Entscheidungsdatum
11.06.2021Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W200 2242418-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 30.04.2021, OB: 25495814500021, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 42 und 47 des Bundesbehindertengesetzes, BGBl. I Nr. 283/1990, idF BGBl. I Nr. 39/2013 iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 vH und stellte unter Vorlage von medizinischen Unterlagen am 19.02.2021 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ sowie auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO).
Das vom Sozialministeriumservice eingeholte Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Neurologie vom 08.04.2021, basierend auf einer Begutachtung am selben Tag, ergab Folgendes:
„Anamnese:
Subtotaler Mediateilinsult 10/2014
Die letzte Begutachtung aufgrund der Aktenlage erfolgte am 19.05.2015 mit Anerkennung von 60% GdB Dauerzustand für die Diagnose ‚Zustand nach Mediateilinsult 60%, Schrumpfniere rechts 20%‘.
Derzeitige Beschwerden:
Die AW kommt gehend ohne Hilfsmittel in Begleitung des LG und Vertretungsbefugter, sie seien mit dem Auto (AW Beifahrerin) gekommen. AW beantragt zusätzlich die Vornahme einer Zusatzeintragung (Parkausweis). Anamnese größtenteils mit dem LG wegen Aphasie.
AW kann Frage nach Namen, Alter und Datum nicht beantworten.
Die rechte Seite sei schlechter, weiters sei die Sprache schlecht. Sie sich weniger merken.
Spazieren gehen würde sie mit dem LG, nach ca 35 Meter müsse sie die erste Pause machen. Wenn sie alleine rausgehen würde, würde sie nicht nach Hause finden.
Logopädie hätte sie 2x/Woche (keine Bestätigung vorgelegt).
Fachärztlich betreut werde sie durch Dr. XXXX , die letzte Kontrolle wäre 2020 gewesen, einen Befund hätte sie nicht erhalten.
Im ADL Bereich sei sie bei der Körperhygiene auf Fremdhilfe angewiesen.
Der LG sei der Vetretungsbefugte, sie beziehe PG Stufe 2.
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel
Behandlungen: Logopädie 2x/Woche
Medikamente: Xarelto 20 mg 1x1, Sertralin 50 mg 1x1, Acemin 10 mg 1x1, Amlodipin 5 mg
1x1, Sortis 20 mg 1x1
Hilfsmittel: WC Sitzerhöhung (wegen Hüfte).
Sozialanamnese: Geschieden, wohne mit dem LG im 1. Stock ohne Lift. Keine Kinder. Beruf: Pension, davor Kellnerin
Nik: 0
Alk: 0
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Vertretungsbefugnis KH Hietzing, ausgestellt 20.11.2014
Subtotaler Mediainsult 16.10.2014
Mitgebrachter Befund: Medikamentenliste Dr. XXXX , Ärztin für AM, 06.04.2021
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: Gut Ernährungszustand: Gut
Größe: 174,00 cm Gewicht: 71,00 kg Blutdruck:
Klinischer Status – Fachstatus:
Neurologischer Status gemäß COVID-19 Regelung:
wach, kein Meningismus
Caput: Spur reduzierte Nasolabialfalte rechts, übrige HN unauffällig.
OE: Rechtshändigkeit, Trophik unauffällig, Tonus unauffällig, grobe Kraft proximal und distal 5/5 links, rechts KG 5-, Vorhalteversuch der Arme: unauffällig, Finger-Nase-Versuch: soweit verwertbar keine Ataxie, MER (RPR, BSR, TSR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Bradydiadochokinese rechts, Pyramidenzeichen negativ.
UE: Trophik unauffällig, Tonus seitengleich unauffällig, keine höhergradigen Paresen, Positionsversuch der Beine: unauffällig, Knie-Hacke-Versuch: keine Ataxie, MER (PSR, ASR) seitengleich rechtsbetont mittellebhaft auslösbar, Pyramidenzeichen negativ.
Sensibilität: nicht sicher verwertbar. Sprache: einfache Aufforderungen werden verstanden, KHV nach Vorzeigen verstanden, gemischte Aphasie, einzelne Wörter werden korrekt eingesetzt.
Romberg: unauffällig
Unterberger: kurz möglich
Fersen- und Zehengang: unauffällig.
