TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/27 95/20/0695

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Veröffentlicht am 27.02.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. September 1995, Zl. 4.312.853/11-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste am 23. März 1991 in das Bundesgebiet ein und stellte am 26. März 1991 den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Anläßlich seiner am 30. März 1991 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich erfolgten niederschriftlichen Befragung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen (Punkt 17 der Niederschrift) an, er habe in der Türkei keiner politischen Organisation als Mitglied angehört und habe sich auch in keiner Weise politisch betätigt. Als Kurde und Alevite habe er in der Türkei jedoch immer in Angst und Furcht leben müssen. Kurden und Aleviten würden von der türkischen Bevölkerung verachtet und verspottet. Besonders schwer sei es für ihn gewesen, daß er als Kurde keine Arbeit habe finden können. Im übrigen fuhr er fort wie folgt:

"Im Jahre 1985 sind eines Nachts Mitglieder der PKK in mein Haus gekommen und haben zu essen und zu trinken verlangt. Da sie bewaffnet waren, habe ich ihnen auch etwas gegeben. Kaum waren sie weg, kamen die Soldaten und führten eine Razzia durch. Ich wurde festgenommen und auf das Wachzimmer C gebracht. Dort wurde ich 7 Tage festgehalten. Während dieser Zeit wurde ich heftig geschlagen und getreten. Ich wurde von den Soldaten so stark auf die rechte Handfläche geschlagen, daß zwei Mittelhandknochen gebrochen sind. Mir wurde von den Soldaten vorgeworfen, ein Terrorist zu sein bzw. die Terroristen zu unterstützen. Obwohl ich keine andere Möglichkeit hatte - die Terroristen waren ja bewaffnet - schlugen die Soldaten trotzdem auf mich ein.

Seit damals bin ich sehr oft, mindestens jede zweite Woche, auf das Wachzimmer von C gebracht worden. Ich wurde allerdings meist nur noch einen Tag festgehalten. Zuletzt wurde ich im Jänner 1991 2 Tage auf dem Wachzimmer festgehalten. Wie immer, wurde ich verhört, ob die Terroristen kommen, wer sie sind und was ich über sie weiß.

Man wollte auch wissen, ob ich ihnen wieder Nahrung gegeben habe. Natürlich habe ich dies immer bestritten, trotzdem sind die Soldaten immer wieder zu mir nach Hause gekommen und haben Frau und Kinder aus ihren Betten verjagt. Die Soldaten haben unser Essen gegessen und anschließend in unseren Betten geschlafen und wir mußten in der Ecke sitzen und zusehen.

Da es nicht nur mir, sondern auch meiner Frau und meinen Kindern so schlecht ergangen ist, habe ich mich entschlossen, die Türkei zu verlassen, um hier für meine Familie eine bessere Zukunft vorzubereiten. Dann möchte ich meine Familie nachkommen lassen."

Mit Formularbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Juni 1991 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Zuerkennung seiner Flüchtlingseigenschaft nicht erfülle. Ein Eingehen auf die von ihm geltend gemachten Fluchtgründe erfolgte in diesem Bescheid nicht.

In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer zunächst Begründungsmängel des bekämpften Bescheides geltend und führte in der Folge aus, er gehöre in der Türkei der kurdischen Minderheit an. Diese Tatsache stelle für ihn sehr wohl einen Grund für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dar. Die in seinem Erstbericht "diesbezüglich angeführte Aussage" sei von ihm "nie gemacht" worden. Wie bereits aus seinem Erstbericht ersichtlich sei, sei er in seiner Heimat auch Repressionen seitens der türkischen Armee ausgesetzt gewesen, wobei er auch zu körperlichem Schaden gekommen sei. Dieser fortwährende Terror habe ihn zur Flucht aus der Türkei veranlaßt. Dies stelle für ihn sehr wohl die Tatbestandsvoraussetzungen der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Er verwies darüber hinaus auf seine alevitische Religion, die ihm die Verachtung der Türken in seiner Heimat eintrage. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er Verfolgungen "seiner Freiheit und seines Lebens" von seiten der türkischen Sicherheitskräfte. Das Fortdauern seines Aufenthaltes in Österreich sichere ihm die Möglichkeit eines bescheidenen Lebens in Freiheit und Sicherheit.

