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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander und im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung betreffend die Abweisung des Antrags eines türkischen Staatsangehörigen auf internationalen Schutz; Mangelhaftigkeit der Begründung betreffend die strafgerichtliche Verurteilung; Fehlen von eigenen Länderfeststellungen und keine Auseinandersetzung mit Länderinformationen des BFA sowie mit klinisch-psychologischem Befundbericht; mündliche Verhandlung zur Klärung des Sachverhaltes notwendigSpruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz BGBl Nr 390/1973) und im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art47 Abs2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Inneres) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.616,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Der Beschwerdeführer ist ein am 19. Mai 1998 geborener Staatsangehöriger der Türkei und gehört der Volksgruppe der Kurden an. Er stammt aus Silopi in der Provinz ??rnak und hat dort für acht Jahre die Grundschule und für vier Jahre ein Gymnasium besucht. Danach besuchte er eine Berufsschule und war zuletzt in Antalya als Kellner erwerbstätig. Am 17. Juni 2019 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf internationalen Schutz.
Begründend führte der Beschwerdeführer zu diesem Antrag im Wesentlichen aus, dass es im Dezember 2015 in seiner Herkunftsregion zu einem Militäreinsatz gekommen sei und die Einwohner seines Heimatviertels Cudi zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert worden seien. Beim Verlassen seines Wohnhauses sei er von den Einsatzkräften am linken Handgelenk angeschossen worden und er könne seine Hand seither kaum bewegen. Im Jahr 2016 sei er festgenommen worden, weil ihm zu Unrecht vorgeworfen worden sei, dass er bei dem Vorfall im Dezember 2015 gegen die Einsatzkräfte gekämpft habe und dabei angeschossen worden sei. Er sei dann ungefähr für fünf Monate im Gefängnis gewesen, wo er auch gefoltert worden sei. Im Mai 2017 sei er dann zu einer Haftstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt worden. Dagegen habe sein Anwalt Beschwerde erhoben und er sei daraufhin mit einer Meldeverpflichtung freigelassen worden. Ende Dezember 2018 sei die letzte Verhandlung in der Sache gewesen und die Haftstrafe sei sodann angehoben worden. Es würden auch noch zwei weitere Verfahren gegen ihn anhängig sein. Bei einer Rückkehr werde er sofort verhaftet.
2. Mit Bescheid vom 26. Februar 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 ab; ebenso wurde der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß §8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Türkei abgewiesen. Weiters wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §57 AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß §10 Abs1 Z3 AsylG 2005 iVm §9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß §52 Abs2 Z2 FPG erlassen und gemäß §52 Abs9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei gemäß §46 FPG zulässig sei. Gemäß §55 Abs1a FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Schließlich wurde gegen ihn gemäß §53 Abs1 iVm Abs3 Z6 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.
3. Die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht – ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Erkenntnis vom 13. Oktober 2020 mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß §55 Abs1 iVm Abs2 erster Satz FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt. Das unbefristete Einreiseverbot wurde ersatzlos behoben.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sei zu Recht zum Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen nicht glaubhaft darlegen habe können, bis zu seiner Ausreise einer individuellen Verfolgung durch staatliche Organe im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen zu sein oder im Fall der Rückkehr von einer solchen Verfolgung bedroht zu sein.
4. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es das Bundesverwaltungsgericht unterlassen habe, den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. So habe sich das Bundesverwaltungsgericht nicht ausreichend mit den Hintergründen der strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Ausführungen seien zudem auch widersprüchlich. Ferner habe das Bundesverwaltungsgericht einen im Beschwerdeverfahren vorgelegten klinisch-psychologischen Befundbericht vom 15. Juli 2020 nicht berücksichtigt.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichtsakten und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Verwaltungsakten vorgelegt; beide haben von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.
II. Erwägungen
1. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
2. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsbestimmung enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl 390/1973, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
3. Solche Fehler sind dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:
3.1. Im Falle der Behauptung einer asylrelevanten Verfolgung durch die staatliche Strafjustiz ist im Rahmen der Prüfung nach den §§3 und 8 AsylG 2005 zu klären, ob rechtsstaatlich legitime strafrechtliche Verfolgung ("prosecution") vorliegt oder es sich um eine Verfolgung handelt, die ihre Motivation in den in §3 AsylG 2005 genannten Gründen findet oder eine Verletzung in den Rechten nach Art2 oder 3 EMRK bedeutet ("persecution"). Dabei kommt es entscheidend auf die angewendeten Rechtsvorschriften, aber auch auf die tatsächlichen Umstände ihrer Anwendung sowie die Verhältnismäßigkeit der verhängten Strafe an (VfGH 25.6.2014, U433/2013).
