TE Bvwg Beschluss 2021/6/14 W240 2115913-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.06.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66
VwGVG §7 Abs4
ZustG §17
ZustG §22

Spruch


W240 2115913-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX , StA. Nordmazedonien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.03.2021, Zl. 1067014210/161306817, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführtem, der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 12.03.2021 zugestellten – eine Rechtmittelbelehrung in mazedonischer Sprache aufweisenden – Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), wurde diese Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 FPG iVm. § 55 Abs. 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.), und ihr gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt (Spruchpunkt II.).

2. Mit per E-Mail am 12.04.2021 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid.

Darin wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin „in der gesetzlich vorgesehenen Frist“ bitte, dass ihre Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht vorgelegt werde. Somit stelle sie einen Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 15.02.2021 („abgehoben“ am 25.03.2021). Als Beweismittel lege sie Zeugnisse vor, aus denen ersichtlich sei, dass sie eine österreichische Schule besucht habe, einen Beschluss eines Bezirksgerichtes bezüglich ihrer Obsorge sowie ihre Stellungnahme vom 05.03.2021. Sie ersuche um eine gerichtliche Verhandlung in welcher über ihr „humanitäres Visum“ entschieden werden solle. Weshalb sie dies wolle, sei aus ihrer Stellungnahme vom 05.03.2021 ersichtlich.

3. Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) vom BFA am 15.04.2020 vorgelegt und langten am 19.04.2021 ein.

4. Im Rahmen eines Parteiengehörs vom 26.04.2021, Zl. W240 2115913-3/3Z, wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, zur verspätet eingebrachten Beschwerde Stellung zu nehmen.

Dieser verfahrensleitende Beschluss wurde der Beschwerdeführerin zu eigenen Handen am 30.04.2021 zugstellt.

5. Die Beschwerdeführerin brachte innerhalb der eingeräumten Frist und bis dato keine Stellungnahme beim BVwG ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der – eine Rechtsmittelbelehrung in deutscher und mazedonischer Sprache aufweisende – im Spruch genannte Bescheid des BFA, wurde nach erfolgtem Zustellversuch durch ein Postorgan am 11.03.2021 an der damals aufrechten Meldeadresse der Beschwerdeführerin, bei einer Postfiliale hinterlegt und zur Abholung ab dem nächsten Tag, 12.03.2021, bereitgehalten. Die Beschwerdeführerin wurde durch eine in die Abgabeneinrichtung abgelegte Benachrichtigung über die Zustellung durch Hinterlegung in Kenntnis gesetzt.

1.2. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Zustellung bzw. Hinterlegung von der Abgabestelle abwesend war.

1.3. Die Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt der Zustellung nicht vertreten.

1.4. Die Beschwerdeführerin wurde durch das BVwG mit am 30.04.2021 zu eigenen Handen zugestellten verfahrensleitenden Beschluss, GZ.: W240 2115913-3/3Z, vom 26.04.2021, über die offensichtliche Verspätung ihrer Beschwerde in Kenntnis gesetzt und zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Die Beschwerdeführerin hat bis dato keine Stellungnahme abgegeben.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestritten gebliebenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Einem im Akt einliegenden Rückschein (vgl. VwGH 23.11.2016, 2013/05/0175: hinsichtlich einem solchen zukommendem Beweiswert einer Urkunde) kann der erfolgte Zustellversuch am 11.03.2021 an der aufrechten Meldeadresse der Beschwerdeführerin, die Hinterlegung und Bereithaltung des angefochtenen Bescheides zur Abholung ab dem 12.03.2021 sowie die erfolgte Einlegung einer entsprechenden Verständigung in die Abgabeeinrichtung der Beschwerdeführerin, entnommen werden (siehe Verständigung der Hinterlegung AS 341), zudem wurde dieser Feststellung nie in substantiierter Weise widersprochen.

Die Beschwerdeführerin war damals sowie bis dato an dieser Adresse gemeldet, diese Feststellung beruht auf die Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister. Dass nicht festgestellt werden konnte, die Beschwerdeführerin sei zum Zustellzeitpunkt von der Abgabestelle abwesend gewesen, beruht auf dem Umstand der Nichtbehauptung einer allfälligen Abwesenheit durch die Beschwerdeführerin.

Auch das Bestehen einer Vertretungsvollmacht zum Zeitpunkt der Zustellung wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet bzw. liegen auch keine das Bestehen einer Vollmacht im besagten Zeitpunkt belegenden Unterlagen vor.