Gesamtmobilität – Gangbild:
Mobilitätsstatus: Gangbild: sicher und mittelschrittig ohne Hilfsmittel, Standvermögen: sicher, prompter Lagewechsel. LG zieht Schuhe aus und an.
Kein Führerschein vorhanden
Status Psychicus:
wach, Rest bei gemischter Aphasie nicht prüfbar.
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd.
Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
1
Zustand nach Mediateilinsult 10/2014
2
Schrumpfniere rechts
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten: Verglichen mit dem Vorgutachten von 05/2015: Leiden 1 und 2 werden unverändert übernommen, keine wesentliche Änderung des Gesamtzustandes.
[…] Dauerzustand. […]
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine. Die Grunderkrankung führt zwar zu einer Einschränkung der Gehstrecke, das objektivierbare Ausmaß des Defizits kann jedoch eine maßgebliche Erschwernis der Erreichbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel nicht ausreichend begründen. Kurze Wegstrecken von etwa 300 bis 400 m können aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung, allenfalls unter Verwendung einer einfachen Gehhilfe zurückgelegt werden. Das Ausmaß der Aphasie ist ohne aktuellen logopädischen Bericht nicht korrekt einschätzbar, einfache Aufforderungen werden im Rahmen der Untersuchung verstanden, ebenso werden einzelne Wörter korrekt verwendet (wie z.B. bei der Verabschiedung). Aktuelle neurologische Befunde werden nicht vorgelegt. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Antragstellers sind ausreichend. Niveauunterschiede können überwunden werden, da die Beugefunktion im Bereich der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ausreichend ist und das sichere Ein- und Aussteigen gewährleistet sind. Bei genügender Funktionsfähigkeit der linken oberen Extremitäten ist das Festhalten beim Ein- und Aussteigen sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich anzuhalten, genügend, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die beantragte Zusatzeintragung kann gutachterlicherseits nicht empfohlen werden.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein […]“
In der Stellungnahme im gewährten Parteiengehör führte der im Spruch ausgewiesene Vertreter der Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass der neurologische Befund ein Sprach- und Denkproblem ergeben hätte, das sich nicht mehr korrigieren und nur durch Logopädietraining bei Frau XXXX (2x die Woche) verbessern ließe. Er reiche nunmehr eine entsprechende Bestätigung nach. Die Praxis befinde sich an einem Ort, wo es nur wenige Parkplätze gäbe und sie oft 20 Minuten für den Weg zur Praxis gehen und rasten müssten, da sie nicht auf dem Behindertenparkplatz parken dürften. Die Beschwerdeführerin könne nur ca. 30 – 40 m in einem durchgehen und müsse danach rasten. Zudem sei die nächste Busstation 510 m von ihrer Wohnadresse entfernt und könne sie diese Strecke selbst mit Hilfe nicht gehen.
Die aufgrund dieses Vorbringens vom Sozialministeriumservice eingeholte Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie vom 29.04.2021 ergab Folgendes:
„Antwort(en):
Die AW ist mit dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens (siehe GA vom 08.04.2021) nicht einverstanden und erhebt vertreten durch den Vertretungsbefugten Hr. XXXX am 27.04.2021 Einspruch im Rahmen des Parteiengehörs. (…)
Es wird ein neuer Befund vorgelegt:
XXXX , Logopädin, 26.04.2021
Hiermit bestätige ich Frau XXXX ., geb. am XXXX , dass sie seit April 2015, zweimal wöchentlich, mit kurzen Unterbrechungen (Urlaub, Krankheit), zu mir zur logopädischen Behandlung kommt!
Maßgeblich für die Einstufung behinderungsrelevanter Leiden sind anhand der klinischen Untersuchung objektivierbare Funktionseinschränkungen unter Beachtung sämtlicher vorgelegter Befunde. Dabei konnte eine Funktionseinschränkung mäßigen Grades im Rahmen der Grunderkrankung festgestellt werden (siehe dazu auch Neurologischer Status vom GA).
Im Rahmen der klinischen Untersuchung stellten sich ein guter Allgemeinzustand und ein guter Ernährungszustand dar. Erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke der oberen und unteren Extremitäten lagen nicht vor. Greif- und Haltefunktion beidseits insgesamt gegeben. Das Gangbild stellte sich ohne Verwendung von Hilfsmitteln sicher und mittelschrittig dar.