Mit Bescheid vom 5. März 1993 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, Österreich gewähre dem Beschwerdeführer kein Asyl. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der von ihr in Anwendung gebrachten gesetzlichen Vorschriften begründete die belangte Behörde diesen Bescheid damit, die allgemeine Situation, in der sich die kurdische Bevölkerung in der Türkei befinde, genüge für sich allein für die Gewährung des Asyls nicht. Dazu bedürfe es einer gegen den Beschwerdeführer (Asylwerber) persönlich gerichteten Benachteiligung. Geschützte Rechtsgüter müßten durch bestimmte, gegen ihn persönlich gerichtete staatliche Maßnahmen oder durch die Androhung solcher Maßnahmen ernsthaft beeinträchtigt oder zumindest gefährdet gewesen sein. Das Sprachverbot, das allgemeine Mißtrauen, die polizeilichen Belästigungen und die allgemeinen Benachteiligungen träfen jedoch den Großteil der kurdischen Bevölkerung in der Türkei in ähnlicher Weise, richteten sich daher nicht speziell gegen den Beschwerdeführer. Im übrigen fehlte diesen Eingriffen die für die Asylgewährung notwendige Intensität. Dasselbe gelte auch für die vom Beschwerdeführer behauptete Arbeitslosigkeit bzw. die generell schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen, da diese lediglich Folgen der schlechten allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten und nicht als Verfolgung im Sinn des § 1 AsylG 1991 qualifizierbar seien. Der Schilderung der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Zwangslage, in welcher er und seine Familie sich zwischen der bewaffneten PKK und dem türkischen Militär befunden habe, hielt die belangte Behörde entgegen, es sei mit Sicherheit anzunehmen, daß der Beschwerdeführer, hätte er sich an die Behörden seines Heimatstaates gewandt, von diesen Schutz erhalten hätte, weil diese auf Grund der terroristischen Tätigkeit der PKK konkreten Aussagen nachgingen und den unter Druck Gesetzten Schutz böten. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Mißhandlungen anläßlich seiner Festnahmen und Vernehmungen qualifizierte die belangte Behörde lediglich als "Polizeiübergriffe", denen sowohl die asylrechtliche Intensität mangle als auch die Qualifikation als eine dem Staat zurechenbare, mit ernsten Nachteilen im Sinne des AsylG 1991 verbundene Verfolgung. Es habe sich vielmehr um "Routinevorkommnisse von geringer Eingriffsdauer" gehandelt, in deren Folge keine weiteren Nachteile erwachsen seien. Darüber hinaus fehle dieser Mißhandlung, die nach Angaben des Beschwerdeführers im Jahr 1985 erfolgt sein solle, der zeitliche Zusammenhang zu seiner Ausreise. Auch regelmäßige Festnahmen und Befragungen, aus denen keine nachteiligen Konsequenzen zu befürchten seien, könnten nicht als Verfolgung im Sinne des AsylG 1991 qualifiziert werden. Der in der Berufung vorgebrachten Vermutung des Beschwerdeführers, im Falle seiner Rückkehr sei sein Leben und seine Freiheit gefährdet, begegnete die belangte Behörde mit dem Argument, dies sei vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht worden, stelle vielmehr eine bloße Annahme seinerseits dar.

Infolge der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde hob der Verwaltungsgerichtshof mit seinem Erkenntnis vom 10. Oktober 1994, Zl. 94/20/0132, den bekämpften Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (auf Grund der Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 AsylG 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92,93/94) auf, sodaß das Berufungsverfahren wiederum bei der belangten Behörde anhängig wurde. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wurde mit dem Beschwerdeführer am 24. Februar 1995 eine ergänzende Niederschrift aufgenommen, in der er aufgefordert wurde, im Sinne des aufhebenden Erkenntnisses nunmehr auch einfache Verfahrensmängel geltend zu machen und daraus sich etwa ergebende Sachverhaltsänderungen zu relevieren. Gleichzeitig wurde ihm vorgehalten, er habe vor Einreise in das Bundesgebiet bereits in dem Durchreisestaat Ungarn Verfolgungssicherheit erlangt, wobei ihm eine Ablichtung des von UNHCR an das Deutsche Bundesverfassungsgericht erstellten "Gutachtens" vom 4. Juli 1994 ausgefolgt wurde, worin nach dem Inhalt des Protokolls sinngemäß festgestellt worden sei,

"daß in Ungarn faktisch lückenlose Abschiebungssicherheit für außereuropäische Flüchtlinge und Asylwerber besteht. Bis zur Finalisierung des Asylverfahrens bzw. im Falle seiner Anerkennung als Flüchtling genießt der Asylwerber Schutz vor Abschiebung in sein Heimatland".

