Entscheidungsdatum
28.06.2021Norm
AuslBG §12Spruch
W178 2240650-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in Maria PARZER als Vorsitzende und Mag. Thomas Metesch und Mag. Manfred Prenner als fachkundige Laienrichter über die Beschwerde von XXXX 1991, gegen den Bescheid des AMS, Wien Esteplatz, vom 08.01.2021, Zl. 004097821, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 05.03.2021, betreffend den Antrag auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte für besonders Hochqualifizierte gemäß § 12 AuslBG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.06.2021 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Herr XXXX , geb. am XXXX 1991, Staatsangehörigkeit Taiwan, hat bei der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde (hier: MA35) mit 13.11.2020 die Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot-Karte nach § 41 Abs. 1 NAG iVm §§ 12 und 20d Abs. 1 Z. 1 AuslBG für die Tätigkeit als Client Advisor (Chinese Specialist) bei der XXXX , Kohlmarkt 7/1, 1010 Wien, beantragt. Mit Arbeitgebererklärung vom 03.12.2020 bestätigte die Gesellschaft die beabsichtigte, unbefristete Beschäftigung des Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) in Vollzeit als Client Advisor / Verkäufer (Chinese Specialist) mit einem jährlichen Gehalt von € 32.500. Die Tätigkeit wird wie folgt beschrieben:
- Identifizierung mit unseren Luxusprodukten; Verkauf der Bereichsprodukte durch direkten Kundenkontakt im Rahmen der vorgegebenen Unternehmensrichtlinien.
- Beitrag zur Erreichung der geforderten Verkaufsziele und Key Performance Indicators.
- Gewährleistung exzellenten Kundenservices, Kundenempfang und Kundenberatung während des Kaufprozesses zur optimalen Kundenzufriedenheit, wie auch After-Sales-Service.
- Neukundengewinnung und Stammkundenentwicklung durch gezielte CRM Maßnahmen, Einführung und Betreuung chinesischer Käufergruppen.
- Beitrag zur Ausführung operativer Prozesse am Point of Sale (Anlieferung, Auslagerung, Rücknahmen, Bestellungen, und Inventarkontrolle), wie auch Visual Merchandising.
Weiters wird angegeben, es herrsche ein dringender Bedarf an einem ausgebildeten, erfahrenen Chinese Speaking Verkäufer.
2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 08.01.2021 wurde der Antrag abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bf die entsprechende Punktezahl (70) nicht erreiche. Es wurden 20 Punkte für die besondere Qualifikation bzw. Fähigkeiten vergeben, 20 Punkte für Berufserfahrung und 20 Punkte für das Alter (29), insgesamt also 60 Punkte. Mittels Parteigehör vom 14.12.2020 sei dem Bf mitgeteilt worden, dass er die Mindestpunkteanzahl nicht erreiche. Am 30.12.2020 seien vom Bf Nachweise der Berufserfahrungen und ein Englisch Sprachzertifikat aus dem Jahr 2016 vorgelegt worden, welches nicht berücksichtigt werden könne, da es älter als 12 Monate sei. Weitere entscheidungsrelevante Unterlagen seien nicht vorgelegt worden.
3. Dagegen wurde vom Bf Beschwerde erhoben. Darin wird vorgebracht, dass die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, dass bei Sprachkenntnissen, die über das geforderte Maß hinausgehen, ausnahmsweise auch Nachweise akzeptiert werden, die älter als ein Jahr sind. Mit seinem TOEIC Zertifikat in Englisch, Niveau B1 – und somit über dem geforderten A2 Niveau – seien die Voraussetzungen für 10 Punkte erfüllt. Weiters besuche er gerade einen Deutschkurs, Niveau B2 [sic A2], eine diesbezügliche Prüfungsbestätigung werde er nachreichen.
