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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §241 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Dr. G in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. September 1996, Zl. GA 9-1047/2/96, betreffend Stempelgebühren und Gebührenerhöhung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer überreichte am 19. Dezember 1995 ein Schreiben an die Bundespolizeidirektion Wien, in dem unter anderem ausgeführt wurde:
"Es liegt daher der begründete Verdacht nahe, daß der Beamte R geistig nicht mehr in der Lage ist, die volle Tragweite seines Handelns abzuschätzen und sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten. Es wird daher beantragt, den Beamten R bescheidmäßig zu verpflichten, sich einer medizinischen Überprüfung zu unterziehen.
...
Mein Führerschein geriet in Verlust, sodaß ein neuer beantragt werden muß. Ich stelle daher den Antrag, die Beamten des Verkehrsamtes Wien bescheidmäßig zu verpflichten, mir einen neu auszustellenden Führerschein unverzüglich auszufolgen. Gemäß § 3 DVG kommt mir Parteistellung zu, weil ich ein Recht auf Ausfolgung habe, das gleichzeitig eine Pflicht aus einem Dienstverhältnis bildet. Zwar halluzinierte der Beamte R, es läge Gefahr im Verzuge vor, wenn er den Bescheid vom 29.5.95 nicht zustellt, die erwartete Gefährdung trat aber seit dem 14.3.95 noch immer nicht ein, sodaß sich fragt, wo die Gefahr im Verzuge ist, wenn sie ohnehin im Verzuge ist.
...
Ich beantrage weiters die bescheidmäßige Feststellung, daß es keine Verwaltungsübertretung darstellt, daß ich weiterhin ein Kfz lenke."
In dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß es sich bei diesen drei Anträgen um drei Ansuchen handelt, die jedes für sich der Eingabengebühr im Sinne des § 14 TP 6 GebG unterliegen. Die belangte Behörde setzte die Eingabengebühr im Ausmaß von S 360,-- sowie gemäß § 9 Abs. 1 GebG eine Gebührenerhöhung im Betrag von S 180,-- fest. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, ein privates Interesse sei anzunehmen, wenn die Privatperson mit ihrem Schreiben irgendeinen ideellen oder materiellen Vorteil erreicht oder zu erreichen hofft. Es sei unerheblich, ob die Behörde auf die Eingabe hin tätig werde. Für jedes der oben wiedergegebenen Vorbringen sei im Sinne des § 12 GebG die Eingabengebühr festzusetzen. Die Gebührenerhöhung nach § 9 Abs. 1 GebG sei unabhängig davon zu entrichten, ob die "Nichtentrichtung" von Stempelgebühren auf ein Verschulden des Gebührenschuldners zurückzuführen ist.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht "auf die gesetzliche Gebührenbemessung" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 GebG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr von S 120,--.
Wird eine Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig in Stempelmarken entrichtet wurde, mit Bescheid festgesetzt, so ist - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 v.H. der verkürzten Gebühr zu erheben (§ 9 Abs. 1 GebG).
Der Beschwerdeführer verweist zunächst auf eine Literaturstelle (Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren5, 3), wonach die Rechtfertigung für die Einhebung der Stempel- und Rechtsgebühren darin gelegen sei, daß derjenige, welcher aus Anlaß der bei öffentlichen Behörden angeregten Behandlung von Privatangelegenheiten Ursache besonderer Kosten ist, auch einen besonderen Beitrag hiefür leisten soll. Mit seinen daran anschließenden weitwendigen Ausführungen übersieht der Beschwerdeführer zunächst, daß für die Erhebung einer Abgabe allein der im jeweiligen Abgabengesetz festgelegte Tatbestand maßgeblich ist, keineswegs aber die Motivation des historischen Gesetzgebers für die Schaffung des Tatbestandes. Dabei verkennt der Beschwerdeführer überdies, daß in der Gesetzespraxis mit dem Ausdruck "Gebühren" öffentlich-rechtliche Leistungen verschiedener Art bezeichnet werden, sodaß in jedem einzelnen Fall festgestellt werden muß, ob darunter Abgaben oder Gebühren im engeren Sinne - die als Entgelt für eine bestimmte Leistung anzusehen sind - gemeint sind (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1960, B 487/59, Slg. Nr. 3853). Der Abgabencharakter der im GebG 1957 geregelten Stempel- und Rechtsgebühren steht dabei im Hinblick auf ihre in den Finanzausgleichsgesetzen vorgenommene Qualifikation (vgl. zuletzt Art. II § 6 Z. 3 Finanzausgleichsgesetz 1993, BGBl. 30 bzw. Finanzausgleichsgesetz 1997, BGBl. 201/1996) als ausschließliche Bundesabgaben außer Zweifel (vgl. das zu den Gerichtsgebühren ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1984, Zl. 83/15/0079).
