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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des E in G, vertreten durch den gesetzlichen Vertreter Magistrat Graz, Amt für Jugend und Familie, dieses vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. September 1996, Zl. 4.348.017/1-III/13/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Asylsache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Nach dem Inhalt der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Bescheidausfertigung ist davon auszugehen, daß das Bundesasylamt mit Bescheid vom 1. Dezember 1995 den am 11. Oktober 1995 durch die vom Beschwerdeführer frei gewählten Anwälte Dr. R und Dr. N in G eingebrachten Antrag auf Asylgewährung abgewiesen hat. Dieser Bescheid wurde - insoweit ist der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Sachverhalt unbestritten - zwar dem Magistrat Graz, Amt für Jugend und Familie als gesetzlichem Vertreter, nicht jedoch den zuvor eingeschrittenen frei gewählten Rechtsvertretern des minderjährigen Beschwerdeführers zugestellt. Die Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes an den Magistrat Graz, Jugendamt, erfolgte am 5. Dezember 1995. Der letzte Tag für die fristgerechte Einbringung der Berufung wäre somit der 19. Dezember 1995 gewesen; die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde jedoch erst am 20. Dezember 1995, sohin nach Ablauf der Frist des § 63 Abs. 5 AVG eingebracht. Dies veranlaßte die belangte Behörde, mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 9. September 1996 die Berufung als verspätet zurückzuweisen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer geht davon aus, die von ihm erhobene Berufung sei rechtzeitig, da eine Zustellung des abweislichen Bescheides des Bundesasylamtes an seine zur Wahrung seiner Rechtssicherheit gewählten Anwälte Dr. T und Dr. W bisher noch nicht erfolgt sei, sodaß der Bescheid des Bundesasylamtes noch nicht rechtswirksam erlassen worden sei. Durch das Unterbleiben dieser Zustellung an seine frei gewählten Rechtsanwälte sei die ihm als Minderjährigem gegenüber notwendige Obsorge, ihm nämlich die bestmögliche Rechtssicherheit angedeihen zu lassen - wenn auch zweifelsohne nicht absichtlich -, umgangen worden; er selbst habe vom negativen Bescheid des Bundesasylamtes erst infolge Verständigung durch den Magistrat Graz als seinem gesetzlichen Vertreter am 11. Dezember 1995 erfahren. Die Frist zur Erhebung der Berufung sei daher - wenn überhaupt - erst an dem der Zustellung an folgenden Tag ausgelöst worden.
Diesen Ausführungen ist folgendes entgegenzuhalten:
Zunächst ist klarzustellen, daß der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde lediglich die Zurückweisung seiner Berufung als verspätet bekämpft, jedoch keinen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt hat.
Die vierzehntägige Berufungsfrist des § 63 Abs. 5 AVG beginnt mit der rechtswirksamen Zustellung des anzufechtenden Bescheides. Es ist daher zu prüfen, ob bzw. welche der vorangeführten Zustellungen des erstinstanzlichen Bescheides rechtswirksam erfolgt sind. Unbestritten ist, daß der mj. Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 AsylG 1991 zur selbständigen Stellung des Asylantrages rechtlich in der Lage war, demgemäß den Asylantrag auch durch von ihm frei gewählte und bevollmächtigte Personen (Rechtsanwälte) einbringen konnte. Im übrigen - d.h. für sämtliche weiteren Verfahrensschritte - oblag jedoch die Vertretung des mj. Asylwerbers dem örtlich zuständigen Jugendwohlfahrtsträger, der gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 1991 die Interessen des (mj.) Beschwerdeführers von Amts wegen wahrzunehmen hat. In allen für die Zustellung des Bescheides des Bundesasylamtes relevanten Zeitpunkten (5. bzw. 11. Dezember 1995) war der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen noch minderjährig, und daher im Sinne des § 13 Abs. 1 AsylG 1991 prozessual nicht handlungsfähig, was das weitere - durch den von ihm selbständig gestellten Asylantrag ausgelöste - Asylverfahren anbelangt. Demgemäß hätte auch eine Zustellung an die von ihm zur Einbringung des Asylantrags bevollmächtigten Rechtsvertreter rechtswirksam nicht erfolgen können (vgl. hg. Erkenntnisse vom 11. September 1996, Zl. 96/20/0400, und vom 10. Oktober 1996, Zl. 95/20/0741). Im zuletzt genannten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof aber auch ausgesprochen, daß dann, wenn für eine Partei im Verwaltungsverfahren ein sich auf die erteilte Vollmacht berufender Rechtsanwalt einschreitet, und die belangte Behörde keinen Zweifel hat, daß Inhalt und Umfang der Vollmacht für das von den Verwaltungsinstanzen abzuführende (gesamte) Verfahren gelten soll, die Behörde zur Zustellung an den ausgewiesenen Vertreter nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet ist. Wäre dies im Zuge des erstinstanzlichen Asylverfahrens klar hervorgetreten, so wäre die Asylbehörde verpflichtet gewesen, zu klären, inwieweit die an die frei gewählten Rechtsanwälte vom Beschwerdeführer (direkt) erteilte Bevollmächtigung vom gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen (Magistrat Graz-Jugendamt) genehmigt wurde. Daß eine derartige Genehmigung hätte erteilt werden müssen, bzw. erteilt worden sei, geht aus der Beschwerde nicht hervor. Vielmehr wird in der Beschwerde selbst darauf verwiesen, daß die vom Beschwerdeführer frei gewählten Vertreter dem Bundesasylamt mitteilten, ihre Tätigkeit beschränke sich auf die Antragsverfassung. Da die Behörde erster Instanz mangels Mitteilung einer über die Asylantragstellung hinausgehenden Bevollmächtigung der frei gewählten Rechtsanwälte DURCH DEN JUGENDWOHLFAHRTSTRÄGER bzw. die Genehmigung einer vom Beschwerdeführer an diese direkt erteilte Bevollmächtigung durch diesen richtigerweise ihren Bescheid an den gesetzlichen Vertreter zugestellt hat und zum Zeitpunkt der Einbringung der Berufung am 20. Dezember 1995 die mit der zuvor erfolgten Zustellung an den Jugendwohlfahrtsträger rechtswirksam in Gang gesetzte vierzehntägige Berufungsfrist abgelaufen war, hat die belangte Behörde die Berufung mit Recht als verspätet zurückgewiesen.
Da sich sohin bereits aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Beginn Vertretungsbefugnis Vollmachtserteilung Handlungsfähigkeit Prozeßfähigkeit MinderjährigeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997200022.X00Im RIS seit
20.11.2000