TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/27 97/01/0130

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Veröffentlicht am 27.02.1997
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Index

L70300 Buchmacher Totalisateur Wetten;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art140 Abs7;
Totalisateur Buchmacherwetten Gebühren 1919 §1 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):97/01/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer sowie Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerden der XY-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Wiener Landesregierung vom 19. August 1993, Zl. MA 63 - A 142/93 (protokolliert zu Zl. 97/01/0130, früher Zl. 93/01/1084), und vom 13. Dezember 1993, Zl. MA 63 - A 379/93 (protokolliert zu Zl. 97/01/131, früher Zl. 94/01/0143), betreffend Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß von sportlichen Veranstaltungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 25.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren hinsichtlich der Stempelgebühren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem erstangefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 19. August 1993 wurde der Beschwerdeführerin die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten gemäß § 1 Abs. 4 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl. Nr. 388/1919, gegen jederzeitigen Widerruf erteilt und u.a. die Auflage vorgeschrieben (Pkt. 12), daß der Abschluß von Akkumulativwetten verboten sei und der Verstoß gegen dieses Verbot den sofortigen Widerruf der Wettbewilligung zur Folge habe. Dieser Bescheid ist trotz der unrichtigen Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" im Hinblick darauf, daß im Kopf das "Amt der Wiener Landesregierung IM SELBSTÄNDIGEN WIRKUNGSBEREICH DES LANDES" angeführt ist, im Spruch neben der einmaligen Anführung des Amtes der Landesregierung in der Einleitung in der Auflage Pkt. 13 von der Wiener Landesregierung die Rede ist, in der Begründung des Bescheides ausschließlich von der Wiener Landesregierung gesprochen wird und die Wiener Landesregierung nach dem angeführten Gesetz auch zuständig ist, der Wiener Landesregierung zuzurechnen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1981, Zl. 09/0377/80).

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 13. Dezember 1993 wurde der Beschwerdeführerin, gestützt auf § 1 Abs. 4 leg. cit., die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten in einem fahrbaren Wettbüro gegen jederzeitigen Widerruf und unter sinngemäßer Einhaltung der im Bescheid vom 19. August 1993 vorgeschriebenen Auflagen erteilt.

In der gegen die angeführten Bescheide erhobenen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde erstattete zu beiden Beschwerden eine Gegenschrift, legte die Verwaltungsakten vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die aufgrund des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Aus Anlaß der vorliegenden Bescheidbeschwerden sind beim erkennenden Senat des Verwaltungsgerichtshofes Bedenken im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der für die angefochtenen Bescheide präjudiziellen Wortfolgen "jederzeit von Bedingungen abhängig machen, sie einschränken oder", "letzteres" und "oder eine vorgeschriebene Bedingung nicht eingehalten wird" in § 1 Abs. 4 des Gesetzes betreffend Gebühren von Totalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl. Nr. 388/1919, entstanden.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1996, G 36/95-9, die erwähnten Wortfolgen der angeführten Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit 31. Dezember 1997 in Kraft. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

§ 1 Abs. 1 bis 4 leg. cit. lauten (Abs. 4 in der nach Aufhebung bereinigten Fassung, die in den vorliegenden Anlaßfällen anzuwenden ist):

"(1) Die gewerbemäßige Vermittlung und der gewerbemäßige Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen (Rennen, Regatten usw.) ist nur mit Bewilligung der Landesregierung zulässig.

(2) Zur gewerbemäßigen Vermittlung von Wetten der im ersten Absatze bezeichneten Art dürfen nur die im Anschlusse an sportliche Veranstaltungen bestehenden besonderen Unternehmungen (Totalisateur) zugelassen werden.

(3) Die Bewilligung zum gewerbemäßigen Abschlusse der im ersten Absatze angeführten Wetten darf nur Personen erteilt werden, welche die Gewähr voller Vertrauenswürdigkeit bieten. Personen, denen diese Bewilligung erteilt wurde, werden in diesem Gesetze als Buchmacher bezeichnet.

(4) Die Landesregierung kann die Bewilligung (Absatz 1) zurücknehmen, für den Fall, daß die Voraussetzung der vollen Vertrauenwürdigkeit nicht mehr zutrifft."

Die angefochtenen Bescheide erteilen die Bewilligung zum gewerbsmäßigen Abschluß von Wetten aus Anlaß sportlicher Veranstaltungen gegen jederzeitigen Widerruf und unter Einhaltung von 13 Auflagen. Grundlage für diese Bewilligungen ist das gemäß § 4 Abs. 2 Übergangsgesetz vom 1. Oktober 1920 in der Fassung des BGBl. Nr. 368 vom Jahre 1925 u.a. in Wien als Landesgesetz geltende Gesetz betreffend Gebühren von Totsalisateur- und Buchmacherwetten sowie Maßnahmen zur Unterdrückung des Winkelwettwesens, StGBl. Nr. 388/1919 (siehe dazu die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 19. November 1932, Slg. 1477, und vom 21. März 1933, Slg. 1505), und zwar § 1 Abs. 1, 3 und 4 leg. cit. Von der belangten Behörde wurde in beiden Bescheiden § 1 Abs. 4 leg. cit. ausdrücklich angeführt.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Bescheide im Hinblick darauf, daß die unter Punkt 12) normierte Auflage rechtswidrig sei. Diese Auflage lautet:

"12) Der Abschluß von Akkumulativwetten ist verboten. Der Verstoß gegen dieses Verbot hat den sofortigen Widerruf der Wettbewilligung zur Folge."

Es ist zunächst klarzustellen, daß es sich bei dieser von der belangten Behörde als "Auflage" bezeichneten Anordnung nicht um eine solche handelt. Die im ersten Satz dieser "Auflage" getroffene Anordnung eines Verbotes der Durchführung bestimmter Wetten stellt eine Einschränkung der durch die Bescheide eingeräumten Berechtigung zum Abschluß von Wetten dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 1964, Slg. Nr. 6400/A, und Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 513, und die dort zitierte hg. Judikatur). Daraus ergibt sich, daß es sich bei dieser Anordnung nicht um eine Auflage im eigentlichen Sinn handelt, die auf das verliehene Recht ohne Einfluß ist (siehe Koja, aaO 512 f, und das zitierte hg. Erkenntnis Slg. Nr. 6400/A). Die bekämpfte "Auflage" steht daher mit der Erteilung der Berechtigung in einem untrennbaren Zusammenhang, woraus sich weiters ergibt, daß die Bescheide zur Gänze Beschwerdegegenstand sind.

Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG kommen die vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig aufgehobenen gesetzlichen Bestimmungen im Anlaßfall nicht mehr zur Anwendung. Für die Anordnung in den angefochtenen Bescheiden, daß die Bewilligung "gegen jederzeitigen Widerruf" erteilt wird und an die Einhaltung der in den Punkten 1-13 angeführten Auflagen gebunden wird, fehlt nach Aufhebung der angeführten Gesetzesbestimmungen in § 1 Abs. 4 leg. cit. die gesetzliche Grundlage.

Schon allein im Hinblick darauf, daß die Anordnung, daß die "Bewilligung ... gegen jederzeitigen Widerruf erteilt wird", untrennbar mit dem Ausspruch der Erteilung der Bewilligung im Spruch des angefochtenen Bescheides verbunden ist, sind die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren hinsichtlich Stempelgebühren war im Hinblick darauf abzuweisen, daß diese nur für erforderliche Schriftsätze und Beilagen zustehen (hier die Beschwerden jeweils in zweifacher Ausfertigung und die angefochtenen Bescheide jeweils in einfacher Ausfertigung).

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997010130.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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