Am 27.01.2021 übermittelte der Bf der belangten Behörde ein ÖSD Zertifikat A2, datiert mit 25.01.2021.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom 05.03.2021 hat das AMS Esteplatz der Beschwerde keine Folge gegeben. In der Begründung wird – in Abweichung von der Beurteilung im ersten Bescheid der belangten Behörde – die Berufserfahrung aufgeschlüsselt in „Ausbildungsadäquate Berufserfahrung“ – 2 Punkte – und „6-monatige Berufserfahrung in Österreich“ – 10 Punkte. Zur Berufserfahrung wurde ausgeführt, dass Zeiten vor Abschluss des Studiums 2014 nicht angerechnet werden können, ebenso wenig wie die berufliche Tätigkeit in der Zeit von Juni 2016 bis März 2018, da der Bf nicht das ganze Jahr hindurch beschäftigt gewesen sei und nur volle Beschäftigungsjahre zählen würden. Für die Beschäftigung im Jahr 2015 seien 2 Punkte zu vergeben. Von November 2018 bis 15.04.2020 habe der Bf eine Tätigkeit als Sales Consultant in Wien ausgeübt – die ersten 10 Monate, bis 09.10.2019, aufgrund eines „working holiday visum“. Dieses vermittle keine Beschäftigung im Sinne der jeweiligen arbeitsrechtlichen Bestimmungen und daher würden keine Punkte dafür anfallen. Für die Beschäftigungszeit vom 09.10.2019 bis 15.04.2020 hatte der Bf einen Aufenthaltstitel als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12 b Z 1 AuslBG, für diese Berufserfahrung in Österreich seien 10 Punkte zu vergeben. Für das nachgereichte Deutsch-Zertifikat A2 würden weitere 10 Punkte gebühren. Mangels Erreichen der erforderlichen Punktezahl – 62 statt 70 Punkte – lägen die Voraussetzungen für die Zulassung als besonders hochqualifizierte Schlüsselkraft bei der XXXX gemäß § 12 AuslBG nicht vor.
5. Herr XXXX hat einen Vorlageantrag an das BVwG gestellt und weitere Unterlagen übermittelt. Es wird betont, dass der Bf gemäß der Verordnung BGBl. II Nr. 420/2019, Zulassung von Besonders Hochqualifizierten für das Jahr 2020, nur 65 Punkte zu erreichen habe. Aufgrund weiterer besonderer Qualifikationen und Berufserfahrungen sei die benötigte Mindestpunkteanzahl von 65 jedenfalls erreicht bzw. überschritten worden. Es sei gemäß § 12 und § 13 Abs. 4 AuslBG die Zustimmung als Schlüsselkraft zu erteilen.
6. Am 21.06.2021 übermittelte die XXXX eine ausführliche schriftliche Stellungnahme zum zukünftigen Tätigkeitsfeld des Bf und der in Aussicht gestellten Vollzeitbeschäftigung, nunmehr befristet bis 30.09.2021.
7. Am 23.06.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Bf einvernommen wurde. Die XXXX und die belangte Behörde nahmen entschuldigt nicht an der Verhandlung teil.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Bf, geboren am 07.05.1991, ist taiwanesischer Staatsangehöriger.
Er hat an der Chaoyang University of Technology in Taiwan studiert und einen erfolgreichen, vierjährigen Abschluss als Bachelor of Business Administration erhalten (vgl. AS UNI vom Juni 2014, eingelangt bei der MA35 am 09.08.2019).
Er hat Deutsch-Kenntnisse auf dem Niveau von A2 (vgl. Bestätigung vom 25.01.2021).
In Österreich war er von 07.11.2018 bis 15.04.2020 bei der XXXX , XXXX , 1010 Wien, als Sales Consultant tätig. Ab 09.10.2019 hatte er eine Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z1 AuslBG, vorher war er im Zuge eines Working Holiday Programmes legal seiner Beschäftigung im Inland nachgegangen (vgl. BVE vom 05.03.2021). Die Tätigkeit wurde im gesamten Zeitraum in gleicher Weise durchgeführt.
Es ist eine Vollzeit-Tätigkeit als Client Advisor (Chinese Specialist) bei der XXXX mit einem Entgelt von jährlich € 32.500,-- brutto, befristet bis 30.09.2021, geplant (vgl. Arbeitgebererklärung vom 03.12.2020 und ergänzende Stellungnahme vom 21.06.2021).
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde, aus den mit den Rechtsmitteln vorgelegten Unterlagen sowie aus dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zum vier Jahre dauernden Studium des Bf ergeben sich aus dem Infoportal zu ausländischen Bildungsabschlüssen (https://anabin.kmk.org/anabin.html).