Soweit der Beschwerdeführer einwendet, die Verwaltungsbehörde sei auf das in Rede stehende Schriftstück hin nicht tätig geworden, so verkennt er, daß für die Gebührenpflicht einer Eingabe ohne Belang ist, ob die Gebühren durch tatsächliche Leistungen der Behörde gedeckt sind (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. März 1990, Zlen. 89/15/0006-0010).
Den Ausführungen des Beschwerdeführers über das Tatbestandsmerkmal des Privatinteresses ist zu entgegnen, daß ein Privatinteresse schon dann anzunehmen ist, wenn der Einschreiter bei Erfüllung des gestellten Begehrens irgendeinen ideellen oder materiellen Vorteil erreicht hat oder zu erreichen hoffte (vgl. schon das Erkenntnis vom 12. Februar 1962, Zl. 2134/61, Slg. Nr. 2589/F). Im Beschwerdefall kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der Beschwerdeführer mit seinem Ansuchen um Veranlassung einer medizinischen Untersuchung eines bestimmten Beamten eine Verbesserung seiner Parteistellung in einem Verfahren vor der Bundespolizeidirektion Wien zu erreichen versuchte. Damit lag aber dieses Ansuchen ebenso wie die beiden anderen im Zusammenhang mit der Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers gestellten Ansuchen ohne jeden Zweifel im Privatinteresse des Beschwerdeführers.
Schließlich gehen auch die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Gebührenerhöhung im Sinne des § 9 Abs. 1 GebG deswegen ins Leere, weil eine solche Gebührenerhöhung als eine objektive Rechtsfolge einer nicht vorschriftsmäßigen Entrichtung von Gebühren in Stempelmarken zwingend angeordnet ist (vgl. das Erkenntnis vom 19. März 1990, Zl. 89/15/0099).
Wenn der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinen Einwendungen gegen die Vorschreibung der Gebührenerhöhung einwendet, es bestehe seines Wissens keine gesetzliche Bestimmung, die eine allfällige Rückerstattung regeln würde, so übersieht er die Bestimmung des § 241 Abs. 2 BAO: Wurden Wertzeichen (Stempelmarken) in der Absicht verwendet, eine Abgabe zu entrichten, so ist nach dieser Bestimmung der entrichtete Betrag, soweit eine Abgabenschuld nicht besteht, von der zur Erhebung der Abgabe zuständigen Abgabenbehörde auf Antrag zurückzuzahlen. Ist also die Entstehung der Gebührenschuld - anders als im Beschwerdefall - tatsächlich zweifelhaft, so kann die objektive Rechtsfolge der Gebührenerhöhung jedenfalls dadurch vermieden werden, daß die feste Gebühr zunächst in Stempelmarken entrichtet wird (vgl. § 3 Abs. 2 GebG), sodann aber die Rechtmäßigkeit der Gebührenschuld in einem Verfahren über einen Antrag nach § 241 Abs. 2 BAO bestritten wird.
Die weiteren Behauptungen des Beschwerdeführers über das Vorliegen von Verfahrensmängeln gehen schließlich schon deswegen ins Leere, weil bei der dargestellten Sach- und Rechtslage nicht erkennbar ist, zu welchem anderen Bescheid die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensmängel hätte kommen können. Es erübrigte sich dabei auch, auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen, die in keinerlei Zusammenhang mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides gebracht werden können.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997160003.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
25.10.2016