TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/13 W265 2242619-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.2021
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Entscheidungsdatum

13.07.2021

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W265 2242619-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag.a Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr.in Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 11.02.2021, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 28.04.2021, betreffend Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 22.09.2020 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis), mittels dem entsprechend von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Antragsformular, der zugleich als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ gilt. Mit dem Antrag legte sie Personaldokumente und medizinische Befunde vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten Facharztes für Orthopädie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 13.11.2020 basierenden Gutachten vom 28.12.2020 wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:

„Anamnese:

2010 Fersenbeinbruch (vom 2. Stock gestürzt) wurde nicht operiert. Gipsbehandlung.

Sonst keine Unfälle und Operationen am Bewegungsapparat.

Derzeitige Beschwerden:

Schmerzen im Bereich der rechten Ferse mit Ausstrahlung in die Achillessehne und in den Vorfuß.

Hat ein Fremdkörpergefühl im rechten Fuß. Kann nur sehr langsam Gehen. Bei Belastung werden auch ausstrahlende Beschwerden in die LWS angegeben.

Belastungsabhängige Schmerzen in der BWS.

Beim Kochen kann sie nicht Stehen. Schwellungsneigung wird angegeben.

Hat in der Früh einen Gehstock.

Orthopädische Schuhe werden getragen.

Behandlung(en)/Medikamente/Hilfsmittel:

Letzte physikalische Therapie Februar 2020. Nächste ist im Dezember geplant.

Schmerzstillende Medikamente Ibuprofen 600 2-3x täglich, Deflamat

Weitere Medikamente eine kleine Tablette, Name ist nicht erinnerlich.

Hilfsmittel orthopädische Schuhe, fallweise ein Gehstock

Sozialanamnese:

Seit 1 Woche ein Kurs vom AMS.

2. Stock ohne Lift.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

13.9.2020 RÖ Dr. XXXX , XXXX : Rückfuß rechts ap/s sowie axial bei Z. n. Fersenbeinfraktur rechts, konsulitierte Fraktur. Hochgradig deformierter Calcaneus mit

Sekundärarthrose im unteren Sprunggelenk und Gelenkspaltverschmälerung zwischen Talus und Calcaneus mit subchondraler Sklerose bei kommunizierenden Gelenkflächen. Am oberen Sprunggelenk keine höhergradigen Arthrosezeichen, keine freie Gelenkskörper.

14.9.2020 Befundbericht Dr. XXXX , XXXX : es wird eine Abnützung im oberen und unteren Sprunggelenk bescheinigt bei Z. n. Fersenbeinfraktur. Es wird eine orthopädische Schuhversorgung und Physiotherapie angeführt.

8.4.2019 RÖ Dr. XXXX , XXXX , rechter Fuß ap/s: der Calcaneus ist deutlich deformiert und unregelmäßig sklerosiert, es dürfte sich hier um einen Z. n. alter Fraktur vorliegend. Die Knochenstruktur im Mittelfußbereich erscheint deutlich rarifiziert. Geringer Hallux valgus.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Kommt in Begleitung einer Bekannten, die als Dolmetsch fungiert, aufrecht gehend, normale Straßenkleidung, orthopädischer Schuh.

Aus- und Ankleiden im Stehen und Sitzen, ohne Fremdhilfe.  

Guter AZ und EZ 

Rechtshändig.

Kopf, Brustkorb, Bauch unauffällig.

Haut normal durchblutet

Ernährungszustand:

Gut

Größe: 160,00 cm  Gewicht: 68,00 kg  Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Wirbelsäule gesamt

Im Lot, Becken-, Schultergeradstand,

Krümmung normal, keine Skoliose. Symmetrische, seitengleiche Tailliendreiecke, symmetrische, mittelkräftige, seitengleiche Muskulatur

HWS S 35-0-30, R 70-0-70, F 30-0-30, keine Blockierungen, Nackenmuskulatur locker  

BWS R 30-0-30, Ott 30/33 normal
LWS FBA + 30 cm Reklination 20, Seitneigen 30-0-30, R 30-0-30, Plateaubildung L4-S1 mit segmentalem Druckschmerz. Schober 10:15 normal         

SI Gelenke nicht druckschmerzhaft,
Grob neurologisch:

Hirnnerver frei.

OE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich  

UE: MER mittellebhaft, seitengleich, Sensibilität seitengleich, Kraft seitengleich  

Keine Pyramiedenzeichen.  

Obere Extremität

Allgemein

Rechtshändig, Achsen normal, Gelenkkonturen schlank, Muskulatur seitengleich,

Durchblutung seitengleich, Handgelenkspulse gut tastbar. Gebrauchsspuren seitengleich.

Schulter bds:
S 40-0-180, F 180-0-30, R(F0) 60-0-60, (F90) 80-0-80. Kein schmerzhafter Bogen.
Ellbogen bds:

S 0-0-145, R 80-0-80, bandstabil.

Handgelenk bds:
S 70-0-70, Speichen-, Ellenabspreizung je 30          

Langfingergelenke nicht bewegungseingeschränkt  

Nackengriff:

Nicht eingeschränkt, seitengleich. 

Schürzengriff:

Nicht eingeschränkt, seitengleich.
Kraft seitengleich, Faustschluss komplett, seitengleich, Fingerfertigkeit seitengleich.          

Untere Extremität

Allgemein

Keine Beinlängendifferenz, Beinachse normal, Gelenkkonturen rechtes Sprunggelenk plump, sonst schlanke Konturen, Muskulatur seitengleich, Durchblutung seitengleich, Fußpulse gut tastbar, Gebrauchsspuren seitengleich.

Hüfte bds:
S 0-0-130, R 40-0-40, F 40-0-40, kein Kapselmuster.

Knie bds:

S0-0-150, bandstabil, kein Erguss, keine Meniskuszeichen, Patellaspiel nicht eingeschränkt, Zohlenzeichen negativ.

SG bds:

S 20-0-40, bandfest, kein Erguss. Rechts deutlicher Bewegungsschmerz 

Fuß bds:
Rückfuß gerade, Rechte Ferse verkürzt, Zangengriff schmerzhaft. Achillessehne schmerzhaft. Links normale Länge des Fersenbeines., Längsgewölbe Krümmung normal, Spreizfuß

Zehen uneingeschränkt beweglich. Keine Achsabweichung

Gesamtmobilität – Gangbild:

Kleinschrittig, langsam, deutliches Schmerzhinken rechts, Abrollen rechts eingeschränkt. Fuß wird plan aufgesetzt.

Zehen-Fersenstand rechts nicht möglich.

Einbeinstand rechts unsicher

Hocke nicht prüfbar

Transfer auf die Untersuchungsliege selbständig, rasch.  

Wendebewegungen rasch.

Status Psychicus:

Orientiert, freundlich, kooperativ.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Fußwurzelarthrose nach Fersenbeinbruch rechts.

Oberer Rahmensatz, berücksichtigt die Verkürzung des Fersenbeines, die belastungsabhängige Schmerzhaftigkeit.

02.05.32

40

Gesamtgrad der Behinderung 40 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erstbegutachtung.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

?

Dauerzustand

?

Nachuntersuchung -


1.       Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine höhergradigen Funktionsbehinderungen am Bewegungsapparat. Die Bewältigung einer kurzen Wegstrecke (300m bis 400m), das Überwinden von Niveauunterschieden, das sichere Aus- und Einsteigen und der sichere Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel sind gegeben.

2.       Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Keine vorliegend.“

Mit Schreiben vom 29.12.2020 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin dieses Sachverständigengutachten als Ergebnis der Beweisaufnahme in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Laut dem ärztlichen Sachverständigengutachten bestehe ein Gesamtgrad der Behinderung von 40 v. H., somit würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen.

Die Beschwerdeführerin erstattete keine Stellungnahme.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.02.2021 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab. Mit einem Grad der Behinderung von 40 % erfülle die Beschwerdeführerin nicht die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Der Beschwerdeführerin sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht eingelangt sei, habe vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht abgegangen werden könne. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grund gelegt worden. Da die ärztliche Begutachtung einen Grad der Behinderung von 40 % ergeben habe, würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses (Grad der Behinderung von mindestens 50 %) nicht vorliegen. Mit dem Bescheid wurde der Beschwerdeführerin das ärztliche Sachverständigengutachten vom 28.12.2020 übermittelt.

Mit am 04.03.2021 eingelangtem Schreiben erhob die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid fristgerecht die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin führte sie im Wesentlichen aus, sie sei mit dem Ergebnis nicht einverstanden, weil sie sehr starke Schmerzen an den Füßen habe. Im Sommer habe sie auch versucht, ein bisschen ohne den Gehstock zu gehen, was aufgrund des warmen Wetter leichter gewesen sei. Als es etwas kälter geworden sei, sei der Schmerz zurückgekehrt. Dass sie, wie im Bescheid festgehalten, alle notwendigen Tätigkeiten selbst erledigen könne, stimme nur zum Teil. Zuhause könne sie vieles selber erledigen, da sie meistens sitze und nicht stehe. Wenn sie in der Öffentlichkeit sei und sich bewege, würden ihre Füße zum Teil anschwellen, und ohne Gehstock könne sie nicht mehr rausgehen. Von den Ärzten sei ihr auch gesagt worden, dass es sein könnte, dass sie operiert werde. Das sei aufgrund ihrer kleinen Kinder nicht möglich. Sie brauche zudem spezielle orthopädische Schuhe. Gegen die Schmerzen an der Ferse würden auch die speziellen Schuhe nicht mehr richtig helfen. Sie bekomme monatlich Spritzen, um den Schmerz zu ertragen. An vielen Tagen, wenn sie mehrmals mit dem Gehstock rausgehe, könne sie nicht ohne Schmerzmittel schlafen. Sie werde auch zum Deutschkurs gehen müssen, der nicht immer in der Nähe von öffentlichen Verkehrsmitteln sei, das sei sehr schmerzhaft und belastend. In diesem Jahr sei es noch auszuhalten gewesen, aber sie sei sich sicher, dass die Situation in Zukunft schlimmer werde. Mit der Beschwerde legte die Beschwerdeführerin medizinische Befunde vor.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein weiteres Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag.

In dem auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.04.2021 basierenden Gutachten vom 28.04.2021 wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:

„Anamnese:

Bezüglich Vorgeschichte siehe Vorgutachten vom 13.11.2020, ges. GdB 40% Zwischenanamnese:

unauffällig

Derzeitige Beschwerden:

Wenn es kälter ist kann sie fast nicht gehen (die Tochter übersetzt), der Fuß tut weh seitlich und unten.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Medikamente: Deflamat, Ibuprofen, Magenschutz

Laufende Therapie: keine

Hilfsmittel: Orthopädische Schuhe

Sozialanamnese:

Pens.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

03/2021 Röntgenbefund der LWS beschreibt beginnende Degeneration

03/2021 hausärztliches Attest ohne Befund

09/2020 Röntgenbefund beschreibt hochgradige Arthrose im unt. Sprunggelenk nach Fersenbeinbruch, am oberen Sprunggelenk keine höhergradigen Arthrosezeichen.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:
altersentsprechend

Ernährungszustand:

normal

Größe: 160,00 cm  Gewicht: 68,00 kg  Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Caput/Collum: unauffällig

Thorax: symmetrisch, elastisch

Abdomen: klinisch unauffällig

Obere Extremitäten:

Rechtshänder. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Benützungszeichen sind seitengleich.

Sämtliche Gelenke sind klinisch unauffällig und frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Nacken- und Kreuzgriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Untere Extremität:

Der Barfußgang wird rechts nur am Vorfuß ausgeführt. Die Beinachse ist im Lot. Gering Muskelverschmächtigung am rechten Ober- und Unterschenkel. Beinlänge rechts – 1,5 cm. Die Sensibilität wird am rechten Fuß als vermindert angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist rechts diskret herabgesetzt.

Rechter Fuß: die Ferse ist verbreitert, die Fersentaille ist verstrichen, die Bewegungen im unteren Sprunggelenk sind schmerzhaft, das obere Sprunggelenk ist bandfest und frei beweglich.
Übrige Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.
Beweglichkeit:

Hüften und Knie sind seitengleich frei beweglich. Oberes Sprunggelenk S rechts 25-0-35, links 30-0-50. Unteres Sprunggelenk rechts Wackelbewegungen, links frei.

Umfang in cm (Oberschenkel gemessen 15 cm oberhalb vom Kniescheibenrand): Oberschenkel rechts 52,5, links 53, Unterschenkel rechts 35, links 35,5, Sprunggelenke rechts 25,5, links 24. 
Wirbelsäule:

Im Stehen wird nur das linke Bein belastet, die rechte Ferse wird etwa 5 cm vom Boden abgehoben. Dadurch ist die Achse nicht beurteilbar. Regelrechte Krümmungsverhältnisse.

Gering Hartspann zervikal, es wird zervikal und lumbal Druckschmerz angegeben.  

Die Beweglichkeit ist in allen Abschnitten uneingeschränkt.

Gesamtmobilität – Gangbild:

Kommt in orthopädischen Schuhen ohne weitere Gehhilfen zur Untersuchung, das Gangbild ist mäßig rechtshinkend, sicher. Das Aus- und Ankleiden wird im Sitzen durchgeführt.

Status Psychicus:

wach, Sprache unauffällig

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos.Nr.

Gdb %

1

Fußwurzelarthrose nach Fersenbeinbruch rechts.

Wahl dieser Position mit 1 Stufe über dem unteren Rahmensatz, da nur geringe Beweglichkeitseinschränkung im oberen Sprunggelenk, deutlich im unteren Sprunggelenk und gering Muskelverschmächtigung als Zeichen einer Belastungsminderung. Die angegebenen Schmerzen sind mitberücksichtigt.

02.05.32

20

Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

-

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

-

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Niedrigere Einstufung von Leiden 1 aufgrund nur unwesentlicher Muskelverschmächtigung am rechten Bein und nur gering herabgesetzter Fußsohlenbeschwielung als Zeichen einer

Belastungsminderung. Die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk ist nur unwesentlich herabgesetzt.

Änderung des Gesamtgrades der Behinderung im Vergleich zu Vorgutachten:

s.o.

?

Dauerzustand

?

Nachuntersuchung -


[…]

1.       Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine. Es bestehen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren

Extremitäten noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit. Eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 m ist mit orthopädischen Schuhen zumutbar und möglich. Weitere Gehbehelfe, die das Einsteigen- und Aussteigen behindern, sind behinderungsbedingt nicht erforderlich. Die Beine können gehoben, Niveauunterschiede können überwunden werden. Es besteht ausreichend Kraft und Beweglichkeit an den oberen Extremitäten. Greifformen sind erhalten. Bezüglich der angegebenen Schmerzsymptomatik bestehen noch umfangreiche medikamentöse Therapiereserven.

2.       Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein

[…]

Begründung:

Orthopädische Schuhe“

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 28.04.2021 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 11.02.2021 ab. Mit einem Grad der Behinderung von 20 % würden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des aufgrund der Beschwerde durchgeführten ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse der ärztlichen Begutachtung seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Mit der Beschwerdevorentscheidung wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten vom 28.04.2021 übermittelt.

Mit Schreiben vom 13.05.2021, eingelangt am 14.05.2021, stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht den gegenständlichen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG. Darin führte sie im Wesentlichen aus, ihr gesundheitlicher Zustand sei schlechter geworden. Aus diesem Grund habe sie gegen den ersten Bescheid Einspruch eingelegt. Bei der zweiten Begutachtung habe sie sich nicht gut bzw. verständlich ausdrücken können, da ihre Deutschkenntnisse nicht ausreichen würden. Ihre Tochter habe für sie gedolmetscht. Sie habe mehr Schmerzen als früher und solle dagegen täglich mehrere Tabletten nehmen. Trotz der Tabletten seien ihre alltäglichen Routinen nicht einfach, zum Beispiel das Treppensteigen sei sehr schwierig. Sie wohne im zweiten Stock ohne Lift und in der Wohnung müsse sie zeitweise sogar mit dem Stock gehen. Sie müsse die Kinder morgens in den Kindergarten bringen und auch wieder abholen. Dabei müsse sie alle paar Meter eine Pause machen und das Laufen an sich schmerze. Wegen ihrer Füße sei sie in Behandlung, wie aus beiliegenden Befunden ersichtlich sei. Sie ersuche, die Entscheidung noch einmal zu überdenken und ihren Behinderungsgrad entsprechend wieder anzuheben. Mit dem Vorlageantrag legte die Beschwerdeführerin medizinische Befunde vor.

Mit Schreiben vom 20.05.2021 legte die belangte Behörde die Beschwerde, den Vorlageantrag und den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo diese am selben Tag einlangten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin brachte am 22.09.2020 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 11.02.2021 in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 28.04.2021 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab und sprach aus, dass mit einem Grad der Behinderung von 20 v. H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vorliegen würden.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Bei der Beschwerdeführerin besteht folgende Funktionseinschränkung, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern wird:

-        Fußwurzelarthrose nach Fersenbeinbruch rechts

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkung, deren Ausmaß sowie medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem zuletzt seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 28.04.2021 zu Grunde gelegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 20 v. H.

2. Beweiswürdigung:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich aus dem Akt und dem vom Bundesverwaltungsgericht am 21.05.2021 eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellungen zu der bei ihr vorliegenden Gesundheitsschädigung sowie zum Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das zuletzt durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 28.04.2021, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.04.2021 sowie den von ihr vorgelegten medizinischen Beweismitteln. Dieses Gutachten ist aktueller als das von der belangten Behörde zunächst eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie vom 28.12.2020, basierend auf einer persönlichen Untersuchung am 13.11.2020, in dem der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin noch mit 40 v. H. eingeschätzt wurde.

In dem eingeholten Sachverständigengutachten wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen Befund sowie den von der Beschwerdeführerin in Vorlage gebrachten medizinischen Unterlagen, entsprechen der festgestellten Funktionsbeeinträchtigung. Die Gesundheitsschädigung wurde nach der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Das Leiden der Beschwerdeführerin, eine Fußwurzelarthrose nach Fersenbeinbruch rechts, wurde korrekt der Position 02.05.32 („Funktionseinschränkung bis Versteifung einseitig“) der Anlage zur Einschätzungsverordnung zugeordnet. Die Wahl dieser Position und die Einschätzung des Grades der Behinderung mit einer Stufe über dem unteren Rahmensatz (20 v. H.) begründete der Gutachter nachvollziehbar damit, dass nur eine geringe Beweglichkeitseinschränkung im oberen Sprunggelenk, eine deutliche im unteren Sprunggelenk und eine geringe Muskelverschmächtigung als Zeichen einer Belastungsminderung vorliegen. Die angegebenen Schmerzen wurden mitberücksichtigt (vgl. AS 40).

Die Beschwerdeführerin trat diesen Einschätzungen weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag konkret entgegen, sondern brachte jeweils nur vor, dass bestimmte Situationen und Tätigkeiten für sie mit Schmerzen verbunden und sie auf verschiedene Hilfsmittel angewiesen sei(en). Das von ihr beschriebene Beschwerdebild und die damit verbundenen Einschränkungen in ihrem Alltagsleben wurden im Sachverständigengutachten bereits erkennbar berücksichtigt, rechtfertigen nach dessen schlüssiger Beurteilung aber keine höhere Einstufung nach der Einschätzungsverordnung. Auch die wiederholt vorgebrachte (fallweise) Notwendigkeit der Verwendung von Hilfsmitteln wie eines Gehstocks führt nicht zu einem höheren Grad der Behinderung, gerade, wenn die Beeinträchtigungen dadurch erfolgreich kompensiert werden können. Betreffend das Vorbringen im Vorlageantrag, dass es der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer mangelnden Deutschkenntnisse nicht möglich gewesen sei, sich bei der (zweiten) Untersuchung verständlich auszudrücken, ist nicht ersichtlich, dass dies das Gutachtensergebnis beeinflusst haben könnte. Die Beschwerdeführerin hatte ihre Einschränkungen schon im Rahmen der ersten Untersuchung und in der Beschwerde jeweils ausführlich beschrieben, diese Unterlagen waren dem Sachverständigen bekannt. Auch im Vorlageantrag schilderte sie ihre Beschwerden im Wesentlichen wiederum gleichlautend, sodass nicht nachvollziehbar ist, welche Beschwerden bei der Untersuchung unerwähnt und daher unberücksichtigt geblieben sein sollen. Auch in den von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Befunden finden sich keine Hinweise auf weitere, nicht berücksichtigte Beschwerden.

Insoweit sich das Beschwerdevorbringen darüber hinaus ausschließlich auf die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass Grundlage und zwingende Voraussetzung für die Vornahme der entsprechenden Zusatzeintragung (in den Behindertenpass) die Ausstellung eines Behindertenpasses ist. Da der Beschwerdeführerin mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v. H. richtigerweise bereits kein Behindertenpass auszustellen war (siehe dazu noch in der rechtlichen Beurteilung), konnte eine nähere Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Vorbringen unterbleiben. Für die Frage der Einschätzung des Grades der Behinderung waren die Angaben zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht relevant.

Der Vollständigkeit wegen ist aber in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige nachvollziehbar ausführte, dass bei der Beschwerdeführerin weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bestehen. Eine kurze Wegstrecke mit einem Aktionsradius von rund zehn Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300 bis 400 Metern, ist mit orthopädischen Schuhen zumutbar und möglich. Weitere Gehbehelfe, die das Einsteigen- und Aussteigen behindern, sind behinderungsbedingt nicht erforderlich. Die Beine können gehoben, Niveauunterschiede können überwunden werden. Es besteht ausreichend Kraft und Beweglichkeit an den oberen Extremitäten, Greifformen sind erhalten. Bezüglich der von der Beschwerdeführerin angegebenen Schmerzsymptomatik bestehen noch umfangreiche medikamentöse Therapiereserven (vgl. AS 39).

Neben bereits im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten medizinischen Befunden legte die Beschwerdeführerin mit dem Vorlageantrag erstmals einen Befund vom 19.04.2021 mit den Diagnosen „Calcaneodynie re, St. P. Calcaneus-Fx 2006, Arthrose USG re“ (vgl. AS 52), einen Arztbrief vom 12.05.2021 mit den Diagnosen „Posttraumatische USG Arthrose rechts mit Deformierung des Calcaneus rechts, Beinlängendifferenz links + 3 cm, Lumboischialgien“ (vgl. AS 53) und die Aufzeichnung eines Ruhe-EKG vom 08.04.2021 (vgl. AS 59) vor. Keiner dieser Befunde war geeignet, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen mit einem höheren Grad der Behinderung herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen, alle angeführten Diagnosen waren bereits berücksichtigt.

Die Beschwerdeführerin ist den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen damit insgesamt nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 28.04.2021. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1.       Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes lauten auszugsweise:

„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpass berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpass auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpass einzuziehen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpass und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“

Wie oben unter Punkt II. 2. ausgeführt, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Facharztes für Unfallchirurgie und Arztes für Allgemeinmedizin vom 28.04.2021, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 20.04.2021 und den von ihr vorgelegten medizinischen Befunden, zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 20 v. H. beträgt. Die Funktionseinschränkungen wurden in den Gutachten entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft.

Die Beschwerdeführerin ist diesem nachvollziehbaren Sachverständigengutachten, wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen des Vorlageantrags auch keine weiteren Befunde vor, die geeignet wären, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung ihres Zustandes zu belegen.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v. H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v. H. ein Behindertenpass auszustellen ist, aktuell nicht erfüllt.

Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

2.       Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

3.       wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde iSd § 24 Abs. 1 VwGVG weder beantragt, noch hält Bundesverwaltungsgericht eine solche für erforderlich.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde von der belangten Behörde unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von den Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W265.2242619.1.00

Im RIS seit

11.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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