Es wurde im Rahmen der Untersuchung insgesamt eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung objektiviert und bestätigt. Zusammenfassend ist die Mobilität aber für das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung ausreichend; das Überwinden von Niveauunterschieden, das Be- und Entsteigen sind nicht auf erhebliche Weise erschwert. Insgesamt ist daher, unter Berücksichtigung der objektivierbaren Funktionsdefizite, eine erhebliche Erschwernis der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar.
Dem nachgereichten logopädischen Befund ist das genaue Ausmaß der Aphasie nicht zu entnehmen, im Rahmen der klinisch-neurologischen Untersuchungen wurden einfache Aufforderungen verstanden, und auch einzelne Wörter korrekt verwendet.
Aktuelle neurologische Befunde werden nicht nachgereicht.
Einwendungen bezüglich der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund lokaler Begebenheiten können zur Beurteilung nicht herangezogen werden.
Eine maßgebliche Verschlechterung des logopädischen Zustandes aus dem übermittelten Befund ist nicht ableitbar ist, passagere Verschlechterungen sind im Rahmen des undulierenden Verlaufs der Grunderkrankung aber bereits in der gewählten Position berücksichtigt worden, somit ergibt sich insgesamt keine Änderung.
Nach nochmaliger Durchsicht sämtlicher Befunde, des Untersuchungsergebnisses und der im Beschwerdeschreiben vom 27.04.2021 angeführten Einwendungen wird die Vornahme einer Zusatzeintragung (Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) nicht empfohlen.“
Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des Sozialministeriumservice vom 30.04.2021 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde auf das eingeholte Gutachten vom 08.04.2021 sowie die Stellungnahme vom 29.04.2021 verwiesen, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorlägen. Daher könne auch kein Parkausweis ausgestellt werden.
Die Beschwerdeführerin erhob dagegen fristgerecht Beschwerde, machte jedoch keine neuen Ausführungen zu ihrem Gesundheitszustand und übermittelte auch keine neuen Unterlagen. Es wurde ausgeführt, dass es ihr aufgrund ihres hohen Alters und beiderseitiger künstlicher Hüftgelenke - egal ob mit oder ohne Hilfe - unmöglich sei, längere Strecken von 300 – 400 m zurückzulegen. Zudem könne sie nach ihrem Schlaganfall 2014 einfache Wort und Phrasen sagen. Sie könne aber nie ohne fremde Hilfe nach Hause finden. Bei den diversen Ordinationen gäbe es zudem nur wenige Parkplätze.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 60 von Hundert.
1.2. Der Beschwerdeführerin ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.
1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:
Klinischer Status - Fachstatus:
Neurologischer Status gemäß COVID-19 Regelung: wach, kein Meningismus.
Caput: Spur reduzierte Nasolabialfalte rechts, übrige HN unauffällig.
Obere Extremitäten: Rechtshändigkeit, Trophik unauffällig, Tonus unauffällig, grobe Kraft proximal und distal 5/5 links, rechts KG 5-, Vorhalteversuch der Arme: unauffällig, Finger-Nase-Versuch: soweit verwertbar keine Ataxie, MER (RPR, BSR, TSR) seitengleich mittellebhaft auslösbar, Bradydiadochokinese rechts, Pyramidenzeichen negativ.
Untere Extremitäten: Trophik unauffällig, Tonus seitengleich unauffällig, keine höhergradigen Paresen, Positionsversuch der Beine: unauffällig, Knie-Hacke-Versuch: keine Ataxie, MER (PSR, ASR) seitengleich rechtsbetont mittellebhaft auslösbar, Pyramidenzeichen negativ.
Sensibilität: nicht sicher verwertbar.
Romberg: unauffällig.
Unterberger: kurz möglich.
Fersen- und Zehengang: unauffällig.
Sprache: einfache Aufforderungen werden verstanden, KHV nach Vorzeigen verstanden, gemischte Aphasie, einzelne Wörter werden korrekt eingesetzt.
Gesamtmobilität - Gangbild: sicher und mittelschrittig ohne Hilfsmittel, Standvermögen: sicher, prompter Lagewechsel. Lebensgefährte zieht Schuhe aus und an. Kein Führerschein vorhanden.
Status Psychicus: wach, Rest bei gemischter Aphasie nicht prüfbar.
Funktionseinschränkungen:
Zustand nach Mediateilinsult 10/2014; Schrumpfniere rechts.