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1 Senatszuständigkeit:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 20f AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservices, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.2 Gesetzliche Grundlagen:
Unter dem Titel „Zulassung von Schlüsselkräften, Künstlern und niedergelassenen Ausländern, Besonders Hochqualifizierte“ regelt § 12 AuslBG, dass besonders hochqualifizierte Ausländer, welche die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage A angeführten Kriterien erreichen, zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen werden, wenn die beabsichtigte Beschäftigung ihrer Qualifikation und den sonstigen für die Erreichung der Mindestpunkteanzahl maßgeblichen Kriterien entspricht und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.
§ 13 Abs. 4 AuslBG lautet:
„(4) Unbeschadet der Regelungen des § 12 kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort darüber hinaus im Falle eines anhaltend dringenden Bedarfs an Arbeitskräften in besonders hochqualifizierten Beschäftigungsbereichen durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr festlegen, dass Ausländer mit bestimmten tertiären Ausbildungen in diesen Beschäftigungsbereichen als besonders Hochqualifizierte nach Maßgabe des § 12 und der Anlage A zugelassen werden können, wobei die erforderliche Mindestpunkteanzahl um 5 Punkte herabgesetzt wird.“
§ 20d AuslBG lautet:
„(1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine ‚Rot-Weiß-Rot – Karte‘, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine ‚Niederlassungsbewilligung – Künstler‘ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1. als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2. als Fachkraft gemäß § 12a,
3. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
4. als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),
5. als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine „Blaue Karte EU“) oder
6. als Künstler gemäß § 14
erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.
(2) Die Zulassung gemäß Abs. 1 gilt für die Beschäftigung bei dem im Antrag angegebenen Arbeitgeber im gesamten Bundesgebiet. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat unverzüglich nach Beginn der Beschäftigung die Anmeldung zur Sozialversicherung zu überprüfen. Entspricht diese nicht den für die Zulassung maßgeblichen Voraussetzungen, ist die nach dem NAG zuständige Behörde zu verständigen (§ 28 Abs. 6 NAG). Bei einem Arbeitgeberwechsel vor Erteilung einer ‚Rot-Weiß-Rot – Karte plus‘ (§ 41a NAG) ist Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.“
Anlage A
Zulassungskriterien für besonders Hochqualifizierte gemäß § 12 AuslBG
Kriterien
Punkte
Besondere Qualifikationen bzw. Fähigkeiten
maximal anrechenbare Punkte: 40
Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit vierjähriger Mindestdauer
20 hier: 20
-
im Fachgebiet Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik (MINT-Fächer).
30
-
mit Habilitation oder gleichwertiger Qualifikation (z. B. PhD)
40
Letztjähriges Bruttojahresgehalt in einer Führungsposition eines börsennotierten Unternehmens oder eines Unternehmens, für dessen Aktivitäten bzw. Geschäftsfeld eine positive Stellungnahme der zuständigen Außenhandelsstelle vorliegt:
50 000 bis 60 000 Euro
60 000 bis 70 000 Euro
über 70 000 Euro
20
25
30
Forschungs- oder Innovationstätigkeit (Patentanmeldungen, Publikationen)
20
Auszeichnungen (anerkannte Preisträgerschaft)
20
Berufserfahrung (ausbildungsadäquat oder in Führungsposition)
maximal anrechenbare Punkte: 20
Berufserfahrung (pro Jahr)
sechsmonatige Berufserfahrung in Österreich
2 hier: 2
10 hier:10
Sprachkenntnisse
maximal anrechenbare Punkte: 10
Deutsch- oder Englischkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau oder
zur vertieften elementaren Sprachverwendung
5
10 hier: 10
Alter
maximal anrechenbare Punkte: 20
bis 35 Jahre
bis 40 Jahre
bis 45 Jahre
20 hier: 20
15
10
Studium in Österreich
maximal anrechenbare Punkte: 10
zweiter Studienabschnitt bzw. Hälfte der vorgeschriebenen ECTS-Anrechnungspunkte
5
gesamtes Diplom- oder Bachelor- und Masterstudium
10
Summe der maximal anrechenbaren Punkte
100
erforderliche Mindestpunkteanzahl
70……………………………...hier gesamt: 62
§ 41 NAG lautet:
„(1) Drittstaatsangehörigen kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 1 AuslBG vorliegt.
