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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Mag. Dr. Köller sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des K in K, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 3. April 2020, LVwG-M-32/001-2019, betreffend Maßnahmenbeschwerde iA Übertretung des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Baden),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang des Abspruchs über die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme von elektronischen Geräten sowie des Ausspruchs über den Kostenersatz wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Maßnahmenbeschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und sprach aus, dass die am 10. Juni 2019 durchgeführte Amtshandlung durch den Polizeibeamten W. im Rahmen einer Verkehrskontrolle weder unverhältnismäßig noch unangebracht gewesen sei und sich hinsichtlich sämtlicher Teilhandlungen - Abnahme der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheins, Beschlagnahme von elektronischen Geräten, Untersagung der Weiterfahrt und Anlegung einer Radklammer - als rechtskonform erweise (Spruchpunkt II.). Unter einem verpflichtete das Verwaltungsgericht den Revisionswerber zum Kostenersatz in näher bezeichneter Höhe (Spruchpunkt III.) und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt IV.).
2 Das Verwaltungsgericht stellte begründend fest, am 10. Juni 2019 hätten die Polizeibeamten P. und W. an einem näher genannten Ort aus ihrem Dienst-KFZ Lasermessungen durchgeführt. Gegen 21:00 Uhr sei es dem das Messgerät ordnungsgemäß bedienenden, im Verkehrsaufsichtsdienst erfahrenen Polizeibeamten W. nicht gelungen, das vom Revisionswerber gelenkte KFZ einer unmittelbar verwertbaren Messung zu unterziehen. Bei der ordnungsgemäßen Verwendung des geeichten Lasermessgeräts habe erst nach einem Zeitraum von 3 bis 4 Sekunden ein Messergebnis erhoben werden können. Dieses zeitlich stark verzögert ausgeworfene Messergebnis in Verbindung mit dem verwendeten Steuergerät gebe dem Lenker die Möglichkeit, ein verbautes „Antilaser-Gerät“ bei Bedarf auszuschalten. Aufgrund des verzögerten Messergebnisses und des Verdachts des Einbaues eines „Antilaser-Geräts“ sei die Nachfahrt aufgenommen worden. Im Zuge der durchgeführten Fahrzeug- und Lenkerkontrolle seien zwei Sensoren der Firma „Anti-Laser-Priority“ an der Vorderseite des PKW sowie zwei sogenannte „TX-Sensoren“ erkennbar gewesen. Zwei weitere „TX-Sensoren“ seien heckseitig verbaut gewesen, weiters sei mittig an der Schürze ein „AL-Laserblocker“ angebracht gewesen. Für die Beamten sei eindeutig gewesen, dass es sich hierbei um Geräte handle, die Lasermessungen „blocken“ könnten. Da sich der Revisionswerber nach Aufforderung geweigert habe, die Geräte auszubauen, sei ihm die Weiterfahrt untersagt, die Kennzeichentafeln sowie der Zulassungsschein abgenommen und die Anlegung von Radklammern veranlasst worden. Weiters sei im Zuge der Amtshandlung die Beschlagnahme des „Anti-Laser-Priority-Geräts“, des Steuergeräts, des Bedienelements sowie von drei Stück „Priority-Sensoren“ erfolgt.
3 Diese Feststellungen stützte das Verwaltungsgericht beweiswürdigend auf die als glaubwürdig eingestuften Aussagen der Polizeibeamten P. und W. und die damit im Einklang stehenden Ausführungen des im Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen. Die Einholung weiterer Sachverständigengutachten und die Einvernahme weiterer Zeugen - wie vom Revisionswerber gefordert - erachtete das Verwaltungsgericht als nicht geeignet, um zu einer Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage zur allein strittigen Frage der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen beizutragen.
