TE Bvwg Beschluss 2021/6/21 W124 2243254-1

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Veröffentlicht am 21.06.2021
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Entscheidungsdatum

21.06.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2

Spruch


W124 2243254-1/4Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. FELSEISEN über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA. Vietnam, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Begründung

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm. § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Indien zulässig sein würde (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) Der Beschwerde wurde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV).

Begründet wurde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass der Verbleib der BF in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde, da die BF sich – in völliger Gleichgültigkeit der hiesigen Rechtsordnung- einen maßgeblichen Zeitraum unrechtmäßig im Schengenraum aufgehalten habe, sowie nicht über die für ihren Unterhalt erforderlichen Unterhaltsmittel verfügen würde. Die Skrupellosigkeit und Gefährlichkeit würde dadurch objektiviert sein, die sofortige Ausreise daher erforderlich.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die BF ausführt, dass die Behörde bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes keine ausreichende Einzelfallprüfung vorgenommen habe, sodass nicht nachvollziehbar sei, auf Grund welcher Annahme das BFA zum Ergebnis komme, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von drei Jahren angebracht sein würde.

Das auf 3 Jahre befristete erlassene Einreiseverbot würde für den gesamten Schengener Raum verhängt, ohne jedoch die Verhältnisse des BF in anderen Mitgliedstaaten bzw. des Privat-, und Familienlebens der BF in einem anderen Mitgliedstaat ausreichend zu berücksichtigen. Die Frage nach dem Eingriff in das Privat-, und Familienleben der BF solle nicht allein im Hinblick auf ihre Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, sondern sei auch seine private und familiäre Situation in anderen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen. Hierzu würde auf die zitierte Rechtsprechung des VwGH verwiesen, wonach bei der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes die konkrete Situation in anderen Mitgliedstaaten berücksichtigt werden müsse (vgl. VwGH 2001/21/0237, 15.12.2011; VwGH 2013/22/0284, 26.03.2015; 2015/21/0002, 30.06.2015).

Die BF habe eine Tante, welche in Deutschland lebe und würde ein dreijähriges Einreiseverbot somit auch aus diesem Grund schon ihr Privat-, und Familienleben unverhältnismäßig einschränken. Die belangte Behörde habe bei der Verhängung eines Einreiseverbotes die familiären Anknüpfungspunkte der BF zu berücksichtigen und in die vorzunehmende Interesseabwägung einzubeziehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung [Spruchpunkt A)]

1.1 Zu Spruchteil A.):

Zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde:

§ 18 BFA-VG lautet:

„(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1.       der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2.       schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3.       der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4.       der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5.       das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6.       gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7.       der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1.       die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2.       der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3.       Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Im vorliegenden Fall kann nach derzeitiger Aktenlage innerhalb der gesetzlichen Frist nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, inwieweit die in der Beschwerde behaupteten Umstände eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen können. Dies wird einer eingehenden Prüfung bedürfen.

1.2. Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es – im Sinne einer Grobprüfung – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des Beschwerdeführers als „vertretbare Behauptungen“ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen (vgl. dazu etwa VwGH 24.11.2017, Ra 2017/18/0366; 07.07.2020, Ra 2020/20/0232; 26.11.2019, Ra 2019/14/0398).

1.3. Im vorliegenden Fall kann nach derzeitiger Aktenlage innerhalb der gesetzlichen Frist nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, inwieweit die vom BF behaupteten Umstände eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen können. Somit ist der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG entfallen.

2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung entschiedene Sache Kassation Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W124.2243254.1.00

Im RIS seit

17.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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