(2) Drittstaatsangehörigen kann ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles mit Ausnahme des § 11 Abs. 2 Z 2 erfüllen und
1. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 2 AuslBG,
2. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 3 AuslBG,
3. eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 20d Abs. 1 Z 4 AuslBG,
4. ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs. 3 AuslBG, oder
5. ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 24 Abs. 2 iVm Abs. 3 AuslBG
vorliegt.
(3) Entscheidungen über die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte“ sind von der zuständigen Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde und der zuständigen Behörde gemäß §§ 20d oder 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen acht Wochen ab Einbringung des Antrages, zu treffen. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag
1. wegen eines Formmangels oder Fehlens einer Voraussetzung gemäß §§ 19 bis 24 zurück- oder abzuweisen ist oder
2. wegen zwingender Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1) abzuweisen ist.
(4) Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung in den Fällen des § 20d AuslBG in Rechtskraft, ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen. Ist das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung im Fall des § 24 AuslBG negativ, ist der Antrag ohne weiteres abzuweisen.
(5) Der Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ ist für die Dauer von zwei Jahren auszustellen. Weist der Arbeitsvertrag im Falle des Abs. 1 oder Abs. 2 Z 1 bis 3 eine kürzere Dauer auf, ist der Aufenthaltstitel für einen um drei Monate über die Dauer des Arbeitsvertrags hinausgehenden Zeitraum, längstens jedoch für zwei Jahre auszustellen.“
Die Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz für die Zulassung von Besonders Hochqualifizierten für das Jahr 2020 (BGBl II Nr. 420/2019) lautet:
„§ 1. Im Jahr 2020 dürfen AusländerInnen, die über eine der folgenden Ausbildungen verfügen, als Besonders Hochqualifizierte gemäß § 12 AuslBG nach Maßgabe der Anlage A mit einer erforderlichen Mindestpunkteanzahl von 65 zugelassen werden:
1. Diplomingenieur(e)innen für Maschinenbau
2. Diplomingenieur(e)innen für Starkstromtechnik
3. Diplomingenieur(e)innen für Datenverarbeitung
4. Diplomingenieur(e)innen für Schwachstrom- u. Nachrichtentechnik
5. Diplomingenieur(e)innen soweit nicht anderweitig eingeordnet
6. Diplomingenieur(e)innen für Wirtschaftswesen
7. Sozial-, Wirtschaftswissenschafter/innen, wissenschaftliche Statistiker/innen
8. Wirtschaftstreuhänder/innen
9. Ärzt(e)innen
§ 2. Die im § 1 genannten Ausbildungen folgen der Berufssystematik des Arbeitsmarktservice.
§ 3. Diese Verordnung tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft. Vor Ablauf des 31. Dezember 2020 eingebrachte Anträge gemäß § 20d Abs. 1 Z 1 AuslBG sind nach dieser Verordnung zu erledigen.“
3.3 Zur konkreten Situation
Im Hinblick auf § 13 Abs. 4 AuslBG und die Verordnung für die Zulassung von Besonders Hochqualifizierten im Jahr 2020 (BGBl II Nr. 420/2019) ist festzuhalten, dass der Bf den entsprechenden Antrag vor Ablauf des 31.12.2020 eingebracht hat und über eine Ausbildung als Wirtschaftswissenschafter verfügt. Er würde daher mit einer Mindestpunkteanzahl von 65 – statt den üblichen 70 Punkten – als Besonders Hochqualifizierter gemäß § 12 AuslBG zugelassen werden.
Im konkreten Fall ist strittig, ob der Bf die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 65 Punkten laut der Anlage A erfüllt:
Dem Bf sind 20 Punkte für das abgeschlossene Studium, 10 Punkte für Deutschkenntnisse auf Niveau A2 (Maximum in dieser Kategorie), 20 Punkte für das Alter (bis 35), 10 Punkte für die sechsmonatige Tätigkeit bei der XXXX Boutique in Österreich (Maximum in dieser Kategorie) und – im Unterschied zur Beschwerdevorentscheidung – 2 Punkte für die weitere einjährige Tätigkeit bei letzterer anzurechnen. Die Auffassung des AMS, dass es sich um keine für die Berufserfahrung relevante Zeit handle, wird nicht geteilt.
