Entscheidungsdatum
25.06.2021Norm
BEinstG §14Spruch
W216 2238559-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 03.09.2020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 27.10.2020, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte am 24.06.2020 (einlangend) beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (auch Sozialministeriumservice, in der Folge: belangte Behörde) einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten behinderten und legte diesem ein Konvolut an medizinische Befunden bei.
1.1 Zur Überprüfung des Antrages holte die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin ein. In dem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 30.07.2020 erstatteten Gutachten vom 05.08.2020 stellte die Sachverständige beim Beschwerdeführer die Funktionseinschränkungen "1. Psoriasisarthritis" und "2. rezidivierende Condylome bei immunsuppressiver Therapie" mit einem Gesamtrad der Behinderung in Höhe von 40 v.H. fest.
1.2. Die belangte Behörde übermittelte dem Beschwerdeführer dieses Sachverständigengutachten mit Schreiben vom 06.08.2020 im Rahmen des Parteiengehörs und räumte ihm eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme ein.
Der Beschwerdeführer erstattete keine Stellungnahme.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.09.2020 wies die belangte Behörde den Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 Abs. 1 und 2 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) ab und stellte einen Grad der Behinderung von 40 v.H. fest. Die belangte Behörde legte dem Bescheid das eingeholte Sachverständigengutachten in Kopie bei.
3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer – unter Vorlage medizinischer Befunde – mit Schreiben vom 11.10.2020 – fristgerecht – das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin zusammengefasst vor, dass sich aus Punkt 02.02.03 der Anlage zur Einschätzungsverordung – unter dem auch autoimmunbedingte entzündlich rheumatische Systemerkrankungen, wie auch die Psoriasis Arthritis eine ist, zählen – eine Behinderung von 50% bis 70% ergebe. Eine Behinderung von 50% sei auch schon allein durch die schon weit mehr als 6 Monate andauernde Therapie unter Ebetrexat (Methotrexat) sowie Cosentyx (Secukinumab) erfüllt. Die Therapie seiner Erkrankung mit Ebetrexat und Cosentyx begleite ihn bereits seit dem Jahr 2017. Dies sei aus den bereits übermittelten Befunden klar ersichtlich. Die Zugehörigkeit der Psoriasis-Arthritis zum Kreis der Autoimmunerkrankungen, die eine Behandlung mit Immunsuppressiva wie Cosentyx bzw. Ebetrexat notwendig mache, untermauere dies ebenfalls. Er absolviere regelmäßige Heilaufenthalte und mehrere ambulante Kur- beziehungsweise Rehabilitationsmaßnahmen. Aus den bereits übermittelten fachärztlichen Befunden sei zu ersehen, dass die Caspar-Kriterien für eine axiale Psoriasis-Arthritis erfüllt und fachärztlich dokumentiert seien. Die Psoriasis-Arthritis werde auch zur Gruppe der Spondyloarthritiden gezählt und sei somit den Morbus Bechterew verwandten Erkrankungen zuzuordnen. Die Psoriasis-Arthritis sei somit keine nur vorübergehende Einschränkung, sondern von Dauerhaftigkeit geprägt und als Autoimmunerkrankung beziehungsweise Systemerkrankung differenziert. Ebenfalls äußere sich die Psoriasis-Arthritis in einer Entzündung der Wirbelkörper (Spondylitis), der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthritis) sowie der Kreuz-Darmbeingelenke (Sakroiliakalgelenke, Sakroilitis), wobei diese Punkte laut vorliegenden Befunden bereits erfüllt seien. Da er im Homeoffice zum dauerhaften Sitzen gezwungen sei, habe dies zu einer aktuellen Verschlechterung der rheumatischen Beschwerden beigetragen. Das Homeoffice mit der daraus resultierenden ständig sitzenden Tätigkeit und die dauerhafte Isolation habe zu einer fachärztlich bestätigten Anpassungsstörung geführt, die in einer Belastungsreaktion gegipfelt sei.
4. Zur Überprüfung des Beschwerdevorbringens und der vorgelegten Befunde holte die belangte Behörde in weiterer Folge eine medizinische Stellungnahme der bereits befassten Ärztin für Allgemeinmedizin aufgrund der Aktenlage vom 26.10.2020 ein. Darin führte die Sachverständige aus, dass auf Grund des aktuellen Befundes eine mehr als 6-monatige Beeinträchtigung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht anzunehmen sei, sodass sich aus allgemeinmedizinischer Sicht keine Änderung des Kalküls ableiten lasse.
5. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 27.10.2020 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde abgewiesen wurde. Mit einem Grad der Behinderung von 40 v.H. seien die Voraussetzungen für die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten nicht erfüllt.
6. Der Beschwerdeführer stellte mit Schreiben vom 18.11.2020 einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und führte in diesem zusammengefasst aus, dass seine Beschwerden der Psoriasis Arthritis bei ihm seit dem Jahr 2017 vorlägen und sich trotz Behandlung unter Ebetrexat und Cosentyx leider verschlechtert hätten. Die Beschwerdeproblematik habe sich mittlerweile auf die linke Hand ausgedehnt. Somit lägen an mehr als drei kleinen Gelenken Beschwerden im Sinne der Psoriasis Arthritis zusätzlich zur axialen Beschwerdeproblematik vor. Aufgrund der Tätigkeit im Homeoffice habe sich auch die Problematik rund um die Psoriasis Arthritis sowie den Morbus Scheuermann und die Skoliose massiv verschlechtert. Er habe Probleme beim Schreiben mit der rechten Hand. Die Endgelenke der rechten Hand seien seit 2017 nachweislich entzündet und somit von der Psoriasis Arthritis betroffen. Dies habe sich nun auch auf die linke Hand sowie auch auf die Fußgelenke beziehungsweise auf die Sehnen des linken Fußes ausgedehnt.
6.1. Die belangte Behörde wies den Vorlageantrag mit Bescheid vom 25.11.2020 als verspätet zurück.
6.2. Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht Beschwerde.
6.3. Mit Erkenntnis vom 15.04.2021 gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages wegen Verspätung statt und hob den angefochtenen Bescheid vom 25.11.2020 auf.
7. Die belangte Behörde legte den Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 28.04.2021 vor, wo dieser am selben Tag einlangte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in der Folge VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden,
1. wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, allerdings mit dem Unterschied, dass die Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nicht erforderlich ist. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013), § 28 VwGVG, Anm. 11.).
§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, zur Auslegung des § 28 Abs. 3 2. Satz ausgeführt hat, ist vom prinzipiellen Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auszugehen. Nach der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG kommt bereits nach ihrem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 B-VG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
Ist die Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG erfüllt, hat das Verwaltungsgericht (sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist) "in der Sache selbst" zu entscheiden.
Das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, verlangt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben angeführten Erkenntnis ausgeführt hat, wird eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73 f).
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als grob mangelhaft:
Der Beschwerdeführer leidet unter anderem an einer Psoriasis Arthritis, welche seitens des Beschwerdeführers bereits bei Antragsstellung angegeben und durch Befunde objektiviert wurde. Die von der belangten Behörde beigezogene Allgemeinmedizinerin beurteilte dieses Leiden als führendes Leiden Nummer 1 und kam zum Ergebnis, dass dieses Leiden mit einem oberen Rahmensatz und einem Grad der Behinderung von 40 v.H. nach Positionsnummer 02.02.02 einzustufen sei, da geringe funktionelle Einschränkungen im Alltag bestünden, jedoch eine Biologikatherapie erforderlich sei.
Im angefochtenen Bescheid wurde dann auch lediglich das Gutachten sowie die im Beschwerdevorprüfungsverfahren eingeholte medizinische Stellungnahme der allgemeinmedizinischen Sachverständigen herangezogen und der Entscheidung zugrunde gelegt. Im von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten der Allgemeinmedizinerin werden die vom Beschwerdeführer vorgelegten fachärztlichen Befunde zwar zusammenfassend aufgenommen, dennoch findet sich keine vollständige Auseinandersetzung mit den darin beschriebenen Gesundheitsschädigungen bzw. Feststellungen hinsichtlich deren Auswirkungen und Einfluss auf den Grad der Behinderung. Festgehalten wurde lediglich, wie bereits ausgeführt, dass die unter Leiden Nummer 1 geführte "Psoriasisarthritis" aufgrund geringer funktionelle Einschränkungen im Alltag, jedoch der Erforderlichkeit einer Biologikatherapie mit einem oberen Rahmensatz von 40 v.H. einzustufen sei. Weitere Ausführung dieses Leiden betreffend finden sich in dem eingeholten Sachverständigengutachten ebenso wenig, wie in der nachfolgend eingeholten medizinischen Stellungnahme derselben Sachverständigen.
