Index
001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der B H in H, vertreten durch Dr. Othmar Knödl und Mag. Manfred Soder, Rechtsanwälte in 6240 Rattenberg, Hassauerstraße 75, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 22. April 2021, Zlen. LVwG-2021/37/0545-6 und LVwG-2021/37/0546-6, betreffend Verfahren nach § 17a Forstgesetz 1975 und naturschutzrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schwaz; mitbeteiligte Partei: Gemeinde H, vertreten durch Moser & Partner, Rechtsanwälte in 6130 Schwaz, Ludwig Penz-Straße 2), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1.1. Unter Spruchpunkt II. eines Bescheides vom 30. November 2020 erteilte die belangte Behörde der Mitbeteiligten die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Errichtung sowie Verlegung eines bestimmten Wanderweges in H.
2 Unter Spruchpunkt I. des genannten Bescheides nahm die belangte Behörde die in diesem Zusammenhang von der Mitbeteiligten angezeigte vorübergehende Rodung von insgesamt 65 m2 und dauernde Rodung von insgesamt 100 m2 auf näher bezeichneten Waldflächen gemäß §§ 17a und 170 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (ForstG) zustimmend zur Kenntnis.
3 1.2. Mit der angefochtenen Entscheidung vom 22. April 2021 wies das Landesverwaltungsgericht Tirol - soweit für die vorliegende Revisionsentscheidung von Interesse - eine Beschwerde der Revisionswerberin gegen die genannten Spruchpunkte als unzulässig zurück, wobei es die Revision nicht zuließ.
4 Dem legte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen zugrunde, die Revisionswerberin sei Eigentümerin der Liegenschaft EZ 30 GB H. mit den Grundstücken Nr. 1239/2, 1836/1 und 1836/2. Zugunsten dieser Liegenschaft sei im Grundbuch aufgrund eines Kaufvertrages aus 1882 die Dienstbarkeit der Forstproduktenablieferung über das Grundstück Nr. 1519/1 der EZ 90037 GB H. eingetragen. Der nunmehr projektierte Wanderweg verlaufe u.a. über das Grundstück Nr. 1519/1; dessen Eigentümer habe der Errichtung und Verlegung eines Teiles des Wanderweges und den dafür vorgesehenen Rodungen zugestimmt. Das im Eigentum der Revisionswerberin stehende, teilweise bestockte Grundstück Nr. 1836/1 grenze an das Grundstück Nr. 1519/1.
5 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - soweit für den vorliegenden Revisionsfall von Interesse - aus, aus den maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 (Hinweis insbesondere auf §§ 36 und 43 TNSchG 2005) lasse sich mit Blick auf die erteilte naturschutzrechtliche Bewilligung eine Parteistellung der Revisionswerberin nicht ableiten.
6 Das Anmeldeverfahren nach § 17a ForstG wiederum sei lediglich ein dem „ordentlichen“ Rodungsverfahren nach § 17 ForstG vorgelagertes Rechtsinstitut (Hinweis auf VwGH 16.10.2006, 2003/10/0226). Die Bestimmungen des ForstG sähen zwar eine Parteistellung des Eigentümers eines an die Rodefläche angrenzenden Grundstückes im (über Antrag eines hiezu Berechtigten eingeleiteten) Rodungsverfahren vor, räumten ihm aber keinen Anspruch auf Erteilung einer Rodungsbewilligung betreffend den nachbarlichen Wald bzw. ein entsprechendes Antragsrecht ein. Ebenso wenig normiere das ForstG ein Antragsrecht des Eigentümers des Nachbargrundstückes auf Durchführung eines Rodungsverfahrens über eine im Sinne des § 17a ForstG angemeldete Rodung (Hinweis auf VwGH 26.2.2007, 2006/10/0259). Eine Einbindung des Eigentümers eines an die Rodefläche angrenzenden Grundstückes als Partei in rechtsförmlicher Weise sei somit in § 17a ForstG nicht vorgesehen.
7 Mangels Parteistellung der Revisionswerberin sei deren Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides vom 30. November 2020 daher als unzulässig zurückzuweisen.
8 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 3.1. In den Zulässigkeitsausführungen ihrer außerordentlichen Revision bringt die Revisionswerberin zunächst vor, es fehle hg. Rechtsprechung zu der Frage, ob sich die Parteistellung nach § 19 ForstG nur auf ein Rodungsverfahren im Sinn des § 17 ForstG beziehe oder ob im Verfahren nach § 17a ForstG „ebenso Parteistellung eines dinglichen Berechtigten“ bestehe.
12 Damit legt die Revisionswerberin allerdings eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dar, hat doch der Gerichtshof in der schon vom Verwaltungsgericht angeführten Judikatur die angesprochenen Rechtsfragen zur Parteistellung im Verfahren nach § 17a ForstG geklärt; die dabei mit Blick auf den Eigentümer einer an die Rodefläche angrenzenden Waldfläche (vgl. § 19 Abs. 4 Z 4 ForstG) getätigten Aussagen des Gerichtshofs haben auch für an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte (vgl. § 19 Abs. 4 Z 2 ForstG) Geltung.
13 3.2. Im Weiteren wirft die Revisionswerberin die Frage auf, ob sich ihre Parteistellung als dinglich Berechtigte (u.a.) im Verfahren nach dem ForstG und dem TNSchG 2005 „bereits aus der Bestimmung des § 8 AVG“ ergebe.
14 Sowohl das ForstG als auch das TNSchG 2005 treffen ausdrückliche Regelungen zur Parteistellung; diese autoritative Festlegung der Parteistellung in den jeweiligen Verfahren macht eine Prüfung des Falles anhand des § 8 AVG entbehrlich (vgl. etwa VwGH 24.9.2014, 2013/03/0003, mwN). Nur soweit die Verwaltungsvorschriften über die Parteistellung keine ausdrückliche Regelung enthalten, ist im Wege der Auslegung zu prüfen, ob durch die maßgebenden Rechtsvorschriften nur eine Rechtspflicht der Behörde oder auch ein subjektiver Anspruch - und damit eine Parteistellung - für die Person begründet wird (vgl. etwa VwGH 22.1.2015, Ra 2014/06/0005 = VwSlg. 19.024 A, mwN).
15 4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
16 Die Revision war daher zurückzuweisen.
17 5. Soweit sich die Revision gegen die Bestätigung des Spruchpunktes III. des Bescheides vom 30. November 2020 durch das angefochtene Erkenntnis richtet, bleibt die Entscheidung dem zuständigen Senat 07 vorbehalten.
Wien, am 19. Juli 2021
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021100102.L00Im RIS seit
12.08.2021Zuletzt aktualisiert am
31.08.2021