Eine Ausfertigung des oben zitierten verfahrensleitenden Beschlusses (Verspätungsvorhalt) wurde der Beschwerdeführerin zu eignen Handen an ihre Meldeadresse zugestellt. Das ergibt sich aus der im Akt auffliegenden Übernahmebestätigung vom 30.04.2021.

Letztlich ist bis dato keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin beim BVwG eingegangen.

Hinzuweisen ist zudem darauf, dass die Beschwerdeführerin in der Beschwerde vom 12.04.2021 keine Ausführungen oder Hinweise zur Verspätung tätigte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung:

3.1.1. Der mit „Hinterlegung“ betitelte § 17 ZustG lautet:

„§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“

Der mit „Zustellnachweis“ betitelte § 22 ZustG lautet:

„§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

(3) An die Stelle der Übersendung des Zustellnachweises kann die elektronische Übermittlung einer Kopie des Zustellnachweises oder der sich daraus ergebenden Daten treten, wenn die Behörde dies nicht durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellnachweis ausgeschlossen hat. Das Original des Zustellnachweises ist mindestens fünf Jahre nach Übermittlung aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen unverzüglich zu übersenden.

(4) Liegen die technischen Voraussetzungen dafür vor, so kann die Beurkundung der Zustellung auch elektronisch erfolgen. In diesem Fall hat der Übernehmer auf einer technischen Vorrichtung zu unterschreiben; an die Stelle der Unterschriftsleistung kann auch die Identifikation und Authentifizierung mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) treten. Die die Beurkundung der Zustellung betreffenden Daten sind dem Absender unverzüglich zu übermitteln.“

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Bescheidbeschwerde) vier Wochen, und beginnt diese gemäß Abs. 4 Z 1 leg. cit, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung.

3.1.2. Am 11.03.2021 wurde ein Zustellversuch des im Spruch genannten Bescheides des BFA durch ein Postorgan an die aufrechte Meldeadresse der Beschwerdeführerin vorgenommen und der besagte Bescheid letztlich beim nächstgelegenen Postamt zur Abholung beginnend mit 12.03.2021 hinterlegt. Eine diesbezügliche Verständigung wurde an der Abgabestelle hinterlassen.

In Ermangelung der Bescheinigung einer Abwesenheit der Beschwerdeführerin von der Abgabestelle wurde der besagte Bescheid der Beschwerdeführerin sohin mängelfrei gemäß
§ 17 Abs. 3 zweiter und dritter Satz ZustG am 12.03.2021 zugestellt (vgl VwGH 23.11.2016, 2013/05/0175: wonach es für die Wirksamkeit der Zustellung ohne Belang sei, ob die Verständigung von der Hinterlegung in der Folge tatsächlich zugekommen ist oder nicht).

Ausgehend davon, dass der bekämpfte Bescheid auch eine korrekte Rechtsmittelbelehrung enthielt, hat der Lauf der vierwöchigen Beschwerdefrist nach Maßgabe der §§ 32 und 33 AVG iVm. § 17 VwGVG am Freitag, den 12.03.2021 begonnen und mit Ablauf des Freitags, des 09.04.2021, geendet. Die von der BF an das BFA übermittelte Beschwerde wurde allerdings erst am Montag, 12.04.2021 per E-Mail beim BFA eingebracht und somit nach Ablauf der gesetzlichen Beschwerdefrist erhoben.

Die Beschwerdeführerin wurde über die Verspätung der Beschwerde in Kenntnis gesetzt und ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Trotz persönlicher Zustellung des Verspätungsvorhaltes, langte eine solche innerhalb der eingeräumten Frist und auch bis dato nicht beim BVwG ein.

3.1.2. In der konkreten Rechtsache, im Unterschied zu einem – gegenständlich jedoch nicht eingebrachten – Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, kommt es nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin ein Verschulden an der Versäumung trifft. Vielmehr hat das erkennende Gericht anhand der Aktenlage ausschließlich über die Frage der Verspätung des Rechtsmittels zu entscheiden und im Fall der Bejahung dieses zurückzuweisen. (vgl. VwGH 05.06.1996, 96/20/0334; 23.05.2002, 2002/03/0029)

Da die gegenständliche Beschwerde somit erst nach Ablauf der gesetzlichen Beschwerdefrist eingebracht wurde, ist gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG die Beschwerde als verspätet zurückzuweisen.

3.2. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Da die Beschwerde aufgrund ihrer Verspätung zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W240.2115913.3.00

Im RIS seit

13.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten