TE Vfgh Erkenntnis 2021/6/8 E4381/2020 ua

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Veröffentlicht am 08.06.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3, §8, §10, §18, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander betreffend die Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz von zwei Staatsangehörigen des Iraks; mangelhafte Auseinandersetzung mit der Tätigkeit als Sportfunktionär sowie mangelhafte Auseinandersetzung mit der aktuellen Versorgungssituation und Sicherheitslage in der Herkunftsregion

Spruch

I. Die Beschwerdeführer sind durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.877,60 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Irak, gehören der Volksgruppe der Araber an und bekennen sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Der Erstbeschwerdeführer ist der Vater des Zweitbeschwerdeführers. Sie stammen aus Bagdad und lebten dort bis zu ihrer Ausreise. Am 23. August 2015 stellten der Erstbeschwerdeführer, der zum damaligen Zeitpunkt minderjährige Zweitbeschwerdeführer sowie ein weiterer Sohn des Erstbeschwerdeführers (siehe VfGH 8.6.2021, E3839/2020) Anträge auf internationalen Schutz.

Begründend wurde vorgebracht, dass der Erstbeschwerdeführer im Irak ein hochrangiger Sportfunktionär gewesen sei. Er sei Leiter des irakischen Schwimmverbands und zuständiger Finanzdirektor in der paraolympischen Organisation des Irak gewesen. In dieser Eigenschaft sei er telefonisch bedroht worden. Er solle entweder seine Funktionen aufgeben oder er und seine Söhne würden getötet. Hinter der Drohung vermute der Erstbeschwerdeführer Kollegen aus der Sportunion, die Schiiten seien und der Mahdi Miliz angehörten. Der Erstbeschwerdeführer habe die Drohung ernst genommen. Bereits in den Wochen zuvor seien andere Sportfunktionäre bedroht und attackiert worden. Deshalb habe der Erstbeschwerdeführer mit zwei Söhnen, die im Schwimmverband als Athleten aktiv gewesen seien, den Irak verlassen. Kurz nach der Flucht habe einer der Kollegen, die hinter der Drohung stecken würden und der schiitischen Miliz nahe stünden, die Funktionen des Erstbeschwerdeführers übernommen.

2. Mit Bescheiden vom 7. April 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung in den Irak zulässig ist. Ferner setzte es eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen.

3. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Beschlüssen vom 20. November 2017 die dagegen erhobenen Beschwerden gemäß §28 Abs1 VwGVG iVm §18 Abs3 AVG als unzulässig zurück, weil die Unterschrift des Genehmigenden fehlte und sich die Beschwerden daher gegen einen Nichtbescheid gerichtet hätten. Folglich seien die Verfahren noch immer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängig.

4. Mit Bescheiden vom 29. Jänner 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge neuerlich sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak ab. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 FPG erlassen und gemäß §52 Abs9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak gemäß §46 FPG zulässig sei. Ferner wurde ausgesprochen, dass gemäß §55 Abs1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

5. Die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Erkenntnis vom 2. November 2020 als unbegründet ab.

In seiner Begründung stellt das Bundesverwaltungsgericht zunächst fest, dass der Erstbeschwerdeführer im Irak als hochrangiger Sportfunktionär tätig gewesen sei. Das Fluchtvorbringen, dass der Erstbeschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Sportfunktionär bedroht worden sei, hält das Bundesverwaltungsgericht für nicht glaubwürdig. Dies begründet es im Wesentlichen mit einer amtswegig eingeholten ACCORD-Anfragebeantwortung, wonach keine Hinweise für eine Gefährdung hoher Sportfunktionäre im Irak durch schiitische Milizen vorliegen würden. Die seitens der Beschwerdeführer vorgelegten Foto- und Videodokumente, die die Ermordung und Bedrohung von hochrangigen Sportfunktionären verdeutlichen sollten, hätten eine gegenüber den Beschwerdeführern bestehende Bedrohungslage nicht bestätigt, auch wenn der Erstbeschwerdeführer laut anwesendem Dolmetscher in einem Video namentlich erwähnt worden sei.

6. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973), auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK) sowie im Recht, keiner Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (Art3 EMRK), behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht seiner Ermittlungspflicht in Bezug auf die Gefährdungslage von Sportfunktionären im Irak nicht ausreichend nachgekommen sei.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Verwaltungs- und Gerichtsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

II. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Derartige, in die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

2.1. Das Bundesverwaltungsgericht hält zum Fluchtvorbringen in seiner Entscheidung fest, dass hochrangige Sportfunktionäre im Irak keiner Gefährdung durch schiitische Milizen ausgesetzt wären. Hiefür stützt sich das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen auf eine eingeholte ACCORD-Anfragebeantwortung vom 6. Februar 2019, der lediglich Folgendes zu entnehmen ist:

"Es konnten keine Informationen zur Gefährdungslage von hohen Funktionären von irakischen Sportverbänden, insbesondere der Schwimmunion des Irak, gefunden werden. Es konnten auch keine Informationen zu dem in der Anfrage erwähnten Vater gefunden werden. Gesucht wurde mittels ecoi.net, Factiva und Google nach einer Kombination aus folgenden Suchbegriffen: Iraqi, Asian, sports, swimming, athletic, association, federation, threat, pressure, kill, flee, Iraqi Swimming Federation, Palestine Street, […], sowie unterschiedliche Schreibweisen des Namens des Vaters."

Hinsichtlich der seitens der Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente wird in der Entscheidung nur in einem Satz ausgeführt, dass in einem Video der Erstbeschwerdeführer und dessen Flucht zwar namentlich erwähnt worden seien, eine gegen diesen zuvor bestehende Drohung habe durch das Video letztendlich nicht bestätigt werden können.

2.2. Aus der im Akt einliegenden Niederschrift der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergibt sich allerdings, dass eine Aufzeichnung einer Nachrichtensendung vom 25. November 2015 vorgelegt wurde, in welcher über die Flucht des Erstbeschwerdeführers und seiner beiden Söhne sowie über ein Schussattentat auf einen anderen Sportfunktionär, den Direktor der Polizeisportunion, berichtet wird. Zudem ist dem Gerichtsakt zu entnehmen, dass seitens der Beschwerdeführer weitere Berichte über Anschläge auf Sportfunktionäre in arabischer Sprache vorgelegt wurden.

Ferner ergibt sich aus der Niederschrift, dass in der Verhandlung die vorgelegte Nachrichtensendung und die vorgelegten Berichte auszugsweise angesehen und vom anwesenden Dolmetscher einzelne Inhalte zusammengefasst übersetzt wurden. Der Dolmetscher bestätigte, dass in der Nachrichtensendung das Thema Drohungen und Attentate gegen Sportfunktionäre behandelt wird.

2.3. Der vorsitzende Richter erteilte laut Niederschrift am Ende der Verhandlung der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer den Auftrag, die "vorgelegten fremdsprachigen Urkunden binnen 2 Wochen in die deutsche Sprache, amtlich beglaubigt übersetzt, vorzulegen. Widrigenfalls diese Urkunden soweit sie nicht schon heute teilweise übersetzt wurden, nicht berücksichtigt werden können." Die Rechtsvertreterin ersuchte daraufhin das Bundesverwaltungsgericht, im Rahmen der Ermittlungspflichten die vorgelegten Beweismittel übersetzen zu lassen, weil die Beschwerdeführer auf Grund ihrer Mittellosigkeit keine Möglichkeit hätten, die vorgelegten Urkunden amtlich beglaubigt übersetzen zu lassen.

2.4. Am 12. Oktober 2018 legten die Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht eine von der Diakonie Flüchtlingsdienst angefertigte Übersetzung eines Teilausschnittes der Nachrichtensendung vom 25. November 2015, in der die Beschwerdeführer namentlich genannt wurden, vor. Dieser Übersetzung ist auszugsweise Folgendes zu entnehmen:

"In der Einleitung des relevanten Ausschnittes gibt der Fernsehsprecher an, dass vor 2-3 Monaten der Finanzverantwortliche des paraolympischen Schwimm Kommittees (= **************) alles hinter sich gelassen hat und nach Europa geflohen ist (mit seinen beiden Söhnen ***** und ***********). Die Sportunion fragt sich, weshalb ************ das Land verlassen hat. Es folgt ein Portrait über ************, seine Verdienste für den Sport im Irak: […]

Im Raum steht die Frage, weshalb ****************** – trotz der vielen Erfolge – trotz seiner wirtschaftlich guten Situation (Haus – Autos) – gezwungen war zu fliehen – als Grund wird nochmals die schwierige Situation für die Sportfunktionäre im irakischen Sport genannt.