1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:
Die körperliche Belastbarkeit ist ausreichend vorhanden. Es liegen auch keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vor. Die Beschwerdeführerin kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen und eine kurze Wegstrecke (ca. 300 - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurücklegen.
Zwar liegen ein Zustand nach Mediateilinsult 10/2014 und eine Schrumpfniere rechts vor, die eine mäßiggradige Funktionseinschränkung im Rahmen der Grunderkrankung bewirken. Diese Reduktion bewirkt jedoch unter Berücksichtigung der objektivierbaren Ausprägung keine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich – auch im Zusammenwirken – nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Der festgestellte Bewegungsumfang ist ausreichend, um Stufen zu überwinden und kurze Gehstrecken zurückzulegen. Es besteht keine erhebliche Einschränkung der Mobilität durch die festgestellten Funktionseinschränkungen. Es sind keine Behelfe erforderlich, die das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung unter Verwendung von Ausstiegshilfen und Haltegriffen in einem öffentlichen Verkehrsmittel wesentlich beeinträchtigen. Es besteht auch keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit.
Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist ausreichend möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit der Beschwerdeführerin sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend. Die allfällige Verwendung eines Hilfsmittels zur Fortbewegung außer Haus ist zumutbar.
Bei der Beschwerdeführerin liegen auch keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, die das Zurücklegen einer angemessenen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel beeinträchtigen.
Es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.
2. Beweiswürdigung:
Zur Klärung des Sachverhaltes war von der belangten Behörde ein neurologisches Sachverständigengutachten vom 08.04.2021 eingeholt worden. Im vorzitierten Gutachten wurde der Zustand der Beschwerdeführerin im Detail dargelegt und kein Hindernis für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Aufgrund der Stellungnahme des ausgewiesenen Vertreters der Beschwerdeführerin vom 27.04.2021 im Rahmen des gewährten Parteiengehör hierzu und der neu vorgelegten Unterlagen wurde eine Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie vom 29.04.2021 eingeholt. Die festgestellten Leiden führen laut Stellungnahme dennoch nachvollziehbar nicht zu Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten, die die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken sowie zu keiner erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bzw. einer Sinnesbeeinträchtigung. Insbesondere wurden auch alle vorgelegten Unterlagen einer Beurteilung unterzogen und die vorliegenden Leiden mitberücksichtigt.
Demnach liegen zwar ein Zustand nach Mediateilinsult 10/2014 und eine Schrumpfniere rechts vor, die eine mäßiggradige Bewegungseinschränkung bewirken. Diese Reduktion bewirkt jedoch unter Berücksichtigung der objektivierbaren Ausprägung keine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel. Es liegen keine erheblichen Einschränkungen der Extremitäten vor. Das Überwinden üblicher Niveauunterschiede ist zumutbar, der sichere Transport ist möglich. Niveauunterschiede können überwunden werden, da keine erheblichen funktionellen Einschränkungen der Gelenke der oberen und unteren Extremitäten vorliegen und die Greif- und Haltefunktion beidseits insgesamt gegeben sind. Bei genügender Funktionsfähigkeit der oberen Extremitäten ist das Festhalten beim Ein- und Aussteigen sowie die Möglichkeit, Haltegriffe zu erreichen und sich anzuhalten, ausreichend gegeben. Der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar.
Es sind keine Behelfe erforderlich, die das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung unter Verwendung von Ausstiegshilfen und Haltegriffen in einem öffentlichen Verkehrsmittel wesentlich beeinträchtigen. Es besteht auch keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit.
Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bzw. psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor und auch keine schwere Erkrankung des Immunsystems. Es bestehen auch keine wesentlichen kardiopulmologischen Einschränkungen.
Dem nachgereichten logopädischen Befund ist das genaue Ausmaß der Aphasie nicht zu entnehmen, im Rahmen der klinisch-neurologischen Untersuchungen wurden einfache Aufforderungen verstanden und auch einzelne Wörter korrekt verwendet. Aktuelle neurologische Befunde wurden nicht nachgereicht. Eine maßgebliche Verschlechterung des logopädischen Zustandes ist nicht ableitbar, passagere Verschlechterungen sind im Rahmen des undulierenden Verlaufs der Grunderkrankung auch bereits in der gewählten Position berücksichtigt worden. Somit ergibt sich keine Änderung aufgrund der eingebrachten Stellungnahme. Dies stellt auch keinen ausreichenden Grund für eine erhebliche Einschränkung der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel dar. Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich – auch im Zusammenwirken – nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus.