4 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, die vorliegend bekämpften Einzelakte der Polizeibeamten seien rechtlich als Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu werten. Die gesetzten Maßnahmen seien vollumfänglich rechtskonform gewesen. Dies ergebe sich aus § 98a Abs. 1 und 3 KFG. Die Polizeibeamten seien völlig zu Recht von einer Übertretung der Bestimmung des § 98a KFG ausgegangen. Ein Messergebnis habe erst verzögert nach rund 3 bis 4 Sekunden erzielt werden können. Es handle sich dabei um einen geradezu typischen Umstand, der den Verbau eines Geräts iSd § 98a KFG vermuten lasse. Die Schlussfolgerung der Beamten, dass die verzögerte Messung auf einen unzulässigen Einbau von Geräten iSd § 98a KFG kausal rückführbar sei, sei geradezu zwingend. Diese Annahme habe sich bei Inaugenscheinnahme der am PKW verbauten Geräte erhärtet. In Hinblick auf die Art der verbauten Geräte, deren Zahl und deren Ausrichtung sei für die einschlägig beruflich erfahrenen Beamten offensichtlich gewesen, dass diese Geräte die Ursache für die verzögerte, nicht verwertbare Messung gewesen seien. Da sich der Revisionswerber geweigert habe, die Geräte auszubauen, sei die Anordnung von Zwangsmaßnahmen zur Verhinderung der Weiterfahrt gerechtfertigt gewesen. Es habe sich dabei auch um die gelindesten Mittel gehandelt.
5 Auch die Beschlagnahme der im Fahrzeug verbauten Geräte sei als rechtskonform einzustufen. Der in § 98a Abs. 3 KFG normierte Verfall habe „Doppelcharakter“ und diene einerseits als Strafe für deliktisches Verhalten und andererseits als Sicherungsmaßnahme zur Abwehr von Gefahren. Der in § 98a Abs. 3 zweiter Satz KFG genannte Verfall beziehe sich auf den ersten Satz von Abs. 3 leg. cit. Sohin sei der in dieser Gesetzesbestimmung normierte Verfall immer in Zusammenhang mit der Verwaltungsübertretung anzusehen, setze eine Übertretung voraus und sei auch als Strafe zu verstehen, weshalb die §§ 17, 18 und 39 VStG zur Anwendung kämen. Darüber hinaus hätten die Polizeibeamten auch vom Vorliegen von Gefahr in Verzug ausgehen können, weil der die Amtshandlung führende Polizeibeamte W. aufgrund seines Fachwissens habe schließen dürfen, dass sich Steuergeräte von Radar- oder Laserblockern auf vielfältige Weise, mühelos und später nicht nachvollziehbar sperren bzw. entsperren ließen. Die Beschlagnahme habe sohin zu Recht auf § 39 Abs. 2 VStG gestützt werden können.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher zur Zulässigkeit vorgebracht wird, dem Verwaltungsgericht sei eine antizipierende Beweiswürdigung anzulasten, weil es den Beweisanträgen des Revisionswerbers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich der elektronischen Nachrichtentechnik sowie auf Einvernahme des Beifahrers nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie die „Eignung“ iSd § 98a Abs. 1 KFG zu verstehen sei und ob darunter auch Geräte fielen, die nur durch aufwendige technische Manipulation dahingehend umfunktioniert (manipuliert) werden könnten, dass sie geeignet seien, technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung zu beeinflussen oder zu stören. Im gegenständlichen Fall habe es sich um Geräte gehandelt, die nicht einmal durch hard- oder softwaremäßige Manipulation derart verändert werden könnten, dass damit Lasermessungen gestört werden könnten. Schließlich sei die Beschlagnahme rechtswidrig, weil es keine rechtliche Grundlage dafür gegeben habe. § 98a KFG sehe eine Beschlagnahme nicht vor und § 39 VStG könne nicht herangezogen werden, weil diese Bestimmung nur greife, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliege, die den Verfall von Gegenständen als Strafe vorsehe, was hier aber nicht der Fall sei.
7 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Revision.
8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht über die Beschwerde des Revisionswerbers gegen fünf trennbare Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt entschieden, auch wenn diese Akte im Rahmen einer einheitlichen Amtshandlung (Fahrzeug- und Lenkerkontrolle) gesetzt wurden (vgl. zu einer glückspielrechtlichen Kontrolle, VwGH 15.2.2021, Ra 2019/17/0125, mwN).