Der Beschwerdeführer gab dazu vorerst keine Stellungnahme ab, erbat jedoch, eine solche schriftlich nachholen zu dürfen. Dies erfolgte mit Schriftsatz vom 10. März 1995 (bei der belangten Behörde eingelangt am 13. März 1995), in dem der Beschwerdeführer zunächst ausführlich auf die allgemeine Situation in der Kurdenregion, insbesondere in seinem Heimatdorf, detailliert einging, um sodann nach seine Familie betreffenden Ausführungen seine eigene Person betreffend fortzufahren, er selbst sei in besonderer Weise den Verfolgungen des türkischen Militärs ausgesetzt gewesen, die darin bestanden hätten, daß sein Haus seit 1985 regelmäßig durchsucht, er selbst immer wieder festgenommen und auf dem Wachzimmer verhört worden sei. Immer wieder sei ihm auch vorgeworfen worden, mit den Guerillas zusammenzuarbeiten, diese zu unterstützen, ihnen Nahrung zu geben, sie in sein Haus einzulassen und dgl. Zu diesen individuellen persönlichen Verfolgungen seien die allgemeinen Unterdrückungsmaßnahmen der Militärs, die sich gegen das gesamte Dorf gerichtet hätten, hinzugekommen. Besonders demoralisierend sei es gewesen, daß die Militärs der ohnedies unter bescheidensten Verhältnissen lebenden Zivilbevölkerung die karge Ernte wiederholt weggenommen hätten. Die Übergriffe der Militärstreitkräfte eskalierten, es seien immer mehr Todesopfer zu beklagen. Der Beschwerdeführer habe selbst keine Aussicht mehr gehabt, in absehbarer Zukunft mit seiner Familie in seiner Heimat ein menschenwürdiges Leben führen zu können. Er habe gefürchtet, wie sein Bruder, früher oder später, ermordet zu werden. Auf Grund der ständigen Verfolgungen sei eine normale zivile Lebensführung nicht möglich gewesen. Es hätten daher nur zwei Alternativen bestanden, entweder Selbstmord zu begehen oder ins Ausland zu flüchten. Von Verwandten sei er gedrängt worden, ins Ausland zu fliehen, diese hätten auch das dafür notwendige Geld beschafft. Darüber hinaus stellte der Beschwerdeführer nunmehr die Behauptung auf, anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung am 30. März 1991 sei von ihm auch von der Ermordung seines Bruders gesprochen worden, der Dolmetsch habe diese Mitteilung jedoch mit der Bemerkung abgetan, daß es nicht um die Familie des Beschwerdeführers, sondern lediglich um ihn persönlich und seine konkrete Verfolgung gehe. Deshalb enthalte die Niederschrift auch keinen Hinweis auf die Ermordung "des Berufungswerbers" (offenbar gemeint: des Bruders desselben). Im übrigen habe er auch anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung bereits die konkrete Lebenssituation der kurdischen Zivilbevölkerung in seinem Heimatdorf schildern wollen, die Organe der Vernehmungsbehörde hätten daran jedoch kein Interesse gezeigt, da dies nach ihrer Meinung für die Beurteilung der Flüchtlingseigenschaft unerheblich gewesen sei. Damit habe die Behörde erster Instanz aber gänzlich unterlassen, die den Beschwerdeführer individuell betreffenden Verfolgungsbedrohungen im Lichte der konkreten politischen Verhältnisse für ethnische, nicht assimilierte Kurden in der Türkei zu beurteilen. Insbesondere beantragte der Beschwerdeführer in seiner Berufungsergänzung, die belangte Behörde als Berufungsbehörde möge auf die weitere Eskalation der politischen Verhältnisse in der Türkei betreffend die Verfolgung der kurdischen Volksgruppe eingehen. Im übrigen bestritt der Beschwerdeführer in seiner Berufungsergänzung die Annahme der Verfolgungssicherheit in Ungarn, insbesondere unter Hinweis auf den Zeitpunkt seiner dortigen Durchreise (März 1991).