Für die Beurteilung einer Asylrelevanz der staatlichen Strafverfolgung seitens der Türkei ist festzustellen, welches tatsächliche Verhalten von den türkischen Gerichten als erwiesen angenommen wurde, welche Straftatbestände (einschließlich ihrer Strafdrohung) auf Grund dieses Verhaltens als erfüllt angesehen wurden und welche Sanktion jeweils dafür verhängt wurde. Erst diese Feststellungen bilden die Grundlage für die Beurteilung, ob die verhängten Sanktionen für die als erfüllt angesehenen Straftatbestände verhältnismäßig sind (VwGH 27.5.2015, Ra 2014/18/0133; 20.12.2016, Ra 2016/01/0126).
3.2. Das Bundesverwaltungsgericht hält in seiner Entscheidung fest, dass es sich bei den gegen den Beschwerdeführer geführten Strafverfahren um legitime Strafverfolgung und nicht um Verfolgung aus asylrelevanten Gründen handelt. Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichts ist allerdings widersprüchlich und vage:
So trifft das Bundesverwaltungsgericht die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zuletzt wegen des Delikts die "Einheit und die Ganzheit des Landes zu zerstören" zu einer fünfzehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. In der rechtlichen Begründung führt es aus, dass der Beschwerdeführer "wegen seiner kriminellen Handlungen in der Türkei, nämlich seiner Beteiligung an Handlungen der als Terrororganisation eingestuften PKK, wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung zu einer 15-jährigen Haftstrafe verurteilt" worden sei. An anderer Stelle der rechtlichen Begründung wird hingegen ausgeführt, dass mit "Ausnahme der gerichtlichen Unterlagen von in der Türkei gegen den BF geführten Strafverfahren […] aus Sicht des erkennenden Gerichts keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich [waren], die für ein tatsächliches Naheverhältnis des BF zur PKK sprachen."
Der angefochtenen Entscheidung lässt sich nicht entnehmen, auf Grund welchen von den türkischen Gerichten als erwiesen angenommenen tatsächlichen Verhaltens der Beschwerdeführer verurteilt worden ist. Somit hat das Bundesverwaltungsgericht in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen. Zudem bleibt auch unklar, auf Grund welchen Straftatbestandes (einschließlich dessen Strafdrohung) der Beschwerdeführer verurteilt wurde.
3.3. Zur Befürchtung des Beschwerdeführers, bei einer Rückkehr erneut inhaftiert und gefoltert zu werden, hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers zu in Haft erlittenen Folterhandlungen vage und daher nicht glaubhaft gewesen seien. Ferner ergebe sich aus den länderkundlichen Informationen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass zwar gewisse Defizite in den türkischen Haftanstalten bestünden, sich deren Ausstattung jedoch in den letzten Jahren deutlich verbessert habe. Es sei auch nicht jeder Häftling mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Folter und Misshandlung ausgesetzt, sondern es handle sich um Einzelfälle. Eigene Länderfeststellungen trifft das Bundesverwaltungsgericht nicht.
Das Bundesverwaltungsgericht setzt sich in diesem Zusammenhang nicht mit einem im Beschwerdeverfahren vorgelegten klinisch-psychologischen Befundbericht vom 15. Juli 2020 auseinander, in welchem dem Beschwerdeführer "ausgeprägte Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung nach schweren und wiederholten psychischen und physischen Traumata mit klinisch relevanten Symptomen mit Flashbacks" beziehungsweise "Symptome nach Folterung" attestiert werden.
Zudem ist den im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl getroffenen Länderfeststellungen ua Folgendes zu entnehmen (Hervorhebungen nicht im Original):
"
Vorwürfe über Folter, Misshandlung und grausame und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Polizeigewahrsam und Strafanstalten sowie das Fehlen einer adäquaten Untersuchung dieser Vorwürfe geben weiterhin Anlass zu großer Sorge (HRW 17.1.2019, vgl EC 29.5.2019). Solche Vorwürfe gab es seit Ende des offiziellen Besuchs des UN-Sonderberichterstatters zu Folter im Dezember 2016, ua angesichts der Behauptungen, dass eine große Anzahl von Personen, die im Verdacht stehen, Verbindungen zur Gülen-Bewegung oder zur PKK zu haben, brutalen Verhör-Methoden ausgesetzt sind, die darauf abzielen, erzwungene Geständnisse zu erwirken oder Häftlinge zu nötigen, andere zu belasten (OHCHR 27.2.2018, vgl OHCHR 3.2018). Die Regierungsstellen haben keine ernsthaften Maßnahmen ergriffen, um diese Anschuldigungen zu untersuchen oder die Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Stattdessen wurden Beschwerden bezüglich Folter von der Staatsanwaltschaft unter Berufung auf die Notstandsverordnung (Art9 des Dekrets Nr 667) abgewiesen, die Beamte von einer strafrechtlichen Verantwortung für Handlungen im Zusammenhang mit dem Ausnahmezustand freispricht. Die Tatsache, dass die Behörden es versäumt haben, Folter und Misshandlung öffentlich zu verurteilen und das allgemeine Verbot eines solchen Missbrauchs in der täglichen Praxis durchzusetzen, fördert ein Klima der Straffreiheit, welches dieses Verbot und letztendlich die Rechtsstaatlichkeit ernsthaft untergräbt (OHCHR 27.2.2018, vgl EC 29.5.2019).
[…]
Mit Stand Dezember 2018 befanden sich 57.000 Personen ohne Anklageerhebung in Haft bzw in Untersuchungshaft, d.h. über 20% der Gesamtzahl der Gefängnisbevölkerung. Ebenfalls mehr als ein Fünftel aller Gefängnisinsassen, das sind rund 45.000 von mehr als einer viertel Million, befindet sich wegen terroristischer Anschuldigungen in Haft (EC 29.5.2019, vgl ÖB 10.2019). […]
In den Gefängnissen gibt es zahlreiche Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen, darunter willkürliche Einschränkungen der Rechte von Gefangenen und die Anwendung von Folter, Misshandlung und Einzelhaft als Disziplinarmaßnahmen (EC 29.5.2019, vgl HRW 17.1.2019). Fallweise untersuchen die Behörden glaubwürdige Vorwürfe von Missbrauch und unmenschlichen oder erniedrigenden Bedingungen in den Haftanstalten, veröffentlichen die Ergebnisse solcher Untersuchungen jedoch in der Regel nicht und ergreifen keine Maßnahmen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen (USDOS 13.3.2019). In Gesuchen, die 2018 aus Gefängnissen an die türkische Menschenrechtsvereinigung ?HD geschickt wurden, gaben 1.149 Personen an, dass sie in verschiedenen Gefängnissen Folter und Misshandlung ausgesetzt waren (?HD 19.4.2019)."
3.4. Insgesamt erweist sich die Begründung der angefochtenen Entscheidung als unzureichend und nicht nachvollziehbar. Das angefochtene Erkenntnis ist daher mit Willkür belastet.
4. Für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht regelt §21 Abs7 BFA-VG den Entfall der mündlichen Verhandlung. Das Absehen von einer mündlichen Verhandlung steht – sofern zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde – jedenfalls in jenen Fällen im Einklang mit Art47 Abs2 GRC, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist (vgl VfSlg 19.632/2012).
Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht als geklärt im Sinne des §21 Abs7 BFA-VG anzusehen. Die Akten haben erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung des Sachverhaltes im vorliegenden Fall erwarten ließe. Das Bundesverwaltungsgericht hätte daher nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen dürfen. Der Beschwerdeführer ist daher in seinem Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art47 Abs2 GRC verletzt worden (vgl VfGH 23.2.2015, E155/2014; 10.6.2016, E2108/2015; 24.11.2016, E1079/2016; 13.3.2019, E4744/2018; 23.9.2019, E1494/2019).
III. Ergebnis
1. Der Beschwerdeführer ist somit durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander gemäß ArtI Abs1 BVG zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung und im Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art47 Abs2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verletzt worden.
Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– enthalten.
Schlagworte
Asylrecht / Vulnerabilität, Verhandlung mündliche, EU-Recht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:E4123.2020Zuletzt aktualisiert am
11.08.2021