10 Liegen - wie im vorliegenden Fall - in der angefochtenen Entscheidung trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision auch getrennt zu prüfen (vgl. etwa VwGH 11.5.2021, Ra 2021/02/0105, mwN).
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 12.5.2021, Ra 2021/03/0057, mwN).
15 Die vorliegende Revision erweist sich - soweit sie sich gegen die Abweisung der Maßnahmenbeschwerde betreffend die erfolgte Beschlagnahme der elektronischen Geräte richtet - als zulässig und insoweit begründet. Im Übrigen erweist sich die Revision als nicht zulässig.
16 Das Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267, in der zum Zeitpunkt der gegenständlichen Maßnahmen geltenden Fassung BGBl. I Nr. 9/2017, lautete auszugsweise:
„Radar- oder Laserblocker
§ 98a. (1) Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können, dürfen weder an Kraftfahrzeugen angebracht noch in solchen mitgeführt werden.
(2) [...]
(3) Werden die in Abs. 1 beschriebenen Geräte oder Gegenstände an oder in Fahrzeugen entdeckt, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht berechtigt, Zwangsmaßnahmen zur Verhinderung der Weiterfahrt zu setzen, bis diese Geräte oder Gegenstände ausgebaut sind. Diese Geräte oder Gegenstände sind für verfallen zu erklären.“
17 § 98a Abs. 3 KFG - welcher Zwangsmaßnahmen zur Verhinderung der Weiterfahrt vorsieht - nimmt Bezug auf die in Abs. 1 leg. cit. beschriebenen Geräte oder Gegenstände. Somit sind Geräte oder Gegenstände erfasst, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht bereits die bloße Eignung des im Kraftfahrzeug angebrachten oder mitgeführten Geräts oder Gegenstands zur Störung oder Beeinflussung von technischen Verkehrsüberwachungseinrichtungen (vgl. VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069). Dabei kommt es nach der hg. Rechtsprechung darauf an, dass das konkrete am Fahrzeug angebrachte oder dort mitgeführte Gerät die Beeinflussung oder Störung aktuell verursachen kann, also tatsächlich in Betrieb genommen werden kann. Dieses Gerät muss demnach im Tatzeitpunkt sämtliche Voraussetzungen erfüllen, um in diesem Zeitpunkt Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung zu beeinflussen oder zu stören. Unwesentlich ist, ob das Gerät tatsächlich in Betrieb genommen worden ist. Für die Störung oder Beeinflussung einer Lasermessung (noch) nicht hinreichend geeignet ist demnach ein Gerät, das erst durch weitere, nicht am Tatort und zur Tatzeit verfügbare technische Maßnahmen dazu in die Lage versetzt werden muss, solche Störungen oder Beeinflussungen herbeizuführen, also nicht ohne weiteres in Betrieb genommen werden kann (vgl. VwGH 13.10.2020, Ra 2020/02/0063).
Es liegt somit - entgegen dem Revisionsvorbringen - bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der „Eignung“ iSd § 98a Abs. 1 KFG vor.
18 Im gegenständlichen Fall stützte das Verwaltungsgericht seine Einschätzung, wonach das eingebaute Gerät iSd § 98a Abs. 1 KFG zur Beeinflussung bzw. Störung von Lasermessungen geeignet sei, neben dem Umstand, dass es im vorliegenden Fall zu einer Fehl- bzw. verzögerten Messung gekommen war - was zutreffend als starkes Indiz dafür angenommen wurde, dass ein Gerät iSd § 98a Abs. 1 KFG im Kraftfahrzeug angebracht ist - weiters auf die Ausführungen des im Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen. Das Verwaltungsgericht führte dazu begründend aus, der Amtssachverständige sei nach Besichtigung des konkreten Geräts zum Ergebnis gekommen, es stehe aus gutachterlicher Sicht fest, dass man mit den Sensoren „ALP“ Laserlicht aussenden könne, welches eine Messung mit einem Lasergeschwindigkeitsmesssystem verhindere, sowie dass bei Aktivierung dieses Systems eine Fehlermeldung am Lasermessgerät erscheine und eine unmittelbare Messung nicht möglich sei. Aufgrund seiner Fachkunde und der im Internet abrufbaren Beschreibungen sei für den Amtssachverständigen äußerst wahrscheinlich, dass auch die neueren Sensoren „ALP-TX“ dieselbe Funktion aufwiesen.
