Entscheidungsdatum
01.07.2021Norm
BBG §40Spruch
W218 2238845-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Marion STEINER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , VN XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom 17.11.2020, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 17.11.2020 stellte das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) fest, dass mit einem Grad der Behinderung von 20 vH die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr gegeben seien.
2. Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.
Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass sich seine im Jahr 2009 festgestellten Leiden Colitis ulcerosa und Nierensteine nicht verbessert hätten. Es seien zu seinen bestehenden Leiden eine Zuckerkrankheit sowie eine rezidivierende wandernde Lungenentzündung hinzugekommen. Es bestehe zudem der Verdacht auf eine COPD. Zuletzt habe er am 03.11.2020 Lungenbeschwerden gehabt und sei antibiotisch behandelt worden.
Der letzte Krankheitsschub seiner Colitis ulcerosa sei im November 2020 gewesen und werde er nach wie vor behandelt. Der Beschwerdeführer leide zudem seit 2003 an einem rezidivierenden Harnsteinleiden, es sei zu wiederholten Steinabgängen, ESWL sowie Steinextraktionen gekommen, zuletzt im Februar 2019, November 2019 und April 2020. Eine erfolgreiche Nierensteinentfernung bedeute nicht, dass es nicht mehr zu weiteren Nierensteinbildungen kommen könne.
3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten langten am 21.01.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 vH.
Die aufgrund eines Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung durchgeführte Nachuntersuchung erfolgte am 02.07.2020.
Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen nicht mehr vor.
2. Beweiswürdigung:
Die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten aufgrund der persönlichen Untersuchung am 02.07.2020 und aufgrund der Aktenlage vom 31.07.2020 sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche auf.
Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen.
Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Der medizinische Sachverständige stufte das neu hinzugekommene führende Leiden „Diabetes mellitus Typ II“ schlüssig und nachvollziehbar nach den Kriterien der Einschätzungsverordnung unter der Positionsnummer 09.02.01 mit dem mittleren Rahmensatz mit einem Grad der Behinderung von 20 vH ein. Die Blutzuckerwerte des Beschwerdeführers sind unter Medikamenteneinnahme weitgehend ausgeglichen eingestellt, der letzte gemessene HbA1c Wert vor der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.07.2020 betrug 6,9. Dieses Leiden wurde im Zuge der Neubegutachtung erstmalig eingestuft, da es nunmehr aufgrund der Befunde objektivierbar ist.
Die im Vorgutachten aus dem Jahr 2009 festgestellte führende Gesundheitsschädigung „Colitis ulcerosa“ wurde mit einem Grad der Behinderung von 50 vH unter der Richtsatznummer 357 eingestuft. Im Aktengutachten vom 31.07.2020 führte der Sachverständige aus, dass trotz des leichtgradigen Schubs im November 2019 und aufgrund des objektivierbaren unauffälligen Stuhls und Entzündungswerten eine Besserung des Gesundheitszustandes jedenfalls objektivierbar ist. Im Zuge der persönlichen Untersuchung am 02.07.2020 konnte ein guter Allgemeinzustand und Ernährungszustand des Beschwerdeführers objektiviert werden. Aus dem ambulanten Patientenbrief vom 15.11.2019 geht hervor, dass der Beschwerdeführer im November 2019 einen leichtgradigen Schub hatte, sein Stuhl jedoch wieder ganz normal war und keine Entzündungszeichen vorliegen. Die Funktionseinschränkung wurde vom medizinischen Sachverständigen sohin schlüssig und nachvollziehbar nach den Kriterien der nunmehr geltenden Einschätzungsverordnung unter der Positionsnummer 07.04.04 mit einem Grad der Behinderung von 20 vH eingestuft. Unter diesem Rahmensatz sind geringe Beeinträchtigungen des Kräfte- und Ernährungszustandes mit seltenen Durchfällen, jedoch ohne chronische Schleimhautveränderungen umfasst. Eine höhere Einstufung des Grades der Behinderung ist sohin aufgrund der vorliegenden Befunde nicht möglich, eine Besserung des Zustandes konnte insofern objektiviert werden, als im letzten Coloskopiebefund eine blande Darmschleimhaut befundet wurde und das Leiden stabil verläuft.
Der medizinische Sachverständige stufte das Leiden 3 „Steatosis hepatitis“ unter der Positionsnummer 07.05.03 mit dem unteren Rahmensatz mit einem Grad der Behinderung von 10 vH ein, da aus den vorliegenden Befunden keine maßgebliche Lebersynthesestörung hervorgeht. Dieses Leiden wurde im Zuge der Neubegutachtung neu in die Liste der Funktionseinschränkungen aufgenommen, da es nunmehr befundmäßig dokumentiert ist.
Unter laufender Nummer 4 des Aktengutachtens vom 31.07.2020 wurde das neu hinzugekommene Leiden 4 „Hiatushernie“ unter der Positionsnummer 07.03.01 mit dem fixen Rahmensatz mit einem Grad der Behinderung von 10 vH eingestuft, da es nunmehr objektivierbar ist.