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die (ergänzte) Berufung des Beschwerdeführers neuerlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, Österreich gewähre ihm kein Asyl. Begründend verwies sie auf die Sachverhaltsdarstellung und die rechtliche Begründung ihres Bescheides vom 5. März 1993, und fügte dieser des weiteren die Annahme des Ausschließungsgrundes des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 infolge Eintritts der Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers im Staat seiner Durchreise (Ungarn) inhaltlich wortgleich mit ihrem Vorhalt vom 24. Februar 1995, den - angeblichen - Inhalt des "Gutachtens" des UNHCR vom 4. Juli 1994 betreffend, mit dem Hinweis an, der Beschwerdeführer habe auf die "einschlägige Annahme" der Verfolgungssicherheit "nichts Konkretes" seine Person Betreffendes entgegenzusetzen vermocht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerde ist zunächst zuzugeben, daß die Argumentation der belangten Behörde zur Begründung ihrer Annahme, der Beschwerdeführer habe bereits in Ungarn Verfolgungssicherheit im Sinn des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 erlangt, einer Überprüfung nicht standhält. Auch im vorliegenden Fall hat sich die belangte Behörde zur Begründung der von ihr angenommenen Verfolgungssicherheit auf ein - in Abschrift dem Akt angeschlossenes - "Gutachten" des UNHCR vom 4. Juli 1994 für das Bundesverfassungsgericht der Bundesrepublik Deutschland gestützt und hieraus die Feststellung einer "faktisch lückenlosen Abschiebungssicherheit für außereuropäische Flüchtlinge und Asylwerber" getroffen, obwohl eine solche den bezogenen Darstellungen des UNHCR in dieser generellen Form nicht zu entnehmen ist. Darüber hinaus ist es auch nicht schlüssig - wie dies auch bereits im hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0269, ausgesprochen wurde - aus diesem "Gutachten" vom Juli 1994 und den darin enthaltenen, gegenwartsbezogenen "Feststellungen" ohne nähere Begründung abzuleiten, der Beschwerdeführer sei in Ungarn auch schon im März 1991, dem Zeitpunkt seiner Durchreise, vor einer Ab- bzw. Rückschiebung in seinen Heimatstaat sicher gewesen. Da sich der Beschwerdeführer bereits in seiner Berufungsergänzung in diesem Sinne gegen die Annahme der Verfolgungssicherheit in Ungarn gewendet hat, ist unerfindlich, wie die belangte Behörde zu ihrem Schluß kommt, er habe in seiner Eingabe vom 10. März 1995 der Annahme der Verfolgungssicherheit "nichts Konkretes .... entgegenzusetzen" vermocht. Aus diesem Grunde erweist sich der angefochtene Bescheid insoweit, als er sich auf den Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 stützt, als rechtswidrig.

Für den Beschwerdeführer ist daraus aber nichts zu gewinnen. Die belangte Behörde hat nämlich auch - wenn auch lediglich durch Übernahme ihrer diesbezüglichen Begründung aus ihrem Bescheid vom 5. März 1993 im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG - die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers verneint. Insoweit sich der Beschwerdeführer in einer umfangreichen Darstellung der allgemeinen politischen Verhältnisse auf generelle Beeinträchtigungen und Diskriminierungen, denen alle alevitischen Kurden in Ostanatolien ausgesetzt sind, bezieht, vermag er die zutreffende und auch durch Judikaturzitate belegte Ansicht der Behörden des Verwaltungsverfahrens, diese Beeinträchtigungen und Diskriminierungen entsprächen nicht den Voraussetzungen des § 1 Z. 1 AsylG 1991, nicht zu erschüttern. Der Beschwerdeführer zitiert selbst zutreffend, daß die allgemeinen Verhältnisse lediglich im Rahmen einer Gesamtschau mit zu berücksichtigen sind, wenn ein Asylwerber (darüber hinaus) konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung erheblicher Intensität glaubhaft machen konnte. Daß auch weder Verhöre noch kurzfristige Festnahmen in der Regel die Annahme wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention rechtfertigen, entspricht ebenfalls ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch beispielsweise hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0487). Zutreffend ist auch die rechtliche Würdigung der einzigen vom Beschwerdeführer konkret behaupteten, ihn selbst individuell betreffenden möglichen Verfolgungshandlung, nämlich der Mißhandlung durch die Militärpolizei, erfolgte diese doch nach seinen eigenen Angaben bereits im Jahr 1985, weshalb zutreffend ein zeitlicher Zusammenhang zu seiner Flucht im Jahr 1991 nicht mehr hergestellt werden kann. Voraussetzung für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist aber die Glaubhaftmachung einer aktuellen, im Zeitpunkt der Flucht aufrecht bestehenden wohlbegründeten Furcht vor konkreter Verfolgung.

Kommt der Beschwerdeführer in der Beschwerde neuerlich darauf zurück, sein als PKK-Aktivist bekannt gewordenen Bruder sei 1985 vom Militär getötet worden, so läßt sich daraus nicht erkennen, was aus diesem Umstand für ihn selbst abgeleitet hätte werden können, fehlt doch jeglicher zeitliche Zusammenhang mit seiner Ausreise und auch jegliche Behauptung einer Übertragbarkeit auf seine politisch nicht auffällige Person.

Auch der in der Beschwerde wiederholte Verweis auf eine "Eskalation" der Verhältnisse im Heimatland des Beschwerdeführers vermag der Beschwerde in dieser Allgemeinheit ohne den notwendigen Bezug zur Person des Beschwerdeführers nicht zum gewünschten Erfolg zu verhelfen, da allgemeine - auch eskalierende - Verhältnisse lediglich im Rahmen einer Gesamtschau, nicht aber als Ersatz für ein geeignetes, dem Asylwerber selbst betreffendes Vorbringen, berücksichtigt werden können.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995200695.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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