Die vorgelegten Beweismittel enthalten jedoch konkrete Anhaltspunkte dafür, dass neben einem allgemeinmedizinischen Gutachten auch die Einholung von Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Dermatologie und Rheumatologie – basierend auf der persönlichen Begutachtung des Beschwerdeführers – erforderlich sind, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung zu gewährleisten. Das eingeholte Sachverständigengutachten ist im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer ebenso und insbesondere rheumatologische und dermatologische Leidenszustände durch Vorlage von medizinischen Beweismitteln vorgebracht hat, mangels Fachkenntnis nicht ausreichend zur qualifizierten Beurteilung des Gesamtleidenszustandes.
Es besteht zwar kein Anspruch auf die Zuziehung von Sachverständigen eines bestimmten medizinischen Teilgebietes. Es kommt jedoch auf die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten an. Gegenständlich ist die ausschließlich durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin vorgenommene Beurteilung angesichts des komplexen Krankheitsbildes des Beschwerdeführers aufgrund der derzeit vorliegenden Aktenlage offensichtlich sachwidrig erfolgt. Das Vorbringen und die vorgelegten Beweismittel enthalten konkrete Anhaltspunkte, dass die Einholung von Gutachten der Fachrichtungen Dermatologie und Rheumatologie erforderlich sind, um eine vollständige und ausreichend qualifizierte Prüfung zu gewährleisten.
Das Sachverständigengutachten hätte daher von der belangten Behörde nicht ohne Ergänzung seiner Entscheidung zugrundegelegt werden dürfen. (VwGH vom 08.07.2015, Ra 2015/11/0036)
In dem durch die belangte Behörde eingeholten allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachten werden zwar – wie bereits ausgeführt – die vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Beweismittel unter auszugsweiser Zitierung der Inhalte angeführt, die Sachverständige hat sich aber mit den Inhalten nicht weiter bzw. nicht umfassend auseinandergesetzt. So ist dem Gutachten nicht zu entnehmen, in welcher Form bzw. welchem Ausmaß diese bei der Beurteilung des Grades der Behinderung berücksichtigt wurden.
Die seitens des Entscheidungsorganes erforderliche Überprüfung im Rahmen der freien Beweiswürdigung ist auf dieser Grundlage nicht möglich. Der eingeholte medizinische Sachverständigenbeweis vermag die verwaltungsbehördliche Entscheidung nicht zu tragen.
Aus den dargelegten Gründen ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat und sich der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung des Grades der Behinderung als so mangelhaft erweist, dass weitere Ermittlungen bzw. konkretere Sachverhaltsfeststellungen erforderlich erscheinen.
Die aufgezählten Mängel können gegenständlich auch nicht durch eine Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts saniert werden: Da Entscheidungen im Bereich des Behindertenrechts in höchstem Maße von ärztlichen Sachverständigengutachten abhängig sind, müsste das Bundesverwaltungsgericht dazu neue Sachverständigengutachten einholen, welche durch die dafür nötige Untersuchung des Beschwerdeführers zu einer erheblichen Verfahrensverzögerung führen würden, welche jedenfalls nicht im Sinne einer raschen und kostengünstigen Verfahrensführung liegen würden. Aus diesem Grund erscheint nach Ansicht des erkennenden Senats gegenständlich die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde jedenfalls gerechtfertigt.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht abschließend feststeht und, wie erörtert, vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Das Verwaltungsgericht hat im Falle einer Zurückverweisung darzulegen, welche notwendigen Ermittlungen die Verwaltungsbehörde unterlassen hat. (Ra 2014/20/0146 vom 20.05.2015)
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde unter Einbeziehung des Beschwerdevorbringens und der vorgelegten Beweismittel, unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen, zusätzlich zu dem bereits eingeholten Sachverständigengutachten, auf die konkrete Fragestellung eingehende Sachverständigengutachten der Fachrichtungen Dermatologie und Rheumatologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, einzuholen, und die Ergebnisse bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen haben. Von den Ergebnissen des weiteren Ermittlungsverfahrens wird der Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme in Wahrung des Parteiengehörs in Kenntnis zu setzen sein.
Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wird gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, zumal aus dem Beschwerdeakt ersichtlich ist, dass eine mündliche Erörterung der Rechtssache mangels ausreichender Sachverhaltserhebungen und Feststellungen der belangten Behörde eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Ermittlungspflicht Grad der Behinderung Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W216.2238559.2.00Im RIS seit
11.08.2021Zuletzt aktualisiert am
11.08.2021