Entscheidungsdatum
15.06.2021Norm
AuslBG §12aSpruch
W167 2242662-1/9E
W167 2242665-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Vorsitzende und die fachkundige Laienrichterin Mag. Manuela ECKERSDORFER und den fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes DENK als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX beide vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz nach Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , mit dem der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Zulassung als Fachkraft in Mangelberufen (§ 12a AuslBG) im Unternehmen der Zweitbeschwerdeführerin abgewiesen wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am XXXX beantragte die Erstbeschwerdeführerin bei der zuständigen Niederlassungsbehörde eine Rot-Weiß-Rot-Karte gemäß § 41 Abs. 2 Ziffer 1 NAG (Fachkraft in Mangelberuf). Die Niederlassungsbehörde ersuchte die belangte Behörde um Mitteilung gemäß § 20d AuslBG.
2. Mit Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. Begründend führte sie zusammen gefasst im Wesentlichen aus, dass die Mindestpunkteanzahl gemäß Anlage B nicht erreicht werde.
3. Dagegen erhoben die vertretenen Beschwerdeführerinnen rechtzeitig Beschwerde. In dieser brachten sie im Wesentlichen vor, dass für die Berufserfahrung in Österreich ebenso Punkte anzurechnen seien wie für das vorgelegte B1 Zertifikat, womit die Erstbeschwerdeführerin die erforderliche Mindestpunkteanzahl erreiche.
4. Im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin lediglich 32 der erforderlichen 55 Punkte erreiche. Es hätten keine Punkte für die Beschäftigung in Österreich mangels Vorliegens einer Bewilligung nach dem AuslBG vergeben werden könne, ebenso wenig wie für die vorgelegte Bestätigung des Niveau B1 da die ausstellende Stelle kein anerkanntes Sprachinstitut sei.
5. Die vertretenen Beschwerdeführerinnen stellten einen Vorlageantrag.
6. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
7. An der mündlichen Verhandlung am XXXX nahmen die Beschwerdeführerinnen und ihre Vertreterin teil. Antragsgemäß wurde für die Erstbeschwerdeführerin gedolmetscht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Die im Zeitpunkt der Antragstellung 43 Jahre alte Erstbeschwerdeführerin hat am XXXX eine Rot-Weiß-Rot-Karte (Fachkraft in Mangelberuf) für die Tätigkeit als Floristin im Unternehmen der Zweitbeschwerdeführerin mit dem Beschäftigungsort Wien beantragt.
Die Erstbeschwerdeführerin hat ein Diplom über eine beendete Fachmittelschule im Herkunftsstaat vorgelegt. Sie war in ihrem Heimatstaat von XXXX in einem Blumengeschäft tätig. In Österreich war sie von XXXX in einer Gärtnerei tätig, allerdings lag für diese Tätigkeit keine Bewilligung nach dem AuslBG vor.
Die Erstbeschwerdeführerin legte ein als „Bescheinigung“ bezeichnetes Schreiben von einem Bildungszentrum in ihrem Herkunftsstaat vor, mit welchem bestätigt wird, dass sie Deutschkenntnisse auf der dritten Stufe (B1, „gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen kann sie …“) besitzt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich unbestritten aus dem Verwaltungsakt. In der Beschwerde wurde lediglich die rechtliche Wertung bestritten, welche dazu führte, dass für die Berufserfahrung in Österreich sowie für die Bescheinigung der B1-Deutschkenntnisse keine Punkte vergeben wurden. Der Antrag auf Einvernahme des seinerzeitigen Dienstgebers in Österreich betreffend das Vorliegen einer arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung wurde abgewiesen: aktenkundig wurde jedenfalls bereits in der Beschwerdevorentscheidung von der zuständigen Behörde (der auch der seinerzeitige Dienstgeber namentlich bekannt war) festgestellt, dass keine Bewilligung der Tätigkeit der Erstbeschwerdeführerin in Österreich vorlag, was auch bis zur Verhandlung nicht bestritten wurde. Im Gegenteil, bereits in der Stellungnahme vom XXXX , also vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung, wurde diesbezüglich Argumente vorgebracht, dass es lediglich auf die praktische Erfahrung in der beabsichtigten Tätigkeit ankomme. Betreffend die Abweisung des Antrags auf eine zweiwöchige Frist zur Vorlage eines in Österreich absolvierten B1-Zertifikats, da die Erstbeschwerdeführerin in den nächsten 14 Tagen eine Prüfung ablegen werde, wird Folgendes festgehalten: Unabhängig davon, dass eine allfällige künftig in Österreich erfolgreich abgelegte B1-Prüfung im Beschwerdefall keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis hat, da allein durch das ergänzende B1-Zertifikat die Mindestpunkte nicht erreicht werden, lag dieses zum Zeitpunkt der Verhandlung noch nicht vor.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A)
3.1.1. Maßgebliche Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetz:
Fachkräfte in Mangelberufen
§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie
1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,
2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,
3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und
sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
Anlage B
Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a
Kriterien
Punkte
Qualifikation
maximal anrechenbare Punkte: 30
abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf
20
allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120
25
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer
30
ausbildungsadäquate Berufserfahrung
maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr)
Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)
2
4
Sprachkenntnisse Deutsch
maximal anrechenbare Punkte: 15
Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)
Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5
10
15
Sprachkenntnisse Englisch
maximal anrechenbare Punkte: 10
Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)
Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)
5
10
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 15
bis 30 Jahre
bis 40 Jahre
15
10
Summe der maximal anrechenbaren Punkte
90
erforderliche Mindestpunkteanzahl
55
Die Fachkräfteverordnung 2020 sieht in § 1 Absatz 1 Z 52 Naturblumenbinder/innen als Mangelberuf für das gesamte Bundesgebiet vor. Diese Verordnung ist gemäß § 3 mit 01.01.2020 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2020 außer Kraft; vor Ablauf des 31.12.2020 eingebrachte Anträge gemäß § 20d Abs. 1 Z 2 AuslBG sind nach dieser Verordnung zu erledigen.
3.1.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:
Der Erstbeschwerdeführerin erreicht die Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten aus folgenden Gründen nicht:
Für die abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf hat bereits die belangte Behörde 20 Punkte zuerkannt. Auch für die 6-jährige Beschäftigung im Herkunftsstaat wurden bereits von der belangten Behörde 12 Punkte vergeben.
Auch der Senat geht davon aus, dass gemäß der Intention des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, einen geregelten Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich zu ermöglichen, eine Beschäftigung in Österreich nur dann zur Zuerkennung von Punkten führen kann, wenn die Beschäftigung rechtmäßig erfolgte (vergleiche § 3 AuslBG).
Da mangels Zuerkennung von Punkten für die illegale Beschäftigung in Österreich die Mindestpunkteanzahl nicht erreicht werde kann, war auf die Frage, ob eine Punktevergabe für Sprachkenntnisse erfolgen kann, nicht mehr einzugehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Trotz Fehlens einer Rechtsprechung des VwGH liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist, da die Intention des Ausländerbeschäftigungsgesetz eindeutig ist.
Schlagworte
Berufserfahrung Fachkräfteverordnung illegale Beschäftigung Punktevergabe Rot-Weiß-Rot-KarteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W167.2242665.1.00Im RIS seit
17.08.2021Zuletzt aktualisiert am
17.08.2021