Abgesehen vom Ausschnitt der Reportage – in welchem ************ namentlich und bildlich erwähnt wird – wird in den anderen Teilen der Reportage darauf hingewiesen, dass ein Sportfunktionär angeschossen wurde – dieser [hat] keine Unterstützung und Schutz von staatlicher Seite erhalten."

2.5. Mit all dem hat sich das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung nicht auseinandergesetzt. Indem das Bundesverwaltungsgericht eine nähere Auseinandersetzung mit der Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers als Sportfunktionär und einer möglichen Bedrohung im Herkunftsstaat auf Grund dieser Tätigkeit unterlässt, hat es in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen (in diesem Zusammenhang ist das Bundesverwaltungsgericht auch auf die in §18 Abs1 AsylG 2005 normierte amtswegige Ermittlungspflicht hinzuweisen, vgl VfSlg 20.215/2017; VfGH 8.6.2020, E942/2020).

2.6. Zudem erschöpft sich die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts hinsichtlich einer möglichen Verletzung der Beschwerdeführer in ihren durch Art2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechten im Wesentlichen darin, dass es sich bei den Beschwerdeführern um zwei erwachsene Männer handle. Der Erstbeschwerdeführer verfüge über eine gute schulische Ausbildung und habe in seiner Heimat bereits Berufserfahrung gesammelt. Der Zweitbeschwerdeführer verfüge über eine Schulausbildung, sei gesund und im arbeitsfähigen Alter. Ein Vorbringen, welches die Annahme der grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit in Zweifel ziehen könne, sei nicht erstattet worden. Es sei davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat in der Lage sein würden, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Dies sei dem Erstbeschwerdeführer trotz seiner körperlichen Einschränkung durch eine Beinamputation auch bis zu seiner Flucht gelungen.

2.7. Beweiswürdigend hält das Bundesverwaltungsgericht zur Lage im Herkunftsstaat Folgendes fest:

"Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat der bfP in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen."

In den im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wiedergegebenen Länderberichten finden sich keine Ausführungen zur Grundversorgung im Irak, zur konkreten Sicherheitslage in der Herkunftsregion der Beschwerdeführer oder zur Situation von Rückkehrern. Es finden sich in den wiedergegebenen Länderfeststellungen lediglich Ausführungen zu den bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den irakischen Streitkräften und dem Islamischen Staat ("IS"), zur Truppengröße von zwei schiitischen Milizen sowie zur medizinischen Versorgungssituation. Die Annahmen des Bundesverwaltungsgerichtes, dass eine unzureichende Versorgungssituation und eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Beschwerdeführer nicht vorlägen, lassen sich aus den zitierten Länderberichten nicht ableiten.

2.8. Das Bundesverwaltungsgericht hat es daher unterlassen, sich konkret mit der aktuellen Versorgungssituation und Sicherheitslage in jener Region auseinanderzusetzen, aus der die Beschwerdeführer stammen und diese in der Begründung des Erkenntnisses mit der individuellen Situation der Beschwerdeführer in Beziehung zu setzen (zu diesen Anforderungen in den Irak betreffenden Fällen vgl zB VfGH 11.6.2018, E4317/2017; 26.6.2018, E4387/2017; 25.9.2018, E1764/2018 ua; 26.6.2020, E3392/2019).

2.9. Das angefochtene Erkenntnis ist daher aus diesen Gründen mit Willkür belastet.

III. Ergebnis

1. Die Beschwerdeführer sind somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl 390/1973) verletzt worden.

Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist ein Streitgenossenzuschlag in Höhe von € 218,– und Umsatzsteuer in der Höhe von € 479,60 enthalten. Ein Ersatz der Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, weil die Beschwerdeführer Verfahrenshilfe im Umfang des §64 Abs1 Z1 lita ZPO genießen.

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E4381.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2021
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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