Damit sind 62 Punkte erreicht.
Für die Tätigkeit des Bf bei der MTC International Co., LTD sind keine Punkte zu vergeben, da diese Berufserfahrung nicht ausbildungsadäquat ist. Der Bf hat bereits vor Abschluss seines Studiums 2014 die Tätigkeit dort aufgenommen, dies kann keinesfalls bepunktet werden. Weiters belegt das mit Vorlageantrag vom 18.03.2021 vorgelegte Dienstzeugnis vom 07.07.2019, dass für den Großteil des dort angegebenen Zeitraumes (15.01.2013 bis 31.03.2018) jedenfalls keine Vollzeitbeschäftigung vorgelegen hat, sondern nach Angaben des Bf in der mündlichen Verhandlung eine Nebenbeschäftigung (vgl. Verhandlungsniederschrift vom 23.06.2021, S 7 und 8). Es ist daher auch nicht mehr zu klären, ob die Angaben der Tätigkeit bei der MTC International Co., LTD von 2013 bis 2018 – insbesondere vor dem Hintergrund des Lebenslaufes, der sich im Akt des AMS befindet – glaubhaft sind und das Zeugnis richtig ist.
Im Unterschied zur Beschwerdevorentscheidung können für die Tätigkeit des Bf während des Jahres 2015 in Sydney, Australien – Fish Filleting/Shop Assistant, Fisherman Fresh Fish Market – keine Punkte vergeben werden. Es handelt sich dabei ebenso nicht um eine ausbildungsadäquate Tätigkeit. Es wurde kein entsprechendes Dienstzeugnis vorgelegt und vom Bf – außer im Lebenslauf des AMS – keine hinreichende Angabe dazu gemacht. Auf Vorhalt in der mündlichen Verhandlung, wie man sich mit Blick auf die MTC International Co., LTD die parallelen Tätigkeiten des Bf etwa im Jahr 2015 vorstellen könne, gab dieser an: „Die Arbeit waren für mich alle nebenberuflich. Ich war bei keiner vollbeschäftigt.“ (Verhandlungsniederschrift vom 23.06.2021, S 8).
Es konnten vom Bf keine konkreten Angaben gemacht werden, in welcher Kategorie weitere Punkte angerechnet werden müssten. Auch die mit Vorlageantrag vom 18.03.2021 vorgelegten Unterlagen (3 Technician Certificates, 11 Techficiency Quotient Certifications, 2 Nachweise als Microsoft Office Specialist) erfüllen nicht die in Anlage A geforderten besonderen Qualifikationen. Es handelt sich dabei weder um anerkannte Preisträgerschaften, Forschungs- oder Innovationstätigkeiten noch um eine weitere Aufzählung innerhalb des Kriteriums „Besondere Qualifikationen bzw. Fähigkeiten“. Es sind jedenfalls keine Punkte dafür zu vergeben.
Zusammenfassend ist somit die Mindestpunkteanzahl von 65 nicht erreicht; damit liegen schon aus diesem Grund die Voraussetzungen für die beantragte Rot-Weiß-Rot-Karte nach §12 AuslBG nicht vor. Es war daher nicht mehr zu klären, ob die beabsichtigte Tätigkeit dem Qualifikationsniveau entspricht.
Das BVwG weist darauf hin, dass in diesem Verfahren nur über das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 12 AuslBG (besonders Hochqualifizierte) abgesprochen wurden und nicht darüber, ob der Bf die Voraussetzungen für einen anderen Aufenthaltstitel nach dem AuslBG erfüllt.
Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, sondern der Bf nach Zusammenschau aller entscheidungsrelevanter Informationen die erforderliche Mindestpunkteanzahl – auch bei entsprechender Herabsetzung durch die VO BGBl II Nr. 420/2019 – nicht erreicht hat. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Punktevergabe Qualifikation Rot-Weiß-Rot-Karte SchlüsselkraftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W178.2240650.1.01Im RIS seit
11.08.2021Zuletzt aktualisiert am
11.08.2021