19 Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall ausreichend Feststellungen getroffen, um daraus eine „Eignung“ des konkreten Geräts iSd § 98a Abs. 1 KFG nachvollziehbar ableiten zu können. Diesen Feststellungen ist der Revisionswerber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Das Verwaltungsgericht war sohin auch nicht gehalten, von Amts wegen ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen oder den Beifahrer als Zeugen zu vernehmen. Grundsätzlich unterliegt es der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts, ob eine weitere Beweisaufnahme notwendig ist. Eine krasse Fehlbeurteilung zeigt der Revisionswerber in diesem Zusammenhang nicht auf (vgl. etwa VwGH 12.2.2021, Ra 2021/02/0028, mwN). Dem Vorwurf der antizipierenden Beweiswürdigung kann somit nicht gefolgt werden.
20 Da - ausgehend von den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis - die Voraussetzungen des § 98a Abs. 3 KFG sohin erfüllt waren, waren die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. der Straßenaufsicht berechtigt, Zwangsmaßnahmen zur Verhinderung der Weiterfahrt - hier: Untersagung der Weiterfahrt, Abnahme des Zulassungsscheins und der Kennzeichentafeln sowie Anlegung von Radklammern - zu setzen, bis diese Geräte oder Gegenstände ausgebaut worden sind. Die Revision zeigt insoweit keine Rechtswidrigkeit auf.
21 Soweit sich die Revision gegen die erfolgte Beschlagnahme der elektronischen Geräte wendet, ist sie jedoch im Recht.
22 § 98a KFG enthält keine Regelung über eine Beschlagnahme. § 39 VStG - welcher im gegenständlichen Fall als Grundlage für die Beschlagnahme herangezogen wurde - kommt nur zur Anwendung, wenn eine Verwaltungsvorschrift den Verfall von Gegenständen als Strafe vorsieht (vgl. etwa VwGH 15.2.2021, Ro 2019/11/0015, mwN). Der bloße Umstand, dass zur Sicherung des Verfalls nach § 98a Abs. 3 KFG die Anordnung einer Beschlagnahme zweckmäßig wäre, vermag das Erfordernis, dass der Verfall als Strafe vorgesehen sein muss, nicht zu ersetzen (vgl. VwGH 21.4.2021, Ra 2020/02/0064).
23 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Verfall nach § 98a Abs. 3 zweiter Satz KFG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 9/2017 als administrative Sicherungsmaßnahme und nicht als Strafe anzusehen (vgl. erneut VwGH 21.4.2021, Ra 2020/02/0064, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
24 Eine Beschlagnahme nach § 39 VStG darf nicht erfolgen, wenn der Verfall als bloße Sicherungsmaßnahme vorgesehen ist (vgl. auch Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG² (2017) § 39 Rz 4, mwN).
25 Wie die Revision zutreffend aufzeigt, kann § 39 VStG sohin nicht als Rechtsgrundlage für die gegenständliche Beschlagnahme herangezogen werden. Da auch § 98a KFG keine Regelung für eine Beschlagnahme enthält, erweist sich die im vorliegenden Fall durch die Polizeibeamten erfolgte Beschlagnahme der elektronischen Geräte mangels Rechtsgrundlage als rechtswidrig.
26 Indem das Verwaltungsgericht dies verkannt hat, hat es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet. Das angefochtene Erkenntnis war daher in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; im Übrigen war die Revision mangels Darlegung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
27 Der Verwaltungsgerichtshof hegt im Übrigen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 98a KFG, weshalb der Anregung auf Beantragung eines Normprüfungsverfahrens beim VfGH nicht zu folgen war.
28 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 19. Juli 2021
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020084.L00Im RIS seit
11.08.2021Zuletzt aktualisiert am
14.09.2021