Die im Vorgutachten 2009 unter laufender Nummer 2 angeführte Gesundheitseinschränkung „Nierensteinleiden“, welches unter der damals geltenden Richtsatzverordnung unter der Richtsatznummer 236 mit einem Grad der Behinderung von 50 vH eingestuft wurde, erreicht zum Zeitpunkt des Sachverständigengutachtens basierend auf der persönlichen Untersuchung und des Aktengutachtens keinen Grad der Behinderung mehr, da keine aktuelle persistierende Nierenfunktionsschädigung nach erfolgreichen Nierensteinentfernung dokumentiert ist. Der medizinische Sachverständige berücksichtigte bei der Beurteilung die beim Beschwerdeführer – in der Beschwerde angeführten – wiederholten Nierensteinentfernungen, zuletzt im November 2019 und April 2020, diese konnten jedoch erfolgreich durchgeführt werden.
Der Beschwerdeführer moniert im Zuge der Beschwerde eine rezidivierende wandernde Lungenentzündung sowie den Verdacht auf eine COPD. Im Zuge der persönlichen Untersuchung am 02.07.2020 war keine Dyspnoe in Ruhe und beim Gang im Untersuchungszimmer objektivierbar. Im Zuge der ausführlichen Untersuchung der Lunge zeigte sich ein sonorer Klopfschall und ein Vesikuläratmen. Der medizinische Sachverständige führte dazu im Gutachten basierend auf der Aktenlage schlüssig und nachvollziehbar aus, dass ein persistierendes einschätzungsrelevantes Lungenleiden nicht durch aktuelle Befunde belegt ist. Aus der Untersuchung des seitlichen Thorax im Befund vom 30.01.2020 geht hervor, dass die Lungenfelder eine regelrechte Grundhelligkeit und Gefäßzeichnung aufweisen und konnte ein pneumonisches Infiltrat objektiviert werden. Ein einstufungsrelevantes Lungenleiden ist sohin nicht befundmäßig dokumentiert.
Der medizinische Sachverständige stufte den Gesamtgrad der Behinderung mit 20 vH ein, da das führende Leiden 1 „Diabetes mellitus Typ II“ durch die weiteren Leiden nicht weiter erhöht wird. Das Leiden 2 „Colitis ulcerosa“ erhöht den Grad der Behinderung mangels maßgeblicher ungünstiger wechselseitiger Leidensbeeinflussung nicht weiter. Die Leiden 3 „Steatosis hepatitis“ und 4 „Hiatushernie“ erhöhen aufgrund geringer funktioneller Relevanz den Gesamtgrad der Behinderung nicht weiter.
Aufgrund der Besserung des im Vorgutachten angeführten führenden Leiden 1 und dem Wegfall des dort angeführten Leiden 2 konnte insgesamt eine Besserung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers, trotz Hinzukommen von drei anderen Leiden, objektiviert werden.
Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
Die eingeholten Sachverständigengutachten stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen. (§ 43 Abs. 1 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Eine Verbesserung des Leidenszustandes konnte insofern objektiviert werden, als sich die nunmehr unter laufender Nummer 2 vorliegende Funktionseinschränkung seit der Begutachtung im Jahr 2009 verbessert hat und nunmehr ein stabiler Verlauf bei guten Allgemein- und Ernährungszustand vorliegt und die vormalige Gesundheitsschädigung 2 „Nierensteinleiden“ aufgrund der erfolgreichen Nierensteinentfernung ohne dokumentierte aktuelle persistierende Nierenfunktionsstörung keinen einstufungsrelevanten Grad der Behinderung mehr erreicht.
Da ein Grad der Behinderung von 20 (zwanzig) vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht mehr erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
Der Rechtsprechung des EGMR kann entnommen werden, dass er das Sozialrecht auf Grund seiner technischen Natur und der oftmaligen Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, als gerade dazu geneigt ansieht, nicht in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen (vgl. Eriksson v. Sweden, EGMR 12.4.2012; Schuler-Zgraggen v. Switzerland, EGMR 24.6.1993).
Im Erkenntnis vom 18.01.2005, GZ. 2002/05/1519, nimmt auch der Verwaltungsgerichtshof auf die diesbezügliche Rechtsprechung des EGMR (Hinweis Hofbauer v. Österreich, EGMR 2.9.2004) Bezug, wonach ein mündliches Verfahren verzichtbar erscheint, wenn ein Sachverhalt in erster Linie durch seine technische Natur gekennzeichnet ist. Darüber hinaus erkennt er bei Vorliegen eines ausreichend geklärten Sachverhalts das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise an, welches das Absehen von einer mündlichen Verhandlung gestatte (vgl. VwGH vom 4.3.2008, 2005/05/0304).
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde auf gutachterlicher Basis ermittelt. Zudem wurde von der beschwerdeführenden Partei in der Beschwerde kein Vorbringen erstattet, welches eine weitere Erörterung notwendig erschienen ließ.
Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht erwartbar war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung Neufestsetzung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W218.2238845.1.00Im RIS seit
11.08.2021Zuletzt aktualisiert am
11.08.2021