rues bamakoises, https://www.jeuneafrique.com/367140/societe/peine-de-mort-chatiment-applaudi-rues-bamakoises/, Zugriff 21.10.2019
Bewegungsfreiheit:
Die Verfassung sowie die Gesetze gewährleisten Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Die Regierung respektiert diese Rechte üblicherweise auch in der Praxis (USDOS 13.3.2019). Jedoch schränkt die Sicherheitslage insbesondere in den nördlichen und zentralen Landesteilen die Bewegungsfreiheit und die freie Wohnsitznahme ein (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).
Die Bevölkerung von Gao, Kidal, Timbuktu und Teilen von Mopti haben aus Sicherheitsgründen Bedenken, die Städte zu verlassen. Die Polizei führt routinemäßig Fahrzeugkontrollen durch, um Schmuggel zu unterbinden und die Fahrzeugzulassung zu überprüfen. Die Anzahl der polizeilichen Checkpoints bei den Zufahrtsstraßen nach Bamako wurde nach einem Anstieg terroristischer Angriffe im Land erhöht (USDOS 13.3.2019).
Im Süden des Landes wacht der Staat über die Einhaltung der Grundrechte und wird hier auch seiner Schutzaufgabe gerecht. D. h., Repressionen Dritter (Misshandlungen, Entführungen, Verhaftungen, psychische Gewalt oder sonstige willkürliche Handlungen) gegen bestimmte Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe werden vom Staat unterbunden und unter Strafe gestellt. Sie kommen in unter staatlicher Kontrolle stehenden Landesteilen so gut wie nicht vor. In den von bewaffneten Gruppen und islamistischen Terroristen dominierten Gebieten des Nordens besteht kein Schutz gegen derartige Repressalien. Die UN-Friedensmission MINUSMA hat die Aufgabe des Schutzes der Bevölkerung vor den Übergriffen bewaffneter Gruppen, kann dies aber vor dem Hintergrund der Größe des Raumes und der rigiden und komplexen sozialen Verhältnisse in Einzelfällen nicht gewährleisten (AA 27.8.2019).
Betroffene können Maßnahmen in den nicht staatlich kontrollierten Gebieten durch einen Umzug in Gebiete unter staatlicher Kontrolle entgehen, verlieren dort aber ihren Lebensunterhalt. Reisemöglichkeiten werden durch erhebliche Distanzen sowie klimatische und geographische Verhältnisse (Wüste im Norden) erschwert. Die Benutzung von Transportmitteln ist im Norden des Landes mit Anschlagsgefahren verbunden. Die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen erschweren es, dass einzelne Clanangehörige sich den Bedrohungen durch bewaffnete Gruppen praktisch entziehen können. In den Ausweichgebieten im Süden bestehen zivile und militärische Verwaltungsstrukturen. Die Ausweichmöglichkeiten werden tatsächlich wahrgenommen (AA 27.8.2019).
Der Hochkommissar für Flüchtlinge der Vereinten Nationen hingegen gibt an, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative für die Regionen Kayes, Bamako, sowie die südlichen cercles der Region Koulikoro nur sinnvoll ist, wenn die betreffende Person enge und starke Verbindungen dorthin hat (UNHCR 7.2019).
Quellen:
•AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (27.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Mali (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2015808/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Mali_%28Stand_Juli_2019%29%2C_27.08.2019.pdf, Zugriff 18.10.2019
•UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (7.2019): Position on Returns to Mali – Update II, https://www.ecoi.net/en/file/local/2013697/5d35ce9a4.pdf, Zugriff 21.10.2019
•USDOS – U.S. Department of State (13.3.2019): 2018 Country Reports on Human Rights Practices: Mali, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/03/Mali-2018.pdf, Zugriff 18.10.2019
IDPs und Flüchtlinge:
Die Vereinten Nationen berichteten per August 2018 über 61.404 Binnenvertriebene (IDPs) in Mali und 138.675 malische Flüchtlinge in den Nachbarländern. Der