TE Bvwg Beschluss 2021/6/25 W216 2242095-1

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Veröffentlicht am 25.06.2021
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Entscheidungsdatum

25.06.2021

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W216 2242095-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , bevollmächtig vertreten durch Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte GmbH, Rudolfsplatz 4, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 17.03.2021, OB: XXXX , in Form der Neuausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin brachte am 13.01.2021 (einlangend) beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzform: Sozialministeriumservice; in der Folge: belangte Behörde) einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass ein.

Auf Grundlage des seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens des Fachbereiches Neurologie und Psychiatrie vom 15.03.2021, wonach nunmehr ein Gesamtgrad der Behinderung von 70 v.H. vorliegt und welches im Hinblick auf die Frage der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu dem Schluss kommt, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei, wurde der Beschwerdeführerin ein mit 31.03.2023 befristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H. ausgestellt und ihr dieser mit Schreiben der belangten Behörde vom 17.03.2021 übermittelt. Dieser Behindertenpass beinhaltet die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht. Dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass diesbezüglich – also hinsichtlich der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den Behindertenpass – ein gesonderter Abspruch in Form eines Bescheides erfolgt wäre.

Gegen "das Schreiben vom 14.3.2021 sowie das Schreiben vom 17.3.2021" erhob die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, "insoweit, als die beantragte Zusatzeintragung 'Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung' im neu ausgestellten Behindertenpass der Beschwerdeführerin unterblieben ist." Da es sich bei dem Schreiben vom 14.03.2021 lediglich um ein Informationsschreiben der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin handelt, in der ihr unter anderem mitgeteilt wurde, dass ihr aufgrund des Ergebnisses des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein neuer Behindertenpass auszustellen sei, welcher ihr in der Folge mit Schreiben vom 17.03.2021 übermittelt wurde, geht das erkennende Gericht davon aus, dass sich die eingebrachte Beschwerde tatsächlich gegen die (Neu-)Ausstellung des Behindertenpasses, dem Bescheidcharakter zukommt, richtet, soweit dieser die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" nicht enthält.

Die Beschwerde samt Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 03.05.2021 zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin hat am 13.01.2021 die Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung im Behindertenpass beantragt.

Die belangte Behörde hat dem Antrag stattgegeben und der Beschwerdeführerin einen bis 31.03.2023 befristeten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H. ausgestellt und ihr diesen mit Schreiben vom 17.03.2021 übermittelt.

Der angefochtene Bescheid – in Form der (Neu-)Ausstellung eines Behindertenpasses – beinhaltet die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" nicht. Ein gesonderter bescheidmäßiger Abspruch der belangten Behörde über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" erfolgte nicht.

Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Bescheid klar und unmissverständlich insoweit Beschwerde erhoben, als die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" in den neu ausgestellten Behindertenpass unterblieben ist. Die Beschwerdeführerin hält in ihrer Beschwerde fest, dass der "Teil des Schreibens vom 15.3.2021 [gemeint wohl: der neuausgestellte Behindertenpass], mit welchem der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin mit 70 % festgestellt und ihr ein neuer Behindertenpass ausgestellt wurde, […] unangefochten [bleibt]."

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen über das bisherige Verwaltungsgeschehen basieren auf dem Akteninhalt. Die Feststellung, dass bisher kein gesonderter Bescheid der belangten Behörde hinsichtlich der Frage des aktuellen Vorliegens der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass ergangen ist, gründet sich auf den Umstand, dass ein solcher Bescheid der belangten Behörde dem vorgelegten Verwaltungsakt betreffend das Verfahren nach dem BBG nicht zu entnehmen ist.

In der Beschwerde lässt die Beschwerdeführerin keinen Zweifel daran, dass nicht der festgestellte Grad der Behinderung beeinsprucht wird, sondern die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass begehrt wird.

Der Wortlaut des Beschwerdevorbringens ist eindeutig und lässt keine andere Interpretation zu.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Zu Spruchteil A)

Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG) Der Behindertenpass ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist (§ 42 Abs. 2 BBG).

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG). Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu (§ 45 Abs. 2 BBG).

Die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht richtet sich – ausschließlich – gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" im ausgestellten Behindertenpass.

Gemäß § 1 Abs. 1 iVm Abs. 6 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und Parkausweisen hat der Behindertenpass nach Form und Inhalt dem in der Anlage A enthaltenen Muster zu entsprechen; im Behindertenpass sind die möglichen Zusatzeintragungen sohin jeweils bei Vorliegen der Voraussetzungen auf der Rückseite in Form von Piktogrammen oder in Form von Schriftzügen gesondert einzutragen. Gemäß § 45 Abs. 2 BBG kommt dem ausgestellten Behindertenpass nun zwar Bescheidcharakter zu, allerdings ist in der Nichteintragung eines begehrten Zusatzvermerks kein bescheidmäßiger Abspruch über das Nichtvorliegen einer solchen Zusatzeintragung zu erblicken. Die belangte Behörde wäre vielmehr gemäß § 45 Abs. 2 BBG verhalten gewesen, einen bekämpfbaren Bescheid auszustellen.

Gemäß Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die zur "Sache des Berufungsverfahrens" ergangene Rechtsprechung auch auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu übertragen. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ist sohin – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs – jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des "Spruchs" der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (vgl. B 17.12.2014, Ra 2014/03/0049). Die in Beschwerde gezogene Nichteintragung des begehrten Zusatzeintrags ist gemäß obiger Darlegung nicht von der gegenständlichen behördlichen Entscheidung mitumfasst. Das Bundesverwaltungsgericht war aufgrund dieser Beschränkung nicht befugt, den von der Beschwerdeführerin beantragten Zusatzvermerk zum Gegenstand seiner Entscheidung zu machen. Es wird darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit besteht, bei der belangten Behörde die Ausstellung eines Bescheides zu begehren.

Da somit kein Bescheid der belangten Behörde über die Frage der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" und damit kein tauglicher Anfechtungsgegenstand vorliegt, ist die Beschwerde spruchgemäß mangels eines bekämpfbaren Bescheides als unzulässig zurückzuweisen.

Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

In der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt A) wurde unter Bezugnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass der Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides den Beschwerdegegenstand des Bundesverwaltungsgerichtes begrenzt.

Schlagworte

Anfechtungsgegenstand Behindertenpass Sache des Verfahrens Zurückweisung Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W216.2242095.1.00

Im RIS seit

11.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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