Insgesamt liegt somit keine erhebliche Erschwernis der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor.
Zum Beschwerdevorbringen, wonach die Beschwerdeführerin keineswegs eine Strecke von 300 – 400 m zurücklegen könnte, ist festzuhalten, dass sich dies aus dem eingeholten Gutachten samt Stellungnahme keineswegs ergibt und die Beschwerdeführerin in der Beschwerde auch keine weiteren Befunde vorgelegt hat. Vielmehr ergibt sich aus dem eingeholten Gutachten samt Stellungnahme, unter Zugrundelegung der geschilderten Leiden der Beschwerdeführerin unzweifelhaft, dass sie eine kurze Wegstrecke (ca. 300 - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurücklegen kann.
Es gibt, wie bereits dargelegt, auch keinen Hinweis für das Vorliegen erheblicher Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen, da dem nachgereichten logopädischen Befund das genaue Ausmaß der Aphasie nicht zu entnehmen ist und im Rahmen der klinisch-neurologischen Untersuchungen einfache Aufforderungen verstanden und auch einzelne Wörter korrekt verwendet wurden. Aktuelle neurologische Befunde wurden nicht nachgereicht. Eine maßgebliche Verschlechterung des logopädischen Zustandes ist nicht ableitbar, passagere Verschlechterungen sind im Rahmen des undulierenden Verlaufs der Grunderkrankung zudem auch bereits in der gewählten Position berücksichtigt worden.
Zum Vorbringen, wonach die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Leiden und Leistungsfähigkeit nicht in der Lage wäre, eine Haltestelle aus eigener Kraft zu erreichen (da die nächste Haltestelle 500 m von der Wohnung entfernt sei bzw. es wenige Parkplätze bei den Ordinationen gäbe), wird auf das Erkenntnis des VwGH vom 27.05.2014, Ro 2014/11/0013 verwiesen:
Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel kommt es entscheidend auf die Art und Schwere der dauernden Gesundheitsschädigung und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel an, nicht aber auf andere Umstände wie die Entfernung zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle öffentlicher Verkehrsmittel (Hinweis E vom 22. Oktober 2002, 2001/11/0258).
Das Beschwerdevorbringen war sohin nicht geeignet, das eingeholte Sachverständigengutachten samt Stellungnahme in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte für eine Befangenheit der Sachverständigen liegen nicht vor.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens. Dieses samt Stellungnahme wurden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).
Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:
Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 ist die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d
vorliegen.
Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 wird ausgeführt:
Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ sind Funktionseinschränkungen relevant, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m anzunehmen.
Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin ist nicht ausreichend.
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)
Bei der Beschwerdeführerin liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, die das Zurücklegen einer angemessenen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel beeinträchtigen. Es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.
Die allfällige Verwendung eines Hilfsmittels zur Fortbewegung außer Haus (Schuheinlagen, Gehstock, Stützkrücke, orthopädische Schuhe) ist - da die Funktionalität der oberen Extremitäten bei der Beschwerdeführerin ausreichend gegeben ist - zumutbar und bedingt kein relevantes Hindernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.
Es ist bei der Beschwerdeführerin von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates auszugehen, die vorgebrachte Einschränkung der Gehstrecke konnte nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschwert.
Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist einwandfrei möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit der Beschwerdeführerin sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend.
Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar." rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.
Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass in weiterer Folge auch nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO vorliegen, zumal die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenpass nach dem Bundesbehindertengesetz Voraussetzung für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO ist.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)
Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG)
Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Zur Klärung des Sachverhaltes waren von der belangten Behörde ein neurologisches Sachverständigengutachten vom 08.04.2021 und eine Stellungnahme vom 29.04.2021 eingeholt worden. In dem vorzitierten Gutachten samt Stellungnahme wurde der Zustand der Beschwerdeführerin im Detail dargelegt und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen – konkret das Nichtvorliegen erheblicher Funktionseinschränkungen – für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung festgestellt.
Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde das Sachverständigengutachten samt Stellungnahme als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der Beschwerdeführerin mündlich zu erörtern gewesen wäre – wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorliegt, und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Eine solche wurde auch nicht beantragt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W200.2242418.1.00Im RIS seit
16.08.2021Zuletzt aktualisiert am
16.08.2021